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Wissenschaftskommunikation: Meine Stellungnahme vor dem Bundestagsausschuss

Der Bundestagsausschuss für Bildung und Forschung hat mich gebeten, als Berichterstatter etwas zu "Stand und Perspektiven der Wissenschaftskommunikation" zu sagen. Hier dokumentiere ich meine vorab eingereichte Stellungnahme, die aus drei Thesen besteht.


1. Die Wissenschaftskommunikation befindet sich im Aufwind. Wir müssen jetzt das Momentum nutzen, um daraus eine nachhaltige und sinnvolle Entwicklung zu machen. Konkret heißt das: Weniger in Leuchtturmprojekte investieren, mehr in die Ideen vor Ort. Beispiel 1: Best-Practice-Wettbewerb für themenorientierte, partizipative, dialogorientierte Wissenschaftskommunikation ausloben; Beispiel 2: Ausschreibung für öffentlich finanzierte Citizen-Science-Beauftragte für Wissenschaftseinrichtungen.


2. Der Wissenschaftsjournalismus befindet sich in der Krise. Wir müssen den Umbruch nutzen, um Geschäftsmodelle für das 21. Jahrhundert zu entwickeln. Diese müssen ebenfalls partizipativer und dialogorientierter als bislang sein. Das Modell einer öffentlich-rechtlichen und zugleich staatsfernen Finanzierung von (Wissenschafts-)Journalismus jedweder Form steht im Raum, ist aber noch nicht zu Ende diskutiert. Direkte staatliche Eingriffe, insbesondere auf der Institutionenebene, verbieten sich aufgrund der Meinungsneutralität und möglicher Wettbewerbsverzerrungen. Vielversprechender erscheint mir eine projektorientierte Medienförderung auf der Grundlage eines Stiftungsmodells. Hier verweise ich auf einen Vorschlag der Eidgenössischen Medienkommission EMEK vom vergangenen Jahr (siehe http://www.emek.admin.ch/de/themen/medienfoerderung):

„Langfristig ist es aus Sicht der EMEK wünschbar, dass der Bund unternehmerische Innovationen im Medienmarkt, herausragende journalistische Projekte und die angewandte Medienforschung fördert. Weil dieser zweite Typ von Förderungsmassnahmen eine staatsferne Organisation voraussetzt, schlägt die EMEK die Gründung einer Stiftung vor. Ein Modell, dass sich in verwandten Gebieten in Form der Pro Helvetia (Kultur) und des Schweizerischen Nationalfonds (Forschung) bereits bewährt hat. Mittels dieser Stiftung können, unter massgeblicher Beteiligung der Branche, verschiedene Fördermassnahmen staatsfern umgesetzt werden.“


3. Der Aufwind der Wissenschaftskommunikation und die Krise des Wissenschaftsjournalismus sind nicht ursächlich miteinander verbunden, auch wenn viele dies behaupten. Wohl aber liegt beiden dieselben Ursachen zugrunde: die Digitalisierung und der Boom der Social Media. Sie zerstören das Sender-Empfänger-Muster traditioneller Massenmedien und macht jeden Laien wie jeden Wissenschaftler gleichermaßen zum potenziellen Sender und Empfänger. Gleichzeitig ermöglicht sie es Wissenschaftseinrichtungen, viel einfacher als zuvor ihre Botschaften direkt in die Öffentlichkeit hineinzuspielen. Ein gelungenes Miteinander beider Sphären wird es nur über die Etablierung professioneller Standards auf beiden Seiten geben. Diese kann und soll aber nicht Sache der Politik sein. Sinnvolle Vorschläge solcher Standards finden sich in den Beratungsgrundlagen und müssen hier nicht im Einzelnen diskutiert werden.

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