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Bayern führt Maskenpflicht im Unterricht ein – auch für die Lehrer

Maßnahme soll die ersten zwei Wochen nach Schulstart gelten, verkündet Ministerpräsident Söder. Der Kinderärzteverband warnt unterdessen, Lehrer könnten zu "Superspreadern" werden.

AN BAYERNS WEITERFÜHRENDEN SCHULEN gilt die ersten zwei Wochen des neuen Schuljahrs eine Maskenpflicht im Unterricht. "Sicherheit zuerst", twitterte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach dem von ihm "Gipfel mit der Schulfamilie" genannten Treffen mit Eltern-, Lehrer- und Schülervertretern in München. Nach den zwei Wochen mit der Maske als "Sicherheitspuffer", ergänzte Söder, werde die Pflicht regional begrenzt "je nach Infektionsgeschehen" fortgesetzt – also so, wie es der bereits vor Wochen beschlossene Stufenplan regelt, ab einer 7-Tages-Inzidenz von 35 Fällen im Landkreis.

 

Sowohl Schüler als auch Lehrkräfte sollen die Masken tragen. Ausgenommen von der vorübergehenden Maskenpflicht im Unterricht sind allein Grundschüler. Dass auch die Lehrer einbezogen sind, betonte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) laut Bayerischem Rundfunk.

 

Was Kinder- und Jugendmedizinern zufolge besonders wichtig ist: Vor dem Wochenende hatte der Präsident des Kinder- und Jugendärzteverbands, Thomas Fischbach, in der Welt gesagt, er halte eine Maskenpflicht für das Lehrpersonal "durchaus für sinnvoll". Sie sei vielerorts bislang nur Empfehlung, wenn der Sicherheitsabstand eingehalten nicht werden könne – was an Grundschulen nie, an weiterführenden Schulen meist nicht möglich sei. "Wenn Sie im Frontalunterricht vor der Klasse stehen, haben Sie aber eine ähnliche Situation wie im Chor. Da können Lehrer zu Superspreadern werden."

 

Eine pauschale Maskenpflicht für Schüler im Unterricht halte sein Verband dagegen nicht für sinnvoll, fügte Fischbach hinzu. "Wenn ich in einer Stadt wie meiner Heimatstadt Solingen mit 163.000 Einwohnern 39 aktuelle Corona-Fälle habe, dann bin ich der Auffassung, dass das nicht verhältnismäßig ist, von allen Schülerinnen und Schülern eine Maskenpflicht im Unterricht zu verlangen. Anders sieht das aus, wenn wir einen Hotspot haben. Da kann es im Einzelfall sinnvoll sein, vorübergehend eine Maskenpflicht zu verhängen."

 

Also Lehrer bei der Maskenpflicht im Unterricht künftig zuerst? 

 

Vor Bayern hatte schon Nordrhein-Westfalen zu Beginn des Schuljahrs vorübergehend das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht an weiterführenden Schulen vorgeschrieben. Die Pflicht läuft wie angekündigt heute aus. Lehrer mussten dort allerdings auch in den ersten Schulwochen nur eine Alltagsmaske tragen, wenn sie den Abstand von 1,5 Metern zu den Schülern nicht einhalten konnten.  

 

Gesundheitsamt Köln: Bestmöglicher Erhalt
des Schulbetriebs ist wichtig

 

Derweil ergab eine vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichte Auswertung des Gesundheitsamts Köln, dass dort zwischen 1. März und 15. Juli  23 sogenannten Indexfälle in Schulen registriert wurden – von denen sich 16 in der Familie und drei im außerschulischen Umfeld angesteckt hätten. In den übrigen vier Fällen sein der Infektionsweg unklar. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit einem Infektionsgeschehen in der Schule habe sich in keinem einzigen Fall nachweisen lassen.

 

Anstatt der Schließung ganzer Schulen plädieren die Autorinnen und Autoren des Kölner Gesundheitsamtes deshalb auch künftig im Bereich der Schulen für die "differenzierte Einzelfallbearbeitung als ein hinreichend sicheres und angemessenes Instrument" – unter anderem "vor dem Hintergrund ausgebliebener Folgeinfektionen im schulischen Bereich". Bei komplett offenen Schulen und steigenden Fallzahlen erfordere dies jedoch mehr Personal. "Der bestmögliche Erhalt des Schulbetriebs ist wichtig, um möglichst vielen Schüler*innen eine angemessene Förderung zu bieten und die Bildungsgerechtigkeit zu erhalten." Ein bemerkenswertes Plädoyer aus einem großstädtischen Gesundheitsamt. 

 

Das bayerische Kabinett wird die vorübergehende Maskenpflicht im Unterricht morgen offiziell beschließen. Außerhalb des Unterrichts muss eine Mund-Nasen-Bedeckung auch nach den zwei Wochen getragen werden – also auf dem Schulflur, dem Schulhof oder anderswo, wo sich Menschen auf mehr als 1,5 Meter nahe kommen. Entsprechende Regeln gelten auch in anderen Bundesländern.

 

Das Bündnis "Familien in der Krise" begrüßte, dass Grundschüler auch zu Beginn des Schuljahrs keine Masken im Unterricht tragen müssen. Allerdings sei die Maskenpflicht an den weiterführenden Schulen keineswegs alternativlos. Mögliche Alternativen seien "Luftfilter, mehr LehramtsstudentInnen und Quereinsteiger in den Schulen, Anmietung von Räumen an Unis, Gemeinden, Kirche", wie Bündnis-Gründungsmitglied Helen Zeidler twitterte

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