Die Kultusministerkonferenz will im Oktober den lange angekündigten Bildungsstaatsvertrag verabschieden. Und dazu einen Bildungsrat. Was genau geplant ist – und an welcher Stelle die Minister jetzt Mut beweisen müssen.
ES SOLLEN ZWEI MEILENSTEINE der bundesdeutschen Bildungspolitik werden. Zwei Reformprojekte, wie es sie nur alle paar Jahrzehnte gibt. Sie sollen die selbstbewusste Botschaft ins Land hinaussenden, dass der Bildungsföderalismus doch funktioniert. Und wenn alles läuft wie geplant, wird die Kultusministerkonferenz (KMK) sie trotz Corona-Pandemie schon bei ihrer nächsten Sitzung im Oktober beschließen.
Ja, aber was genau eigentlich? Schon an der Stelle werden die hochfliegenden Pläne der KMK von den Komplexitäten kultuspolitischer Realpolitik wieder eingeholt. Denn das Abkommen, mit dem die Länder die bundesweite Vergleichbarkeit von Schulformen, Lehrerbildung und Abitur garantieren wollen, steht zwar im Großen und Ganzen. Doch ob es nun ein Staatsvertrag wird oder doch nur Ländervereinbarung und welche praktischen Folgen das hätte – das wissen die zuständigen Minister auch fünf Wochen vor dem entscheidenden Termin immer noch nicht. Sie lassen es gerade – und nicht zum ersten Mal – von ihren Ministerien prüfen.
Und auch das Gremium, das an die Stelle des einst mit der Bundesregierung verhandelten und dann an einigen Unions-Ministerpräsidenten spektakulär gescheiterten Bildungsrat treten, das die Beratung der Politik durch die Wissenschaft auf eine neue Grundlage stellen soll, hat einen guten Monat vor seiner geplanten Installierung noch keinen Namen. Fest steht nur: "Bildungsrat" darf es nicht heißen – wollen die Unionsländer nicht, weil sie ebensolchen ja abgesägt haben. "Wissenschaftlicher Beirat" lehnen die SPD-Minister ab – zu unverbindlich, schätzt die Rolle der Wissenschaft zu gering ein.
Damit dieser Artikel nicht genauso verwirrend wird wie die Gemengelage der föderalen Kultuspolitik, arbeitet er im Folgenden dennoch mit den zwei Arbeitstiteln "Bildungsstaatsvertrag" und "Bildungsrat". Denn worauf sich die Kultusminister bei einer Telefonschalte vergangene Woche verständigt haben, ist inhaltlich durchaus bemerkenswert. Teilweise zumindest. Und vor allem dann, wenn die verantwortlichen Bildungspolitiker in den verbleibenden Wochen an wichtigen Stellen noch den nötigen Mut schöpfen.
Zuerst zum geplanten Staatsvertrag.
Der Entwurf, diplomatisch "Überlegungen zu einem Staatsvertrag/einer Ländervereinbarung" genannt, ist derzeit rund 30 Seiten lang und auf 44 Artikel ausgelegt. Der letzte ist einer der wichtigsten, Überschrift: "Aufhebung des Hamburger Abkommens". Das war die Vereinbarung, die seit 1964, also seit 56 Jahren, die Grundzüge des Bildungsföderalismus regelte. Das letzte Update stammt von 1971, ist also auch schon 49 Jahre alt. Seitdem hat sich die KMK grundlegend weiterentwickelt, auch die Zusammenarbeit der Länder ist – anders als das Klischee – enger als je zuvor. Doch hat sich all das nie in einem neuen Abkommen gespiegelt.
"Aber jetzt", signalisieren die Kultusminister – und wissen, dass sie dann auch nicht nur Blabla liefern können. Und weil sie das wissen, haben sie neben das Abkommen eine Liste mit acht "politischen Vorhaben" gesetzt, die auf nochmal (derzeit bereits 27 Seiten) den Willen der Länder zu mehr Vergleichbarkeit und Transparenz nicht nur demonstrieren, sondern mit konkreten Zielwerten und Deadlines operationalisieren sollen. Was wiederum erklärt, warum genau um die politischen Vorhaben noch heftig gefeilscht wird.
So bekennen sich die Länder im Abkommen zunächst sehr globalgalaktisch zur "Implementierung und Überprüfung von Bildungsstandards", zur "Teilnahme an nationalen und internationalen Vergleichsstudien", zur Bildungsberichterstattung sowie zu "Maßnahmen der Qualitätssicherung auf Ebene der einzelnen Schule". Sie alle seien "wesentliche Grundlagen für die Sicherung, die Evaluation und die Weiterentwicklung eines Bildungssystems, das qualitativ gute Bildung, Leistungsorientierung, gesellschaftliche Teilhabe, Chancengerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert". Klingt gewaltig.
Doch schon ein paar Artikel später wird es konkreter: Die Länder verpflichten sich, die gemeinsamen und einheitlichen Bildungsstandards für die Hauptfächer in allen Schulstufen zu implementieren und anzuwenden, inklusive der nötigen Angleichung der Curricula und der Lehrerbildung. Besonders die neuformulierten bzw. zusätzlichen Bildungsstandards für die Primarstufe und die Sekundarstufe I sind hier hervorzuheben: Die Kultusminister haben sie bereits beschlossen und lassen sich ihre Entwicklung dem Vernehmen nach einen zweistelligen Millionenbetrag kosten.
Außerdem verpflichten sich die Länder, zur Überprüfung des Erreichten weiter an nationalen und internationalen Schulleistungsstudien teilzunehmen. Sie wollen endlich methodisch einheitliche Schulstatistiken aufstellen, damit sich die Daten zu Schülern, Personal, Ausstattung etc. untereinander vergleichen lassen. Sie betonen den Wert des "Lernens in der digitalen Welt" und versprechen, "aktuelle Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung bei den praktizierten Lehr- und Lernformen, der Gestaltung von Lernumgebungen, den Bildungszielen und der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte" zu nutzen und einzubeziehen.
Vieles von dem, was die Länder mit großer Geste versprechen, tun sie schon längst. Anderes tun sie zwar nicht (oder zumindest nicht alle), versprechen es aber seit langem. Oder es gibt nur einen groben Rahmen für die Zusammenarbeit, der in der Vergangenheit kaum zu mehr Einheitlichkeit geführt hat. Und genau deshalb ist es – nicht nur symbolisch – wichtig, dass die Länder sich über das Abkommen transparent zu grundlegenden bildungspolitischen Praktiken, Strategien und Zielen verpflichten.
Logischerweise findet sich im Abkommen auch sonst viel Selbstverständliches, etwa die Beschreibung des Status Quo von Schulformen und Abschlüssen. Und doch auch immer wieder Ankündigungen, die vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wären. Zum Beispiel diese: Die Länder wollen künftig auch "den Übergang vom Elementar- zum Primarbereich stärker in den Blick ... nehmen und dessen Erfolg wissenschaftlich ... überprüfen".
Im Klartext: Die Kita wird von der KMK endgültig als Bildungsinstitution anerkannt, und weil das so ist, müssen sich diejenigen Kultusminister, die nicht in Personalunion Jugendminister sind, sich mit ihren Kollegen abstimmen. In den bildungspolitischen Vorhaben wird ausgeführt: "Die KMK erarbeitet gemeinsam mit der Jugend- und Familienministerkonferenz eine Empfehlung zur Einschätzung der sprachlichen und mathematischen Kompetenzen von Kindern sowie zur Förderung dieser Kompetenzen vor Eintritt in die Grundschule." Ein dickes Brett – aber im Sinne eines ganzheitlichen Blicks auf Bildungskarrieren ungemein wichtig, wie eine parlamentarische Anfrage der FDP-Politikerin Katja Suding erst vor wenigen Tagen erneut demonstrierte.
Apropos "politische Vorhaben": Die ambitioniertesten Selbstverpflichtungen, die die Kultusminister eingehen, finden sich genau hier. Umgekehrt werden in den "politischen Vorhaben" auch die Mutlosigkeiten besonders offensichtlich – immer dann, wenn die an dieser Stelle eigentlich zu erwartenden Konkretisierungen doch fehlen.
Heißt das Einschwören aller Länder auf eine bildungspolitische Gesamtstrategie im Abkommen zum Beispiel, dass auch alle Länder sämtliche Standards und Tests verpflichtend einsetzen müssen – oder dürfen sie einzelne herauspicken? Im vergangenen Jahr hatten Bremen und Niedersachsen etwa die Teilnahme an VERA ausgesetzt. Insofern macht es einen Riesenunterschied, ob in den "politischen Vorhaben" nur von einer Verpflichtung, "die in der Gesamtstrategie beschriebenen Instrumente zu nutzen", die Rede ist, oder ob diese Instrumente akribisch aufgezählt werden, also: "Bildungsstandards, nationale und internationale Vergleichsstudien, Abituraufgaben, Vergleichsarbeiten VERA 3 und VERA 8, Bildungsberichterstattung". Auf die Endfassung von Vorhaben Nummer 1 kann man also schon mal gespannt sein.
Für die Grundschulen wollen sich die Kultusministerien den Plänen zufolge übrigens zusätzlich zu den neugefassten Bildungsstandards auch auf einen verpflichtenden Gesamtstundenrahmen und einen Mindeststundenumfang in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht verständigen – "im Lichte der einschlägigen Schulleistungsvergleiche", wie es heißt – die zuletzt eher mau ausfielen. Die Vermittlung einer verbundenen Handschrift auf der Grundlage eines normierten schreibmotorischen Konzepts wird ebenso in Aussicht gestellt wie ein einheitlicher Rechtschreibrahmen.
Das "politische Vorhaben", die bisherige Vereinbarung zu Schularten und Bildungsgängen für die Sekundarstufe I bis 2022 grundlegend zu überarbeiten, hat es dagegen nur rhetorisch in sich: von der verbindlichen Festlegungen zur "Wochenstundenzahl der Fächer und Lernbereiche im Pflicht- und Wahlpflichtunterricht" bis hin zu einheitlichen Anforderungen zum Erwerb der einzelnen Schulabschlüsse und Berechtigungen. Gibt es so ähnlich alles schon. Und ausgerechnet an für die Öffentlichkeit wichtiger Stelle fehlt den Kultusministern bislang der Mut. Zitat: "Zur Erhöhung der Transparenz und damit Akzeptanz prüfen die Länder die Möglichkeit einer einheitlicheren Namensgebung für die Schularten, so dass sich zumindest hinter derselben Bezeichnung auch die gleiche Schulart und der gleiche Schulabschluss verbergen." Nur prüfen. Nix versprechen. Womöglich gibt es am Ende gerade mal einen "einheitlichen Zusatz zu der jeweiligen landesspezifischen Schulartbezeichnungen", der Bürokraten erfreuen wird, sicher aber nicht zu mehr öffentlicher Akzeptanz des Bildungsföderalismus beiträgt.
Bleiben die im Föderalismusdiskurs stets am plakativsten und emotionalsten diskutierten Themen: die gymnasiale Oberstufe und das Abitur. Der diesbezügliche Entwurf der "politischen Vorhaben" ist an einigen Stellen weitgehend, an anderen Stellen schimmert hingegen durch, dass die Kultusminister weiter auf Zeit spielen. Angesichts der Ankündigung vor bald drei Jahren, einen Staatsvertrag und ein einheitlicheres Abitur anzustreben, ist es beispielsweise zu dünn, wenn es in den politischen Vorhaben lediglich heißt, dass die Länder ihre Rahmenvorgaben für die Gestaltung der Gymnasialen Oberstufe weiter angleichen und bis 2023 "eine genaue Anzahl verpflichtend zu belegender und in die Gesamtqualifikation einzubringender Fächer einschließlich ihrer Gewichtung" festlegen wollen.
So konkret und erstrebenswert das Ziel ist: Das kann alles bedeuten und nichts: einen großen Wurf oder doch noch ein Steckenbleiben in den Verhandlungen. Genau wie die Ankündigung, sich "auf eine einheitliche Anzahl zu wählender Fächer auf erhöhtem Anforderungsniveau" zu verständigen und "auf einheitliche Regelungen zur Leistungsermittlung in den vier Schulhalbjahren der Qualifikationsphase", also eine verpflichtende Anzahl von Klausuren, Gewichtung der schriftlichen und sonstigen zu erbringenden Leistungen". Wenn das alles Wirklichkeit wird, wäre das eine bemerkenswerte Leistung des Bildungsföderalismus. Dass die Kultusminister sich weitere drei Jahre dafür Zeit nehmen wollen, lässt die Hoffnungen allerdings nicht zu hoch fliegen.
Eindeutig ist eigentlich nur das Bekenntnis der Kultusminister, den Abituraufgabenpool trotz aller Debatten auch künftig einzusetzen. Das Versprechen, die gezogenen Aufgaben nicht mehr im
Nachhinein anzupassen und bei der Bearbeitung die gleichen Rahmenbedingungen (Aufgabenstrukturen, Arbeitszeiten, Hilfsmittel) zu definieren, geben sie jetzt schon zum wiederholten Male ab.
Doch bei den entscheidenden Fragen gibt es noch Leerstellen: Wie hoch soll der Mindestanteil der aus dem Pool zu entnehmenden schriftlichen Aufgaben sein – 50
Prozent in allen Fächern oder je nach Fach eigene Mindestquoten? Und ab wann soll das gelten? Für Deutsch, Mathe, Englisch und Französisch schon ab 2023, für Biologie, Chemie und Physik
2025? Oder doch gleich für alle genannten Fächer erst ab 2025? Für die Naturwissenschaften wird es wohl auf jeden Fall so kommen.
Sonst noch wichtig: Die Kultusminister bekräftigen die bereits in Angriff genommene Umstellung auf "methodisch vergleichbare und regelmäßig aktualisierte Prognosen" zum Lehrkräftebedarf, aufgeschlüsselt nach Lehrämtern und Ländern. Bis 2022 soll es ein eigenes Qualifikationsprofil für Schulleitungen geben als Grundlage neuer Fortbildungsprogramme. Es sollen ausreichend Studien- und Referendariatsplätze bereitstehen (wobei dieses "ausreichend" nicht beziffert wird), bis 2022 wollen die Länder gemeinsame Empfehlungen für Seiten- bzw. Quereinsteigerprogramme vorlegen. Und: Die Länder wollen die Lehramtsabschlüsse aus anderen Ländern künftig im Einzelfall auch dann anerkennen, "wenn sie zusätzlichen landesspezifischen Vorgaben nicht in Gänze entsprechen". Statt einer einfachen Ablehnung sollen Bewerbern im Zweifelsfall Nachqualifikationsangebote gemacht werden. So ganz auf ihre eigenen Süppchen verzichten wollen viele Länder offenbar also auch an dieser Stelle nicht.
Kaum Neues haben die Kultusminister bislang übrigens zur Inklusion und zum Ganztag zu sagen. Hier liefert das Abkommen nicht mehr als solide Fleißarbeit im Beschreiben des Status Quo, aber keine erkennbar neuen Akzente. Bislang. Noch sind ja ein paar Wochen Zeit.
Und was ist mit dem Bildungsrat?
Bis auf den Namen besteht bei den Kultusministern große Einigkeit, wie das neue Gremium aussehen und arbeiten soll. Die wichtigste Nachricht: Der Rat soll ein hohes Maß an politischer Unabhängigkeit erhalten. 16 Mitglieder sollen drinsitzen, darunter zwölf aus der "Bildungsforschung und angrenzenden Disziplinen" durch die KMK auf zunächst drei Jahre berufene Wissenschaftler, die in ihrer Zusammensetzung die unterschiedlichen Bildungsbereiche "annähernd widerspiegeln" sollen. Sie sollen über ein "objektiviertes Auswahlverfahren" nach vorher festgelegten Kriterien durch eine Findungskommission vorgeschlagen werden, in der sich wiederum "Personen aus Wissenschaft, Praxis und öffentlichem Leben befinden". Eine Wiederberufung ist möglich.
Dazu kommen vier "weitere Mitglieder" qua Amt, konkret: die/der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der Bund-Länder-Steuerungsgruppe "Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich", die/der wissenschaftliche Leiter/in des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, die/der Sprecher/in der Autorengruppe "Bildungsberichterstattung" und die/der Vorstandsvorsitzende des Zentrums für internationale Bildungsvergleichsstudien.
Der Bildungsrat, der so nicht heißen darf, wird seine Beschlüsse ohne Einwirkung der Politik mit Zwei-Drittel-Mehrheit treffen und diese dann vor Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz vorlegen – allerdings nicht zur Freigabe, sondern zur Beratung. Das Ziel sind "konkrete Handlungsempfehlungen", die "Überlegungen zu ihren finanziellen und quantitativen Folgen und zu ihrer Umsetzung" enthalten sollen. Anders ausgedrückt: Wenn die Politik der Wissenschaft schon so viel Freiraum lässt, will sie sie auch in die Pflicht nehmen, was die Realisierbarkeit der gemachten Vorschläge angeht.
Einfluss üben will die Politik allerdings auf das Arbeitsprogramm des Gremiums. Vorschläge, welche Themen der Rat bearbeitet, können sowohl aus dem Rat selbst als aus der KMK kommen. Das Programm soll dann "einvernehmlich" abgestimmt werden – verabschieden wollen es die Minister dann in der KMK persönlich – was aber auch in Ordnung geht, denn unerwünschter Rat wird in der Regel weniger bereitwillig akzeptiert.
Gescheitert war der im Koalitionsvertrag vorgesehene Nationale Bildungsrat an der geplanten, aber von einigen Unionsländern abgelehnten gleichberechtigten Mitarbeit des Bundes. Der Bund ist jetzt in der Gouvernance außen vor. Immerhin: Nachdem die Länder das BMBF rausgeschmissen haben, sind sie jetzt selbstbewusst genug, bei Fragen, die auch den Bund betreffen, ihn "angemessen" und nach festen Regeln zu beteiligen, also bei der frühkindlichen oder auch bei der beruflichen Bildung. Aber natürlich immer nach den Regeln, die die Länder aufstellen. All jene, die das Scheitern des Nationalen Bildungsrats bedauert haben, werden diese Lösung mit einem Achselzucken quittieren, frei nach dem Motto: ein bisschen spätpubertär das Ganze, aber gut.
Nicht mit dem Achseln zucken, sondern unzufrieden sein werden Arbeitgeber, Gewerkschaften und weitere Verbände, die schon im Nationalen Bildungsrat vergeblich auf eine gleichberechtigte Mitsprache gehofft hatten. Sie sollen auch im Ländergremium keine Mitglieder stellen. Aber immerhin: Der Rat soll Vertreter von "Interessengruppen/Verbänden, aus der (Bildungs-)Praxis und der Zivilgesellschaft... über geeignete Beteiligungsformate (Hearings, Foren)" einbinden. Was fast schon einem Recht, angehört zu werden, gleichkommt.
Der Rat soll ein eigenes (wenn auch nicht fürstliches ) Budget erhalten, etwa um Sachverständige zu beauftragen und genannte Foren zu veranstalten, und er soll zunächst befristet auf sechs Jahre eingerichtet werden. Nach vier Jahren wird evaluiert und dann über die Weiterführung entschieden.
All das klingt soweit sehr vernünftig. Sehr schade ist allerdings, dass die KMK die Chance auslässt, die Unabhängigkeit des neuen Gremiums auch institutionell zu betonen. Der Rat soll nämlich organisatorisch an das KMK-Sekretariat angedockt werden. Für eine unabhängige Geschäftsstelle ist die geplante Mitarbeiterzahl von 20 nach Auffassung der Kultusministerien zu klein, und die Alternative, die Geschäftsstelle bei einer Stiftung oder einem Forschungsinstitut unterzubringen, fand zumindest während der Ausarbeitung keine Zustimmung. Unwahrscheinlich, dass die Minister das bis Oktober plötzlich anders sehen werden. Die inhaltliche Unabhängigkeit des neuen Rates will die KMK dadurch garantieren, dass der ihr Generalsekretär lediglich die Dienst- und Rechtsaufsicht über die Beschäftigten der Geschäftsstelle erhält, der Vorsitzende des Rates aber die Fachaufsicht.
Dieser Geburtsfehler mag es dem neuen Gremium erschweren, sich freizuschwimmen. Trotzdem hat es, ansonsten klug konstruiert, das Potenzial, zu einer neuen Größe in der föderalen Bildungspolitik zu werden. Es spricht für die Kultusminister, dass sie sich auf das Wagnis einlassen – und für ihren Reformwillen.
Über das Bildungsabkommen lässt sich dasselbe bislang nur in Ansätzen sagen. Aber noch sind fünf Wochen Zeit für das Arbeiten an den entscheidenden Textpassagen. Die Mitarbeiter der Kultusministerien und vor allem der renommierte Bildungsrechtler Hans-Peter Füssel haben in monatelangen Redaktionssitzungen starke Vorarbeit geleistet. Die vorhandenen Leerstellen mit Mut füllen können jetzt nur die Minister.
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