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Jetzt wollen auch wir gehört werden!

Wir sind tatkräftige Gestalterinnen innovativer und nachhaltig wirksamer Hochschullehre – und deshalb verdient unsere Situation Beachtung. Ein Gastbeitrag der Weiterbildungskommission* der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik.

SEIT VIELEN JAHREN setzen wir Hochschuldidaktikerinnen die Tat über die Beschreibung aktueller oder künftiger Probleme in der Hochschullehre. Mit anderen Worten: Wir fordern nicht (zuerst), sondern wir machen! Genau wie zuletzt hier im Blog gefordert. 

 

Wir verbessern die Lehre, indem wir die Lehrenden beraten – auf der Basis praktischer Erfahrung, empirischer Reflexion und grundlegender Theorien. Wir stärken und vernetzen in der Hochschule und darüber hinaus die an der Hochschullehre beteiligten Akteure und helfen ihnen, beim Wissenstransfer zusammenzuarbeiten. 

 

Das alles leisten wir überwiegend aus prekären Arbeitssituationen heraus und mit brüchiger Lobby im System. Und jetzt möchten auch wir – die im Broterwerb hochschuldidaktisch Tätigen – einmal gehört und einbezogen werden in die neu aufgelegten Diskurse und Entscheidungen rund um Hochschullehre und "New Learning" (Hagener Manifest)!

 

Die aktuelle Situation

 

Im März 2020 wurde über Nacht möglich, Hochschullehre digital und mit studentischer Partizipation zu denken und zu gestalten. Was zuvor vielfach nur nach umfänglichen Diskussionen und als Pilotprojekte erprobt wurde, fand nun überall statt: Studieren jenseits des Campus an diversen Lernorten, Wissensinhalte in Audio- und Videoformaten, die es selbst zu erarbeiten galt vor dem nächsten synchronen Zusammentreffen. Und dieses Zusammentreffen als gemeinsamer Austausch und kollaborative Lernprozesse in virtuellen Räumen. Die gemeinschaftliche Lehrentwicklung über Abteilungen, Hochschulen und teilweise über Landesgrenzen hinweg kam in die Gänge.

 

Scheitern war keine Option. Im Modus des Emergency Remote Teaching (ERT) schien das schiere Stattfinden von Lehrveranstaltungen wichtiger als das Einhalten zuvor umkämpfter Zuständigkeits- und Qualitätsstandards. Es entstand ein aufgewecktes Interesse an hochschul- und mediendidaktischer Unterstützung und einer intensiven Zusammenarbeit zwischen den Lehrenden, aber auch zwischen Lehrenden und Lernenden.

 

Wir sind da und wir
füllen eine Systemlücke

 

Hochschuldidaktisch Tätige füllen heute eine Systemstelle zwischen Verwaltung und Wissenschaft zur Gestaltung maßgeschneiderter Lehrangebote. Hochschuldidaktik ist weit mehr als ein Service für Lehrende und Hochschulleitungen via Methodeninput und Rechtfertigungsrhetorik in Antrags- und Akkreditierungsverfahren.


Rollenprofile hochschuldidaktisch Tätiger. Quelle: AG WBK 2018.


Wir evaluieren und reflektieren Lehrpraxis, wir erforschen Lehr-Lern-Szenarien und die Rahmenbedingungen zu ihrem Gelingen, wir entwickeln angemessene theoretische Konzepte und innovative Maßnahmen. Wir leisten grundlegende ebenso wie anwendungsorientierte Beiträge zur Hochschulentwicklung im Bereich Lehre und zum bildungswissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Dabei leben wir seit vielen Jahren den Shift from Teaching to Learning, der in den aktuellen Diskursen um Lehrinnovation endlich wieder hoch im Kurs ist. Ebenso haben wir die Hochschullehre unter den gesellschaftlichen Bedingungen der Diversität und Digitalität im Blick.

 

Die gelungene Digitalisierung der Lehre 2020
war auch der Erfolg unserer Arbeit

 

Viele Hochschulleitungen und Ministerien bewerten jetzt die in den vergangenen Monaten geleistete Umstellung der Lehrangebote, der lernbegleitenden Services und Prüfungen in Online-, Blended- und Hybrid-Formate als gelungen. Uns freut das, denn es war auch unsere Arbeit! 

 

Doch das Gros der hochschuldidaktisch Tätigen leistete die Unterstützung mit einem kurzfristig auslaufenden Arbeitsvertrag im Rücken, denn die Mehrheit der hochschuldidaktischen Kolleginnen ist im Kontext der vor 10 Jahren angelaufenen Bund-Länder-Programme – Hochschulpakt, Qualitätspakt Lehre, Offene Hochschule – in das Handlungsfeld Hochschuldidaktik eingestiegen. Diese Kolleginnen sind auch heute noch überwiegend im Rahmen befristeter (Teilzeit-)Stellen an den Hochschulen beschäftigt. Sie sind dabei über diverse Vertragskonstrukte – das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG), Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) – und abhängig von Fördermitteln finanziert. Nur einige konnten sich währenddessen selbst weiterqualifizieren. Doch alle Kolleginnen haben viel Wissen über die besonderen Gegebenheiten und Bedarfe in "ihren" Hochschulen gesammelt. Sie wissen um die Rahmenbedingungen für gute Lehre und haben über Lösungsansätze reflektiert. Und ausgerechnet jetzt enden viele ihrer Arbeitsverträge.

 

Ausgerechnet jetzt, da eine gewisse Umbruchstimmung herrscht und Energie für innovative und nachhaltig wirksame Wege gemeinsamer Gestaltungsprozesse von Hochschullehre freigelegt wurde, wirkt dieses Szenario besonders surreal. Es sei denn, das System nimmt wissentlich Risse – Wissensverluste und organisatorische Rückschritte durch Braindrain (vgl. Reinmann 2012) – im Fundament seiner neuen Lehr-Lern-Kultur in Kauf, anstatt bewusst und zeitnah für didaktische Daueraufgaben in der Hochschullehre  auch Dauerstellen (in Verwaltung und Wissenschaft) zu schaffen. Persönlich für die Betroffenen ist diese Diskontinuität ohnehin dramatisch, weil sie vielfach zu Brüchen in und Abbrüchen von wissenschaftlichen Karrieren führt. Strukturell zeigt sich in ihr die dauerhaft ignorierte, wenngleich deutlich notwendige, systematische Qualifizierung der hochschuldidaktisch Tätigen. Auch spiegelt sich darin der mangelnde Raum zur kontinuierlichen Ausbildung von Identität im Wissenschaftssystem (vgl. Huber 1983, Scholkmann et al. 2018), was den Ausbau wissenschaftsdidaktischer Erkenntnisbeiträge in eine bildungswissenschaftliche (Sub-)Disziplin deutlich behindert.

 

Wir meinen, jetzt ist der richtige Zeitpunkt zu erkennen, dass Lehrentwicklung nicht (mehr länger) ohne kontinuierliche Einbindung von hochschuldidaktisch Tätigen erfolgen kann. Doch die politischen Akteurinnen und verantwortlichen Entscheiderinnen auf den verschiedenen Ebenen wirken auf ihre ureigensten Interessensbereiche ― Bund, Land, Hochschule ― konzentriert. Sie übersehen dabei, dass akademische Lehre ein gesellschaftsrelevantes Thema ist: eines, das alle angeht und viele Facetten hat. Eines, dass deshalb genauso offen wie plural diskutiert werden sollte, aber nicht parallel und aneinander vorbei. Wer wagt es, alle Beteiligten zu einer tatsächlich systemischen Lösung einzuladen und herauszufordern?

 

Der Zukunftsvertrag

 

Mitten in der so wertvollen Diskussion um "New Learning" und jenseits der fortschreitenden Konstitution der so wichtigen Stiftung für Innovation in der Hochschullehre mit ihrem dauerhaften Förderbudget stagniert der kürzlich erst aufgekeimte Austausch auf Augenhöhe bereits wieder. Es wird meist nur über und viel zu selten mit den hochschuldidaktisch Tätigen gesprochen.

Von der Seitenlinie aus beobachten wir also erstaunt, wie der vielversprechende Zukunftsvertrag von den zuständigen Landesministerien und Hochschulleitungen inhaltlich ausgelegt wird und wie beispielsweise in Bayern in turbulenten Zeiten eilig Hochschulgesetze umgestrickt werden sollen. Wir wünschten, die Verantwortlichen würden öfter nach unserer Expertise fragen, wir möchten mit unserem "know how" und "know why" gleichberechtigt einbezogen sein, wenn es jetzt um die Bestimmung der Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Hochschulbildung geht. Wir kämen nicht mit leeren Händen an den Verhandlungstisch, das haben wir bereits gezeigt!

 

Wir sehen und respektieren insbesondere die Anstrengung der Stiftung Innovation in der Hochschullehre, ihren schnellen und kooperativen organisationalen Aufbau, die offenen Think Tanks und die rasche Ausschreibung der ersten Förderlinie. Wir sind gespannt auf die personelle Zusammensetzung der Gutachterinnengremien und den Ausblick auf die weiteren Förderthemenfelder. 

 

Was uns fehlt, ist ein ernst gemeintes Commitment aller bildungspolitisch Verantwortlichen und hochschulischen Akteurinnen für leistbare, durchdachte und zukunftsgerichtete Lehre. Was uns fehlt sind Rahmenbedingungen, die hochschul- bzw. wissenschaftsdidaktische Forschung ermöglichen. Wir fordern, die daraus folgenden empirischen Ergebnisse und theoretischen Überlegungen ganz bewusst in die Lehr- und Hochschulentwicklungsdiskurse einzubeziehen. Hochschuldidaktische Expertinnen erfüllen wichtige Daueraufgaben. Diese Realität muss sich endlich in angemessen ausgestatteten Dauerstellen in Verwaltung und Wissenschaft niederschlagen!

 

*Birgit Stubner, Dorothea Ellinger, Anke Timmann, Anita Sekyra und Anke Köhler für die Weiterbildungskommission sowie Katja Reinecke, Stefanie Wiemer, Jörg Abke, Franz Vergöhl und weitere Mitglieder aus der Community, die aufgrund ihrer beruflich prekären Lage nicht namentlich genannt werden möchten.

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Kommentare: 9
  • #1

    Karla K. (Donnerstag, 17 Dezember 2020 22:21)

    Gibt es tatsächlich einen Grund dafür, davon auszugehen, dass das Programm "Innovation in der Hochschullehre" mehr bringt, als es seine Aufgabe ist, Strohfeuerchen mit überschaubarer Brenndauer zu entfachen, die mit der Gießkanne über die Hochschulen des Landes verteilt werden? Mit der ersten Förderbekanntmachung haben sich doch eigentlich die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Die weitgehende Beschränkung auf "Digitales" scheint auch primär politisch motiviert, und nicht unbedingt an der Qualität von Hochschullehre orientiert zu sein.

    Wozu brauchen Hochschulleitungen denn Profis für die Hochschullehre? Vom Dreiklang "praktische Erfahrung, empirische Reflexion und grundlegende Theorien" reicht ihnen doch regelmäßig der erste Aspekt. Und mit der Ermöglichung der Nutzung von Videokonferenzsystemen und (demnächst) digitalen Prüfungen mit Rundumüberwachung ist die Hochschullehre doch auch schon ausreichend digitalisiert. Wozu braucht man mehr?

  • #2

    Franz Vergöhl (Freitag, 18 Dezember 2020 10:24)

    Moin Karla K.

    ich war auch enttäuscht von der ersten Förderbekanntmachung. Und für mich gibt es zwei Begegnungen, die mich glauben lassen, dass es anders und auch etwas besser wird als zuletzt. Zum einen hat die neue Stiftung in ihren Think-Tanks bereits viele Perspektiven und Expertisen in die Eigenen Arbeit einfließen lassen. An einem Think-Tank zur studentischen Partizipation durfte ich selbst teilnehmen, und ich kaufe den Mitarbeiter:innen der Stiftung ab, dass sie aufrichtig an unseren Abreitsergebnissen interessiert sind. Einen Teil der Ergebnisse findet sich auch im Prozess um die Förderbekanntmachung wieder.
    Zum anderen durfte ich gemeinsam mit dem Hochschulform Digitalisierung ein Interview mit zwei Mitarbeiterinnen führen. Und es war ihnen sichtlich wichtig zu erklären, dass auf die erste Förderbekanntmachung niedrigschwelligere und andersartige Möglichkeiten der Projektförderung folgen werden.

    Ob die Hochschulleitungen Profis für die Hochschullehre brauchen, da bin ich mir tatsächlich auch nicht sicher. Also zumindest habe auch bisher nicht das Gefühl gehabt, dass meine Hochschulleitungen mich und meine Kolleg:innen wirklich brauchen. Aber die Studierenden und die Lehrenden Kolleg:innen brauchen uns glaube ich schon. Sie sagen das ja auch und meinen es dann offensichtlich auch ernst.

  • #3

    tmg (Freitag, 18 Dezember 2020 19:17)

    Die Lehrenden im MINT-Bereich sind in der Regel herzlich froh, wenn sie von der Hochschuldidaktik in Frieden gelassen werden. Ich kenne keinen einzigen Vorschlag aus diesen Reihen, der etwa von meinen Kollegen im Mathematikbereich für sinnvoll erachtet worden wäre und eingesetzt wird. Bevor hier weiter Ressourcen verschleudert werden, wäre es angebracht, durch Studien mit peer review Überprüfung die Wirksamkeit hochschuldidaktischer Vorschläge nachzuweisen. Aber das scheint für weite Teile der Hochschuldidaktik wohl eine zu große Herausforderung zu sein.

  • #4

    Michael Liebendörfer (Freitag, 18 Dezember 2020 22:10)

    Nun, tmg, Sie haben Recht: Einige Lehrende im MINT-Bereich machen ihre Lehre für sich selbst und wollen auch nicht mehr. Und die Hochschuldidaktik kann häufig keine (MINT-Lehrende) überzeugende Evidenz liefern.

    Es gibt aber gerade in der Mathematik auch viel peer-review-Forschung. Diese dreht sich häufiger um Unterstützungsmaßnahmen wie Vorkurse und Lernzentren als um Lehrmethodik oder den inhaltlichen Aufbau von Vorlesungen. Denn es ist klar: Die Freiheit der Lehre reicht weit. Man braucht Professorinnen und Professoren, die nicht selbst offen für Lehrentwicklung sind, auch nichts aufzuzwingen. Es wird also bei Angeboten bleiben müssen.

    Diese Struktur mag auch erklären, warum sich die Hochschuldidaktik manchmal als fünftes Rad am Wagen fühlt. Aber ob das besser wird, wenn man laut aufbegehrt?

    Solange die Strukturen unverändert bleiben, sehe ich immerhin gute Möglichkeiten für eine fachlich ausgerichtete Hochschuldidaktik. Die kann ihre Vorschläge oft konkreter am Inhalt ausrichten und selbstverständlicher mit der jeweiligen Fachkultur umgehen.

    Niemand muss, aber es gibt erstaundlich viele Lehrende (ja, auch und gerade in der Mathematik), die wollen. Sie entwickeln ihre Lehre aktiv weiter und evaluieren sie in Kooperation mit didaktisch Forschenden. Das hat sich durch die Covid-19 meiner Wahrnehmung nach übrigens verstärkt. Ich weiß, dass man dazu demnächst auch was in peer-review-Zeitschriften lesen kann.

  • #5

    Karla K. (Samstag, 19 Dezember 2020 14:14)

    Lieber Franz Vergöhl,

    wenn ich das richtig sehe, sind die Mittel, die für "Innovation in der Hochschullehre" zur Verfügung stehen, mit der ersten Förderbekanntmachung bis zum Jahr 2024 bereits weitgehend verplant, da werden sich die Möglichkeiten niedrigschwelliger Möglichkeiten der Projektförderung in Grenzen halten.

    Ich halte "Innovation in der Hochschullehre" nicht für die Lösung, sondern als grundlegenden Teil des Problems:

    _ Wettbewerbliche Projektförderung ist ein Grundproblem der Hochschulfinanzierung an sich. (Und in diesem Sinne ist auch das "Hochschulforum Digitalisierung" eher Teil des Problems, und nicht der Lösung, denn dort tummeln sich solche Einrichtungen, die u. a. ein Kaputtsparen des öffentlichen Sektors inkl. der Hochschulen und ein insbesondere wettbewerblich ausgerichtetes Hochschulsystem zu verantworten haben.) Und vorliegend soll dann auch noch das wettbewerbliche Prinzip durch die Möglichkeit, Fördermittel für hochschulinterne Ausschreibungen verwenden zu können, potenziert werden ...

    _ Je Hochschule ist ein Antrag möglich. An wie vielen Hochschulen ist zu erwarten, dass dieser Antrag in einem partizipativen Prozess entwickelt wird? Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass einige Hochschulleitungen wohl ziemlich schlucken mussten, als sie die maximale Förderhöhe gesehen haben, die weit weg ist von dem, was manche Hochschule noch im Qualitätspakt Lehre bekommen hat.

    _ Viele Projekte werden absehbar Neben- und Folgekosten nach sich ziehen, die das Grundbudget der Hochschule umfassend, teils dauerhaft in Anspruch nehmen. Nehmen wir mal die curriculare Verankerung, die Ziel/Gegenstand der Förderung ist. Ob in der Projektförderung all die Zusatzkosten enthalten sind, die sich durch die Befassung der eigentlich zuständigen Gremien, der Abbildung in Campusmanagementsystemen, der erforderlichen Studierendenberatung bei Prüfungsordnungsänderungen etc. ergeben? Erfahrungsgemäß eher nicht.

    _ Die für viele (hochschulische Entscheidungsträger) nahe liegende Schlussfolgerung, dass Lehre dann gute Lehre ist, wenn sie innovativ ist, und innovativ ist sie, wenn sie digital ausgestaltet ist, ist meines Erachtens durchaus kontraproduktiv für viele Bereiche guter Hochschullehre und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die gute Lehre ohne (aufgenötigten) digitalen Schnickschnack machen können. Das Motto der ersten Förderrunde "Hochschullehre durch Digitalisierung stärken" ist frustrierend, und der Untertitel "Präsenzlehre, Blended Learning und Online-Lehre innovativ weiterdenken, erproben und strukturell verankern" macht es nicht besser, wenn man sich die Förderziele und die förderfähigen Maßnahmen anschaut.

    _ Unbefristet beschäftigtes wissenschaftliches Hochschulpersonal unterhalb der Professur gilt vielen Hochschulleitungen als Innovationshemmer. "Innovation in der Hochschullehre" fördert, ermöglicht und legitimiert einen permanenten Wechsel des Personals.

    _ Mit "Innovation in der Hochschullehre" erfolgt ein Agenda-Setting und es erscheint als ein Programm primär spezifischer politischer und wirtschaftlicher Interessen, und weniger daran orientiert, dass Hochschulen, Studierende und Lehrende entscheiden könnten, was jeweils gute Hochschullehre ausmacht.

    _ Das große Thema ist zwar "Digitalisierung", in der Förderbekanntmachung finden sich aber keinerlei Anforderungen in Sachen "Datenschutz", "Personalvertretungsrechte" etc. Ob dies Zufall ist? Oder Nachlässigkeit? Und wer sich ein bisschen mit learning analytics, procterd exam etc. auseinandergesetzt hat, hat eine Vorstellung, in welche Richtung sich Hochschule entwickeln soll. (Da sind manche Sachen eher hinderlich.) Und: Warum gibt es keine explizite Verpflichtung, dass alles, was über das Programm gefördert wird, als OER, Open Source etc. zu gelten hat?

    Statt wettbewerblich vergebener Mittel, die aufgrund ihrer Ausgestaltung u. a. "sanft" Hochschule in eine bestimmte Richtung steuern sollen, müssen die Hochschulen adäquat grundausgestattet, und damit auch ausreichend Fachmenschen zur Ermöglichung qualitativ hochwertiger Hochschullehre unbefristet beschäftigt werden. Eine Kompetenz (und ein Grundanliegen) dieser Fachmenschen ist es ja gerade, in ihrem Bereich dort, wo dies Sinn ergibt, innovativ zu sein.

    Mit besten Grüßen
    Karla K.

  • #6

    Marco Winzker (Montag, 21 Dezember 2020 09:08)

    Die hier geäußerte Kritik kann ich aus meiner Erfahrung nicht nachvollziehen. Für den QpL gibt es Weiterfinanzierung durch ZSL (Zukunftsvertrag Studium Lehre) und an unserer Hochschule wurden die QpL-Stellen der Profs/LFbAs entfristet, die WissMits teilweise. Wir haben jetzt ein Zentrum Lehre mit entfristeter Stelle, wo HD vorher unbezahlte Nebenaufgabe einer Professur war.

    Dass die Projekte für die SIH (Stiftung Innovation Hochschullehre) durch die Hochschulleitung eingereicht werden, macht Sinn. Das war bei QpL so und führt dazu, dass Anträge eingereicht werden, welche die ganze Hochschule einbeziehen. Auch Einzelideen können eine Hochschule voranbringen, aber da gibt es andere Programme und die SIH hat ja weiteres angekündigt.

    Eine gute Hochschulleitung kommuniziert mit den Fachbereichen und Gliederungen und fördert Projektvorschläge von dort. Das ist jedenfalls bei uns an der Hochschule so, sowohl bei QpL als auch bei SIH.

  • #7

    Jörg Abke (Montag, 21 Dezember 2020 13:51)

    Lieber Marco Winzker,
    ich berichte Dir gerne mal von meinen Erfahrungen zur "Qualität der Lehre"-Projektstellen-Weiterführungen. Unsere Erfahrungen decken sich da nicht, was u.a. auch an den unterschiedlichen Bundesländern liegen mag, in denen unsere Hochschulen liegen. Oder es liegt evtl. daran, dass ich trotz Lehrender im MINT-Bereich in einem innovativen QPL-Projekt unterwegs bin, das die Hochschulleitung als nicht sooooo wichtig erachtet und mir ZSL-Mittel trotz (mehrfacher) Nachfrage nicht nennen mag.

  • #8

    René Krempkow (Dienstag, 22 Dezember 2020 17:39)

    @tmg und @Michael Liebendörfer:

    Es wird in wenigen Wochen ein Handbuch Hochschuldidaktik geben, welches viele dieser Diskussionen zusammenführt und auch kritisch diskutiert (und in dem alle Beiträge double-blind peer reviewed sind), so u.a. auch die Überprüfung der Wirksamkeit hochschuldidaktischer Vorschläge (www.utb-shop.de/handbuch-hochschuldidaktik-10927.html):
    So erörtern im Buchkapitel zu professions- und hochschulpolitischen Aspekten der Hochschuldidaktik Georg Jongmanns und Uwe Schmidt unter dem Titel „Intendierte und evidente Wirkungen: Förderprogramme für die Qualität in Studium und Lehre evaluieren“ die Möglichkeiten und das Potenzial, aus der Evaluation von Förderprogrammen nachhaltige Schlüsse für die Lehrentwicklung zu ziehen. Da ich als einer der Kapitelherausgeber diesen Text schon kenne, meine ich nicht zuviel zu versprechen, wenn ich dessen Lektüre für eine fundierte Diskussion zum Thema empfehle. :-)

    @Marco Winzker und @Jörg Abke:
    Ich fürchte, die Situation vor Ort hängt nicht nur mit dem Bundesland, sondern im in den letzten Jahren deutlich gestiegenem Ausmaß auch mit dem Committment der jeweiligen Hochschulleitungsmitglieder zusammen. Ich habe in bereits einige davon kennenleren dürfen und könnte da ggf. auch noch so einige recht unterschiedliche Erfahrungen beisteuern. ;-)

  • #9

    Franz Vergöhl (Dienstag, 22 Dezember 2020 19:21)

    Liebe Karla K.

    ich habe überhaupt nicht das Bedürfnis die Stiftung, die Förderbekanntmachung oder das Wettbewerbsmodell zu verteidigen. Ich stimme Ihren Analysen größtenteils zu.

    Ich bin bei der Stiftung und im Hochschulforum Digitalisierung kompetenten Menschen begegnet. Ich glaube diesen Menschen, dass sie es besser machen möchten als es im QPL war.