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KMK: Abschlussprüfungen sollen stattfinden

Die Prüfungen könnten auch in geschlossenen Schulen stattfinden, bekräftigten die Kultusminister heute in ihrem Beschluss.

DIE KULTUSMINISTER HABEN sich darauf geeinigt, dass die Abitur- und Abschlussprüfungen trotz der Pandemie auch in diesem Jahr möglichst stattfinden sollen – und zwar in Präsenz. Der in einer gemeinsamen Schaltkonferenz gefasste Beschluss gilt für allgemeinbildende und für Berufsschulen und betont, dass Prüfungen auch in geschlossenen Schulen abgehalten werden könnten, "sofern es keine entgegenstehenden Landesregelungen gibt". 

 

Im Gegensatz zum Abitur sind schriftliche Prüfungen beim Ersten und Mittleren Schulabschluss auch in normalen Zeiten nicht in allen Ländern vorgesehen, es gibt hierzu keine länderübergreifende Regelung der Kultusministerkonferenz (KMK). Doch sagen die Kultusminister: Da, wo Abschlussprüfungen normalerweise stattfinden, sollen sie es möglichst auch in diesem Jahr tun.

 

Damit positionieren sie sich in einer seit Wochen lauter werdenden Debatte über die Folgen des Lockdowns für die Abschlussjahrgänge. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßte die KMK-Entscheidung. Ihre Vorsitzende Marlis Tepe sagte laut dpa, sie sei zufrieden, dass der Druck, den man bei dem Thema gemacht habe, nun bei der KMK zu dieser Vereinbarung geführt habe.

 

Auch die Berufsschulen, entschieden die Kultusminister, sollen ihre Abschlussprüfungen durchführen, "soweit es das Infektionsgeschehen zulässt".

 

Keine schriftlichen
Online-Prüfungen

 

Die Möglichkeit schriftlicher Online-Prüfungen kommt in dem Beschluss nicht vor. Viele Experten hatten zuvor bezweifelt, dass diese sich datenschutzkonform und fair durchführen ließen.

 

Mündliche Prüfungen könnten jedoch im Ausnahmefall in einem virtuellen Prüfungsraum als Videokonferenz stattfinden, bestimmten die Kultusminister heute – wenn sie aus Gründen des Infektionsgeschehens nicht in einem realen Prüfungsraum durchgeführt werden können.

 

Bei der Durchführung der Abiturprüfungen wollen die Länder auch 2021 den bestehenden gemeinsamen Aufgabenpool nutzen, wobei sie eine Ausnahmeklausel in ihren Beschluss eingebaut haben: "wenn dem nicht zwingende Gründe entgegenstehen". Sollte es im Zusammenhang der Pandemie zu weiter wachsenden Lernrückständen kommen (die KMK spricht allgemeiner von verschärften "Folgen aus dem Pandemiegeschehen"), werde die KMK darüber beschließen, "wie die Zuerkennung eines gleichwertigen Abiturs und die gegenseitige Anerkennung gewährleistet werden können".

 

In jedem Fall sollen den Schülern keine Nachteile aus der "pandemiebedingten Ausnahmesituation" (O-Ton KMK) entstehen, versprechen die Minister und fügen hinzu, sie würden sicherstellen, " dass die 2021 erworbenen Abschlüsse denen früherer und späterer Jahrgänge gleichwertig sind und gegenseitig anerkannt werden." Womit sie ihrem im Vorfeld der letzten Abiturprüfungen Ende März 2020 unter turbulenten Bedingungen gefassten Beschluss bekräftigen. 

 

Wie die Minister den Schülern
die Prüfungen leichter machen wollen

 

Die Kultusminister führen in ihrem Beschluss eine Vielzahl von Maßnahmen, die sie einsetzen wollen, um die Abschlussprüfungen unter Lockdown-Bedingungen fair zu gestalten und die Schüler bei ihrer Prüfungsvorbereitung zu unterstützen – ohne, wie sie erneut betonen, "das von der Kultusministerkonferenz definierte Anspruchsniveau abzusenken". Unter den genannten Maßnahmen finden sich die in vielen Ländern bereits umgesetzte Verschiebung von Prüfungsterminen (auch über die Nutzung von Nachschreibeterminen), weniger Klassenarbeiten und Klausuren oder auch die "Präzisierung der länderinternen Prüfungshinweise". 

 

Letzteres führen die Kultusminister beispielhaft aus als "Schwerpunktsetzung oder Ermöglichung von Wahlthemen" – was in der Konsequenz natürlich auf eine Verringerung des prüfungsrelevanten Stoffumfangs hinauslaufen würde. Demselben Ziel würde die ebenfalls genannte "Bereitstellung einer höheren Anzahl von Prüfungsaufgaben zur Auswahl" dienen, damit Lernlücken besser umschifft werden können, oder auch die Auswahl von zentral gestellten Prüfungsaufgaben durch die Schulen. Schließlich können die Schüler auch 30 Minuten mehr Prüfungszeit erhalten. 

 

Die unter anderem vom Deutschen Lehrerverband erhobene Forderung, Schüler freiwillig das Schuljahr wiederholen zu lassen, ohne dass dies als Sitzenbleiben gilt oder, wie die KMK es formuliert, ohne dass es "auf die Verweildauer insbesondere in der gymnasialen Oberstufe angerechnet wird", ist ebenfalls in dem Beschluss enthalten. 

 

Die neue KMK-Präsidentin, Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), sagte: "Unser heutiger Beschluss ist von dem Leitgedanken getragen, dass Schülerinnen und Schülern in diesem von der Pandemie geprägten Schuljahr keine Nachteile für ihre weitere Bildungsbiografie entstehen dürfen." Dafür hätten die Kultusminister heute den Rahmen verabredet. 

 

Was der Beschluss allerdings ausblendet: dass eine rechtliche Anerkennung der Gleichwertigkeit der diesjährigen Abschlussprüfungen nicht automatisch ihre gesellschaftliche garantiert. 

 

Erst heute hatte etwa der Bildungsforscher Kai Maaz hier im Blog davor gewarnt, "jetzt verlorene Corona-Jahrgänge auszurufen". Gerade um die leistungsschwächeren Schüler müssten Politik und Schulen sich jetzt verstärkt kümmern. Auch der Maaz plädierte für die Durchführung der schriftlichen Abiturprüfungen. Sie abzuschaffen halte er "für die absolute Ultima Ratio". Beim Ersten und beim Mittleren Schulabschluss hingegen könne er sich eine Aussetzung in diesem Krisenjahr durchaus vorstellen. "Es ist fairer, schriftliche Prüfungen abzusagen, als sie unter Bedingungen durchzuführen, die überhaupt nicht kontrollierbar sind."

 

Tatsächlich haben Länder wie Berlin oder Hamburg bereits angekündigt, den Ersten bzw. Mittleren Schulabschluss ohne schriftlichen Prüfungen vergeben zu wollen. Ob und inwieweit das mit dem heute gefassten KMK-Beschluss vereinbar ist, bleibt unklar. 

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