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Der Digitalpakt wächst weiter, doch das Geld fließt nur zögerlich

Nach der letzten Länderunterschrift startet endlich auch das 500-Millionen-Programm für Lehrerlaptops. Ebenfalls seit Jahresbeginn am Start: ein Programm für Schulen in sozial schwierigen Wohnvierteln.

DAS 500-MILLIONEN-SONDERPROGRAMM für Lehrerlaptops kann morgen endlich in Kraft treten. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) unterschrieb am Mittwoch die Bund-Länder-Vereinbarung "Leihgeräte für Lehrkräfte". 

 

Es handelt sich um das dritte Zusatzprogramm zum Digitalpakt Schule seit Beginn der Coronakrise. Jeweils 500 Bundesmillionen stehen den Ländern auch für Schülerlaptops und die Ausbildung und Bezahlung von Systemadministratoren an Schulen zur Verfügung. Damit investiert der Bund inzwischen 6,5 Milliarden Euro in die Digitalisierung der Schulen, hinzu kommt eine Eigenbeteiligung der Länder. 

 

Karliczek sagte, alle drei Zusatzprogramme zum Digitalpakt seien wichtig, "denn in diesen langen Wochen der Corona-Pandemie sind wir aktuell weiterhin sehr stark auf das Distanzlernen angewiesen." Zwar habe sich das Distanzlernen seit März weiterentwickelt. "Aber einen vollständigen Unterricht können die Lehrerinnen und Lehrer auf Distanz nicht anbieten." Die Ministerin dankte den Lehrkräften und Erziehern für ihren Einsatz, aber auch den Eltern könne sie "nicht genug danken: Sie sind derzeit gleichzeitig Mutter oder Vater, Arbeitnehmer, Spielgefährte, Koch und Ersatz-Lehrer. Sie stemmen eine unvergleichbare Mammutaufgabe."

 

Die Verwaltungsvereinbarung zu den Lehrerlaptops war bereits seit 19. November unterschriftsreif. Und das war schon drei Monate nach dem vorausgegangenen Grundsatzbeschluss beim informellen Bildungsgipfel Mitte August. Karliczek wehrte sich heute gegen Vorwürfe, dass die Ratifizierung dann noch einmal über zwei Monate gedauert habe. "Als Bundesministerin kann ich erst unterschreiben, wenn alle Länder die Verwaltungsvereinbarung unterschrieben haben", sagte sie. "Eine ausstehende Unterschrift ist erst gestern eingetroffen." Womit Karliczek die aus Nordrhein-Westfalen meinte.

 

Doch auch heute sei lediglich eine Vereinbarung unterzeichnet worden, kritisierte die grüne Bildungspolitikerin Margit Stumpp. "Bis die ersten Geräte in den Schulen ankommen, werden erneut Wochen und Monate vergehen." So lange hänge der Erfolg des Distanzunterrichts weiter am individuellen Engagement und privaten Endgeräten der Lehrer*innen. Die Digitalisierung an den Schulen sei in Deutschland seit zehn Jahren verschlafen worden. "Doch selbst in den aktuellen Krisenzeiten zündet der Bildungsföderalismus keinen Turbo, sondern verwaltet Miss- und Mangelwirtschaft." 

 

Auch an der Umsetzung des vor der Coronakrise beschlossenen Haupt-Digitalpakts gibt es dagegen weiter Kritik. Knapp zwei Jahre nach seiner Unterzeichnung seien erst 20 Prozent der zugesagten fünf Milliarden Euro bewilligt – mit großen Unterschieden zwischen den einzelnen Bundesländern, berichtet Zeit Online auf Grundlage einer Umfrage unter allen Kultusministerien.

 

Bei den Lehrer-Laptops hatten sich Bund und Länder immerhin auf einen sogenannten frühzeitigen Maßnahmenbeginn geeinigt. Demzufolge können die Länder bereits seit 3. Juni 2020 entsprechende Endgeräte anschaffen und sich das Geld über den Digitalpakt Schule zurückholen. Wie viele Geräte so schon an Lehrer gegangen sind? Das BMBF wusste es heute nicht. Der Bund wiederum holt sich das Geld aus dem EU-Konjunkturprogramm zurück, sobald es für Deutschland freigegeben ist (da hakt es auch noch).

 

Das Endgeräte-Programm für Schüler steht dagegen in der Kritik, weil es zwar eigentlich für die Ausstattung von Kindern aus ärmeren Familien gedacht ist, seine Mittel aber unabhängig von ihrer Sozialstruktur auf die Länder verteilt werden.

 

Programm für Schulen in
sozial schwierigen Lagen gestartet

 

Unabhängig davon ist bereits zum Jahresbeginn das lange vor der Coronakrise geplante Bund-Länder-Programm "Schule macht stark" gestartet. 200 Schulen in sozial schwierigen Wohnvierteln vom Primarbereich bis zur Sekundarstufe hinauf sollen ab dem kommenden Schuljahr mit einem Verbund von Bildungsforschern zusammen an Maßnahmen arbeiten, um die Bildungschancen ihrer Schüler zu verbessern. Leiter des Forschungsverbunds ist Kai Maaz, der auch als Sprecher des Nationalen Bildungsberichts fungiert. 

 

Ziel der Kooperation von Schulen und Wissenschaftlern sei, teilten BMBF und Kultusministerkonferenz (KMK) heute mit, gemeinsam "Bedarfe in der Schul- und Unterrichtsentwicklung zu identifizieren, vorhandene Potenziale zu erkennen und neue Strategien und Konzepte zu entwickeln." Weitere Arbeitsschwerpunkte seien die Vernetzung der Schulen mit anderen Bildungs- und sozialen Angeboten im Umfeld der Schulen und auch untereinander. In der nach fünf Jahren beginnenden zweiten Phase sollten die entwickelten Strategien und Konzepte an andere Schulen weitergegeben werden. 

 

125 Millionen Euro sind für "Schule macht stark" vorgesehen, je zur Hälfte von Bund und Ländern. Analog hatten BMBF und KMK vor Jahren bereits das Programm "Leistung macht Schule" (LemaS) aufgelegt, das die Begabten- und Leistungsförderung an Schulen verbessern soll. 



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