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Was vom Ergänzungshaushalt in Bildung und Wissenschaft ankommt

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte sich für mehr Mittel auch fürs BMBF eingesetzt. Unter anderem soll für aus der Ukraine geflüchtete Studierende jetzt das Bafög geöffnet werden.

39,2 MILLIARDEN EURO SOLL der Ukraine-Ergänzungshaushalt umfassen, den das Bundeskabinett gestern beschlossen hat und der jetzt in den Bundestag geht. Auch das BMBF hatte wie berichtet "substanzielle Mehrbedarfe" angemeldet, doch scheint das Ministerium von Bettina Stark-Watzinger (FDP) im Wettstreit der Ressorts eine eher magere Ausbeute erzielt zu haben. Explizit führt es Maßnahmen für gut 80 Millionen Euro auf, was 0,2 Prozent des Gesamtpakets entspräche und etwa einem Vierzigstel dessen, was allein Autofahrer an Benzinpreis-Subventionen erhalten. 

 

Zwar verweist das Bildungsministerium zusätzlich auf die eine Milliarde, mit der sich die Bundesregierung unter anderem an den Kosten für Kinderbetreuung und der Beschulung von aus der Ukraine geflüchteten Kindern und Jugendlichen beteiligen will – doch so richtig mitzählen kann man die bei der BMBF-Ausbeute nicht. Denn es ist völlig offen, wieviel davon tatsächlich in Kitas und Schulen ankommt. Erstens fließt das Geld per zusätzlichen Umsatzsteuerpunkten zunächst an die Landesfinanzministerien. Zweitens wurden in der Bund-Länder-Vereinbarung vom 7. April Betreuung und Beschulung nur beispielhaft genannt, ebenso wie "Gesundheits- und Pflegekosten". 

 

Ein Großteil der gut 80 vom BMBF genannten Millionen entfallen auf die bereits im März angekündigte Verdopplung des einmaligen Heizkostenzuschusses auf 230 Euro für Bafög-Empfänger. Kostenpunkt: 51,2 Millionen. Das BMBF verweist hier auf die "enorm gestiegenen Energiepreise" durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Doch selbst die 230 Euro liegen noch unter dem Satz für Wohngeld-Empfänger (270 Euro). Und der Zuschuss gilt weiter eben nur für Bafög-Berechtigte, womit er lediglich elf Prozent der Studierenden erreicht. Die Kritik der Studierendenverbände dürfte insofern anhalten.

 

Eine extrem wichtige Maßnahme ist im Ergänzungshaushalt immerhin für ukrainische Studierende enthalten, die nach Deutschland geflüchtet sind: Das Bafög wird für sie geöffnet. Bislang fielen sie in eine Förderlücke, weil sie mit Aufnahme einer Ausbildung jedweden Anspruch auf Sozialleistungen als Geflüchtete einbüßten. Die Bafög-Öffnung war unter anderem vom Deutschen Studentenwerk gefordert worden.

 

Womöglich eine Enttäuschung könnte der Ergänzungshaushalt für den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) bedeuten, der sich seit Beginn des Krieges für ein großes, bundesfinanziertes Unterstützungsprogramm für aus der Ukraine geflüchtete Studierende und Forscher eingesetzt hatte. 80 Millionen Euro seien nötig für die bis zu 100.000 Betroffenen, hatte DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee der Bundesregierung wiederholt vorgerechnet: unter anderem für Stipendien, für die sprachliche und fachliche Integration und für die Weiterqualifikation von akademisch vorqualifizierten Fachkräften mit Blick auf den deutschen Arbeitsmarkt.

 

Ein Teil davon sollte auf den Haushalt des BMBF entfallen, ein Teil auf den des Auswärtigen Amts. Seitens des Bundesbildungsministeriums gibt es jedoch nach dem gestrigen Beschluss des Ergänzungshaushaltes bislang nur die so allgemeine wie unverbindliche Aussage, der Bundeshaushalt müsse diesen "flexiblen Anforderungen" (gemeint sind die vom DAAD aufgeführten Maßnahmen) "gerecht werden". Und weiter: "Hierfür ist auch der nötige Spielraum zu schaffen. Insofern sieht der Ergänzungshaushalt auch einen Puffer vor und auch das BMBF steht dafür ein, dass hier, wenn es erforderlich wird, flexibel reagiert werden kann". Was genau "nötiger Spielraum" bedeutet und wie sicher und in welchem Umfang sich der DAAD hier auf zusätzliche Mittel aus dem "Puffer" verlassen kann, dazu machte das Ministerium keine Angaben.

 

Zu den Forderungen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) nach zusätzlichen Mitteln für Sprachkurse, Studienberatung, psychologische Beratung und Kinderbetreuung äußerte sich das BMBF heute gar nicht erst. Die Blaupause, auf die sich die HRK mit ihrem Vorschlag bezog, war das anlässlich der letzten großen Welle Geflüchteter eingebrachte Integra-Programm, das von 2015 bis 2019 lief, Gesamtbudget: 100 Millionen Euro. 



Nachtrag am 02. Mai:
27 Millionen für den DAAD

 

Während das BMBF zunächst keine Millionen aus dem Ergänzungshaushalt für den DAAD vermeldete, hat das Auswärtige Amt (AA) offenbar 27 Millionen Euro für das geforderte "große Unterstützungsprogramm" an Land gezogen.

 

DAAD-Sprecher Michael Flacke sagte am Montag, zwar liege der Austauschorganisation noch keine offizielle Benachrichtigung vor. Doch gehe der DAAD von "derzeit 27 Millionen Euro für Ukraine-Maßnahmen im AA-Haushalt aus". Die Gelder seien besonders für die Säulen "Stipendien" und "Leadership-Programme" des Anfang März vorgestellten Unterstützungsprogramms gedacht – das nach DAAD-Wünschen insgesamt 80 Millionen Euro stark gewesen wäre.

 

50 Millionen sollten davon dem Vorschlag zufolge über das AA kommen, hiervon wäre nun also knapp mehr als die Hälfte bewilligt worden. Damit, so DAAD-Sprecher Flacke, könne voraussichtlich der Großteil der geplanten Maßnahmen in diesen beiden Säulen umgesetzt werden können. Allerdings: "Eine detaillierte Budgetverteilung können wir erst vornehmen, wenn uns die offizielle Bestätigung vorliegt."

 

Derzeit seien die Mittel erwartbar für 2022 eingestellt. Da vor allem Stipendien aber über mehrere Jahre laufen, "hoffen wir... auf eine Verlängerung für 2023 und darüber hinaus".

 

 

Nachtrag am 25. Mai 2022:
BMBF stellt neun Millionen zusätzlich bereit

 

Im Ergänzungshaushalt hatte das Ministerium keine Extra-Mittel für den DAAD sichern können, sondern Ende April nur sehr allgemein von einem "Spielraum" und einem "Puffer" gesprochen. Jetzt hat das BMBF konkretisiert: Der DAAD erhält dieses Jahr neun Millionen Euro zusätzlich. Zur Stärkung zweier bestehender Programme, um Geflüchteten den Studieneinstieg in Deutschland zu erleichtern. Und für zwei neue Angebote, um die digitale Hochschulbildung in der Ukraine und die digitale Studienvorbereitung zu unterstützen. DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee nannte die einzelnen Programme "wichtige Stützen für ukrainische Studierende in Deutschland und die Hochschulen in der Ukraine". Sie stellten zentrale Elemente des vom DAAD im März vorgeschlagenen Ukraine-Unterstützungspakets dar. Mukherjee mahnte zugleich eine mittelfristige Absicherung der Programme über dieses Jahr hinaus an.

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