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Gehälter an der Uni: Professoren verdienen in der Hauptstadt am besten

Bei der Besoldung plus Zulagen haben sich die Berliner W3-Universitätsprofessuren bundesweit an die Spitze geschoben.

WER ALS PROFESSOR in Deutschland ordentlich Geld verdienen will, sollte nach Bayern oder Baden-Württemberg gehen? Stimmt. Aber teilweise noch mehr Gehalt gibt es in – Berlin.

 

Wie ein aktueller Vergleich des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) zeigt, verdienen W3-Uniprofessoren, die es auf die höchste Besoldungsgruppe für Professuren mit Beamtenstatus geschafft haben, nirgendwo in Deutschland real mehr als in der Bundeshauptstadt. Bei der tatsächlichen Brutto-Monatsbesoldung, also Grundgehalt inklusive aller Zulagen, kommt Berlin zusammen mit Bayern auf einen Spitzenwert von 9980 Euro. Schlusslichter sind Nachbar Brandenburg mit 8760 Euro und Mecklenburg-Vorpommern, das W3-Professoren im Schnitt nur 8310 Euro zahlt. Die Spanne zwischen Spitze und Schluss der Gehaltstabelle ist mit fast 1600 Euro enorm.

 

Auch bei den W1-Realgehältern für die Gruppe der Juniorprofessuren schafft Berlin mit 5460 Euro brutto Platz zwei hinter Baden-Württemberg. Am wenigsten gibt es in Niedersachsen (5040 Euro) und erneut in Mecklenburg-Vorpommern (4840 Euro). Grundlage der Zahlen ist eine Spezialauswertung des Statistischen Bundesamtes im Auftrag des DHV, die diese Woche in Forschung & Lehre erscheint. 

 

Ein hessisches Urteil brachte den
föderalen Gehaltsmarkt in Schwung

 

Berlin bei den Professorengehältern in der Spitzengruppe? Das war tatsächlich nicht immer so. Die Grundgehälter waren in der Hauptstadt noch Mitte der 2010er Jahre bundesweit mit die niedrigsten, Berliner Senat und Hochschulen stritten darüber, wie die Realeinkommen erhöht werden könnten. Bundesweit Schwung gekommen war in die Debatte 2012, als das Bundesverfassungsgericht das W2-Grundgehalt eines hessischen Professors im Sinne der "Alimentation" eines Hochschullehrers, also dem für Beamte angemessenen Lebensunterhalt, als zu gering eingestuft hatte. Das hatte weitreichenden Folgen für die Professorenbesoldung bundesweit.

 

Die erforderliche Aufbesserung scheint in Berlin seitdem besonders nachhaltig gewirkt zu haben. Zwar sind die in den offiziellen Besoldungstabellen ausgewiesenen Grundgehälter hier immer noch nicht die höchsten, aber diese zu vergleichen, ergibt wegen der von Land zu unterschiedlichen Zulagenpraxis ohnehin wenig Sinn. Zumal einzelne Bundesländer zusätzlich noch mit Erfahrungsstufen operieren, andere dagegen nicht. 

 

Aus Sicht der Professoren ist am Ende nur entscheidend, was auf dem Gehaltszettel steht. So gebe es in Berlin etwa bei W1 inzwischen "die Besonderheit, dass zum Grundgehalt automatisch schon mal eine Zulage von 330 Euro gewährt wird", sagt DHV-Geschäftsführerin Yvonne Dorf. "Das zieht den Schnitt nach oben." Je nach Qualifikation und Verhandlungserfolg seien sogar bis zu 1000 Euro Zuschlag für Juniorprofessuren drin.

 

Der Hochschulverband versteht sich als "Berufsvertretung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland", die meisten Mitglieder sind aber Universitätsprofessoren und -professorinnen. Von ihnen berät der DHV jedes Jahr Tausende, erhält so Einblick in zwei von drei Berufungsverhandlungen – und in den realen Gehaltsmarkt, der massiv von den Grundgehaltstabellen abweicht. Genau diese Abweichung spiegele sich nun in den repräsentativen Daten des Statistischen Bundesamtes wieder, sagt Geschäftsführerin Dorf.

 

Wovon die Höhe der gezahlten Zulagen abhängt, erläutert Lars Overdieck, Kanzler der Technischen Universität (TU) Berlin. Bei den Berufungsverhandlungen: von "der individuellen Qualifikation und vorliegenden Evaluationsergebnissen unter Berücksichtigung der Bewerber- und Arbeitsmarktlage". Wenn eine Professorin das Angebot einer anderen Uni hat und die TU sie zum Bleiben bewegen will: "auch vom vorgelegten auswärtigen Angebot". Und dann gebe es noch zusätzliches Geld "für besondere Leistungen" und für "die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung oder von anderen herausgehobenen Funktionen". 

 

Was technisch klingt, bedeutet für die Berliner Profs viel zusätzliches Geld. Die "positive Entwicklung" des Wissenschaftsstandortes Berlin/Brandenburg und der Erfolg der Berliner Universitäten in der Exzellenzinitiative führe zu mehr exzellenten Bewerbungen aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland, sagte Overdieck. "Unsere Chancen, diese Bewerber*innen für die TU Berlin gewinnen zu können, setzen neben dem attraktiven Standort auch der Qualifikation entsprechende attraktive Ausstattungs- und Besoldungsangebote voraus."

 

Lediglich bei der mittleren Besoldungsgruppe W2 für beamtete Professuren befinden sich die Berliner Professoren sich mit einer tatsächlichen Durchschnittsbesoldung von brutto 7270 Euro im Mittelfeld. Hier stehe Rheinland-Pfalz mit 7490 und Baden-Württemberg mit 7480 Euro an der Spitze. Ganz hinten sind wiederum Brandenburg (7000 Euro) und Mecklenburg-Vorpommern (6990 Euro).

 

Am Ende sind 250 Euro mehr
nicht unbedingt entscheidend

 

Allerdings gelten die DHV-Zahlen nur für Universitätsprofessoren. Und wie sieht es mit ihren Kollegen an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) aus? Deren Durchschnittsbesoldung gilt allgemein als niedriger, auch gibt es für sie nur wenige W3-Stellen. Hinzu kommt: "Eine solche systematische Erhebung für die HAW-Professorinnen und Professoren liegt uns nicht vor", sagt Nicolai Müller-Bromley, Präsident des Hochschullehrerbundes (hlb), der Berufsvertretung der HAW-Profs. "Streng vertrauliche Besoldungsfragen erörtern wir vorwiegend mit Erstberufenen im Rahmen unserer Berufungsberatung." Wegen der hohen Differenzen bei der Besoldung an den HAW plädiere der Hochschullehrerbund seit Jahren "für eine einheitliche Vergütung nach W3 an allen Hochschulen".

 

Zurück zur DHV-Übersicht. Dessen aktuelle Zahlen stammen aus dem Juni 2021. Droht angesichts der von Corona- und Ukrainekrise gebeutelten öffentlichen Haushalte auch in Berlin demnächst ein Abwärtstrend? Das kann natürlich auch der DHV nicht vorhersagen. Klar sei aber: "Die aktuell verschlechterte Lage wirkt sich noch nicht auf die Grundgehälter aus", sagt Dorf. "Auf die Zulagen womöglich schon, das werden wir bei der nächsten Datenerhebung sehen."

 

Dorf sagt aber auch: Berlins Attraktivität als Wissenschaftsstandort entscheide sich für die meisten Professoren nicht in erster Linie am Gehalt: "Ob ich in Baden-Württemberg 250 Euro mehr im Monat bekomme, wird mich nicht von meinem Plan abbringen, wenn ich nach Berlin möchte." Der eigentliche Standortvorteil sei die bundesweit einmalige Dichte an Wissenschaftseinrichtungen, das enge Miteinander von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. "Das macht Berlin zum Magnet für Wissenschaftler."

 

Dieser Artikel erschien zuerst im Tagesspiegel.


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Kommentare: 1
  • #1

    Kritischer Geist (Donnerstag, 01 Dezember 2022 08:02)

    Die Rolle des DHV, der insbesondere in Berufungsverhandlungen unerfahrenen jungen Professorinnen und Professoren suggeriert, nur ab einer bestimmten, oft utopisch hohen Zulagenhöhe könne man von einer wertschätzenden Verhandlung sprechen, ist hier nicht zu unterschätzen.