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200-Euro-Studierendenhilfe: Länder verzichten auf Vermittlungsausschuss

Vorher hatte die Bundesregierung per Protokollerklärung die zentrale Auszahlung des Geldes zugesichert. Eine schnellere Abwicklung wird nun wahrscheinlicher.

ES IST EIN WICHTIGER ZWISCHENSCHRITT. Nach Zugeständnissen des Bundesbildungsministeriums zur Umsetzung der 200-Euro-Soforthilfe für Studierende und Fachschüler verzichtete der Bundesrat am Freitagmittag auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Damit rückt eine Auszahlung an die rund 3,5 Millionen Berechtigten nach monatelangen Verzögerungen zumindest näher.

 

In einer Protokollerklärung zum im Bundestag bereits beschlossenen Studierenden-Energiepauschalengesetz (EPPS) hatte die Bundesregierung den Ländern zuvor zugesichert, dass das Geld doch zentral ausgezahlt werden soll, womit Hauptforderung der Länder erfüllt wurde.

 

Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) begrüßte in seiner Rede vor der Abstimmung im Bundesrat, dass ein "Windhundrennen auf Seiten der Länder" vermieden werde. Alle anderen Fragen ließen sich nun ohne Vermittlungsausschuss klären. "So richtig und wichtig es ist, dass der Einmalzuschuss ausgelobt wurde, die Studierenden und Fachschule erwarten ihn nun auch", deshalb müsse es jetzt schnell gehen, "das sind wir ihnen schuldig". 

 

Vergangenen Freitag hatte der Kulturausschuss des Bundesrates noch die Empfehlung abgegeben, wegen offener Umsetzungsfragen den Vermittlungsausschuss anzurufen. Vorangegangen war ein Spitzengespräch zwischen der Kultusministerkonferenz (KMK) und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), das entscheidende Kritikpunkte der Länder, vor allem zum Datenschutz und zu den Modalitäten der Auszahlung der Gelder, nicht hatte ausräumen können.

 

Die Kritikpunkte hatte KMK-Präsidentin Karin Prien (CDU) zuvor in einem sechsseitigen Brief an Stark-Watzinger ausgeführt und dem BMBF unter anderem vorgeworfen, dass die Länder sich vom Bund in entscheidenden Teilen des Verfahrens nicht einbezogen und ungehört fühlten.

 

BMBF signalisierte
Entgegenkommen

 

Unmittelbar nach dem Vermittlungsausschuss-Votum des Kulturausschusses hatte das Bundesbildungsministerium dann öffentlich Kompromissbereitschaft signalisiert. Man habe den Ländern "bereits zugesagt, sie bei der Umsetzung noch stärker zu unterstützen", hieß es aus dem BMBF. Die Einmalzahlung für die rund 3,5 Millionen Studierenden und Fachschüler dürfe sich nicht weiter verzögern. "Deshalb ist der Bund auch weiterhin gesprächsbereit, um die letzten Hürden bei Datenschutz und Auszahlungsstelle gemeinsam aus dem Weg zu räumen."

 

Nach Länderangaben war trotzdem noch Mitte dieser Woche unsicher, ob es tatsächlich die BMBF-Zusage einer zentralen Auszahlungstelle geben würde – bis der Text der Protokollerklärung stand. Darin heißt es wörtlich: "Sollte im Rahmen der weiteren Entwicklung oder Inbetriebnahme der Antragsplattform zwingender datenschutzrechtlicher oder anderer Regelungsbedarf festgestellt werden, dem nicht auf Grundlage des EPPSG in der vorliegenden Fassung abgeholfen werden kann, wird die Bundesregierung eine einheitliche datenschutzrechtliche Regelung sowie mögliche weitere Regelungen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Bundes für ein Änderungsgesetz vorlegen. Darüber hinaus wird der Bund für die Nutzung der Antragsplattform eine zentrale Auszahlungsstelle anbieten."

 

Bis auf Bayern und Hessen stimmten am Freitagmittag dann alle Länder dem Gesetz zu. Wäre die Einigung geplatzt und das Gesetz in den Vermittlungsausschuss gegangen, hätte dies einen weiteren erheblichen Aufschub bedeutet – schon weil dann der Bundesrat frühestens am 10. Februar wieder über das Gesetz beraten hätte.

 

Ursprünglich war die Soforthilfe Anfang September vom Ampel-Koalitionsausschluss beschlossen worden, inklusive der Ankündigung einer "schnellen und unbürokratischen" Umsetzung. Dann waren jedoch schon zwei Monate vergangen, bis Bund und Länder Anfang November in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) überhaupt vereinbarten, eine "zentrale Plattform" einzurichten, über die Studierende und Fachschüler ihren Anspruch melden konnten. Womit noch immer keinerlei Details zu Beantragung, Prüfung und Auszahlung feststanden – und auch noch keine Agentur zur technischen Umsetzung, Testung und für den Betrieb des Webportals beauftragt war.

 

Prien: Ohne Nachbesserung würde während
der Heizperiode kein Euro ankommen

 

Dennoch hatte Ministerin Stark-Watzinger zu diesem Zeitpunkt noch von einer Auszahlung möglichst Anfang Januar gesprochen – während KMK-Präsidentin Prien in ihrem Brief Anfang Dezember davor warnte, die Länder sähen sich "mit der Umsetzung dieses gut gemeinten, aber nicht hinreichend vorbereiteten Gesetzentwurfs konfrontiert", der wesentliche Umsetzungsfragen zur Bewilligung und Auszahlung offen lasse. Auch kritisierte Prien die vom Bund in die Öffentlichkeit transportierten Erwartungshaltung, dass die Länder die Auszahlungen bereits im Januar 2023 vornehmen."  Es sei zudem "momentan noch völlig offen", wann die Plattform (an der immerhin inzwischen von einem IT-Dienstleister gearbeitet wird) technisch so weit sei, dass sie zur Verfügung stehe.

 

An dieser und an weiteren Stellen ist übrigens auch mit dem heutigen Gesetzesbeschluss samt Protokollerklärung noch keine Klärung verbunden, zum Beispiel: Wird jetzt die Bundeskasse Auszahlungsstelle? Und wie genau wird der Datenschutz denn nun geregelt? Aber immerhin gibt es das Signal: Bund und Länder wollen jetzt (wieder) an einem Strang ziehen. Und das BMBF übernimmt weitgehende Verantwortung.

 

KMK-Präsidentin Prien schrieb auf Twitter von einem großen Erfolg und dem "Ergebnis einer guten Abstimmung über alle Ländergrenzen hinweg". Durch diese "dringend gebotene" Nachbesserung würden die Länder überhaupt erst in die Lage versetzt, das Bundesgesetz umzusetzen. Andernfalls, so Prien weiter, "wäre es völlig ausgeschlossen, dass die Studierenden und auch die Fachschülerinnen und Fachschüler auch nur einen Euro während der anstehenden Heizperiode erhalten würden".


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Kommentare: 1
  • #1

    EmCe² (Freitag, 13 Januar 2023 09:41)

    4 Wochen ist ihre letzte Berichterstattung zu dem Thema her. Seitdem ist anscheinend einiges passiert - von dem man jedoch in der Regel nichts mitbekommen hat. Kurz nach dem Jahreswechsel scheint es einen Workshop zum aktuellen Entwicklungsstand der künftigen Software gegeben zu haben. Unter ministerieller Beteiligung wird dort dargestellt, wie man sich eine Lösung vorstellen kann --> https://xbildung.de/web/EPPSG_Workshops.

    Als Hochschule hat man davon bis dahin nichts gehört. Nicht zentral, nicht durch seine Landesvertreter /, gar nicht. Umso größer die "Freude", dass man sich nun wohl - eben ohne Beteiligung der Hochschulen - darauf verständigen konnte, wer einen Großteil der Arbeit macht: nämlich die Hochschulen. Besten Dank für nichts.

    Die Hochschulen sollen Listen verarbeiten, ZugangsCodes & PINs erstellen lassen, die dann noch an jeweils berechtigte Personen versenden - sprich, den großen Teil der Sachbearbeitung dieser Fälle liegt bei den Hochschulen. Die Frage nach der Machbarkeit, nach Personal, nach einer vorhandenen Unterstützung durch (Campusmanagement-)Software etc. - offen. Auch die Tatsache, dass all diese Überprüfungen (samt Studierendenstatus, Wohnort, etc.) rückwirkend zum Stichtag 1.12.22 erfolgen soll, hat man wohl aus den Augen verloren, "alles kein Problem" denkt man sich.

    Die erforderliche Auszahlung wird dann anscheinend automatisiert und ohne weitere Überprüfung stattfinden - der Filter selbst soll der Zugangscode sein. Der Antrag, den der Studierende zu stellen hat, wird rein online abgewickelt, Voraussetzung soll u.a. sein, dass die "weit verbreiteten NutzerkontoBund-Accounts" (zur gesicherten Identitätskontrolle) zu nutzen sind <<Ironie AUS>>.

    Das böse Erwachen steht also noch kurz bevor. Aber man muss kein großer Schwarzmaler sein um vorhersagen zu können, wo das Telefon klingelt für Fragen wie...
    - mein Code geht nicht
    - was ist ein NutzerkontoBund
    - ich sehe hier jetzt eine Fehlermeldung
    - ...
    Natürlich bei den Hochschulen, die mit all dem "überhaupt nichts an der Mütze haben"! Ein weiteres Danke, schon jetzt im Vorhinein. Es bleibt abzuwarten, wie diese Erfolgsgeschichte weitergeht. Am 30.9. ist ja schon alles vorbei, dann endet nämlich die Frist zur Antragstellung. Ups, das ist ja gar nicht mehr so lang...