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"Der Bildungsföderalismus hat es selbst in der Hand"

Kai Maaz, Geschäftsführender Direktor des DIPF | Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation. Foto: fotorismus / DIPF

1. Was ist für Sie das größte Problem in unserem Bildungssystem?

 

Aus meiner Sicht besteht die Schlüsselherausforderung für die Weiterentwicklung unseres Bildungssystems in einem klugen und intelligenten Umgang mit Verschiedenheit, Vielfalt, mit Heterogenität – das ist nicht neu, aber oft nicht gelöst. Damit adressieren wir die kompetenzschwachen Schüler ebenso wie die kompetenzstarken und berücksichtigen, dass Kinder in ihren Familien unterschiedlich gefördert und unterstützt werden. Dass dies nicht ohne digitale Technologien funktioniert, ist selbstredend. Auch müssen alle Anstrengungen, dem akuten Personalmangel in unseren Bildungseinrichtungen entgegenzuwirken, diesem Anspruch gerecht werden.

 

2. Hat der Bildungsföderalismus in Deutschland langfristig eine Zukunft?

 

Ja, und er hat es selbst in der Hand. Wenn der oft formulierte Anspruch, von den Stärken und Fehlern anderer zu lernen, ernstgenommen wird, dann sehe ich eine Chance für einen produktiven Föderalismus. In den Corona-Jahren gab es diese Chance, da wurde sie nicht genutzt. Wenn es darum geht, leistungsschwache Schüler in den Basiskompetenzen zu fördern oder eine datengestützte Schul- und Unterrichtsentwicklung mit Individualkennung zu implementieren, können die Länder wieder viel voneinander lernen und auch länderübergreifende Strukturen aufbauen und nutzen. Wenn Länder versuchen, den Fachkräftemangel in Schulen ausschließlich in den eigenen Ländergrenzen zu denken, wird das dem Bildungsföderalismus nachhaltig schaden.

 

3. Welche konkreten Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an den Bildungsgipfel?

 

Gerade in der jetzigen Situation ist es wichtig, dass wir über Bildung sprechen, indem wir Herausforderungen benennen, ohne zu jammern, und Ziele erarbeiten, aus denen sich eine Bildungsstrategie für die nächsten zehn Jahre entwickeln lässt und an denen sich die Entwicklung des Bildungssystems messen lassen muss. Der Bildungsgipfel kann nur der Auftakt für einen strukturierten Prozess sein, der dieses Ziel verfolgt und alle Beteiligten, die Praxis, die Wissenschaft, die Politik/Verwaltung aber auch die Öffentlichkeit adressiert.