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Das letzte Mittel

An diesem Mittwoch könnte der Göttinger Unisenat die Abwahl des vor drei Jahren als Hoffnungsträger gestarteten Präsidenten Metin Tolan einleiten. Wie konnte das passieren? Die so stolze wie krisengeschüttelte "Georgia Augusta" steht vor einem Wendepunkt – mal wieder.

ZWEI TAGE VOR DER SITZUNG die über seine berufliche Zukunft entscheiden könnte, unternahm Metin Tolan einen letzten Versuch. In einem Newsletter, der am Montag an die gesamte Universität Göttingen verschickt wurde, schlug der Physiker eine "Schlichtung" vor – "so wie sie etwa bei schwierigen Tarifverhandlungen oder beim Großprojekt 'Stuttgart 21' durchgeführt wurde."

 

Doch wer sich Anfang der Woche im Senat, dem wichtigsten akademischen Gremium der Stiftungsuniversität, umhörte, bekam den Eindruck: Die Initiative Tolans kommt zu spät. Die meisten Senatoren wollen ihren Plan durchziehen. Sie sprechen von zahlreichen gescheiterten Aussprache- und auch Moderationsversuchen. Sie wollen ihren Unipräsidenten jetzt per Abwahl aus seinem Amt entfernen. Und haben, wie es aussieht, auch die erforderliche Dreiviertelmehrheit dafür.

 

Es würde den Rahmen sprengen, alle Gründe dessen zu beschreiben, was sie in Göttingen, dieser stolzen, 1737 eröffneten Universität, als "Polykrise" bezeichnen. Da ist das Trauma Exzellenzstrategie: 2012 verlor die Hochschule ihren Exzellenztitel. 2018 reichte es nur noch für einen einzigen Exzellenzcluster. 2024 scheiterte Göttingen gar schon in der Vorauswahl mit allen neuen Anträgen – so dass sich alle verbliebenen Hoffnungen auf die Verteidigung des bestehenden Clusters "Multiscale Bioimaging: von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen" richten. Und das in einer Universität, die sich lange auf Augenhöhe mit Heidelberg, München oder Berlin wähnte. 

 

Nach der Fast-Pleite 2018 war die damalige Präsidentin Ulrike Beisiegel nicht mehr lange im Amt. Ihr wurde Beratungsresistenz vorgeworfen. Sie erklärte, wohl unter Druck, ihren Rückzug. Als nächstes das Debakel um Beisiegels bereits gewählten Nachfolger Sascha Spoun, gegen den eine einflussreiche Gruppe von Professoren rebellierte. Es war ein Kampf mit harten Bandagen, inklusive Protesten gegen ein angeblich undemokratisches Wahlverfahren und eine erfolgreiche Konkurrentenklage. Im Kern aber ging es wohl darum, dass Spouns Kritiker den Wirtschaftswissenschaftler und langjährigen Präsidenten der Leuphana-Universität Lüneburg für ein akademisches Leichtgewicht hielten, einen Managertypen, der nicht zu dem Bild passte, das sie von Göttingen hatten.

 

Spoun sagte entnervt ab, der damalige Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) drohte mit der Einsetzung eines Staatskommissars. Was immerhin dazu führte, dass die zerstrittene Universität sich auf einen Übergangskandidaten einigte: den gerade pensionierten Max-Planck-Direktor Reinhard Jahn, der Anfang Dezember 2019 ins Amt kam. 

 

Die 13 Monate mit Reinhard Jahn seien für Göttingen
die beste Zeit seit langem gewesen, sagen viele

 

"Die legale Basis meiner Bestellung war kompliziert, ich habe die ganzen juristischen Finessen selber nicht hundertprozentig nachvollzogen", sagte Jahn Mitte 2020, ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt, hier im Blog. "Aber die Gremien der Universität haben mir ihre Unterstützung signalisiert, sonst hätte ich es sicher nicht gemacht. Und ich operiere wie ein normaler Unipräsident – bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gewählt worden ist."

 

Jahns 13 Monate dauernde Präsidentschaft, sagen viele inzwischen, sei eine Zeit der Beruhigung gewesen und die beste Zeit, die Göttingen seit langem gehabt habe: mit der Hoffnung auf ein Ende der Zerrissenheit, den Abschied von den Selbstzweifeln und die Rückkehr in die erste Liga der deutschen Universitäten. 

 

Und tatsächlich schien man in Metin Tolan die ideale Verkörperung dieses Neuanfangs gefunden zu haben: ein anerkannter Forscher, ausgezeichnet von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, ein erfahrener Hochschulmanager nach zwölf Jahren Prorektorat an der TU Dortmund und – vielleicht am wichtigsten – ein begnadeter Wissenschaftskommunikator. 

 

Neben seiner Forschung zum Verhalten von Grenzflächen so genannter "weicher Materie" (Polymere, Flüssigkeiten oder Biomaterialien) schrieb Tolan populärwissenschaftliche Sachbücher und hielt erfolgreiche und humoristische Vorträge zur Physik des Fußballs, der Physik bei Star Trek oder bei James Bond.  Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Stifterverband hatten ihn für sein Engagement mit dem Communicator-Preis geehrt.

 

Zu Anfang jede Menge
richtige Sätze

 

Und Tolan sagte nach seiner Wahl Anfang 2021 jede Menge richtige Sätze: Göttingen könne nur das Ziel haben, zu den Top 10 der Universitäten in Deutschland zu gehören. "In Wirklichkeit gehört sie längst dazu, das zeigen fast alle einschlägigen Rankings." Bis auf eines, das allerdings in der Wissenschaft besonders viel zähle: die Exzellenzstrategie. "Wir müssen uns als Universität so aufstellen, dass wir 2026, wenn die nächste Wettbewerbsrunde ansteht, gut vorbereitet sind. Dazu braucht es aber mehr, als dass sich nur einige wenige Bereiche stark entwickeln. Wir müssen alle Teile der Universität in ihren Potenzialen mitnehmen und anheben."

 

Was aus den Exzellenz- und Befriedungsplänen wurde: An der Wettbewerbsrunde 2026, für die mindestens zwei Exzellenzcluster nötig wären, nimmt Göttingen nicht einmal mehr teil. Mit dem langjährigen Vizepräsidenten Norbert Lossau lieferte sich Tolan 2023 über Monate einen skurrilen Personalstreit, der bundesweit Schlagzeilen machte und vor allem eines war: ein Führungs-GAU, der Tolan erstmals heftige Kritik vom damaligen Senat einbrachte. 

 

Gut zwei Jahre nach seinem Amtsantritt befand sich der vermeintlich so begnadete Kommunikator Tolan "selbst in einer Göttinger Kommunikationskrise, die zumindest von ihrer Absurdität her die vergangenen in den Schatten stellen könnte", kommentierte ich im April 2023 hier im Blog. "Und er muss sich fragen lassen, inwiefern er diese Krise mit seinem eigenen Kommunikationsstil mit verursacht hat."

 

Schon wenige Monate später ging es erneut hoch her. Das mit Hilfe der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) aufgelegte Projekt "Pro.Admin" zur Optimierung von Verwaltung und zentralen Einrichtungen stieß auf Ängste und verursachte weitere teils überregionale Presseartikel. 

 

Als Berichte über Umstrukturierungspläne für die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) die Runde machten, erreichte ein Protestbrief für die Sicherung der SUB über 2.700 Unterschriften. Die Universität beruhigte die Gemüter mit einem Bekenntnis zur SUB, doch "Pro.Admin", das weit über die SUB hinausreichte, ging weiter. Der Personalrat kritisierte  in einer internen Stellungnahme "eine Reduktion der Zufriedenheit der Beschäftigten", welche nicht überraschend sei, "da der bisherige Prozess den Beschäftigten wenig Raum bietet mitzugestalten – also selbst keine Kultur des Gestaltens etabliert". Der langjährige SUB-Direktor Wolfram Horstmann ging nach Karlsruhe, die Leitung der SUB wurde umstrukturiert; die wissenschaftliche Gesamtleitung übernahm, für viele überraschend, im Juni 2024 Thomas Kaufmann, Theologieprofessor, Leibniz-Preisträger und eine der lautesten Stimmen im Machtkampf nach dem Rücktritt von Ex-Präsidentin Ulrike Beisiegel. 

 

"Das Vertrauen in die Fähigkeiten des Präsidenten ist weitestgehend im kompletten Senat verlorengegangen"

 

Die finanzielle Situation der seit Jahren verschuldeten Stiftungsuniversität war weiter schlecht, der Spardruck auf alle Teile der Universität hoch, verstärkt durch die seit vielen Jahren unzureichende Hochschulfinanzierung durch das Land

 

In den vergangenen beiden Jahren hätten mehrere Punkte, zum Beispiel die Zielvereinbarung mit dem Land Niedersachsen, die abnehmende Zusammenarbeit zwischen Universität und Universitätsmedizin, aber auch mit den außeruniversitären Einrichtungen sowie "die Präsentation und Durchführung des Pro.Admin Prozesses oder das Mikromanagement mit unzureichender Priorisierung bedeutsamer Projekte, eine zunehmend kritische Wahrnehmung des Präsidenten in Teilen des gewählten Senats bewirkt", hieß es schließlich in einem auf den 4. August 2024 datierten Memorandum des Senats.

 

Es war die Reaktion auf eine Strategie-Präsentation Tolans, die dieser kurz vorher unter dem Titel "Bilanz & Ausblick nach 3 Jahren Präsidium Metin Tolan" gehalten hatte und die von den meisten Senatoren und vielen Dekanen als unterkomplex empfunden wurde. "Keine*r der 26 anwesenden Personen war vom vorgestellten Zukunftskonzept des Präsidenten überzeugt", hält das Memorandum als Ergebnis eines anschließenden Austauschs von Senatoren und Dekanen fest. "Das Vertrauen in die Fähigkeiten des Präsidenten, die Universität erfolgreich zu führen, ist weitestgehend im kompletten Senat, d.h. nicht nur unter den stimmberechtigten Mitgliedern, verlorengegangen."

 

Das Video der Präsentation ist inzwischen online, Tolan verweist in seinem Newsletter-Schreiben sogar darauf, "so dass Sie sich selbst ein Bild machen können" über die Bilanz seiner bisherigen Amtszeit, die finanzielle Situation der Universität "und einen strategischen Ausblick in die Zukunft". Direkt nach Tolans Präsentation, sagt einer, der dabei war, sei bei vielen der Eindruck jedenfalls sehr deutlich gewesen: "Der kann es einfach nicht."

 

In dem Memorandum des Senats vom 4. August stand denn auch: Eine Wiederwahl Tolans 2026 werde es nicht geben. "Die Nachricht der bitteren Niederlage der Universität in der Exzellenzinitiative mit dem Scheitern aller eingereichten Cluster-Skizzen hat viele Angehörige der Universität schockiert und eine kritische Selbstreflexion ausgelöst. Wer sind wir als Universität? Wofür stehen wir und wie wollen wir uns als Universität nun für die Zukunft aufstellen?"

 

Weiter erklärten die Senatoren: Viele hätten diese Zäsur auch als eine Möglichkeit des Aufbruchs gesehen, in der man sich befreit vom Druck der laufenden Exzellenzinitiative auf die eigenen, dringenden Baustellen, wie die finanzielle Lage der Universität und das Schaffen neuer strategischer Handlungsspielräume konzentrieren könne. "Dazu war die Erwartung an den Präsidenten der Universität, eine Aufbruchsstimmung zu initiieren und ein Momentum zu schaffen, in dem eine Vision für die Zukunft kreiert werden kann." Leider hätten weder die Veranstaltung mit allen Professoren der Universität oder die folgende(n) Senatssitzung(en) noch der universitätsweite "Augusta-Dialog" die erwarteten Themen behandelt. "Insbesondere wurde eine Aufbruchsstimmung einschl. einer kritischen Selbstreflexion durch den Präsidenten nicht oder unzureichend geliefert."

 

Feindseligkeiten, Warnungen und
die Drohung mit einem Staatskommissar

 

Das Memorandum der Senats klang wie eine letzte Mahnung an Tolan zu handeln, um zumindest seine Amtszeit beenden zu können. Mitte August gab es nochmal ein Gespräch von Senats- und Dekanevertretern mit Tolan in Gegenwart des Stiftungsratsvorsitzenden Peter Strohschneider, doch auch das besserte nichts mehr, im Gegenteil: Die Fronten verhärteten sich weiter. Von Feindseligkeiten und einer konfrontativen Atmosphäre war anschließend die Rede. 

 

30 Professoren und verschiedener Fakultäten und Max-Planck-Institute, darunter Reinhard Jahn, wandten sich in einer öffentlichen Erklärung gegen Tolans Abwahl. Man warne "eindringlich vor Maßnahmen, welche die Handlungsfähigkeit des Präsidiums auf unabsehbare Zeit lähmen könnten". 

 

Auch Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) stärkte Tolan mehrfach und teilweise öffentlich den Rücken. "Ich glaube, dass der Universität im Moment nicht damit gedient wäre, die Handlungsfähigkeit des Präsidiums anzugreifen", sagte er dem Göttinger Tageblatt. Tolan besitze sein Vertrauen. Und wie schon sein Vorgänger drohte Mohrs im Falle einer Abwahl des Präsidenten zumindest indirekt mit einem vom Ministerium eingesetzten Staatsbeauftragten, wie er übrigens seit Juli 2024 an der Musikhochschule Hannover amtiert. Obgleich Mohrs, wie die TAZ schrieb, sich eigentlich nur auf Spekulationen zu solchen "Worst-Case-Szenarien" eingelassen hatte.

 

Der Senat wiederum meldete sich am 21. September erneut zu Wort mit einer "Stellungnahme der Mehrheit des stimmberechtigten Senats zur Zukunft der Universität", unterstützt von elf der 13 stimmberechtigten Mitglieder: Mit Rückblick auf die bisherige Performance des Präsidenten als auch im Hinblick auf das zurückliegende Gespräch gebe es "keine belastbaren Ansätze, wie eine konstrukive Lösung der obigen Probleme und Aufgaben erreicht werden kann und wie ein Neuanfang glaubwürdig von ihm vertreten werden kann". Die verbleibende Amtszeit des Präsidenten werde als zu lang angesehen. "Das Risiko ist zu groß, dass die Universität in 2,5 Jahren noch schlechter dasteht, interne Gräben vertieft werden und noch mehr Personal resigniert die Universität verlässt." Es bleibe nur noch das Instrument der Abwahl, um kurzfristig einen Führungswechsel in die Wege zu leiten.

 

Dass Tolan sich öffentlich zu der Kritik an seiner Person äußerte, gehörte in den vergangenen Jahren hingegen zu den Ausnahmen. Er mache das nicht gern, erklärte er bereits Anfang 2021 hier im Blog: "öffentlich über interne Konflikte meiner Universität zu sprechen. Das habe ich in Dortmund so gehalten, und das werde ich in Göttingen so fortsetzen. Wie in einer guten Familie sollte man auch an einer Universität versuchen, Probleme möglichst selbst zu lösen." Seine Aufgabe als künftiger Unipräsident bestehe auch darin, dass die Universität Göttingen ihre Konflikte künftig nicht mehr so stark nach außen trage.

 

Tolan weist die Vorwürfe zurück
und spricht von Diffamierungen

 

An diesem selbstgesteckten Ziel jedenfalls ist Tolan jetzt gescheitert. Und ging unmittelbar vor seiner möglichen Abwahl nun selbst an die Öffentlichkeit. Zwar enthielt sein Newsletter-Text vom Montag das Schlichtungsangebot, vor allem aber jede Menge Gegenangriffe in Richtung seiner Kritiker. "Angesichts der Tatsache, dass ich mich in der Presse mit diffamierenden Aussagen über meine Person konfrontiert sehe", schrieb Tolan, wolle er seiner bisherigen Linie entgegen den Newsletter nun doch nutzen, "um mein Bedauern über diese Vorgehensweise und das damit erreichte Niveau auszudrücken".

 

In der Stellungnahme von Akteurinnen und Akteuren des Senates, die breit über die Universität verteilt wurde und "erwartungsgemäß" auch die Presse erreicht habe, werde ihm "weder Problembewusstsein noch Kritikfähigkeit", dafür aber ein "konfrontativer Führungsstil" attestiert. Darüber hinaus herrsche angeblich ein "zunehmendes Klima der Einschüchterung". Des Weiteren, so könne man der Presse entnehmen, "mangele es mir an der 'Fähigkeit, in schwierigen Situationen mit der notwendigen Professionalität zu agieren', stattdessen ließe ich mich 'immer wieder von Emotionalitäten und gefühlten Verletzungen leiten'".

 

Tolan betone, er weise die erhobenen Vorwürfe – auch zum Umgang mit Mitarbeitenden – mit aller Deutlichkeit zurück, da sie unsubstantiiert und unzutreffend seien. Durch die Pauschalität der Behauptungen werde ihm keine Möglichkeit gegeben, die Verdächtigungen zu entkräften, fügte der Präsident hinzu, während "der große Zuspruch der vergangenen Wochen" ihm zeige, "dass diese persönlich verletzende Kritik von zahlreichen Angehörigen der Universität, des Göttingen Campus und unserer Aufsichtsgremien nicht geteilt wird".

 

Eine Verteidigungsstrategie, die allerdings hochproblematisch erscheint: Indem Tolan der Senatsmehrheit persönlich verletzende Kritik vorwirft, unterstellt er seinen Kritikern seinerseits pauschal niedere Motive und versucht, das von der Universität erst vor kurzem neu gewählte Gremium in einen Gegensatz zu denen zu bringen, die sie gewählt haben. Was wiederum in Ton und Inhalt viel von dem zu bestätigen scheint, was die Senatoren Tolan an Schwächen attestiert haben. 

 

Der in Göttingen auf die Spitze getriebene

Zustand deutscher Universitätsbefindlichkeiten

 

Das Bild der Universität als große Familie, in der man Probleme unter sich und abseits der Öffentlichkeit löst, kann man ebenfalls hinterfragen hinsichtlich seiner Eignung als Führungsverständnis in einem akademischen System, das weiter von Hierarchien und Abhängigkeiten geprägt ist.

 

An anderer Stelle hingegen trifft der Präsident in dem Newsletter den Nagel auf den Kopf: Er wolle, schreibt er, seine Sorge um die Zukunft der Universität teilen, "die bereits in den Jahren vor meinem Amtsantritt durch interne Querelen in eine Abwärtsbewegung geriet. Diese langjährig anhaltenden Querelen und die damit verbundene öffentliche Berichterstattung lassen keinen Zweifel daran, dass die Universität Probleme mit der akademischen Selbstverwaltung hat." Von außen betrachtet könnten diese Vorgänge seit der Umwandlung Göttings in eine Stiftungsuniversität gar als "Indiz gesehen werden, dass wir mit dieser Freiheit nicht angemessen umgehen können".

 

Diesen in Göttingen auf die Spitze getriebene Zustand deutscher Universitätsbefindlichkeiten zwischen vielstimmigen Gremien, selbstbewussten Fakultäten und teilweise übergroßen Wissenschaftler-Egos hatte Tolan übrigens vor seinem Amtsantritt noch bestritten. "Das, was in Göttingen passiert ist", sagte er im Januar 2021 mit Blick auf Beisiegels Rücktritt, Spouns Verzicht und Jahns Interimspräsidentschaft, "ist insofern so außergewöhnlich nicht".

 

Es habe eine Krise gegeben, aber ähnliche Krisen habe es auch schon an Universitäten anderswo in Deutschland gegeben, und es werde sie auch künftig geben. "Göttingen war in den vergangenen zwei, drei Jahren nicht die einzige Universität, an der sich die Wahl eines neuen Präsidenten oder einer neuen Präsidentin etwas schwieriger gestaltete. Das ist, ich sagte es, ein Stückweit systembedingt: Auch in Zukunft werden hier wie anderswo die verschiedenen Charaktere aufeinanderprallen, aber hoffentlich in Göttingen nicht mehr ganz so heftig wie zuletzt."

 

Am Ende scheinen
vier Dinge klar

 

Wie geht es weiter? Nach einer Aussprache mit Tolan plant der Senat am Mittwochnachmittag direkt eine Abstimmung. Mindestens zehn der 13 Senatoren müssen für seine Abwahl stimmen, die Senats-Stellungnahme zur geplanten Abwahl im September hatte elf Unterzeichner. 

 

Doch wäre Tolan selbst dann noch im Amt, denn die Abwahl muss durch den Stiftungsausschuss Universität bestätigt werden, dessen Vorsitzender Strohschneider als Unterstützer Tolan gilt. Falls die Bestätigung ausbleibt, müsste ein Einigungsversuch zwischen Senat und Stiftungsausschuss folgen. Bleibt der wiederum ohne Erfolg, kann der Senat erneut abstimmen – und dann wäre die Abwahl gültig. Aber wie lange würde dieses Verfahren dauern? Und was würde das in der Zwischenzeit mit der Universität machen? 

 

Am Ende, so scheint es, sind vier Dinge klar. Erstens: Die Universität Göttingen hat ein Problem mit sich, das weit über den gegenwärtigen Präsidenten hinausgeht. Zweitens: Der gegenwärtige Präsident ist mindestens an den selbstgesteckten Zielen, die Universität zu befrieden und ein besseres Ergebnis bei der Exzellenzstrategie zu erreichen, gescheitert. Hinzu kommt: Mit seiner Kommunikation und seinem Führungsverständnis scheint er die Krise eher noch zu befeuern denn zu beruhigen. Drittens: Ein Staatsbeauftragter muss kein Schreckensszenario sein, im Gegenteil, siehe Reinhard Jahn oder – aktuell an der Musikhochschule Hannover – der hochkompetente und respektierte Hans-Jürgen Prömel. Doch sie sind nur gut für den Übergang. Denn viertens: Wer eine Abwahl betreibt, muss auch einen Plan haben, wie es danach weitergeht. 

 

Anmerkung: Ich habe den Artikel am 02. Oktober mittags leicht ergänzt.

 

Nachtrag am 02. Oktober, 21 Uhr

Senat startet Abwahlverfahren

Wie erwartet hat der Uni-Senat Tolan am Mittwochabend mit elf von 13 Stimmen abgewählt – nach fast sechsstündiger zuerst öffentlicher, dann nichtöffentlicher Diskussion. Die Abwahl muss nun vom Stiftungsausschuss Universität bestätigt werden, dessen Vorsitzender Peter Strohschneider wie berichtet als Unterstützer Tolans gilt. 

 

Nach der Senatsentscheidung veröffentlichte die Universität auf ihrer Website ein Statement Tolans: "Ich bedauere diesen Schritt des Senates sehr und insbesondere, dass sich der Senat nicht bereitgefunden hat, sich auf einen Prozess der Schlichtung einzulassen. Auch die persönlichen Angriffe haben mich verletzt und sollten im Nachhinein noch aufgearbeitet werden. Ich bedanke mich für die große Unterstützung, die ich in den letzten Wochen von unseren Aufsichtsgremien, dem Ministerium und in großer Zahl von Personen innerhalb und außerhalb der Universität erfahren habe."

 

Falls die Bestätigung der Abwahl Tolans durch den Stiftungsausschuss ausbleibt, müsste ein Einigungsversuch zwischen Senat und Stiftungsausschuss folgen. Bleibt der wiederum ohne Erfolg, kann der Senat erneut abstimmen – und dann wäre die Abwahl gültig. Wie lange diese Prozedur dauert, wird sich zeigen. "Die Grundordnung der Universität und das Hochschulgesetz sehen vor, dass der Präsident bis zu diesem Zeitpunkt im Amt bleibt", teilt die Universität mit. Bis dahin befindet die "Georgia Augusta" in einem Schwebezustand – mal wieder.



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Kommentare: 22
  • #1

    Burghain (Mittwoch, 02 Oktober 2024 09:23)

    Das Göttingen ein Problem hat, ist nicht neu und verfolgt die Universität seit einigen Jahren trotz wissenschaftlicher Klasse. Ursachen sind wahrscheinlich mannigfaltig. Aber der Hauptverantwortliche sitzt sicher am Wilhelmsplatz, wenn man dazu keine glaubhafte Antworten und Strategien findet. Senat, Stiftungsrat, Ministerium schlafen oder schauen weg.

  • #2

    Librarian (Mittwoch, 02 Oktober 2024 09:33)

    Abwahlen sind immer unschön. Aber manchmal ist es das letzte Mittel, wenn das Land sich nicht kümmert. Niedersachsen war sicher nie wissenschaftsfreundlich. Darunter leidet sicher auch die beste Uni des Landes.
    Warum kein anderer Weg zum stillen Personalwechsel gefunden werden kann, bleibt schleierhaft. Dass manchmal der Trainer nicht mehr zur Mannschaft passt, kommt schon mal vor.

  • #3

    Gänselliesel (Mittwoch, 02 Oktober 2024 10:21)

    Der letzte Satz bringt es auf den Punkt: Wer eine öffentliche Schlammschlacht anstrengt, muss sich auch aus dem Schlamm wieder herausziehen können. Ich glaube nicht, dass eine Weitsichtigkeit besteht, wie es danach weitergehen soll. Ein Staatskommissar ist für die (ehemals) größte Uni des Landes eine Katastrophe. Der Übergang darf kein Dauerzustand sein.

    Viele Initiativen Tolans wie die BCG sind objektiv sinnvoll. Die Uni Göttingen hat Verwaltungsstrukturen, die teils doppelt so groß sind, wie die von Hochschulen mit vergleichbaren Studentenzahlen.

    Hingewiesen sei noch auf ein erhebliches Konfliktpotenzial, welches in der Berichterstattung wenig zum Tragen kommt. Um eine finanzielle Steuerungsfähigkeit zu erlangen, wurde eine 2%-Einsparung beschlossen. Damit soll bis 2030 der Betrieb sichergestellt werden (und dann sollen erst Steuerungsmöglichkeiten erwachsen). Das geht zu Lasten der Fakultäten, die durch die Beisiegel-Jahre bereits bluten mussten. Vermutlich sind es die operativen (Macht-)Fragen, die viel entscheidender sind als die Person des Präsidenten.

  • #4

    Gottinga (Mittwoch, 02 Oktober 2024 11:08)

    Das es Probleme mit der Amtsführung des Präsidenten gibt, ist nicht neu: VP unprofessionell entsorgt, angesehener Bibliotheksleiter geschasst, Verwaltungsreform in den Sand gesetzt, Verunsicherung im ganzen Haus.

    Klingt jetzt nach Machtkampf. Für Hochschulen eigentlich ungewöhnlich. Ich dachte, Präsidentin oder Rektorin wird man, weil einem das Amt angetragen wird und man nicht nein sagen kann. Daran klammert man sich doch nicht. Vielleicht doch die falsche Persönlichkeit erwischt.

  • #5

    Felix Groß (Mittwoch, 02 Oktober 2024 11:34)

    Es war schon erfreulich, daß sich Hr. Wiarda so lange aus der Diskussion um die Göttinger Krise herausgehalten hatte - im Gegensatz zu den teilweise konfrontativen Berichten im hiesigen Lokalblatt. Dafür langt er jetzt kräftig zu.
    Die zahlreichen Warnungen vieler prominenter Angehöriger
    des Göttingen Campus und auch von mehr als der Hälfte der
    Dekane sollte man schon hören, bevor man heute am Nachmittag einen schwer zu reparierenden Schnellschuß macht.

  • #6

    Edith Riedel (Mittwoch, 02 Oktober 2024 11:53)

    Die deutschen Universitäten sind mit ihrem Prinzip der akademischen Selbstverwaltung in einer immer komplexer werdenden Wissenschaftslandschaft massiv überfordert, und schmerzhaft unterprofessionalisiert. Das, was gerade in Göttingen passiert, wird in den kommenden Jahren auch noch andere Universitäten treffen. Die Machtfülle, die die Statusgruppe der Professor*innen in der akademischen Selbstverwaltung hat, führt immer häufiger dazu, dass die Institution durch konfligierende Partikularinteressen und verzweifelte Versuche des Machterhalts lahmgelegt wird. Der Muff der Talare wirkt immer noch nach.

  • #7

    David J. Green (Mittwoch, 02 Oktober 2024 13:28)

    Meyer-Guckel und Schütte sprechen vom “Gesamtinteresse” einer Hochschule, ich bin aber gar nicht sicher, ob es das überhaupt gibt. Vielmehr lässt sich eine Universität als eine Ansammlung vieler Einzelprofessuren modellieren, die alle sich ausschließlich nach den jeweils eigenen Interessen ausrichten. Winken große Geldsummen, die sich nur in Zusammenarbeit einwerben lassen, dann bilden sich Beutegemeinschaften – aber nur auf Zeit. Daran gemessen ist die derzeit laufende Göttinger Reichskrise des 3. Jahrhunderts zwar stark ausgeprägt, aber tatsächlich nicht so ungewöhnlich.
    Übrigens: Interessant das gerade der Senat vom “ Schaffen neuer strategischer Handlungsspielräume” spricht: normalerweise ein Euphemismus für “wir kürzen einige Institute weg, um andere aufzubauen”, was – nach meinem Uni-Modell – sehr starke Widerstände hervorruft.
    Ansonsten: An mancher Unis wäre das hauptamtliche Vizepräsidium für eine Verwaltungsreform zuständig, nicht der Präsident. Interessant, dass Artikel und Kommentar #5 (Felix Groß) die Mehrheit der Dekanate anders verorten. Und: Anstelle eines Wechsels im Präsidentenamtes sollte Göttingen eher ein Wechsel des Bundeslandes prüfen.

  • #8

    Karl Runger (Mittwoch, 02 Oktober 2024 15:06)

    @7: In Göttingen ist die verbliebene hauptamtliche Person im Präsidium, die Kanzlerin, wesentlich verantwortlich für die Verwaltungsreform. Sie dominiert vieles und ist nicht unumstritten.
    Betr. des scherzhaften Vorschlags, das Bundesland zu wechseln, wäre anzumerken, daß zumindest der Teil-Standort Witzenhausen zu Hessen gehört

  • #9

    R. Ratzeputz (Mittwoch, 02 Oktober 2024 20:30)

    Man erfährt gerade, daß Tolan tatsächlich abgewählt wurde.
    Sie wissen offenbar genau, was sie tun. Oder eben auch nicht.

  • #10

    Wolfgang Kühnel (Mittwoch, 02 Oktober 2024 21:44)

    Hier steht die Liste der 24 Nebentätigkeiten von Herrn Tolan als Mitglied von Kuratorien, Beiräten, Boards etc:
    https://uni-goettingen.de/de/682614.html
    Wie soll er da noch Zeit für seine eigene Uni haben?

  • #11

    Sirika (Mittwoch, 02 Oktober 2024 23:59)

    #8: Abwahl hin oder her: das Göttingen einen Teil-Standort in Witzenhausen hat, ist nicht korrekt. Der Witzenhäuser Campus gehört zur (hessischen) Universität Kassel - die gemeinsam mit Göttingen ein paar Pros berufen hat, die am dortigen Fachbereich für Ökologische Agrarwissenschaften lehren und dort unstrittig auch die Ruhe abseits des Göttinger Dramas genießen.

  • #12

    David J. Green (Donnerstag, 03 Oktober 2024 09:02)

    Wer weitermachen will, nachdem der Senat tatsächlich die illusorisch hohe 75%-Schwelle für einen Abwahlantrag erreicht hat, erfordert starke Nerven und ein sehr ausgeprägtes Selbstbild.
    Oder finanziellen Not. Lieber Herr Wiarda, wissen Sie, ob wir hier eine Adolf Sauerland-Situation haben?

  • #13

    Manuel L. (Donnerstag, 03 Oktober 2024 13:46)

    Welch ein Drama! Der Mensch Metin Tolan, welcher es mit seinen äußerst unterhaltsamen Betrachtungen physikalischer Phänomene geschafft hat, sein Fach vor allem auf populärwissenschaftliche Weise zugänglich zu machen, hätte gleichsam um die großen Fliehkräfte des Präsidentenamtes einer namhaften großen Universität wissen müssen.
    Die Erkenntnis, dass Universitäten systembedingt anfällig für ausufernde Konflikte sind, ist sicher richtig. Dass dies jedoch nicht per se der Fall sein muss, dafür gibt es in Deutschland genügend Beispiele.
    Metin Tolan ist mit großer Sicherheit ein ausgezeichneter Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikator. Das macht(e) ihn jedoch nicht automatisch zu einen begnadeten Wissenschaftsmanager. Vor allem die Fähigkeit, um die Fliehkräfte seiner Handlungen zu wissen und (vor allem) ihnen entgegen wirken zu können, war es, die ihm gefehlt hat. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass ein guter Theoretiker nicht gleichzeitig auch ein guter Praktiker sein muss.
    Der Georg-August-Universität möchte man dagegen für die Zukunft mehr Geschick bei der Besetzung des Amtes der Präsidentin bzw. des Präsidenten wünschen.

  • #14

    McFischer (Donnerstag, 03 Oktober 2024 14:19)

    @#7: Ihre Aussage finde ich gut:
    "Vielmehr lässt sich eine Universität als eine Ansammlung vieler Einzelprofessuren modellieren, die alle sich ausschließlich nach den jeweils eigenen Interessen ausrichten." Das trifft meiner Erfahrung nach vor allem für die klassischen (deutschen) Universitäten noch zu. Teilweise wird nur bis zur letzten Zimmertür des eigenen Lehrstuhls geschaut - alles danach sind entweder Konkurrenten oder Wissenschaftler, die eh von nix eine Ahnung haben (falsche Methoden nutzen zB.). Problematisch ist, dass die individuelle Karriere dann auch oft eine Uni nur als Zwischenstation ansehen, von der kleinen Uni zur großen Uni zu Max Planck, WZB etc. Die Bindung an die jeweilige Universität ist dann gering. Auf der anderen Seite die weniger karriereorientierten Profs, die sich dann als Herrscher im Haus gerieren (und gerne zentrale Gremienpositionen besetzen) und neue Ideen und notwendige Reformen dann ebenso blockieren.
    Vielleicht sollten sich gerade die klassischen Universitäten durchaus auch ein Beispiel an den erfolgreichen Fachhochschulen oder auch privaten Hochschulen nehmen. Die schaffen auch beachtliche Forschung, bilden mittlerweile teils Doktoranden aus, sind gut mit der Gesellschaft vernetzt. Und sie werden anders geführt.

  • #15

    Th. Klein (Freitag, 04 Oktober 2024 08:18)

    @'13: "Der Georg-August-Universität möchte man dagegen für die Zukunft mehr Geschick bei der Besetzung des Amtes der Präsidentin bzw. des Präsidenten wünschen."

    Wer stellt sich denn nach den Querelen der letzten Jahre (Beisiegel, Spoun, Tolan) für dieses Amt noch auf? Man kann ja nur abraten.

  • #16

    Werner Maus (Freitag, 04 Oktober 2024 10:56)

    #15: Im hiesigen lokalen Blatt wird mitgeteilt, daß der
    Senat schon über Namen aus der Universität verfüge. Bei den früheren Präsidenten K. von Figur, der Göttingen 2007 mit Erfolg zur Exzellenz führte, und H. Kern, der wesentlich die Dinge zur Stiftungsuniversität betrieb, war das ja auch mit Erfolg der Fall. Nichtsdestotrotz empfinde ich die Abwahl von Herrn Tolan desaströs. Wie #9 schrieb, sie wußten vielleicht nicht genau, was sie tun.

  • #17

    McFischer (Freitag, 04 Oktober 2024 14:01)

    @#13
    Den "begnadeten Wissenschaftsmanager" wollte die Uni Göttingen ja auch nicht. Denn Sascha Spoun wurde ja explizit von Kräften in der Uni mit dem Argument abgelehnt, dass ihm die wissenschaftlichen Erfolge fehlen. Kurzum: Beisiegel wollte man nicht (Akademikerin, aber in der Exzelleninitiative erfolglos), Spoun wollte man nicht (erfolgreicher Hochschulmanager an der Leuphana, aber kein ausgewiesener Forscher), Tolan will man auch nicht mehr (erfahrener Forscher und Kommunikator, aber zu rigide Führung). Da wird es aber langsam schwierig, jemanden mit einem anderen Profil zu finden.

  • #18

    Karl Klein (Samstag, 05 Oktober 2024 01:26)

    @16: Sie irren sich sehr wahrscheinlich. Die (maßgeblich vom Sprecher des Senats orchestrierte) Mehrheit gegen Herrn Tolan wußte genau, was sie tat.

  • #19

    W. Maus (Samstag, 05 Oktober 2024 10:21)

    @17: Die Sache mit der Uni Göttingen ist komplexer. Die
    Sache mit Spoun hatten damals ca. 50 Kolleginnen und Kollegen aktiv betrieben - mit Erfolg. Jetzt wurde gegen die Abwahl von Herrn Tolan nicht nur von namhaften 30 Leuten argumentiert, wie es in der lokalen Gazette hieß, sondern es schloß sich ca. ein Viertel des Kollegiums dem an.
    Andererseits hatten 2023 damals Kollegen dem Rauswurf von Herrn Lossau widersprochen, was ihnen verübelt wurde. Aber vielleicht will der Senat ja letzteren zurück holen. Schauen wir mal.

  • #20

    OldSchool (Samstag, 05 Oktober 2024 22:14)

    Besteht eigentlich die Universität Göttingen nur aus Professoren? Offensichtlich haben sich sowohl die Studierenden im Senat als auch der Personalrat der Universität klar gegen Tolan positioniert. Und, wie man hört, ist der Unmut über die Kanzlerin seitens des Personals ebenfalls groß.

  • #21

    Freund der Universität Göttingen (Sonntag, 06 Oktober 2024 20:31)

    25% der Professoren gegen die Abwahl kann zugleich 75% schweigende Mehrheit für die Abwahl bedeuten.

  • #22

    ProGeorgia (Sonntag, 13 Oktober 2024 10:52)

    Komme erst jetzt zum Lesen. Sehr angenehm, einen so ausgewogenen Artikel zu lesen.

    Dass der Vortrag zum Stand der Universität von Herrn Tolan auf der Startseite der Universität gelandet ist und nicht etwa im Intranet, ist ebenso unglücklich wie die beiläufige Veröffentlichung interner Zahlen der TU Dortmund in einem internen Vortrag. Wissenschaftskommunikation ist eben nicht Strategie und Dialog. Herr Tolan wirkte hier von Beginn an eher ungeschickt.

    Grundsätzlich würde ich sagen, dass ein externer Kandidat, der wenig Gelegenheit dazu hatte sich eine Reputation des Dialogs aufzubauen (oder wie andere sagen würden: ein Netzwerk), einen entscheidenden Nachteil hat. Die ehemaligen Präsidenten Kern und von Figura waren hier in ganz anderer Weise integrative Persönlichkeiten (wohlgemerkt: auch mit in einer ganz anderen Stimmungsdynamik im Rücken).

    Dass sich der Senat so auf die Person Tolan konzentriert, anstatt das Präsidium als Ganzes zu addressieren, erscheint mir tendenziell problematisch. Insbesondere was weitere nötige Einsparungen betrifft, die der Senat ja mittragen möchte, kann man bei egal welchem Nachfolger weiteres Konfliktpotenzial und Lagerbildung sicher erwarten. Die Darstellung von #7 finde ich da sehr zutreffend.

    Wenn es einen Universitätsgeist gibt, dann muss man ihn und seine Fürstreiter aktiv suchen - der Egoismus einzelner Akteursgruppen, dessen Existenz hingegen wenig strittig sein dürfte, müsste hingegen stärker Teil der Universitätsdebatte sein. Mehr selbstkritisches Verhalten würde uns allen gut tun.

    Generell kann man der Universität für die Zukunft nur ein echtes und nachhaltiges Change Management wünschen - eine Chance die man bei der Beschränkung auf die Zentralverwaltung und einer vollkommen überzogenen Zeitplanung leider verpasst hat. Die Beratungsfirma ist weg und eine solide Infrastruktur zur Bearbeitung der offenen Fragen ist weit und breit nicht zu erkennen.