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"Ich finde, wir sind schon sehr konsequent geworden"

Christine Streichert-Clivot führte die Kultusministerkonferenz durch die größte Strukturreform in ihrer Geschichte. Diesen Donnerstag treffen sich die drei neuen Teilkonferenzen der KMK, um die nächsten Schritte zu beschließen. Was macht Streichert-Clivot sicher, dass der Bildungsföderalismus jetzt schlagkräftiger wird? Und wie sicher ist sie, dass die Bund-Länder-Einigung zur Digitalpakt-Fortsetzung kommt?

Christine Streichert-Clivot, 44, ist SPD-Politikerin und seit 2019 saarländische Ministerin für Bildung und Kultur. Im Jahr 2024 fungierte sie als KMK-Präsidentin. Das Amt wird mit der Neusortierung in die drei Teilkonferenzen Bildung, Wissenschaft und Kultur entfallen. Foto: Holger Kiefer.

Frau Streichert-Clivot, die Kultusministerkonferenz (KMK) reformiert sich selbst und schafft unter anderem das Amt der KMK-Präsidentin ab. Wie fühlt es sich an, die letzte Ihrer Art gewesen zu sein?

 

Ich hänge nicht an Titeln, aber es fühlte sich gut an, dass ich Teil eines Veränderungsprozesses war. Ich glaube, viele haben erwartet, dass wir etwas verändern, aber vielleicht auch nicht erwartet, dass wir am Ende wirklich so konkrete Strukturveränderungen vornehmen, wie wird das getan haben. Als letzte KMK-Präsidentin konnte ich mit dafür sorgen, dass es die KMK auch in Zukunft geben wird, dass sie jetzt resilienter ist gegenüber politischen Gruppierungen, die wenig Interesse an einer bundesweiten Solidarität in der Bildungspolitik haben.

 

Die Neusortierung der großen KMK in drei Teilkonferenzen in allen Ehren: Ein wesentliches Versprechen der vor genau einem Jahr eingeleiteten Strukturreform lautete, den Bildungsföderalismus schneller und agiler zu machen. Wie passt dazu, dass Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen sich nicht durchringen konnten, endlich von der oft lähmenden Pflicht zur Einstimmigkeit bei allen wichtigen Beschlüssen abzurücken? 

 

Wir haben uns sehr genau angeschaut: Wie kommen wir in der KMK zu Entscheidungen? Da spielt die beschlossene Unterteilung in getrennte Ministerkonferenzen eine wesentliche Rolle. Unsere Schlagkraft steigt erheblich, wenn wir die Zeit, die wir als Ministerinnen und Minister investieren, fokussiert nutzen können je nach unserer Zuständigkeit für die Themen Bildung, Wissenschaft oder Kultur. Das Zweite ist, dass wir die Gremienstruktur hinter den Teilkonferenzen verändert haben. Jede KMK-Kommission wird künftig eine klare thematische Schwerpunktsetzung haben und von Staatssekretären geleitet werden, die für die nötige bildungspolitische Priorisierung sorgen. Drittens werten wir in der neuen KMK-Führungsstruktur die Rolle der Koordinatorinnen und Koordinatoren auf...

 

…die auf der A-Seite die Länder mit SPD-Regierungsbeteiligung zusammenführen und auf B-Seite die unionsregierten Länder…

 

 …und dadurch ermöglichen wir strategischere Entscheidungen, weil die Koordinatorinnen für die Akzeptanz der Beschlüsse in den jeweiligen Ländern sorgen – und umgekehrt sehr früh erkennen, wo mögliche Probleme sein könnten, die vor dem Beschluss ausgeräumt werden müssen. Oft im Einzelgespräch mit den betroffenen Ländern. Die Wahrheit ist: In der Vergangenheit haben wir als KMK sehr viel beschlossen, was nicht immer seinen Weg vom Papier in die Anwendung gefunden hat. Das muss und wird anders werden!

 

"Wenn wir wollen, dass unsere Beschlüsse für mehr Vergleichbarkeit im Bildungssystem Wirkung zeigen, müssen sich alle daran halten. Und das erreichen wir angesichts der Kultushoheit der einzelnen Länder nur, wenn sie von vornherein zugestimmt haben."

 

Reicht das als Begründung, um die Debatte über die Abstimmungsmodalitäten in der KMK zu begraben?

 

Was jetzt auf dem Tisch liegt, ist ein hart erarbeiteter Beschluss, den alle Länder so mittragen. Wenn wir wollen, dass unsere Beschlüsse für mehr Vergleichbarkeit im Bildungssystem Wirkung zeigen, müssen sich alle daran halten. Und das erreichen wir angesichts der Kultushoheit der einzelnen Länder nur, wenn sie von vornherein zugestimmt haben. Die Debatte über das Einstimmigkeitsprinzip, die wir bei der Sommer-KMK in Völklingen geführt haben, war aber wichtig. Weil sie uns dazu gebracht hat, stärker auf das uns Verbindende zu schauen, auf unsere Identität als KMK. Umgekehrt haben wir die Frage beantwortet, wie wir damit umgehen, wenn eine einzelne Landesregierung sich aus diesem Konsens verabschieden und aus Prinzip KMK-Vorhaben blockieren sollte. 

 

Sie sprechen vom Schutz der KMK als Institution, etwa falls eine extreme oder populistische Partei in einem Land Regierungsverantwortung erhält und Beschlüsse zum KMK-Haushalt oder gemeinsamen Einrichtungen, dem Sekretariat etwa, torpedieren würde. Was der alten Satzung folgend sogar die institutionelle Existenz der KMK in Frage gestellt hätte. Jetzt kann eine große Mehrheit der Länder Abweichler überstimmen. 

 

Wir wissen nicht, wie sich die Regierungskonstellationen in den Ländern künftig entwickeln. Das ist das, was ich anfangs mit "resilienter machen" meinte. 

 

Alle anderen wichtigen Entscheidungen könnte eine Landesregierung, wie Sie sie eben beschrieben haben, dank der Einstimmigkeitspflicht aber sehr wohl torpedieren. Wenn es jetzt schon bei der Einstimmigkeit bleibt: Wie soll der Bildungsföderalismus konsequenter werden, solange sich die Mehrheit der Länder weigert, wenigstens die Umsetzung der gemeinsamen Beschlüsse von einem systematischen Monitoring begleiten zu lassen? 

 

Ich finde, wir sind schon sehr konsequent geworden. Wenn ich mir zum Beispiel anschaue, wie wir Länder uns in den vergangenen Jahren beim Abitur aufeinander zu bewegt haben. Oder nehmen Sie die Pandemie: Während die Schulen geschlossen waren, haben wir Wege gefunden, um die Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit unserer Abschlüsse zu erhalten. Als Russland die Ukraine angegriffen hat, haben wir als KMK sehr schnell gemeinsame Entscheidungen getroffen, wie wir die vielen Schülerinnen und Schüler, die zu uns kamen, erfolgreich und überall auf ähnliche Weise in die Schulen integrieren konnten. Umgekehrt ist es wichtig und gehört zur Identität der Länder, dass sie eigenständig handeln und entscheiden können.

 

Nur ist mir nicht klar, was das mit der Frage nach einem Monitoring zu tun hat. Da würde nur geschaut werden, ob die Länder das, was sie bereits miteinander beschlossen haben, einstimmig wohlgemerkt, dann auch bei sich umsetzen. Und genau das wollen viele Länder nicht, obwohl Sie selbst eben gesagt haben, die Einstimmigkeit sei Garant für eine konsequente Umsetzung. 

 

Da müssen Sie meine Kolleginnen und Kollegen fragen, die dagegen sind. Ich persönlich habe schon Verständnis dafür, wenn am Ende manche Beschlüsse nicht umgesetzt werden, weil die finanziellen Mittel in einem Land fehlen, weil Haushaltsprioritäten in den Ländern sich ändern oder weil plötzlich Themen bildungspolitisch anders bewertet werden. Nehmen Sie den sehr progressiven Ansatz der KMK beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Schule: Wenn ein Land nach einem Regierungswechsel einen anderen Kurs fährt, muss man das akzeptieren – anstatt per Monitoringverfahren bewerten zu wollen, ob das jetzt gut oder schlecht ist.

 

"Ein Monitoring im Sinne eines Wettbewerbs um gute Bildungskonzepte erscheint mir zielführender als ein simples Starren auf die Umsetzung von Beschlüssen."

 

Ich verstehe Monitoring nicht als Bewertung, sondern als Transparenzherstellung.

 

Und diese Transparenz brauchen wir! Wenn zum Beispiel die Schülerinnen und Schüler in einem Land besser lesen, schreiben und rechnen können, dann wollen wir natürlich alle wissen, woran das liegt – und Schlüsse daraus ziehen. Ein Monitoring im Sinne eines Wettbewerbs um gute Bildungskonzepte erscheint mir zielführender als ein simples Starren auf die Umsetzung von Beschlüssen. Letzteres kann anlassbezogen allerdings durchaus sinnvoll sein. Was ist davon schon Realität? Was fehlt noch? Gerade haben wir in der KMK den Abschlussbericht zu den Politischen Vorhaben zur Ländervereinbarung, die wir 2020 unter der KMK-Präsidentschaft von Stefanie Hubig beschlossen haben. Hier haben wir gezeigt, wie es gehen kann. 

 

Selbst ein solches – Sie sagen: anlassbezogenes – Monitoring braucht ein KMK-Sekretariat, das dafür die nötigen Ressourcen und eine geeignete Struktur hat. Dass die KMK-Verwaltung Reformbedarf habe, ist so ein Satz, den man seit Jahren aus den Ländern hört. 

 

Und diesen Bedarf setzen wir nun um. Ein zentrales Element, um den Organisationsprozess im KMK-Sekretariat zu begleiten, wird die neue Verwaltungskommission sein, die wir einrichten, um Personal- und Haushaltsschwerpunkte in der Verwaltung zu definieren. Dafür braucht es lange Linien, und die lassen sich bei jährlich wechselnden Präsidentschaften und Vorsitzstrukturen in der KMK und ihren Teilkonferenzen schwerer verfolgen. Die Verwaltungskommission wird deshalb mit längeren Amtszeiten ausgestattet sein und genau hinschauen können.

 

Die Verwaltungskommission wird aus Staatssekretären bestehen, die auf drei Jahre entsandt werden. Heißt das, die wirklich Mächtigen in der KMK sind künftig die Spitzenbeamten, weil sie anders als die Ministerinnen und Minister lange genug dabei sind, um strategisch zu handeln?

 

Die Staatssekretäre können nur in dem Entscheidungsrahmen arbeiten, den sie von ihren Ministerinnen und Ministern bekommen. Faktisch ist es aber heute schon so, dass sie bei der inhaltlichen Arbeit in den KMK-Kommissionen eine große Rolle spielen. Kontinuität ist da ein wichtiger Punkt. Aber immer im Einklang mit ihren Ministerinnen und Ministern.

 

Apropos Kontinuität: Zu Beginn Ihrer KMK-Präsidentschaft im Januar hatten Sie die Bedeutung eines langfristigen KMK-Arbeitsprogramms betont. Was ist eigentlich aus diesem Ziel geworden?

 

Bezogen auf die Bildungsministerkonferenz wird dieses Arbeitsprogramm folgen, wenn wir mit der Struktur, die wir uns jetzt gegeben haben, ins Arbeiten gekommen sind. Durch die Festlegung auf die thematischen Kommissionen haben wir die Schwerpunkte bereits umrissen, an denen wir dauerhaft arbeiten wollen. Im Januar gehen die Vorsitzenden aller Kommissionen in eine gemeinsame Arbeitsklausur. Da wird es um die Definition von Zuständigkeiten auch an den Schnittstellen zwischen den Kommissionen gehen, und aus all dem leitet sich am Ende das langfristige Arbeitsprogramm ab.

 

Wie sieht es mit den Schnittstellen zu anderen Ministerkonferenzen aus, vor allem zur Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK)? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, man hätte die JFMK gleich als vierte Teilkonferenz der KMK hinzugefügt?

 

Richtig ist: Kinder und Jugendliche verbringen einen Großteil ihrer Zeit in Bildungseinrichtungen, weshalb sich beide Politikfelder schon jetzt eng abstimmen. Zum Beispiel bei der zweiten gemeinsamen Sitzung von Bildungs- und Jugendministerkonferenz diese Woche. In über zehn von 16 Ländern sind Kita und Schule zudem bereits im selben Ministerium untergebracht. Die Jugendhilfe ist dagegen oft in den Sozialministerien angesiedelt, doch je mehr Schulen zu Ganztagsschulen werden, desto häufiger kommen auch die Hilfs- und Unterstützungsangebote für Jugendliche unter das Dach der Schule. Klassischerweise hat sich die Kinder- und Jugendhilfe als Korrektiv zur Schule betrachtet, aber wir sollten vom Recht der Kinder und Jugendliche auf schnelle Hilfe ausdenken. Ich bin überzeugt: Das wird Auswirkungen auf die künftigen Ressortzuschnitte in den Ländern haben.

 

"Für mich persönlich entscheidet sich unser Erfolg vor
allem daran, wie gut es uns gelingt,
die Arbeit der Ministerkonferenzen transparenter
nach außen zu machen als früher."

 

Es braucht also mittelfristig keine Integration der JFMK in die KMK, sondern die frühkindliche Bildung wie auch die Kinder- und Jugendhilfe wandern überall unter das Dach der Bildungsministerien, und damit erledigt sich diese Frage?

 

Perspektivisch würde ich mir das so wünschen. Aber im Moment sind wir noch nicht soweit. Daher ist das Instrument gemeinsamer Sitzungen einmal im Jahr, wie wir sie zwischen JFMK und Bildungsministerkonferenz vereinbart haben, so bedeutsam, wobei nicht alle meine Kolleginnen und Kollegen das gleichermaßen so bewerten.

 

Zurück zum langfristigen Arbeitsprogramm: Das wäre doch die nächste Gelegenheit für ein anlassbezogenes Monitoring: Wie setzt die BildungsMK ihre selbst gegebenen Ziele um?

 

Wenn Sie darauf bestehen, können Sie dafür gern diesen Begriff verwenden. Für mich persönlich entscheidet sich unser Erfolg vor allem daran, wie gut es uns gelingt, die Arbeit der Ministerkonferenzen transparenter nach außen zu machen als früher. Und zugleich effektiver als bislang in den Austausch zu kommen mit den verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren, Organisationen und Stiftungen, die alle daran arbeiten, unser Bildungssystem besser zu machen.

 

Was ist eigentlich aus dem "Bildungsdialog Deutschland" geworden? Über 100 Stiftungen, Verbände und Organisationen hatten im Mai einen Aufruf zur Schaffung verbindlicher Dialogstrukturen mit der Bildungspolitik gestartet – und die KMK prompt ihre "grundsätzliche Bereitschaft" zum Mitmachen erklärt. Danach wurde es stiller.

 

Gleich beim ersten Treffen ist uns aufgefallen, wie groß die Bandbreite an Themen und Zielsetzungen war, die von den einzelnen Stiftungen und Organisationen mitgebracht wurde. Deshalb waren wir uns einig, dass es in einem nächsten Schritt Sinn ergibt, sich zunächst auf die Schwerpunkte der gemeinsamen Beratung zu verständigen.

 

Sie wollten doch als KMK die Schnelligkeit erhöhen?

 

Solche Dialogformate tragen dazu bei, dass die Bildungspolitik insgesamt mehr Akzeptanz findet in der Gesellschaft. Wenn wir aus der Arbeit der Länderministerien eine Black Box machen, entstehen Vorurteile. Wenn wir die föderale Ordnung, die Zuständigkeiten und Abläufe besser erklären, begreifen viele erst die Komplexität, mit der wir täglich konfrontiert sind – und warum wir so und nicht anders handeln. Das Erklären geht durch mehr Öffentlichkeitsarbeit, aber eben auch durch den direkten Austausch, und der gehört mit zu den Aufgaben einer Präsidentin und eines Präsidiums.

 

Etwas zu feiern gibt es am Ende Ihrer KMK-Präsidentschaft auch: Gemeinsam mit Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne) wollen Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen am Freitag die Absichtserklärung zum Digitalpakt 2.0 unterzeichnen. Oder fällt der Termin in letzter Minute ins Wasser, weil einzelne Länder nicht mitziehen?

 

Ich bin optimistisch, dass wir das hinbekommen. Es handelt sich, wie Sie sagen, um ein Absichtserklärung, ein Eckpunktepapier, das nicht jedes Detail ausbuchstabiert, aber dafür sorgt, dass der Pakt nach dem vorzeitigen Ende der Legislaturperiode nicht einfach in der Versenkung verschwindet. In den vergangenen Tagen wurde ich mehrfach mit der Frage konfrontiert, ob das Papier überhaupt noch all die Arbeit und Mühe wert gewesen sei, weil ja eine neue Bundesregierung alles wieder auf Null stellen könne. Meine Antwort: Ich halte es für außerordentlich schwierig, diesen Kompromiss, dem das BMBF und alle 16 Länder zugestimmt haben werden, nochmal zu öffnen. Wir Bildungsministerinnen und -minister sind alle in unsere Regierungen hineingegangen, wir haben mit den Ministerpräsidentinnen und Finanzministern gesprochen, wir haben uns die Zusicherung abgeholt, dass wir die Finanzierung in diesen haushaltspolitisch schwierigen Zeiten hinbekommen. Den politischen Preis, das aufzukündigen, kennt auch eine künftige Bundesregierung. Was sie nicht daran hindert, finanziell gern noch etwas draufzulegen. 

 

"Ich habe Cem Özdemir in den Wochen, seit er Bildungsminister ist, als einen Politiker erlebt, der die föderale Kompetenzordnung kennt und achtet."

 

Hat sich Ihr Kollege Özdemir von den Ländern über den Tisch ziehen lassen? Statt fifty-fifty zahlt der Bund jetzt 80 Prozent des frischen Geldes, und die von Özdemirs Vorgängerin geforderte Fortbildungspflicht ist auch raus aus den Eckpunkten.

 

Ich habe Cem Özdemir in den Wochen, seit er Bildungsminister ist, als einen Politiker erlebt, der die föderale Kompetenzordnung kennt und achtet und der weiß, dass die Länder auch ohnehin sehr viel Geld in die digitale Bildung stecken. Das Diktieren einer Fortbildungspflicht wäre, unabhängig von dem, was die Länder selbst längst machen, mit dem Selbstverständnis der Länder nicht vereinbar gewesen. 

 

Im Januar haben Sie im Interview gesagt, die bildungspolitische Bilanz der Ampel sei noch offen. Was sagen Sie am Ende dieses Jahres? 

 

Wir haben gemeinsam das Startchancen-Programm für bildungsbenachteiligte Schülerinnen und Schüler auf den Weg gebracht. Das ist ein Meilenstein - dabei bleibe ich - der zu mehr Bildungsgerechtigkeit und Unterrichtsqualität führen wird. Im Digitalpakt haben wir gerade noch so die Kurve gekriegt.

 

Startchancen und Digitalpakt: Das war’s schon?

 

Ich könnte noch den Pakt für berufliche Schulen nennen oder die verschiedenen Bildungsstudien, die wir gemeinsam finanzieren. Aber klar: Im Rückblick sieht man, dass vieles, was das BMBF unternommen hat, sehr schwerfällig lief. Was vor dem Hintergrund der jüngsten Berichterstattung um die internen FDP-Pläne erklärbar wird. Weil man zum Beispiel beim Digitalpakt 2.0. unterstellen muss, dass es im Grunde nie das Ziel gewesen ist, die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Jetzt ist die Ministerin ausgeschieden und ich will den Blick nach vorn richten. Wir brauchen an der Spitze des BMBF künftig wieder eine Persönlichkeit, die bereit ist zu kämpfen für die Belange von Kindern und Jugendlichen und die weiß, dass ihr dabei ein guter Draht in die KMK hinein hilft.

 

Die Belange von Kindern und Jugendliche werden nicht nur im BMBF entschieden. War denn die Ampel-Bilanz in anderen Ressorts so viel besser? Bei Ganztag oder Kita war es ebenfalls hakelig, und an der Kindergrundsicherung ist die Ampel ganz gescheitert.

 

Bei der zuständigen Familienministerin Lisa Paus habe ich immer eine sehr große Offenheit zur Zusammenarbeit verspürt, ich habe sie als Kämpferin für ihre Themen wahrgenommen. Aber da sind wir schon wieder am gleichen Punkt wie eben: Im Finanzministerium von Christian Lindner fehlte definitiv die grundsätzliche Bereitschaft, Geld in die Zukunft von Kindern und Jugendlichen zu investieren. 

 

Ist es nicht etwas einfach, alle Schuld der FDP zuzuschieben?  

 

Natürlich hat die Zeitenwende, der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die haushaltspolitischen Möglichkeiten und Prioritäten verschoben, das hat es für alle schwieriger gemacht. Aber am Ende ist die Person des Finanzministers schon entscheidend. Betrachtet er die Zukunft dieses Landes allein aus einer kurzfristigen haushaltspolitischen Perspektive, oder ist er bereit, zugunsten der Integration aller Kinder und Jugendlichen, die bei uns leben, die nötigen Ausgaben zu tätigen? Ein Finanzminister kann Prozesse verlangsamen, wenn er will, und das haben wir in der Vergangenheit gesehen. 

 

Ihr Jahr an der KMK-Spitze ist fast um. Wie war das, aus dem Saarland heraus die nationale Bildungspolitik mitbestimmen zu können? 

 

Wir sind ein kleines Land, wir sind zugleich ein stolzes Land. Wir sind davon überzeugt, auch in der Bildungspolitik gute Antworten liefern zu können auf die Herausforderungen unserer Zeit. Natürlich hat es zugleich viel Spaß gemacht, mich bundesweit vernetzen zu können, und hier und da zu sagen: Das nehme ich mir als Vorbild mit, das schaue ich mir auch für die eigenen Schulen im Land ab. Belastend war der weite Weg nach Berlin und die vielen zusätzlichen Termine, gerade für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auf jeden Fall aber hat die KMK als Organisation ihren Weg in mein Herz gefunden. Es war eine tolle Zeit als Präsidentin!


Die neue Architektur der KMK

Die KMK sortiert sich in die drei Teilkonferenzen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Ein KMK-Präsidium gibt es künftig nicht mehr, sondern einen übergeordneten KMK-Vorstand, der aus den gleichberechtigten Präsidenten der drei Teilkonferenzen besteht. 

 

Was zugleich bedeutet, dass das Amt der oder des KMK-Präsidenten nach mehr als 70 Jahren entfällt. Bei Bedarf können die Länderkoordinatorinnen und -koordinatoren der Teilkonferenzen in den KMK-Vorstand hinzugezogen werden. Für den Fall, dass in einem Kalenderjahr der gesamte Vorstand lediglich einer Ländergruppe angehört, sind die Länderkoordinatoren obligatorischer Teil des Vorstands. 

 

Dass künftig auch Wissenschafts- und Kultur-MK eine/n Präsidentin an der Spitze haben, überrascht, weil sie eigentlich schlicht Vorsitzende haben sollten. Doch nachdem die Bildungsminister für ihre Teilkonferenz so sehr auf den aus der KMK vertrauten Präsidententitel pochten, wollten dem auch Wissenschaft und Kultur für ihren Bereich nicht nachstehen.

 

Die Teilkonferenzen teilen sich weiter das KMK-Sekretariat als gemeinsame Verwaltung.  Neu hinzu kommt die sogenannte Verwaltungskommission, bestehend aus insgesamt sechs Amtschefs aller drei Konferenzen, die die auf drei Jahre entsandt werden, als ständiges Mitglied der oder die Amtschefin der Berliner Senatsverwaltung  für Bildung, weil Berlin Sitzland der KMK ist, und als ständige Gäste ohne Stimmrecht der KMK-Generalsekretär und seine Stellvertretung.

 

Die Verwaltungskommission dient der operativen und administrativen Koordinierung der Gesamt-KMK und soll das Sekretariat "steuern". Was das praktisch bedeutet, wird man schon nächstes Jahr sehen: Wenn die Verwaltungkommission mit Hilfe einer ebenfalls neuen "Task Force" die Organisationsentwicklung in der KMK vorantreiben soll.

 

Bildungsministerkonferenz

 

Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Simone Oldenburg wird 2025 zur ersten Bildungs-MK-Präsidentin. Neben dem oder der Präsidentin, die jedes Jahr nach dem bisherigen Rotationsprinzip der Bundesländer gewählt wird, gibt es wie bislang in der KMK auch im Bildungs-MK-Präsidium zwei stellvertretende Präsidentinnen oder Präsidenten, die jeweils aus dem vorangegangenen und dem folgenden Vorsitzland stammen. Außerdem sind die A- und B-Koordinatoren Mitglieder der Bildungs-MK, als ständige Gäste hinzu kommen der KMK-Generalsekretär und seine Stellvertretung. Unterhalb der Ministerrunde gibt es die Amtschefkonferenz.

 

Die KMK hatte angekündigt, den Wildwuchs der Gremien unterhalb der Führungsebene auf das wirklich Notwendige und strategisch Sinnvolle zu begrenzen. Für die Bildungs-MK bedeutet das: Die bisherige Dualität zwischen Hauptausschüssen und von Amtschefs geleiteten Kommissionen wird nicht fortgeführt. Stattdessen werden Ausschüsse entweder zu eigenständigen Kommissionen aufgewertet oder einer bestehenden Kommission zugeordnet. 

 

Es soll vier dauerhafte Kommissionen der Bildungs-MK geben:

 

O Die Schulkommission als Fortführung des "aufgrund seiner grundlegenden Bedeutung" aufgewerteten Schulausschusses. Daueraufgaben, wie die Primar- und Sekundarbereiche, sollen als Ausschüsse unterhalb der Schulkommission organisiert werden, während temporäre Aufgaben in befristeten Arbeitsgruppen bearbeitet werden.

O Die Kommission für Berufliche Bildung und Weiterbildung geht aus dem bisherigen Ausschuss für berufliche Bildung (ABBi) hervor.

 

O Die Kommission Bildung in der digitalen Welt.

 

O Die neu benannte Kommission für Qualitätsentwicklung und Bildungsmonitoring.

 

Alle vier Kommissionen werden jeweils von einer Doppelspitze auf Amtschefebene geführt. 

 

Als Bindeglied zwischen Bildungs- und WissenschaftsMK soll die gemeinsam fortgeführte Kommission Lehrkräftebildung dienen.

 

Aufgelöst wird die gemeinsame Kommission für europäische und internationale Angelegenheiten, ihre Aufgaben werden allerdings in Teilbereichen weitergeführt. Wegfallen sollen außerdem der Bund-Länder-Ausschuss für schulische Arbeit im Ausland und die Kommission Sport, wobei beide als Ausschüsse unterhalb der Schulkommission neu organisiert werden.  

 

Um das Versprechen der Minister einer massiven Reduzierung der Gremienzahl zu erfüllen, sollen alle Gremien unterhalb der Kommission selbst auf den Prüfstand gestellt werden. Richtschnur: Alle Gremien, die nach erfolgter Prüfung keinen Beitrag zum Kernauftrag der KMK leisten, werden nach Befassung des Plenums eingestellt.

 

Für Formate, in denen sich die Länder untereinander austauschen, soll die Verantwortung aus dem KMK-Sekretariat an die Ländervertreter übergehen, sie gelten dann nicht mehr als offizielle Gremien der Bildungs-MK. Und um einen neuen Gremien-Wildwuchs zu verhindern, soll die KMK künftig ein "Gremienregister" betreiben, in das zwecks besseren Überblicks alle Kommissionen, Ausschüsse und Arbeitsgruppen aufgenommen werden. 

 

Bis zum März kommenden Jahres soll die neue Gremienstruktur komplett fertig sein.

 

Wissenschaftsministerkonferenz

 

Die Wissenschafts-MK wird aus nur drei zentralen Organen bestehen: dem oder der Präsidentin, dem Plenum der Minister und der Amtschefkonferenz.

 

Die jetzt beschlossene Ausstattung des Vorsitzes mit dem Präsidententitel führt dazu, dass der saarländische Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker einziger Wissenschafts-MK-Vorsitzender der erst vor einem Monat konstituierten Teilkonferenz bleiben wird, seine ab Januar amtierende Nachfolgerin Bettina Martin aus Mecklenburg-Vorpommern wird erste Präsidentin. Das Amt wechselt dem bisherigen KMK-Rotationsprinzip entsprechend jedes Jahr von Land zu Land.

 

Ergänzend dazu werde derzeit "die Einrichtung ständiger Gremien und spezifischer Regeln für die Bildung von Arbeitsgremien erarbeitet", heißt es. "Noch verbliebene Details der unter diesem Leitgedanken vorzunehmenden Neugestaltung der Arbeitsgremien sollen bis Ende des ersten Quartals 2025 feststehen."

 

Kulturministerkonferenz

 

Die bereits 2019 gegründete Kultur-MK sieht sich selbst als "Vorreiter" der neuen KMK-Struktur. Auch hier erhält das bisherige Vorsitzendenamt den Präsidententitel, die jährliche Rotation folgt einem eigenen Prinzip.

 

Die Kulturministerkonferenz hat keine Amtschefskonferenz, kann jedoch Ausschüsse und Kommissionen einrichten. Konkret werden diese im KMK-Reformplan nicht aufgeführt.




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Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Kühnel (Donnerstag, 12 Dezember 2024 21:20)

    "... den Bildungsföderalismus schneller und agiler zu machen."

    "…die auf der A-Seite die Länder mit SPD-Regierungsbeteiligung zusammenführen und auf B-Seite die unionsregierten Länder…"

    Und dann gibt's noch die Länder mit CDU-SPD-Regierungs-beteilligung, es gibt auch grüne, linke und FW-Kultusminister und demnächst vielleicht solche von BSW.

    Ich bin versucht zu spotten: Der Föderalismus der Länder wird durch einen Föderalismus der Parteien ersetzt. Der Nachteil dabei: Die Länder bleiben, die Regierungsparteien wechseln.