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Vor der Einigung?

Es bleiben weniger als drei Monate, bis die DFG-Programmpauschale ausläuft. Doch unter Zeitdruck haben sich Bund und Länder angenähert. Wo die Verhandlungen stehen – und warum die im Koalitionsvertrag versprochenen 30 Prozent inzwischen als ausgeschlossen gelten.
Ausschnitt einer Uhr, die Zeiger stehen auf kurz vor zwoelf.

Symbolbild: freepik.

ES SEI "KURZ VOR ZWÖLF", warnte DFG-Generalsekretärin Heide Ahrens Anfang des Jahres die Wissenschaftspolitik: Die 2016 auf zehn Jahre geschlossene Vereinbarung zur Programmpauschale laufe zum Jahresende 2025 aus.

Um die damals festgefahrenen Bund-Länder-Verhandlungen über die Zukunft der Pauschale kurz vor den Bundestagswahlen wieder in Bewegung zu bringen, machte Ahrens im Namen des DFG-Präsidiums der Politik zugleich ein Angebot: Man sei bereit, schrieb sie im Wiarda-Blog, "Gespräche darüber zu führen, wie wir durch anteilige Umschichtungen aus unserem institutionellen Förderhaushalt selbst einen geringfügigen anteiligen Beitrag zur Erreichung der 30 Prozent leisten können".

Der Vorstoß hatte Erfolg. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag tauchte zwei Monate später eine in Zeiten knapper Kassen bemerkenswert ambitionierte Zusage auf: "Die DFG-Programmpauschalen werden wir für Neuanträge auf 30 Prozent anheben. Die Hälfte der Anhebung erbringt die DFG. Die andere Hälfte übernehmen Bund und Länder zu gleichen Teilen."

Nur: Seitdem ist offiziell wenig geschehen. Dabei hatte Ahrens in ihrem Gastbeitrag gemahnt: Sollte keine Einigung zwischen Bund und Ländern in der Sommersitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) erzielt werden, "wäre die DFG-Forschungsförderung in ihrer bisherigen Form akut gefährdet".

Ein unscheinbarer, aber entscheidender Baustein

Mit ihrem Alarmismus war die DFG nicht allein. 2007 erstmals eingeführt, ist die Programmpauschale ein zwar unscheinbar klingender, aber entscheidender Baustein der deutschen Forschungsfinanzierung. Denn die bei der DFG eingeworbene Drittmittelförderung deckt zunächst nur die direkten Kosten der Forschung: Personal, Geräte, Reisen, Verbrauchsmaterialien. Nicht bezahlt werden daraus etwa Strom, IT-Infrastruktur, Gebäudebetrieb – oder die Arbeit der Verwaltung, die das Projekt abwickelt. Genau hier greift die Programmpauschale: Sie liegt derzeit bei 22 Prozent der bewilligten Projektsumme und wird zusätzlich an die Hochschule ausgezahlt, um diese indirekten Kosten zu decken – auch "Overhead" genannt.

Doch selbst die 22 Prozent reichen längst nicht aus. Der Wissenschaftsrat hat mehrfach erklärt, dass dieser Satz zu niedrig sei, und zuletzt 2023 eine Anhebung auf 40 Prozent gefordert, damit der Forschungserfolg einer Universität nicht ihre finanzielle Stabilität gefährdet. Zugleich machte das Gremium die Konsequenz klar, was das bei einem insgesamt begrenzten DFG-Budget bedeute: Es werde insgesamt weniger Projekte geben, sagte Wissenschaftsratsmitglied Jürgen Heinze. "Das nehmen wir in Kauf."

Dennoch verging die Sommersitzung der GWK gänzlich ohne Beschluss zum Thema: Nicht einmal die dringend erwartete Verlängerung – noch besser: Entfristung – wurde festgeklopft. Und erst recht nicht die Erhöhung. Hintergrund war nicht nur, dass die neue Bundesregierung sich erst finden musste – tatsächlich gab es hinter den Kulissen Gegrummel aus den Ländern: Obgleich die Koalitionsverhandlungen im Bund immer unter reger Beteiligung von Landespolitikern stattfinden, fühlte man sich vor der Erhöhungszusage im Vertrag nicht ausreichend konsultiert. Denn ein Anstieg auf 30 Prozent würde langfristig über 200 Millionen Euro pro Jahr kosten, wovon die Länder, bliebe es bei dem im Vertragstext enthaltenen Schlüssel, über 50 Millionen beisteuern müssten.

Nicht leistbar, hieß es aus etlichen Landesministerien, was zunächst überraschen mag, wenn man den Betrag auf einzelne Landeshaushalte herunterrechnet – aber aus verschiedenen Gründen dann doch nicht überraschend ist. Erstens: Dass die Länder sich überhaupt an der Erhöhung beteiligen, ist für sie alles andere als selbstverständlich. Bis 2016 trug der Bund die damals 20 Prozent vollständig allein. Zu Recht aus Sicht der Länder, schließlich steuerten sie die gesamte Grundfinanzierung der Hochschulen bei. Die Erhöhung um zwei Prozentpunkte übernahmen sie damals erst nach zähen Verhandlungen und mit Zähneknirschen. Zweitens: Weil der Bund bis 2020 mehrere Jahre lang allein das jährliche Budgetplus für die DFG und die außeruniversitären Forschungsorganisationen übernommen hatte, müssen die Länder gerade überdurchschnittlich draufzahlen, um – wie vereinbart – zu der angestammten Bund-Länder-Kostenverteilung im zugrunde liegenden Pakt für Forschung und Innovation (PFI) zurückzukommen. Und all das, drittens, in Zeiten von Landessparprogrammen.

Angesichts der eigenen Kassenlage dürfte Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) über die Bremsaktion der Länder allerdings nicht unglücklich sein. Denn auch im BMFTR ist jeder zusätzliche Euro umkämpft, und eine gestufte Lösung verschafft dem Bund zumindest vorübergehend Luft im Haushalt.

Eine bittere Pille für die DFG

Umgekehrt hat der Bund seinerseits wirksame Hebel. Zu denen gehört nicht nur, dass ohne Einigung die Pauschale sofort komplett wegfallen würde – unvorstellbar aus Sicht der Hochschulen –, sondern auch die ohnehin schon kritische Haltung des Bundesrechnungshofs. Der monierte wiederholt, dass viele Hochschulen die Programmpauschale nicht gezielt für Forschung einsetzten, sondern auch zum Stopfen anderer Haushaltslücken. Zudem bleibe oft unklar, wohin das Geld genau fließt.

Wenn es laut DFG-Generalsekretärin Ahrens im Februar "kurz vor zwölf" war, wie spät ist es dann jetzt? Fest steht: Im November kommt die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz noch einmal auf Ministerebene zusammen. Im Vorfeld erneuerte Ahrens auf Anfrage ihren Appell: "Die jetzt auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung formulierte Erhöhung der Programmpauschale auf 30 Prozent ist dringend geboten. Ohne sie wäre unsere Forschungsförderung und deren Wettbewerbsfähigkeit in hohem Maße gefährdet." Angesichts der aktuellen Haushaltslage, fügte sie hinzu, wäre "auch ein gestuftes Modell ein gangbarer Weg".

Denn genau das, weiß Ahrens, wird derzeit zwischen Bund und Ländern verhandelt. Anfang der Woche traf sich bereits der sogenannte GWK-Ausschuss, die Ebene der hohen Ministerialbeamten, und tatsächlich zeichnet sich eine Lösung ab. Erleichternd aus Sicht der Hochschulen ist, dass eine Verlängerung der Programmpauschale um zunächst ein Jahr auf dem bisherigen Niveau inzwischen als gesichert gilt.

Von 2027 an dann, so ist zu hören, wird über einen Erhöhungsschritt verhandelt, dessen Umfang noch unklar ist, aber ebenfalls in der Novembersitzung beschlossen werden soll. In jedem Fall aber werde man maximal die Hälfte auf dem Weg zu den 30 Prozent zurücklegen, und selbst einer Erhöhung in diesem Umfang wäre die Zustimmung aller Länder keineswegs sicher. Womöglich braucht es die aber auch gar nicht: Diskutiert wird, ob man das Plus auch mit einer Mehrheit von Bund plus 13 Ländern beschließen könnte.

Kostenpunkt bei 25 Prozent: insgesamt etwa 157 Millionen Euro, verteilt auf die Jahre 2027 bis 2030, wobei die jährlichen Ausgaben allmählich aufwachsen, denn die Erhöhung würde jeweils nur für Neuanträge wirksam werden.

Für die DFG wäre es eine bittere Pille. Zwar sind auch die Verteilungsschlüssel noch nicht final, aber die Kostenverteilung laut Koalitionsvertrag zugrunde gelegt, müsste sie in dem Zeitraum fast 80 Millionen Euro aus der Projektförderung herausschneiden – was das Verhältnis zwischen der Anzahl beantragter und bewilligter Anträge, die sogenannte Förderquote, weiter drücken würde: Schon zwischen 2017 und 2024 war sie in der Einzelförderung von fast 40 auf unter 30 Prozent gesunken.

Entsprechend sollen die DFG-Mitgliedsuniversitäten teilweise sehr kritisch gewesen sein mit dem Angebot ihres Präsidiums an die Politik, die Erhöhung der Overhead-Pauschale zur Hälfte aus den eigenen Mitteln zu bestreiten – obgleich die DFG-Führung ja damit der Logik des Wissenschaftsrats folgte und, siehe oben, so die Verhandlungen wieder in Gang bringen konnte.

Und wenn die Zwischenstufe 2027 kommt, was ist mit den im Koalitionsvertrag versprochenen 30 Prozent? Hier ist Ernüchterung angebracht. "Die Zwischenstufe wäre bis auf Weiteres die Endstufe", kommentiert ein Ländervertreter.

Die Uhr tickt weiter

Die 30 Prozent rücken also so oder so in weite Ferne – und werden wahrscheinlich erst 2028 oder 2029 wieder Thema werden, wenn Bund und Länder die wirklichen Schwergewichte verhandeln müssen: die Fortsetzung der großen Wissenschaftspakte, vor allem des Pakts für Forschung und Innovation – und die Frage, ob der dann weiterhin einen Aufwuchs von derzeit drei Prozent pro Jahr auch für die DFG garantiert. Nur zum Vergleich: Allein die jährliche PFI-Erhöhung kostet über alle geförderten Organisationen hinweg zurzeit über 300 Millionen Euro. Was, wenn alles parallel auf dem Verhandlungstisch liegt, solche Summen für die Debatte um ein weiteres Plus der Programmpauschale bedeuten? Man wird sehen.

Erst einmal überhaupt die Verlängerung und überhaupt eine Stufe unter Dach und Fach bringen, sagt ein Ländervertreter. Die Widerstände der Finanzseite sind weiter groß, in einigen Ländern scheinen sie fast unüberwindbar. Eine diskutierte Variante ist deshalb sogar, die DFG allein einen möglichen Aufwuchs finanzieren zu lassen.

"Die Erhöhung ist für Bund und Länder eine Herausforderung, da beide enge Haushalte haben", sagt der niedersächsische Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD), der in diesem Jahr den GWK-Vorsitz innehat, auf Anfrage. "Die Länder kompensieren die unzureichenden Programmpauschalen zurzeit über die Globalhaushalte der Hochschulen. Bund und Länder verhandeln in der kommenden GWK erneut über dieses Thema und eine gemeinsame Entscheidung."

Vorher, Anfang November, wenn die Finanzminister sich zu ihrer eigenen Konferenz treffen, könnte es noch einmal Gegenwind geben. Doch das Gute an der GWK ist ja, dass auch dort die Finanzministerien mit am Tisch sitzen. Am 28. November ist es soweit, schon am Vorabend ist das traditionelle Kamingespräch auf Ministerebene angesetzt. Bis dahin tickt die Uhr weiter.

Kommentare

#1 -

Leif Johannsen  | Sa., 11.10.2025 - 13:40

Wenn im Rahmen einer erhoehten Progammpauschale der DFG Haushalt eine Reduktion der bewilligten Drittmittelprojekte zur Folge hat, dann hat das doch wenigsten den "Vorteil", dass dadurch der Anteil befristeter Wissenschaftler_innenstellen an den Hochschulen sinkt: win-win fuer die Hochschulen und die Wissenschaftspolitik. Lose-lose fuer die wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen und den Rest der Gesellschaft. Bravo! Ganz gross gedacht!

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