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Bitte kein Reförmchen!

Es ist Zeit, Promotionen und Postdoc-Phase neu zu denken. Dafür braucht es ein mutiges Wisssenschaftszeitvertragsgesetz. Wie es aussehen könnte: ein Gastbeitrag von Friedhelm Nonne.

Friedhelm Nonne war 16 Jahre lang Kanzler der Universität Marburg. Seine Vorschläge beruhen auf seinem von der Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlichten Policy Paper "Personal- und Qualifizierungsstrukturen in der Wissenschaft neu denken!" Foto: privat.

DIE REFORM des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) bietet die Chance, zentrale Dauerbaustellen im deutschen Wissenschaftssystem anzugehen, namentlich bei der Ausgestaltung von Promotion und Postdoc-Phase. Es braucht mehr Sicherheit und Verlässlichkeit für junge Forscher/innen und ein Ende von Befristungsmarathon undKurzzeitverträgen.

 

Wirksame Instrumente dazu könnten sein: (1) eine wirkungsvolle Begrenzung der Zeit zur Erstellung der Dissertation auf vier Jahre – bei einer gleichzeitigen verbindlichen Verpflichtung der Universitäten, diese vier Jahre vollständig zu finanzieren. (2) Eine massive Erhöhung des Anteils der Tenure-Track-Verfahren bei der Neubesetzung von Professuren und anderen wissenschaftlichen Dauerstellen, eine Finanzierungsverpflichtung der Universitäten für eine maximal sechsjährige Phase der Weiterqualifizierung nach der Promotion und eine höchsten einmal zulässige Weiterfinanzierung aus Drittmitteln nach dem Ende der sechsjährigen Postdoc-Finanzierung. 

 

(1) Die Promotionsphase

 

In der bisherigen Diskussion werden vornehmlich die den Promovierenden zugemuteten Unsicherheiten bei der Finanzierung thematisiert. Dass in Deutschland mit durchschnittlich 5,7 Jahren (ohne medizinische Promotionen) viel länger promoviert wird als die vom Wissenschaftsrat geforderten maximal vier Jahre, interessiert offenbar nicht. Die anstehende Reform sollte jedoch genutzt werden, beide Probleme nachhaltig zu lösen.

 

Konkret schlage ich vor, dass Universitäten nichtpromovierte Hochschulabsolvent/innen als wissenschaftliche Mitarbeiter/innen künftig nur noch mit dem Befristungsgrund «Erstellung einer Dissertation» und einer regelmäßigen Befristungsdauer von vier Jahren einstellen dürfen. Nur wenn die Dissertation fristgerecht innerhalb der vier Jahre abgegeben wird, sollte sich der Vertrag – und zwar automatisch – um zwölf Monate verlängern. Das ermöglicht den formellen Abschluss des Promotionsverfahrens und lässt Zeit für die Berufsfindung. Die gesamte Vertragsdauer versteht sich dabei vorbehaltlich sozialer Verlängerungserfordernisse wie schwerwiegende Erkrankung oder Kindererziehung.

 

Eine solche Regelung würde den derzeit bestehenden Anreizen für Promovierende und ihre Vorgesetzten, sich mit dem Abschluss der Promotion nicht zu beeilen, ein Ende setzen. Stattdessen würde eine entsprechend zielgerichtete Begleitung der Promotionen durch die betreuenden Hochschullehrenden nötig. Außerdem müssten die Rahmenbedingungen für Promotionen durch die Hochschulen, Länder und Drittmittelgeber so verändert werden, dass die gegenwärtig oft bestehende Überlastung der Promovierenden mit promotionsverzögernden Dienstaufgaben abgebaut wird.

 

Die bisherige Drittmittelbefristungsmöglichkeit des WissZeitVG sollte für die Promotionsphase entfallen. Das schließt eine Finanzierung aus Drittmitteln nicht aus. Wenn eine mit einer Drittmittelfinanzierung begonnene Promotion für den erforderlichen Zeitraum nicht vollständig aus Drittmitteln finanziert werden kann, muss die Universität den fehlenden Finanzierungszeitraum aus Eigenmitteln abdecken. 

 

(2) Die Postdoc-Phase

 

Für deren Reform gilt es vorrangig drei Probleme zu lösen:

o Die Die Entscheidung über eine Daueranstellung in der Universität, die derzeit durchschnittlich im Alter von etwa 41 Jahren fällt, muss deutlich nach vorne verlegt werden. 

 

o Auch für Postdocs, die das Ziel einer akademischen Dauerstelle verfolgen, sollte es eine hinreichend gesicherte Finanzierung geben.

 

o Für alle an einer Universität befristet beschäftigten Postdoktorand/innen muss sich innerhalb einer vernünftigen, klar definierten Zeitspanne entscheiden, ob sie auf Dauer in der Universität beschäftigt werden. Die derzeitige Praxis von wiederholten Beschäftigungen mit Drittmitteln und die Rechtsunsicherheit, wie lange eine wiederholte Beschäftigung in befristeten Drittmittelprojekten im Einzelfall zulässig ist, sind für alle Beteiligten sehr belastend und müssen beseitigt werden.

 

Der in Berlin neuerdings gesetzlich vorgeschriebene und auch von der GEW befürwortete Weg, befristete Beschäftigungen nach der Promotion ganz zu verbieten oder nur mit der (bedingten) Zusage einer anschließenden Dauerbeschäftigung zu gestatten, erzwingt zwar die gewünschte "junge" Besetzung von Dauerstellen, erzeugt jedoch ein hohes Risiko von Fehlbesetzungen. Denn wie will man bei Personen, die gerade ihre Promotion abgeschlossen haben, beurteilen, ob sie den künftigen Anforderungen gewachsen sind?

 

Ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis in der Wissenschaft erfordert Fähigkeiten im Bereich der eigenständigen Entwicklung von neuen Themen und Methoden, in der Drittmitteleinwerbung, in Lehre und akademischer Selbstverwaltung. In Einzelfällen mögen Promovierende erste Erfahrungen in einigen dieser Bereiche im Rahmen ihrer Promotionsphase schon erworben haben – aber die Regel ist das nicht. Eine fundierte Beurteilungsgrundlage für eine Daueranstellung fehlt also.

 

Wie auch die Junge Akademie vorschlägt, sollte daher die Einstellung auf eine Dauerstelle oder eine wissenschaftliche Stelle mit klarer Entfristungsperspektive (zum Beispiel eine Tenure-Track-Professur) nicht unmittelbar nach der Promotion, sondern nach einer weiteren, befristeten Beschäftigungsphase als Postdoc erfolgen, in der die Wissenschaftler/innen weitere Erfahrungen in den genannten Bereichen erwerben und anschließend fundiert beurteilt werden können. 

 

Tenure-Track als neuer Standard

 

Das Plädoyer für die Beibehaltung einer Qualifizierungsphase nach der Promotion bedeutet aber kein Plädoyer für die Beibehaltung des status quo. Zur Verringerung der oben angesprochenen Probleme sollten die folgenden Maßnahmen beitragen:

 

o Künftig sollte die deutliche Mehrheit der Professuren (mindestens 60 bis maximal 80 Prozent) und auch der anderen wissenschaftlichen Dauerstellen an den deutschen Universitäten als Tenure-Track-Positionen besetzt werden – mit der Auflage, dass eine Bewerbung bis längstens sechs Jahre nach Abschluss der Promotion möglich ist. Das wäre der wesentliche Hebel, um das Einstiegsalter in akademische Dauerpositionen abzusenken.

 

o Auch für die Postdoc-Phase sollten analog zur Promotion befristete Verträge künftig als Qualifikationsverträge – mit einem dreijährigen Erstvertrag und einer Verlängerungsoption für weitere drei Jahre – abgeschlossen werden, um eine angemessene finanzielle Sicherheit für die Beschäftigten zu schaffen. 

 

o Wenn nach Ablauf dieser sechsjährigen Finanzierungsperiode eine akademische Dauerstelle nicht erreicht ist, sollte nur ein einziges anschließendes befristetes Beschäftigungsverhältnis für mindestens drei und höchstens vier Jahre mit der Universität abgeschlossen werden können, allein mit dem Befristungsgrund "Drittmittelfinanzierung" entsprechend den bisherigen Regelungen des WissZeitVG. 

 

Dadurch wäre für alle Beteiligten klar geregelt, dass spätestens zehn Jahre nach der erstmaligen befristeten Beschäftigung als Postdoc keine Beschäftigung an der Universität mehr möglich ist, wenn bis dahin eine universitäre Dauerposition nicht erreicht wurde.

 

Ergänzt werden sollten diese Maßnahmen durch eine Umwidmung eines Teils der Landesmittel, die bisher zur Finanzierung von Promotionen verwendet werden, in die künftige Finanzierung von zusätzlichen dauerhaften Wissenschaftlerstellen. Aufgrund des höheren Lehrdeputats von dauerfinanziertem Wissenschaftspersonal und deren Prüfungsberechtigung könnte dies die oben geforderte Verringerung der Lehrverpflichtung von Promovierenden kompensieren. Außerdem würde ein Beitrag zu der vom Wissenschaftsrat mit guten Gründen geforderten Entlastung von Professor/innen ermöglicht. Angesichts der hohen Promotionsrate in Deutschland erscheint eine Reduktion von landesfinanzierten Promotionsstellen insbesondere in drittmittelstarken Fächern vertretbar.

 

Das BMBF hat es in der Hand: entweder ein Reförmchen anzustreben, durch das sich die Situation wieder nur wenig verändert, oder eine Reform, die ihren Namen verdient.


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Kommentare: 8
  • #1

    Tom (Dienstag, 13 Dezember 2022 17:17)

    *augenroll*

    Denn wie will man bei Personen, die gerade ihre Promotion abgeschlossen haben, beurteilen, ob sie den künftigen Anforderungen gewachsen sind?

  • #2

    naja (Mittwoch, 14 Dezember 2022)

    Der nächste, der meint, er wüsste, wie man das Problem löst. Und wieder läuft es darauf hinaus, dass man vorschreiben möchte, wie lange man im Wissenschaftsbetrieb maximal bleiben darf vor einer Dauerstelle. Das nennt man Entmündigung. Typischerweise kommen die allermeisten Vorschläge zu dieser Problematik entweder von Personen, die selbst nie geforscht haben oder von Personen, die am Anfang einer Karriere stehen und bemerken, sie sind wissenschaftlich nicht gut genug.

  • #3

    Bernadette Stolle (Mittwoch, 14 Dezember 2022 10:46)

    Guten Tag,
    aus meiner Sicht ist es richtig, die erste Promotionsphase auf den Befristungsgrund "Erstellung einer Dissertation" zu begrenzen. Damit zusammenhängend ist aber auch klar zu stellen, dass der überwiegende Teil der Arbeitszeit auch diesem Ziel dienen muss und in der Regel Vollzeitstellen dafür vorzusehen sind. Werden Teilzeitstellen besetzt, ist der Zeitanteil, der für die Qualifizierung vorgesehen ist, auch im Umfang einer halben Vollzeitstelle beizubehalten. Werden diese zusätzlichen Rahmenbedingungen umgesetzt, hätten die Promovierenden auch die Chance, ihre Dissertation in einer angemessenen Zeit abzuschließen.
    Die WissZeitVG-Befristung muss aus meiner Sicht zu einer echten Sachgrundbefristung im arbeitsrechtlichen Sinne werden, damit der derzeitige Befristungsmissbrauch endet.

    Die vorgesehene Einschränkung der Drittmittelbefristungsmöglichkeiten finde ich persönlich richtig, allerdings ist eine solche Forderung nur aufrecht zu erhalten, wenn auch die Hochschulen für angewandte Wissenschaften endlich grundständige Mittel für Promotionsstellen erhalten. An den HAW in NRW wird fast ausschließlich auf Drittmittelbasis promoviert. Würde der Vorschlag von Herrn Nonne umgesetzt, ohne die HAW-Forschungsfinanzierung zu verändern, würde dies HAW-Absolvent*innen wieder vor extrem hohe Hürden stellen, promovieren zu können.

  • #4

    Per Holderberg (Mittwoch, 14 Dezember 2022 13:31)

    Wieso sollte man eine Person, die vier bzw. nach ihrem Modell fünf Jahre lang Berufserfahrung hat, eine Promotion erfolgreich absolviert, nicht beurteilen können für eine Einstellung auf Dauer?
    Wieso geht das bei 90% der abhängig Beschäftigten in Deutschland und wieso nicht bei angehenden Postdocs?
    Es werden hier keine Argumente ausgeführt, nur neue Flickenteppiche vorgeschlagen. Kein ausgereifter Vorschlag.
    Die Postdoc-Phase ist keine der Bewährung und es muss deutlich mehr Stellen neben der Professur geben, da es sehr viele Daueraufgaben in der Hochschule gibt (Lehre, Wissenschaftsadministration, Beratungseinrichtungen, Verwaltung von Großgeräten/Sammlungen usw.).

  • #5

    Ich bin Hanna (Mittwoch, 14 Dezember 2022 18:03)

    Die Unterschiede des Vorschlags zum aktuellen WissZVG erscheinen mir marginal: statt 6+6 Jahre nun 4+6 Jahre, ohne dass die Universitäten eine Entfristungsperspektive anbieten müssen? Das wäre doch genau das im Titel benannte "Reförmchen", das in der Praxis vermutlich zu keinem Beenden des Befristungsunwesens führt? -
    Besser wäre es, Arbeitnehmer:innen mit Doktorat bei Neueinstellung eine Stelle zumindest mit Entfristungsperspektive (z. B. beim Erreichen von festgelegten Evaluationskriterien) anbieten zu müssen. So wäre allen Seiten geholfen. Die Wissenschaft muss für Arbeitnehmer:innen wieder attraktiver werden und sollte nicht die arbeitsrechtlichen Standards des freien Marktes unterlaufen dürfen, sonst wird der Wissenschaftsstandort Deutschland in Zeiten des Fachkräftemangels weiter leiden. Möglich sind bei unbefristeten Normalarbeitsverträgen auch schon jetzt leistungsbezogene Anteile in der Bezahlung oder betriebsbedingte Kündigungen, um das Wissenschaftssystem flexibel zu halten. Ist halt eine niedrigere Hürde, ohne Begründung jemandes Vertrag einfach auslaufen zu lassen, als eine Kündigung auszusprechen. - Anderer Vorschlag: Alternativ könnte man Alle befristen, auch Professor:innen, damit das System nicht für die vielen guten, klugen, innovativen Postdocs "verstopft" wird ;) Aber solch eine Universität will vermutlich niemand.

  • #6

    Michael Liebendörfer (Mittwoch, 14 Dezember 2022 19:00)

    Ich finde die Vorschläge zur Promotionsphase sehr konsequent und überzeugend. Profs und WiMis sollten gleichermaßen sofort auf das Ziel fokussiert werden. Auch das Übergangsjahr danach finde ich sehr gut.

    Zu lang wirkt mir die Postdoc-Phase, wenn danach noch eine unsichere Stelle folgen darf. Vielleicht sollte man eher festlegen, dass man bis 10 Jahre nach Beginn der Promotion noch auf TT-Stellen und bis 15 Jahre überhaupt beschäftigt werden darf.

    Wenig überzeugend finde ich, dass die Mehrheit der Professuren für TT genutzt werden soll. Es gibt einige Professuren mit viel Verantwortung für Forschungszentren oder Studiengänge. Da will man evtl
    schon mehr Berufserfahrung. Warum nicht W2 generell mit TT und W3 in Regelfall ohne?

  • #7

    Begründung fehlt (Donnerstag, 15 Dezember 2022 13:20)

    Dem Vorschlag von Herrn Nonne fehlt die Begründung für ein Sonderbefristungsrecht in der Wissenschaft!
    Bildungsministerin Stark-Watzinger und insbesondere die Koalitionäre von der Arbeitnehmerpartei SPD müssen sich fragen lassen, weshalb das Arbeitsrecht beschnitten bleiben sollte, wenn es keine triftigen Gründe dafür gibt.
    Ist unser Wissenschaftssystem durch das Sonderbefristungsrecht produktiver als in anderen Ländern? Können wir mit Arbeitsbedingungen, die den Standard unterlaufen, wirklich die besten Köpfe für die Wissenschaft gewinnen? Bringen die stark demokratisierungsbedürftigen Machtstrukturen an den Universitäten, bei denen eine Statusgruppe immer die Entscheidungsgewalt hat, das Beste aus dem deutschen Wissenschaftssystem hervor? Wir kritisieren andere Länder für Demokratiedefizite, Transparenzdefizite und Klüngelei. Wie lange wollen wir noch ein System dulden, in dem einige wenige Karrieristen in starken Machtpositionen die übrigen 90% des Systems u. a. über ein Sonderbefristungsrecht gängeln und gefügig halten können? Wann wollen wir endlich die projektbasierte Forschungsförderung zurückfahren, bei deren Vergabe die aktivsten Netzwerker die Finanztröge verwalten? Sollte nicht Forschung und Wissenschaftsfreiheit ein Recht für
    alle sein und nicht nur für die stärksten wissenschaftlichen Schulen? Sollen junge Forschende, die in ihrer Karriere noch nicht Professor/in sind, sich weiter inhaltlich an den Mächtigeren orientieren müssen? Ist ein solches System der strukturellen Abhängigkeit von Mächtigeren nicht sogar wissenschaftsfeindlich? - Der Vorschlag von Herrn Nonne, wie auch jeder Gesetzesvorschlag, der weiterhin eine Sonderbefristung für die Wissenschaft vorsieht, ist ohne eine datenbasierte, nachvollziehbare Begründung aus meiner Sicht unseriös. Wo sind die Daten, die diesen erheblichen Eingriff rechtfertigen?

    Ich verstehe allerdings auch die Universitätsangestellten nicht. Weshalb organisiert ihr euch nicht? Der gewerkschaftliche Organisationsgrad liegt bei 5-7%. Andere Arbeitnehmer werden vom hohen akademischen Ross belächelt, wenn sie sich in der Privatwirtschaft von Amazon und Co ausnutzen lassen und sich nicht organisieren. Und ihr selbst glaubt nach wie vor, dass im Wissenschaftssystem das bessere Argument schon irgendwie zählen wird? Wann wacht ihr endlich auf und stellt euch der Realität, dass eure Professoren, Kanzler und Präsidenten gar kein Interesse daran haben, ihre Machtposition zu schwächen und euch unbefristet zu beschäftigen?

  • #8

    Ralf Meyer (Donnerstag, 15 Dezember 2022 18:16)

    Eine Änderung des WissZG wird die Zahl der unbefristeten Stellen an den Hochschulen nicht wesentlich erhöhen. Denn eine der Hauptursachen für befristete Beschäftigung an den Hochschulen liegt in der Struktur der Hochschulfinanzierung. Die Hochschulen wirtschaften zunehmend mit projektbezogenen, befristeten Mitteln, während der Anteil an verlässlichen und nicht projektgebundenen Mitteln sinkt. Die Grundfinanzierung erfolgt bisher ausschließlich durch die Bundesländer, während der Bund oder die Europäische Union nur befristete Projekte finanzieren. Eine vom Deutschen Hochschulverband beauftragte Studie „Entwicklung der Finanzierung von Hochschulen und Außeruniversitären Forschungseinrichtungen seit 1995“ des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) vom März 2018 schätzt, dass der Anteil der Bundesländer an der Finanzierung der Hochschulen von 77% im Jahr 1995 auf nur noch 52% im Jahr 2015 gesunken ist. Dieser Trend besteht weiter fort. Der Anteil der projektgebundenen Finanzierung ist sogar noch stärker gewachsen, weil die Bundesländer ihre Mittel vermehrt für befristete Projekte vergeben, zum Beispiel als Kofinanzierung für Projekte des Bundes. Die Hochschulen verwenden nur befristet verfügbare Personalmittel fast ausschließlich für befristete Einstellungen. Da sich der Wegfall von Professurstellen kaum durch befristete Stellen kompensieren ließe, haben die Hochschulen in den letzten Jahrzehnten vor allem im sogenannten wissenschaftlichen Mittelbau Dauerstellen durch befristete Stellen ersetzt. Mehr Dauerstellen im Mittelbau wären zwar durchaus wünschenswert. Allerdings setzt dies eine Verschiebung in der Finanzstruktur der Hochschulen voraus. Ansonsten ist zu erwarten, dass nur die Zahl der befristeten Stellen sinkt, ohne dass die Zahl der unbefristeten Stellen entsprechend ansteigt.