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Kürzungspläne beim DLR? Landeswirtschaftsminister protestieren

200 bis 400 Millionen Euro stehen angeblich auf der Streichliste, Finanzministerium verweist auf die Entscheidungsfreiheit des Wirtschaftsministeriums.

DIE KOALITIONSINTERNEN Abstimmungen um den Sparhaushalt 2024 gehen in die Endrunde, nächsten Mittwoch soll Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) seinen Entwurf im Kabinett präsentieren. Noch immer ist es der Ampel gelungen, wesentliche Details der geplanten Kürzungen aus der Öffentlichkeit herauszuhalten, aber das, was durchsickert, löst zum Teil Widerstand auf höchster Ebene aus.

So protestierte vergangenen Freitag die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder gegen die Kürzungspläne des Bundes unter anderem beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die "dringend notwendige weitere Förderung der 30 Standorte des DLR" sei "in voller Höhe auch zukünftig sicherzustellen, hieß es in der vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft verbreiteten Pressemitteilung.

Womit die Wirtschaftsminister überhaupt erst aufmerksam darauf machten, dass da etwas im Busch zu sein scheint. Was aber genau soll beim DLR eigentlich gekürzt werden, wo und wieviel?

Das Bundesfinanzministerium schickte auf meine diesbezügliche Presseanfrage hin seine derzeitige Standardantwort: Lindner habe den Ressorts mitgeteilt, "welche Haushaltsmittel ihnen jeweils absolut zur Verfügung stehen. Die Ressorts sind nun aufgefordert, eigenverantwortlich die Ausgestaltung ihrer jeweiligen Plafonds vorzunehmen." Die sogenannte Schichtungsfreiheit bleibe erhalten, dieses Verfahren sei vorab mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) so abgestimmt worden.

Womit das Finanzministerium immerhin eine interessante Darstellung der Situation lieferte: Das Bundeswirtschaftsministerium von Habeck, in dessen Zuständigkeit das DLR und der Großteil seiner Finanzierung liegt, wäre demnach frei darin zu entscheiden, ob es beim DLR oder anderswo kürzt. Ist das so? Der Druck Landeswirtschaftsminister richtet sich jedenfalls allgemein an den Bund und speziell ans Bundesfinanzministerium, das so die Warnung der Ressortchefs, angeblich auch 300 Millionen Euro Bundesmittel in der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GRW) streichen will.

Wer auch immer am Ende entscheidet: Habecks Ministerium ließ meine Anfrage nach geplanten Kürzungen beim DLR, ihren Umfang und ihre Ausrichtung, gänzlich unbeantwortet. Inoffiziell kursiert zwar eine Größenordnung von 200 bis 400 Millionen Euro, die das DLR einsparen müsse. Doch abgesehen davon, ob die Angaben stimmen, ist unklar, wo es Abstriche geben würde: von der Grundfinanzierung, die inklusive Investitionsmittel dieses Jahr mit rund 785 Millionen Euro im Haushaltsansatz stand, von den Drittmitteln des Bundes, die ebenfalls hunderte Millionen umfassen, oder von beidem? Und in welchem Zeitraum? Nur 2024, was kaum vorstellbar wäre, 2024 und 2025 kombiniert – oder über einen noch längeren Zeitraum?

Ein Sprecher des DLR kommentierte auf Anfrage lediglich: "Die von Ihnen zitierten Aussagen zum DLR, resultierend aus den Gesprächen der Wirtschaftsminister, sprechen für sich. Ich möchten diesen nichts hinzufügen."

Thüringens Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) betonte, das DLR bringe Forschungsleistungen weit über die Themen Luft- und Raumfahrt hinaus. "Für die Bewältigung des Klimawandels braucht es Lösungsansätze auf den Feldern Energie, Mobilität, Sicherheit und Quantentechnologie, hier ist die Expertise des DLR auch weiterhin essentiell."

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