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Fast 350.000

Deutsche Hochschulen haben sich ihren guten Ruf unter internationalen Studierenden während der Corona-Zeit erhalten, zeigen die neuen Zahlen von "Wissenschaft weltoffen".

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Artikelbild: Fast 350.000

Illustration: Gerd Altmann / pixabay.

ES IST EINE ERSTAUNLICHE ERHOLUNG, auch wenn sie nicht mehr überraschend kommt. 349.438 internationale Studierende waren im Wintersemester 2021/22 an einer deutschen Hochschule eingeschrieben, mehr als je zuvor. Die symbolische Marke von 350.000 wurde damit zwar noch nicht geknackt, aber viel wichtiger ist: Auch die Zahl internationaler Studienanfänger stieg nach dem Corona-Einbruch im Wintersemester 2020/21wieder auf 74.000 an. Ein Zuwachs um rund 10.000. Womit das Pandemie-Minus noch nicht ganz wieder aufgeholt ist, aber immerhin.

Diese und mehr Zahlen finden sich in "Wissenschaft weltoffen 2022", das der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) heute Vormittag veröffentlicht hat. Jedes Jahr erstellt und herausgegeben vom DAAD und dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), ist es die statistische Standardpublikation zu Deutschlands internationalem akademischen Austausch, eine Sammlung hunderter möglichst aktueller Datensätze, Tabellen und Analysen. Bei der Präsentation vom "Wissenschaft weltoffen" im Vorjahr hatte der DAAD bereits die Stabilisierung der Studienanfänger-Zahlen vorhergesagt, jetzt ist es sogar mehr als eine Stabilisierung geworden.

Schaut man sich die Zeitreihen der vergangenen Jahre an, so wird deutlich, dass die Gesamtzahl der internationalen Studierenden in Deutschland selbst durch Corona nie von ihrem Wachstumskurs abgebracht worden ist: 302.000 im Wintersemester 2018/19, 2019/20 waren es 320.000, dann die Pandemie und nur ein leichtes Plus auf knapp 325.000, jetzt der große Sprung auf gut 349.000. Dass es während der Pandemie keinen absoluten Rückgang gab trotz schwindender Studienanfänger-Zahlen, führt "Wissenschaft weltoffen" ausschließlich auf einen längeren Verbleib der bereits in Deutschland befindlichen internationalen Studierenden zurück.

FunFact am Rande: 350.000 internationale Studierende war schon vor Jahren als Zielmarke von Bund und Ländern ausgegeben worden. 2020 sollte sie erreicht werden. Wurde sie bis heute verfehlt? Keineswegs, denn die Zahl war zu dem Zeitpunkt anders definiert: inklusive der Bildungsinländer. Also aller Studierenden an deutschen Hochschulen, die zwar einen ausländischen Pass haben, aber einen deutschen Schulabschluss. Und in dem Sinne meldete das Statistische Bundesamt bereits 2017, das die 350.000 überschritten sei. Obwohl sie, die Bildungsinländer herausgerechnet, zu dem Zeitpunkt noch deutlich unter 300.000 lag.

Weniger Gastwissenschaftler, aber Zahl der angestellten Wissenschaftler mit ausländischem Pass steigt weiter

Abgesunken ist in der Pandemie hingegen die Gesamtzahl internationaler Wissenschaftler in Deutschland: um mehr als 8.000 auf 93.832 im Jahr 2020. Der erste Rückgang seit einem Jahrzehnt, allerdings ist er allein auf die eingebrochene Zahl der Gastwissenschaftler zurückzuführen (innerhalb eines Jahres um rund 9.800 auf knapp 23.000). Während die an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen angestellten internationalen Wissenschaftler 2020 sogar recht deutlich zunahmen: um etwa 4.200 auf 70.100.

Zurück zum erneuten Anstieg der Studienanfänger. Der erklärt sich vor allem mit dem Comeback derjenigen Herkunftsländer, aus denen während der Pandemie spürbar weniger junge Leute nach Deutschland gekommen waren: aus den USA zum Beispiel. Zum Vergleich: Die Zahl der Studienanfänger aus Afrika blieb auch während Corona stabil, hier gebe es jetzt auch nur geringere Zuwächse, berichtet der DAAD.

Es zeige sich, dass Deutschland mit Blick auf die Zahl internationaler Studierender vergleichsweise gut durch die Corona-Zeit gekommen sei, kommentierte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Und DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee sagte, die weltweiten Mobilitätsströme hätten sich während der Pandemie verändert. "Deutschland konnte dabei auch während der vergangenen beiden Jahre seinen guten Ruf bei Studierenden und Promovierenden in aller Welt halten und erntet nun die Früchte der andauernden Bemühungen um Qualität und Betreuung internationaler Studierender an den Hochschulen im Land."

Weltweit ist die Bundesrepublik nach den USA, Großbritannien und Australien das viertbeliebteste Zielland – und liegt auf Platz 1 der nicht englischsprachigen Nationen. Die meisten internationalen Studierenden kamen 2021 aus China (rund 40.000), Indien (34.000) und Syrien (34.000). Chinas Spitzenplatz ist insofern erstaunlich, weil das Land in der Corona-Pandemie nahezu dichtgemacht hatte. Doch auch das zeigt sich in der Statistik: Bei den Studienanfängern aus China gab es ein Minus um fünf Prozent, während die Zahl der Neuankömmlinge aus Indien um ein Drittel zunahm. Der DAAD schlussfolgert: "Sollten beide Trends anhalten, dürfte Indien China als wichtigstes Herkunftsland internationaler Studierender in Deutschland in naher Zukunft ablösen."

Die Deutschen gehen zum Auslandsstudium meist in die Nachbarländer

Rund 70.000 der internationalen Studierenden gehen an Universitäten, 30 Prozent an Hochschulen für angewandte Wissenschaften, wobei an den HAWs ihre Zahl in den vergangenen zehn Jahren mit 127 Prozent stärker gestiegen ist als im Durchschnitt (89 Prozent).

Auch die deutschen Studierenden sind weiter international unterwegs. Etwa 138.000 studierten nach den neuesten Zahlen zuletzt im Ausland, eine Vervierfachung seit 1991, allerdings eine Stagnation in den vergangenen fünf Jahren.

Die meisten gehen indes nicht wirklich in die Ferne, sondern in die unmittelbare Nachbarschaft: etwa 30.000 nach Österreich und 22.000 in die Niederlande. Eine Folge eher knapper Studienkapazitäten in Deutschland als des Fernwehs? In beide Länder gab es im ersten Corona-Jahr 2020 sogar einen Anstieg um neun bzw. sieben Prozent. Während zum Beispiel geschlagene 42 Prozent weniger in die USA gingen.

Auf Platz drei der Lieblingsziele folgt Großbritannien mit 14.000 deutschen Studierenden, allerdings bedeutet das einen Rückgang um über zehn Prozent seit 2016. Die Ursache ist ziemlich offensichtlich: der Brexit.

Kommentare

#2 -

René Krempkow | Sa., 22.10.2022 - 10:40
Und wie sieht es aus mit dem Anteil von Professor*innen aus dem Ausland? Liegt der immer noch bei um die 7 Prozent wie seit über einem Jahrzehnt? Und ist die Datenlage zu verbessern angegangen worden, bzgl. Profs mit Migrationshintergrund? Denn bis zur Promotion sieht's mit der Chancengleichheit ja nicht so rosig aus (siehe https://www.gew.de/presse/pressemitteilungen/detailseite/gew-hochschulen-muessen-antidiskriminierungsschutz-aufbauen).

#3 -

Hermann H. Dieter | Do., 27.10.2022 - 18:54
Antwort auf #1: Sehr wahrscheinlich sehr viel!
Die in DE besonders niedrigen pro Student/in internationaler Nicht-EU-Herkunft erhobenen Studiengebühren sprechen für diesen beunruhigenden Verdacht. Er lässt das regierungsamtliche Eigenlob für die internationale Attraktivität des Studierlandes Deutschland in einem höchst zweifelhaften Licht erscheinen. Dazu kommt: Die übergroße Mehrheit dieser internationalen Absolventen spricht nach dem Studium nicht ausreichend gut Deutsch, um trotz Bleibewunsch und steuerlich subventionieter Ausbildung hier arbeiten zu können. Politisch höchst passend kommen diese Studenten auch noch fast zur Hälfte aus China. Ein katastrophal schlechtes Geschäft, für das unser Bildungssystem keinesfalls den im internationalen Vergleich sehr guten vierten, sondern einen sehr viel schlechteren Platz verdient hätte.

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