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Vier Milliarden für Schulen und Kitas!

Die Kinder müssen uns mehr wert sein: Das geplante Corona-Aufhol-Paket für Schüler und Kitakinder ist zu klein. Die Schulen brauchen mindestens 80.000 Nicht-Lehrer-Stellen zusätzlich und dauerhaft, damit die Pädagogen sich auf ihre Arbeit konzentrieren können.

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Grundschüler sind im Schuljahr 2020/2021 selbst im besten Falle auf nicht mehr als ein Viertel ihres regulären Präsenzunterrichts gekommen. Foto: Marc Thele / Pixabay.

WENN NICHT ALLES so traurig wäre, könnte man die bildungspolitische Debatte um das geplante Corona-Aufhol-Paket für Schüler und Kitakinder als durchaus unterhaltsam bezeichnen.

Die Sozialdemokraten hatten intern schon lange zwei Milliarden statt der von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) ins Spiel gebrachten "Nachhilfe-Milliarde" angepeilt. Doch während SPD-Chefin Saskia Esken noch an ihrem Aktionsplan für die "Generation Empowerment" feilte, ging der stets medienaffine Lehrerverbands-Chef Heinz-Peter Meidinger schon mal mit seiner eigenen Zwei-Milliarden-Forderung an die Öffentlichkeit.

Esken war es dann aber, die die Verdoppelung bei der Bundeskanzlerin am Donnerstag offenbar durchsetzte – bei einem "Bildungsgipfel" im Kanzleramt, an dem auch Karliczek und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) teilnahmen.

Schon bald könnten alle Schulen wieder zu sein

Doch kann all das von der dramatischen Bestandsaufnahme nicht mehr ablenken: Das Schuljahr 2020/2021 ist gelaufen. Womöglich schon in wenigen Tagen werden die Inzidenzen vielerorts die 200 überschreiten, und spätestens, wenn die Bundes-Notbremse in Bezug auf Kitas und Schulen so kommt, wie das Kanzleramt es will, heißt das: Fast überall im Land sind alle Bildungseinrichtungen wieder zu.

Und das, nachdem seit Jahresbeginn die Grundschüler selbst im besten Falle auf nicht mehr als ein Viertel ihres regulären Präsenzunterrichts gekommen sind und viele Mittelstufenschüler seit vier Monaten komplett zu Hause hocken.

Das ist dramatisch und kann besonders bei Kindern aus sozial schwierigen Verhältnissen höchstens minimal durch den Online-Unterricht durch die Schulen abgemildert werden. Deren Digitalisierung die Bundesrepublik, wie ihr die OECD gerade erst wieder bescheinigte, im Vergleich zu anderen Ländern dramatisch verpennt hat. Wie groß die Lernrückstände schon jetzt sind, ist indes unbekannt – weil die Kultusminister die Vergleichsarbeiten größtenteils ausgesetzt haben.

Das Schuljahr kann nicht für alle wiederholt werden

Doch was ist die Lösung? Eines sicherlich nicht, auch wenn es populär klingt: Das Schuljahr kann nicht verlängert oder gar für alle wiederholt werden. Weil gleichzeitig der nächste Altersjahrgang in die Kitas drängt und dasselbe Recht auf Bildung und Teilhabe hat.

Auch das Hilfsprogramm, das dem SPD-Vorschlag zufolge neben der zusätzlichen Lernförderung für Schüler den Aufbau von Sprachförder-Kitas und zugleich Ausbildungsbetriebe, Hochschulen, Jugendzentren oder Mehrgenerationenhäuser umfassen würde, wäre selbst bei zwei Milliarden weit entfernt von einer wirklichen nationalen Kraftanstrengung für die Jugend, die es jetzt braucht. Zumal die Initiative, wie Karliczek im Bundestag zugab, erst im Herbst starten wird. Und ja dann befristet wäre auf zwei, drei Jahre.

Mindestens zweierlei muss dazu kommen. Erstens: Auch kommendes Schuljahr, in dem die Folgen der Schulschließungen so richtig durchschlagen werden, darf es bundesweit kein Sitzenbleiben geben, sondern nur ein freiwilliges Zurückgehen von Schülern.

Dauerhaft zusätzlich 80.000 Nicht-Lehrerstellen an Schulen nötig

Das zweite ist noch viel wichtiger: Die Politik muss sich verpflichten, vom nächsten Schuljahr an und dann dauerhaft zusätzlich 80.000 Nicht-Lehrerstellen an den Schulen zu schaffen: für Sozialpädagogen, für administratives und technisches Personal.

Angesichts des enormen Lehrermangels ist das der einzige Weg, um die vorhandenen Lehrkräfte so zu entlasten, dass sie sich auf ihre Hauptaufgabe konzentrieren können. Die auf viele Jahre so herausfordernd wird wie noch nie in der Bildungsgeschichte der Bundesrepublik.

Ja, das wird im Gegensatz zum diskutierten Programm so richtig Geld kosten. Etwa vier Milliarden, jedes Jahr. Viel? Nun ja. Es wäre eine dauerhafte Erhöhung der gesamtstaatlichen Ausgaben für die Schulen um fünf Prozent pro Jahr. Und rechnerisch kämen dabei gerade mal zwei zusätzliche Stellen pro Schule heraus.

Trotzdem wäre es etwas, das man am ehesten als großen Wurf bezeichnen könnte. Es würde auch das Commitment des Bundes für die Bildung neu definieren, was überfällig ist – ohne die so vielbeschworene Kultushoheit der Länder zu gefährden. Das ist der Aufbruch, den die Kinder und Jugendlichen jetzt verdient haben. Und nicht das übliche politische Klein-Klein um ein hilfreiches, aber viel zu kleines Sonderprogramm.

Der Kommentar erschien heute zuerst in meiner Kolumne "Wiarda will's wissen" im Tagesspiegel.

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