KMK-Präsident: Grundgesetzänderung ablehnen
Die A-Länder im Bundesrat wollen Vermittlungsausschuss anrufen. Holter: Digitalpakt-Start dürfte nicht zu halten zu sein.
DAS WAR'S DANN vermutlich mit dem Digitalpakt-Start zum 1. Januar 2019. Wie Helmut Holter (Linke), Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) mir gerade bestätigte, wollen die A-Länder im Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen. Ins A-Lager gehören traditionell alle Landesregierungen mit SPD-Ministerpräsident, doch auch Thüringen zählt dazu, in dem mit Bodo Ramelow ein Politiker der Linkspartei Regierungschef ist.
Gestern hatte der Bundestag mit großer Mehrheit die Grundgesetz-Änderung beschlossen, die die GroKo in ihrem Koalitionsvertrag zur Voraussetzung des Digitalpakts erklärt hatte. Vorausgegangen war eine Einigung der Fraktionsspitzen von Union, SPD, Grünen und FDP, die die meisten Kultusminister zunächst begrüßt hatten. Für Ärger sorgten dann jedoch Auflagen zur Kofinanzierung künftiger Bund-Länder-Investitionsprogramme, die in der Form erst am Montagnachmittag bekannt wurden. Als erste hatte die geplante Regelung Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) kritisiert. Ihr Ministerpräsident Daniel Günther sagte ebenfalls, sein Land werde der Verfassungsänderung in der vorliegenden Form nicht zustimmen und den Vermittlungsausschuss anrufen. Baden-Württemberg hatte die Neuformulierung des Artikels 104 aus grundsätzlichen Erwägungen bereits länger abgelehnt, auch andere Länder, darunter Bayern, hatten zuletzt ein "Nein" angekündigt.
Auch Helmut Holter, im Hauptberuf Bildungsminister in Thüringen, kritisiert den eingefügten Passus scharf. Die Länder seien davon "kalt erwischt worden", schreibt er auf Facebook. "So geht man nicht miteinander um." Viele Länder vertrauten nicht den Beteuerungen, dass die von den Ländern sowieso geplanten Mittel auf ihren Anteil angerechnet werden würden. "Die Erfahrungen lehren ein Besseres. Außerdem könnten finanzschwache Länder die Bund-Länder-Vereinbarungen unmöglich machen, sollten sie die notwendige Kofinanzierung nicht aufbringen können."
Er habe seinem Ministerpräsidenten deshalb gestern bestärkt, der Grundgesetz-Änderung nicht zuzustimmen, sagte mir Holter heute Nachmittag. Deshalb habe er auch seine geplante Rede vor dem Bundestag abgesagt. Der Start des Digitalpaktes zum 1. Januar, sagt Holter, sei "gefährdet beziehungsweise wohl nicht mehr haltbar."
Der KMK-Präsident kritisierte auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Sie mache es sich zu einfach, indem sie den Ministerpräsidenten die Verantwortung für die Verzögerung zuschiebe, weil sie den Beschluss des Bundestages ja nur annehmen müssten. "Die Länder sind gut beraten, diesem Danaergeschenk nicht zu trauen."
Holter sagte, er gehe davon aus, dass die KMK der Bund-Länder-Vereinbarung zum Digitalpakt dennoch wie geplant am 6. Dezember zustimmen werde, "aber es fehlt die Rechtsgrundlage, um starten zu können." Er lasse prüfen, ob eine Unterzeichnung vor der erfolgten Grundgesetz-Änderung verfassungsrechtlich zulässig sei.
Bundesbildungsministerin Karliczek äußerte sich zunächst nicht zur Entscheidung der A-Länder und den Folgen für den Digitalpakt-Zeitplan.
Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Katja Suding sagte, es sei "betrüblich, dass viele Länder offenbar die Neuregelung in ihrem Kern nicht verstanden haben." Die Kofinanzierung fordere nichts Unmögliches von ihnen. "Im Gegenteil: Sie ist extrem pragmatisch, weil die Länder die Investitionen, die sie ohnehin tätigen, mit Bundesgeld aufgewogen bekommen." Die 50 Prozent seien auf diese Weise in den meisten Fällen ohne Weiteres zu erreichen, gerade die ärmeren Länder müssten an der Regelung ein großes Interesse haben.
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