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Studierenden-Nothilfe: Karliczek präsentiert Kompromissmodell

100 Millionen Zuschuss für Studierende in Notlage, dazu eine
Milliarde Euro Kreditvolumen – auch für internationale Studierende. Der Koalitionspartner SPD signalisiert Zustimmung.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Foto: re:publica, CC BY-SA 2.0.

GESTERN VERDICHTETEN SICH den ganzen Tag über die Anzeichen, dass endlich Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen um die Corona-Soforthilfe für Studierende kommt. Gegen Abend dann signalisierte der Koalitionspartner SPD Zustimmung zu der neuen Lösung von Anja Karliczek (CDU). Heute Morgen wird die Bundesbildungsministerin die geplante "Überbrückungshilfe für Studierende in pandemiebedingten Notlagen" offiziell präsentieren. 

 

Die wichtigste Nachricht: Karliczek ist jetzt doch bereit, den bedürftigsten Studierenden auch über einen nicht rückzahlbaren Zuschuss zu helfen. 100 Millionen Euro sind dafür eingeplant, mit denen die bestehenden Nothilfefonds der Studierendenwerke gespeist werden sollen. Der Zuschuss soll für Studierende in "besonders akuten Notlagen" reserviert sein, die über keine andere Finanzquelle verfügen und sonst möglicherweise ihr Studium abbrechen müssten. 

 

Zusätzlich ist ein Sonderkreditprogramm bei der staatlichen KfW-Bankengruppe vorgesehen, Volumen: bis zu einer Milliarde Euro. Der Zugang soll nach den Regeln des bestehenden, für alle inländischen Studierenden offenen KfW-Studienkredits ablaufen, mit zwei Unterschieden zum normalen Verfahren. Erstens: Studierende können vom 8. Mai an für maximal 11 Monate ein zinsloses Darlehen von bis zu 650 Euro monatlich beantragen. Bereits laufende Darlehen werden zwischen Mai 2020 und März 2021 ebenfalls zinsfrei gestellt. Zweitens: Von Juli 2020 bis einschließlich März 2021 sollen auch internationale Studierende bezugsberechtigt sein.

 

Karliczek spricht von einem "ausgewogenen Konzept für die Betroffenen", das die bereits beschlossenen Corona-Erleichterungen für bisherige und neue BAföG-Empfänger und bei den Begabten-Stipendien ergänze.

 

Zwei Drittel der Studierenden arbeiten neben dem Studium, hunderttausende Studentenjobs sind in der Krise weggebrochen. Für viele der Studierenden, sagt Karliczek, komme nun eine BAföG-Förderung in Betracht. "Betroffen sind aktuell aber auch Studierende, die nicht BAföG-förderfähig sind und keine anderen Einkünfte wie zum Beispiel ein Stipendium oder eine Förderung als Erasmus-Studierende erhalten." In den zurückliegenden Tagen habe sie Schreiben von Studierenden erhalten, "die mir in dieser Ausnahmesituation ihre Not geschildert haben. Mir ist wichtig, dass diese betroffenen Studierenden nun rasch eine Überbrückungshilfe erhalten können. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Corona-Pandemie Studierende in den Abbruch oder die Aufgabe ihres Studiums treibt." 

 

Karliczek: "Intensiv über
Lösungsansätze diskutiert"

 

Die 100 Millionen Euro für die Notfonds der Studierendenwerke, vergeben nach deren "üblichen strengen Regelungen", sollen ebenfalls kurzfristig zur Verfügung stehen. Was auch deshalb wichtig wäre, weil ausgerechnet die besonders betroffenen internationalen Studierenden (von denen sogar drei Viertel vor der Krise Studentenjobs hatten) länger warten müssen, bis auch sie bei der KfW antragsberechtigt sind – was offenbar mit höheren bürokratischen Hürden zusammenhängt. 

 

Karliczek sagte, in der Bundesregierung und der Koalition sei "in den letzten Tagen intensiv über Lösungsansätze diskutiert" worden. So kann man das natürlich auch formulieren: Tatsächlich hatte es über Wochen heftigen Streit gegeben. Karliczek selbst hatte bis vor wenigen Tagen einen Zuschuss noch kategorisch abgelehnt. Auch eine zu diesem Zweck vorübergehende Öffnung der BAföG-Ausbildungsförderung über den Kreis der eigentlich Antragsberechtigten, wie sie unter anderem auch ihre Wissenschaftsminister-Kollegen in den Ländern gefordert hatten, wollte sie "als nicht zielführend" verhindern. Die Logik des BAföG sei eine andere, argumentierte die Bundesministerin in einem Schreiben an die Kultusministerkonferenz, die CDU-/CSU-Bundestagsfraktion pochte darauf, dass die Ausbildungsförderung als Sozialleistung nur aufgrund einer Bedürftigkeitsprüfung vergeben werden dürfe. Außerdem, schrieb Karliczek, sei das für eine Änderung nötige Gesetzgebungsverfahren zu langwierig.

 

Doch verlangte neben sämtlichen Oppostionsfraktionen bis auf die AfD auch der SPD-Koalitionspartner beständig nach einer Lösung, die zumindest teilweise, je nach Fraktion auch vollständig aus einem Zuschuss bestehen sollte.

 

Das Modell, das Karliczeks Ministerium nun erarbeitet hat, stellt sich als klassischer Kompromiss da: kein reines Darlehen, sondern auch ein Zuschuss. Aber letzterer nicht für alle, sondern nur für die Studierenden in den härtesten Notlagen. Die Studierendenwerke, die auch die BAföG-Beantragung abwickeln, werden zwar einbezogen – aber nicht übers BAföG, sondern über ihre Notfonds. Trotzdem war zunächst fraglich, ob die SPD-Bundestagsfraktion und SPD-Finanzminister Olaf Scholz auf den Vorschlag eingehen würden. Gestern gegen Abend dann war klar: Sie tun es.

 

Der Druck, endlich eine Lösung zu

präsentieren, war massiv zuletzt

 

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Oliver Kaczmarek, nannte die von Karliczek präsentierte neue Lösung "vertretbar. Wir Sozialdemokraten haben erreicht, dass der ursprüngliche Plan eines reinen Darlehens vom Tisch ist." Die 100 Millionen Euro für die Notfallfonds der Studierendenwerke seien "ein ordentlicher Schub und deutlich mehr, als das, was das BMBF an Haushaltsmitteln für das zinslose Darlehen aufwenden muss." Dass anders als auch von der SPD gefordert die Nothilfe nicht über eine Öffnung des BAföG abgewickelt werden soll, sei "schade, aber an der Stelle hatte die Ministerin sich ideologisch leider schon zu sehr festgelegt." Als Koalitionspartner wolle man einen raschen Abschluss für das drängende Problem, fügte Kaczmarek hinzu. "Es ist wichtig, dass wir jetzt schnell zur Auszahlung kommen. Die Studierenden müssen am ersten Mai ihre Miete zahlen, ohne das Einkommen aus den verlorenen Studentenjobs wird das schwierig."

 

Dass Union und SPD nach wochenlanger Hakelei jetzt doch zu einem Kompromiss bereit waren, hängt mit dem schon lange hohen Erwartungsdruck zusammen, der zuletzt nochmal massiv gestiegen war – und zwar nicht nur auf Karliczek, sondern auf die GroKo insgesamt. Zum ersten Mal hatte die Bundesbildungsministerin bereits am 12. April per Nachrichtenagentur dpa ein Nothilfeprogramm angekündigt, und schon zu dem Zeitpunkt war sie nach Auffassung vieler Experten und Organisationen wie der Hochschulrektorenkonferenz oder dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) spät dran. Sie plane ein vom Bund finanziertes zinsloses Nothilfe-Darlehen für alle Studierende unabhängig von ihrer BAföG-Berechtigung, ließ Karliczek damals wissen, doch seien die Details noch offen. Und bei diesem Stand blieb es bis heute – offiziell.

 

Doch in wenigen Tagen fängt, wie Kaczmarek sagt, der neue Monat an – dann werden erneut Mieten und andere Kosten fällig – auch für die durch den Verlust ihrer Jobs in Finanznöte geratenen Studierenden.

 

Am Montag erst hatten Hochschulrektorenkonferenz und DAAD deshalb erneut und diesmal sogar in einer gemeinsamen Pressemitteilung von der Bundesregierung eine "rasche Entscheidung" für die in Not geratenen deutschen und internationalen Studierenden gefordert – und zwar in Form eines "echten Zuschusses". Für Schlagzeilen hatte am Wochenende gesorgt, dass die Jugendorganisationen von CDU, SPD, Grünen und FDP sich zu einer ungewöhnlichen Koalition zusammengefunden hatten. In einem gemeinsamen Brief an Olaf Scholz und Anja Karliczek drängten ihre Bundesvorsitzenden auf die Öffnung des BAföGs für die Dauer der Krise für alle durch Corona notleidenden Studierenden.

 

Auch das Deutsche Studentenwerk (DSW) hatte immer wieder auf eine Lösung gedrängt. Jetzt sagt DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde:  "Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesregierung, explizit Frau Bundesministerin Karliczek, eine Nothilfe für Studierende bereitstellt." Für die Umsetzung der Hilfen über die Studierendenwerke werde man zügig mit dem BMBF ein Verfahren entwickeln. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Hilfe rasch bei den betroffenen Studierenden ankommt."

 

Länder hatten eigene Programme
zur Überbrückung aufgelegt

 

Während des wochenlangen Schlagabtauschs zwischen BMBF, Landesministerien und Bundestagsfraktionen hatten viele Länder und Studierendenwerke zur Überbrückung bereits eigene Nothilfeprogramme aufgelegt oder die bestehenden Notfonds aufgestockt. Doch das dafür zur Verfügung stehende Geld reichte vorne bis hinten nicht. So war etwa der Hilfsfonds, den Hessens Wissenschaftsministerium über die Studierendenwerke angeboten hatte, vergangene Woche innerhalb von zwei Stunden erschöpft. 200 Euro gab es einmalig pro Antragsteller, als reinen Zuschuss, 1975 Studierende kamen zum Zug, knapp 400.000 Euro flossen, dann war Schluss. Zum Vergleich: Allein in Hessen studieren 260.000 junge Menschen. 

 

Erst gestern legte Baden-Württemberg einen Studierenden-Nothilfefonds mit einer Million Euro für Härtefälle auf – für zinslose Darlehen, bis zu 450 Euro für die Monate April und Mai. "Nicht alle haben Eltern, die wegbrechende Einnahmen einfach auffangen und diese ausgleichen können, zumal auch sie von Pandemie-bedingten Einschränkungen betroffen sein können", sagte die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. "Studienabbrüche aus finanziellen Gründen müssen unbedingt verhindert werden." Auch in Baden-Württemberg übernehmen die Studierendenwerke die Abwicklung.  Von Bundesministerin Karliczek forderte Bauer, "sich hier endlich selbst mit einem Förderprogramm" zu engagieren – und erinnerte an die 900 Millionen Euro an BAföG-Mitteln, die 2019 nicht ausgegeben wurden. "Wann endlich wird die Bundesregierung ihren angekündigten Notfallfonds realisieren?" Doch da man die Studierenden weder so lange warten lassen könne noch wolle, habe Baden-Württemberg nun vorgelegt.

 

Die Frage bis zum heute verkündeten BMBF-Programm war: Wie lange würde das auch in Baden-Württemberg knapp bemessene Geld reichen? Hoffentlich, so lautet die Antwort seit heute, zumindest solange, bis die ersten Bundesmittel fließen.

 

Deutlich, ja fast schon spektakulär großzügiger zeigte sich demgegenüber bereits vergangene Woche Brandenburgs Landesregierung. 25 Millionen Euro werde sie in die Soforthilfe für Studierende stecken, kündigte Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) an. Allerdings wiederum nur in Form eines Darlehens und verbunden mit einer klaren Botschaft Richtung BMBF: "Warum stellt das Land Brandenburg Geld für Studi-Nothilfe bereit, obwohl doch der Bund für das BAföG zuständig ist?", twitterte Schüle. "Ganz einfach: Weil ich vom Bund erwarte, dass er endlich ein Zuschuss-Programm auflegt, diesen Bund-Länder-Streit aber nicht auf Rücken der Studis austragen will."

 

Mal sehen, wie die WissenschaftsministerInnen jetzt die von Karliczek präsentierte Lösung bewerten werden.



Weitere Reaktionen auf Karliczeks Pläne

 

Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) kommentierte auf Twitter, das BMBF habe sich "nun doch dem massiven Druck der Länder und aller relevanten Verbände gebeugt und legt ein Nothilfeprogramm für Studierende auf - zumindest teilweise als Zuschuss." Über Details könne man sich streiten. "Wichtig ist, dass das jetzt sehr schnell umgesetzt wird." Ihre persönliche Lehre: "Gute Argumente und gemeinsamer Druck führen zum Erfolg, auch wenn es manchmal dauert." Parallel kündigte sie an, das erst vergangene Woche beschlossene eigene Landesprogramm über 25 Millionen Euro "auf Eis" zu legen – "um Chaos zu vermeiden", wie Schüle es ausdrückte. Vielleicht ja auch, weil die Finanzministerin das Landesgeld jetzt nicht mehr rausrücken will?

 

Der Studierendenverband fzs forderte Karliczeks Rücktritt. fzs-Vorstandsmitglied Amanda Steinmaus sagte, eine Darlehenslösung sei gleichbedeutend mit Studienabbrüchen. "Gerade Menschen aus nicht-akademischen Elternhäusern und internationale Studierende werden eher ihr Studium abbrechen als sich zu überschulden. Wie kann eine Bildungsministerin das zulassen?" Der parallel angekündigte Nothilfefonds sei unzureichend. "Die Darlehenslösung soll bis März 2021 greifen", sagte Steinmaus. "Und der Nothilfefonds? Wohl kaum. 100 Millionen Euro für eine Million Studierende in Not? Dazu muss man nicht Mathematik studiert haben, es ist ein Witz." Es lägen dann immer noch 800 Millionen ungenutzte Euro im BAföG-Topf. Außerdem frage man sich, wieso es so lange gedauert habe, bis Karliczek ihr Modell vorstellte. Es sei schon ein großer Schaden bei den Studierenden entstanden. 

 

Der FDP-Bildungspolitiker Jens Brandenburg kommentierte auf Twitter, mit den KfW-Darlehen schaffe Karliczek "unnötige Doppelstrukturen" zum BAföG. "Der KfW-Studienkredit ist ein Ladenhüter, warum soll das nun besser laufen?" Pragmatischer wäre aus seiner Sicht gewesen, das BAföG-Volldarlehen befristet für alle Studierenden zu öffnen, die ihren Job verloren haben. 

 

Der Obmann der CDU-/CSU-Fraktion im Bundestags-Bildungsausschuss, Stefan Kaufmann, sagte, es komme in der aktuellen Ausnahmesituation auf rasche, unbürokratische Hilfe an. "Wir müssen die Betroffenen erreichen und sollten auf ihrem Rücken keine Grundsatzdiskussionen führen. Wer jetzt beim BAföG den Systemwechsel diskutiert, instrumentalisiert die Krise zum Erreichen eigener politischer Ziele. Das ist unredlich." Mit der Kombination aus Darlehen und Nothilfezuschuss gebe es nun für Studierende ohne BAföG-Anspruch "eine sichere Brücke", die sie über die aktuelle Notlage trage, sagte Kaufmann, der zugleich BAföG-Berichterstatter seiner Fraktion ist.

 

Die Grünen kritisierten die von Karliczek präsentierte Lösung als "eine bildungs- und sozialpolitische Bankrotterklärung und unterlassene Hilfeleistung für notleidende Studierende." Die Coronakrise entwickele sich für den Großteil der knapp drei Millionen Studierenden zur Bildungskrise und Schuldenfalle, weil die Ministerin ihnen ein existenzsicherndes Notfall-BAföG und damit soziale Sicherheit verweigere, sagte Kai Gehring, Fraktionssprecher für Forschung, Wissenschaft und Hochschule. "Das ist ein schlechter Tag für Studierende im Land und eine kaltschnäuzige Fehlentscheidung." Der GroKo-Koalitionspartner SPD habe noch vergangene Woche die Backen aufgeblasen, sei aber "an der ideologischen Verbohrtheit Karliczeks gescheitert und steht jetzt blamiert da."

 

Hamburgs grüne Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank reagierte deutlich milder auf Karliczeks Kompromisslösung als ihr Parteikollege aus dem Bundestag. "Da ist doch noch mal ein bisschen Bewegung reingekommen!", twitterte sie am Mittag. Die Länder hätten sich, so Fegebank, sicherlich "noch einen größeren Wurf" für in finanzielle Not geratene Studierende gewünscht, aber das heute präsentierte Modell sei "besser als der Ursprungsvorschlag. Danke für das Zusammenspiel!" Fegebank hatte zusammen mit den grünen Wissenschaftsministerinnen aus Hessen und Baden-Württemberg und ihren Unionskollegen aus Bayern und Niedersachsen vor zwei Wochen ein eigenes konkretes Nothilfe-Modell vorgeschlagen. Fegebanks Amtskollegin aus Baden-Württemberg, Theresia Bauer, sagte, sie halte die Aufstockung der Nothilfefonds der Studierendenwerke für richtig "und auch eine Ausweitung des Überbrückungskredits für ausländische Studierende für wichtig." Dass diese jedoch erst ab Juli 2020 und nicht, wie inländische Studierende, ab Mai Förderung bei der KfW-Bank beantragen könnten, "ist für mich nicht nachvollziehbar." Das von Fegebank, Hessens grüner Wissenschaftsministerin Angelika Dorn und ihr vorgeschlagene Modell hätte sie für "effektiver und gerechter gehalten".

 

Die Linke sprach von einem "schlechten Plan" Karliczeks, der nicht dadurch besser werde, "dass man ihn erneut herausposaunt". "Die Bildungsministerin kann bis heute nicht erklären, warum hunderttausende Studenten und Studentinnen keine grundsicherungsanalogen Soforthilfen erhalten sollen, obwohl auch sie vollkommen unverschuldet ihre Nebenjobs verloren haben", sagte die hochschul- und wissenschaftspolitische Sprecherin der linken Bundestagsfraktion, Nicole Gohlke. Die Kritik der anderen demokratischen Bundestagsfraktionen, Studentenvertretungen, Hochschulleitungen und Gewerkschaften lasse die CDU-Ministerin seit Wochen an sich abprallen. "Dass sie den Koalitionspartner mit 100 Millionen Euro für die Studentenwerke abgespeist, ist aberwitzig und hilft viel zu wenigen in akuter Finanznot."

 

Am frühen Nachmittag meldeten sich Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) und Deutsches Studentenwerk (DSW) in einer gemeinsamen Pressemitteilung zu Wort und "begrüßten" das von Karliczek präsentierte Modell – allerdings etwas verhalten. "Wir sind dankbar, dass die Betroffenen nun die aktuelle Krise überbrücken können", sagte HRK-Präsident Peter-André Alt. "Auch wenn wir uns eine solche Lösung für alle erhofft hatten, ist der Nothilfefonds, aus dem direkte darlehensfreie Zuschüsse gewährt werden können, eine sehr anerkennenswerte Maßnahme." Die Bundesregierung zeige "insgesamt" mit ihren Überbrückungshilfen, dass sie sich auch für die wichtige und große Gruppe der Studierenden einsetzen wolle. DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee sagte, die beschlossenen Maßnahmen seien unerlässlich, um Studienabbrüche gerade internationaler Studierender zu verhindern und Deutschlands exzellenten Ruf als Studiendestination für ausländische Talente zu bewahren. "Wir freuen uns insbesondere, dass auch die von uns Mitte März angeregte Zuschusslösung Teil der Nothilfe-Maßnahmen ist." DSW-Präsident Rolf-Dieter Postlep sagte: "Erst einmal begrüßen wir ausdrücklich, dass die Bundesregierung Studierenden in finanzieller Notlage nun wirksam zu Hilfe kommt. Wichtig ist nun, dass die Studierenden, die wegen der Corona-Pandemie unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten sind, diese Hilfen bekommen." Die Studierendenwerke würden mit dem BMBF "nun sehr rasch" das konkrete Verfahren der Zuschussvergabe an Studierende in akuten Notlagen klären.

 

Die Wortmeldungen von HRK, DAAD und DSW nahm Kai Gehring zum Anlass, per Twitter nochmal nachzulegen. Über die "gemeinsame Lobeshymnen-Pressemitteilung" sei er "schwer irritiert", twittere der grüne Bildungspolitiker. "Kein Hauch von Kritik an Koalition oder Ministerin Karliczek - nicht mal, dass die Kredite erst im vierten Monate der Coronakrise fließen." Und er fügte ein paar Minuten später hinzu: "Bedauerlich, dass die Sorge der Studierenden vor Schulden offenbar kaum wahrgenommen werden." Zu den ebenfalls – trotz Kritik – ingesamt nicht unzufrieden klingenden Statements der grünen Ministerinnen Fegebank und Bauer äußerte sich Gehring bislang nicht. 

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