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Vor der Trendwende?

Die Corona-Dynamik lässt nach, das Fall-Wachstum hat sich im Wochenvergleich erneut halbiert. Ist die Hoffnung auf bundesweit fallende Zahlen berechtigt? Eine Analyse.

DIE CORONA-ZAHLEN SIND ENORM, aber die Trends machen Hoffnung. Heute Morgen meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) eine bundesweite 7-Tages-Inzidenz von 452,2. Erstmals seit drei Wochen ein Rückgang zum Vortag. Und zur Vorwoche nur noch ein Anstieg um 13,1 Prozent (um 53,4 Punkte). Damit hat sich die Wachstumsrate innerhalb von sieben Tagen halbiert: Am vergangenen Dienstag war sie noch um 28 Prozent im Wochenvergleich gestiegen, am Dienstag davor sogar um 46 Prozent.

Sicherlich kann die abflachende Kurve auch teilweise mit den ausgereizten Testkapazitäten zusammenhängen, aber nicht nur. Denn dafür verläuft die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern zu unterschiedlich. Bayern, absolute Inzidenz heute 618,2, hat im Vergleich zur Vorwoche einen Rückgang um 4,1 Prozent erreicht. Die harten Maßnahmen scheinen also zu greifen – übrigens trotz offener Schulen.

Auch in Schleswig-Holstein war der Anstieg mit nur noch 3,9 Prozent (auf 150,1) schwach, ebenso in Berlin mit 6,6 Prozent (auf 372,1). Und noch ein Bundesland – Hamburg – lag mit 8,5 Prozent (heute erreichte Inzidenz: 213,5) im einstelligen Wachstumsbereich.

Unter den fünf Ländern mit den höchsten Inzidenzen sind vier in Ostdeutschland

Nun der unerfreuliche Gegenschnitt. Drei Bundesländer erreichen immer noch Steigerungsraten von über 30 Prozent, und sie alle liegen im Osten. Inzidenz-Spitzenreiter Sachsen setzte nochmal 30,8 Prozent drauf und kommt heute auf 1.268,9. Thüringen: 36,7 Prozent auf 936,8. Mecklenburg-Vorpommern: ebenfalls 36,7 Prozent auf 402,0.

Vier weitere Bundesländer liegen mit über 20 Prozent im Plus, davon die verbleibenden zwei ostdeutschen Flächenländer. Sachsen-Anhalt: 21,2 Prozent auf 717,2, Brandenburg: 21,3 Prozent auf 727,8. Hinzu kommen zwei Bundesländer ganz im Westen. Rheinland-Pfalz legt um 22,7 Prozent zu und erreicht 309,4. In Saarland steigt die Inzidenz im Wochenvergleich um 21,2 Prozent auf 441,4.

Die Top 5 der Inzidenz-Rangliste ist inzwischen mit vier ostdeutschen Bundesländern besetzt: Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Alle über 700. Auf Platz 5 folgt, absteigend, Bayern.

Relativ durchschnittlich war das Inzidenz-Plus in den vergangenen sieben Tagen in folgenden Ländern: Baden-Württemberg (+11,3 Prozent, absolut: 511,5), Hessen (+13,6 Prozent auf 272,7), NRW (+14,8 Prozent auf 285,9). Nahe an die 20 Prozent kamen Niedersachsen (+19,2 Prozent auf 215,7) und Bremen (+19,6 Prozent auf 219,5). Das Zwei-Städte-Bundesland hat die bundesweit höchste Impfquote, weist nun aber schon mehrere Woche überdurchschnittliche Zuwächse auf.

Viele Intensivpatienten, aber massive Wirkung der Impfungen

Entscheidend aber ist: Wie sieht die Entwicklung in den Krankenhäusern aus? Die kurze Antwort: nicht gut, aber auch hier gibt es gewisse Hoffnungsschimmer. Erstens: Die Zahl der auf deutschen Intensivstationen behandelten Patienten mit einer Corona-Infektion erreichte gestern 4.599, das waren 19,5 Prozent mehr als vor einer Woche und 700 mehr als vor genau einem Jahr. Da das Inzidenz-Plus jedoch wie beschrieben stark gefallen ist, sollte auch die Zahl der Intensiv-Patienten schon in den nächsten Tagen deutlich langsamer wachsen. Übrigens: Wie stark die Impfungen wirken, sieht man wiederum am Vergleich zum 29. November 2020: Damals lag die 7-Tages-Inzidenz bei 136, und auf einen Inzidenz-Punkt kamen 28,7 Intensiv-Patienten. Gestern erreichte die Inzidenz 452,4, was bedeutet: Nur noch 10,2 Patienten pro Inzidenz-Punkt.

Zweiter Hoffnungsschimmer: Der Anteil der sehr alten – über 80-jährigen – Patienten an allen Krankenhaus-Einweisungen steigt nun schon seit zwei Wochen nicht mehr. Er lag in der vorgegangenen Kalenderwoche (das sind die jüngsten RKI-Zahlen) bei 32,6 Prozent. Leider geht es aber bei der nächstgefährdesten Altersgruppe, den 60- bis 79-Jährigen, immer noch hoch: auf zuletzt 33,8 Prozent – nach 32,4 Prozent zwei Wochen zuvor.

Die absoluten Einweisungszahlen nenne ich hier nicht, sie sind aktuell immer noch stark von Meldeverzügen geprägt und erreichen erst nach ungefähr vier Wochen eine gewisse Verlässlichkeit.

Der Anteil der 5- bis 14-Jährigen unter allen Krankenhauseinweisungen hat sich zuletzt deutlich erhöht, innerhalb von vier Wochen von 1,8 auf 2,4 Prozent – liegt aber immer noch auf sehr niedrigem Niveau.

Bundesweit keine überdurchschnittliche Dynamik unter Schulkindern

Apropos Schulkinder: Noch sind die RKI-Meldezahlen der am Sonntag zu Ende gegangenen Kalenderwoche nicht vollständig, aber es sieht so aus, als wären die Inzidenzen bei den 5- bis 14-Jährigen etwas unterdurchschnittlich gestiegen. Sie stellten nach den vorläufigen Statistiken in der Kalenderwoche 47 19,0 Prozent aller gemeldeten Neuinfektionen, nach 19,1 Prozent in der Woche zuvor. Damit setzt sich der langfristige Trend fort: Seit wieder Schule ist, sind die Inzidenzen bei den Kindern und Jugendlichen bundesweit langsamer gestiegen als bei den Erwachsenen, allerdings von einem höheren in den Sommerferien erreichten Ausgangsniveau. Hinzu kommt, dass es von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich aussehen kann. Doch der deutschlandweite Trend ist eindeutig.

Interessanterweise erhöhte sich in der vergangenen Woche der Anteil der 30- bis 59-Jährigen an allen registrierten Neuinfektionen deutlich: von 44,1 auf 44,8 Prozent. Ein erstes Vorzeichen, dass die Testpflicht am Arbeitsplatz sich auswirkt und endlich die Dunkelziffer auch bei den Erwachsenen verkleinert? Das bleibt abzuwarten. Gut, dass derweil der Anteil der 60- bis 79-Jährigen (4,3 Prozent) um 0,2 Prozentpunkte gesunken ist, der Anteil der über 80-Jährigen ebenfalls leicht um 0,1 Prozent (auf 3,6 Prozent). Wenn man bedenkt, wie hoch der Anteil der Alten an allen Krankenhauseinweisungen ist, weiß man, wie ausschlaggebend hier jeder Zehntelprozentpunkt ist.

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