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Nur eine Gruppe unter vielen?

Löchriger Nothilfemechanismus und verzögerte Hilfszahlungen: Die Bundesregierung muss trotz neuem Bafög-Heizkostenzuschuss mehr für Studierende in der Inflationskrise tun.

FÜR VIELE MENSCHEN in Deutschland ist die Ukrainekrise längst zur Energie- und Inflationskrise geworden. Die ursprüngliche Ursache, der Angriff Russlands, und die Hauptleidtragenden, die Menschen in der Ukraine, rücken in den Hintergrund vor der persönlichen Sorge, warm durch den Winter zu kommen und seine Rechnungen zahlen zu können. Das ist nachvollziehbar, und doch ist erschreckend, wie schnell uns das Interesse an anderen verloren geht, sobald wir selbst betroffen sind.

Das lässt sich auch innenpolitisch gerade gut beobachten. Dass die Ampel einen Nothilfemechanismus für Studierende ohne normalen Bafög-Anspruch beschlossen hat, der diesen in der Not steigender Preise aber gar nichts hilft, wird zwar unter anderem vom Deutschen Studentenwerk wacker moniert, verursacht ansonsten indes kaum ein Schulterzucken.

Genauso wenig, dass die Bundesregierung zwar künftig ein Bürgergeld von 502 Euro zahlen will zur Sicherung des Lebensunterhalts, der Bafög-Grundbedarf für Lebensunterhalt und Ausbildungskosten aber selbst nach der jüngsten Reform bei nur 452 Euro liegt. Oder dass die Bundesregierung Anfang September versprochen hat, die für alle Studierenden vorgesehene 200-Euro-Einmalhilfe "schnell" und "unbürokratisch" zu zahlen, obwohl sie schon zu dem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, wie das gehen sollte. Inzwischen sieht es so aus, als könnten die Studierenden bis nächstes Jahr warten. Der Winter wartet freilich nicht so lang.

Aber Studierende sind ja nur eine Gruppe unter vielen – und andere sorgen sich ja auch, oder? Eine stimmige und doch gefährliche Logik. Denn nur Solidarität wird uns durch die Krise bringen. Übrigens, apropos CDU-Chef Friedrich Merz und seine unsägliche "Sozialtourismus"-Äußerung, auch und vor allem mit der Ukraine.

Immerhin will die Ampel nun auch die Bafög-Empfänger und Azubis mit einer neuen Heizkostenpauschale unterstützen. Die Regierung habe sich darauf verständigt, "dass auch der zweite Heizkostenzuschuss Bafög-Empfängern und Azubis zugutekommen soll", sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Und mit 345 Euro soll es mehr geben als die 230 Euro beim ersten Zuschuss (der ursprünglich sogar nur halb so hoch sein sollte). Wahrscheinlich kommt der dann noch vor der 200-Euro-Hilfe.

Dieser Artikel erschien in kürzerer Fassung zuerst in meinem Newsletter.

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