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Studiengebühren: Leipziger Verwaltungsrichter sehen kein grundsätzliches Problem. Die Folgen des Urteils für den Rest der Republik

Es ist eine Gerichtsentscheidung, die keine bundesweiten Schlagzeilen gemacht hat, die aber dennoch wissenschaftspolitisch eine hohe Symbolkraft besitzt. Oder besessen hätte, je nachdem wie man es sieht. Das Verwaltungsgericht Leipzig hat entschieden, dass zwar die konkrete Studiengebührensatzung einer sächsischen Musikhochschule juristisch fehlerhaft sei, doch grundsätzlich haben die Richter keinerlei Einwände gegen die Erhebung von Studiengebühren von internationalen Studenten erhoben.

Während die Klägerin, eine Studentin aus der Mongolei, nun ihr Geld zurückbekommt, dürfte auch im äußersten Südwesten der Republik jemand aufatmen. Dieser Jemand ist Theresia Bauer, Baden-Württembergs grüne Wissenschaftsministerin. Sie hatte am Tag der Gerichtsentscheidung, noch ohne deren Wortlaut zu kennen, ihre eigenen Pläne zur Einführung von Studiengebühren für internationale Studenten durchs Stuttgarter Kabinett gebracht. Hätte das Leipziger Gericht nur Stunden später die Studiengebührenpflicht an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" (HMT) als diskriminierend und verfassungswidrig verworfen, wäre die politische Schockwelle schnell in Baden-Württemberg angekommen.

Genau das hatte das linke Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) gehofft und in einer Pressemitteilung im Vorfeld von einem "Präzedenzfall" gesprochen, der nun bundesweite Bedeutung erhalte. Die Gebühr verstoße unter anderem gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und den UN-Sozialpakt. Folgt man der Logik des ABS, sendet der Präzedenzfall nun folgende Botschaft in den Rest der Republik: Studiengebühren für internationale Studenten sind juristisch okay, aber gebt euch bitte mit der Satzung Mühe.

Doch wenig überraschend hat das Aktionsbündnis nach dem Urteil nicht mehr von einem Präzedenzfall gesprochen. In der Jungen Welt sagte ABS-Sprecher Ludwig Stiegler, der Entscheid sei "ein Sieg mit Abstrichen". Es habe sich um eine reine Einzelfallentscheidung gehandelt und nicht um das erhoffte Grundsatzurteil. Eine sehr optimistische Deutung, denn man könnte auch sagen: Genau die Tatsache, dass die Richter nichts Grundsätzliches an der Gebührenpflicht zu beanstanden hatten, war das Grundsatzurteil.

In Sachsen dürfte nun auch für andere Hochschulen die Erhebung von Studiengebühren ein Thema werden, und das aus mehreren Gründen: Erstens gibt die Debatte in Baden-Württemberg Rückenwind, zweitens ist nun auch die juristische Unsicherheit weg. Denn das sächsische Hochschulgesetz erlaubt es auch anderen Hochschulen, Studiengebühren für internationale Studenten zu erheben – nur hatte bislang allein die HMT davon Gebrauch gemacht, während die übrigen zuschauten, ob das gut gehen würde. Und im Unterschied zu den baden-württembergischen Gebührenplänen dürfen die sächsischen Hochschulen das Geld sogar vollständig behalten.

Wie auch immer man die Einführung von Studiengebühren allein für internationale Studenten politisch bewertet: Das Momentum ist jetzt auf Seiten von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Sie hat innerhalb kürzester Zeit eine Debatte zum Leben erweckt, die vorher keiner offen führen wollte. Dass es, wie selbst die Gebührengegner konzedieren, zwar Widerspruch vor allem aus den Reihen der SPD und Grünen gibt, dieser Widerspruch in der Öffentlichkeit jedoch nicht so recht verfängt, hat einen einfachen Grund: Hinter der vorgehaltenen Hand haben viele Hochschulrektoren und Wissenschaftspolitiker (auch der SPD und der Grünen) schon länger ihre Sympathien für einen Neustart beim Bezahlstudium geäußert.

Baden-Württembergs Landesregierung will die Einführung der Gebühren im Frühjahr 2017 durchs Parlament haben, bis dahin soll das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein, heißt aus Theresia Bauers Ministerium.

Nachtrag am 28. Oktober abends:
Nur wenige Stunden, nachdem ich meinen Beitrag heute Morgen online gestellt hatte, hat sich der SPD-Bildungsexperte und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil mit einem Statement zu Wort gemeldet, das an Deutlichkeit nichts vermissen lässt. Es sei durchsichtig, dass die Grünen in Baden-Württemberg "über populistische Gebühren für Ausländer wieder Studiengebühren für alle hoffähig machen wollen." Und: "Mit der SPD-Fraktion wird es keine Wiederbelebung der Studiengebühren geben." Bei aller Klarheit ist der letzte Satz dann aber doch etwas schräg: Seit wann hat denn eine Bundestagsfraktion Einfluss auf ein Länderthema wie Studiengebühren?

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