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Überbrückt wird mit dieser Hilfe gar nichts mehr

Es könnte Juli sein, bevor notleidende Studierende den ersten Euro aus dem BMBF-Notfonds erhalten. Anders als von Anja Karliczek versprochen ist das Modell weder schnell noch unbürokratisch.

VON SOFORTHILFE kann schon lange keine Rede mehr sein. Mitte März kam der Corona-Shutdown, von einem Tag auf den anderen gingen auch hunderttausende Studentenjobs verloren. Nicht mehr genug Geld für die Miete oder für die Krankenversicherung, sogar beim Essen müssen die am schlimmsten Betroffenen sparen, darunter viele ausländische Studierende. Doch statt der schnell versprochenen Soforthilfe leistete sich das Bundesbildungsministerium von Anja Karliczek (CDU) eine wochenlange Bastelei an möglichen Modellen und einen Prinzipienstreit mit Opposition und Ländern.

Ende April endlich legte Karlizek eine Mischung aus einem vorübergehend zinslosen KfW-Studiendarlehen und einem 100-Millionen-Zuschuss für die Notfonds der Studierendenwerke vor – und nannte sie vollmundig "Überbrückungshilfe".

Vollmundig, weil sie kaum noch etwas überbrückt: Die Antragsteller werden erst im Juni Geld aus dem Kredit sehen – nach dreimonatiger Not und genau dann, wenn hoffentlich die ersten Studentenjobs schon zurückgekehrt sind. Die ausländischen Studierenden müssen übrigens noch länger warten. Vollmundig ist die Bezeichnung "Überbrückungshilfe" auch deshalb, weil man zumindest das Darlehen kaum als "Hilfe" bezeichnen kann, denn gegenüber dem normalen KfW-Kredit sparen die Studierenden über die gesamte Laufzeit hinweg nicht einmal 200 Euro.

Ausgerechnet die Ärmsten müssen am längsten warten

Aber es kommt noch schlimmer: Ausgerechnet die Ärmsten müssen noch deutlich länger warten – und keiner weiß, wie lang. Denn der 100-Milionen-Notfonds, der einzige echte Zuschuss, ist nicht nur viel zu knapp bemessen. Er verzögert sich zudem weiter, und zwar beträchtlich. Vier, möglicherweise acht Wochen könnte es noch dauern, bis die ersten Euro ausgezahlt werden, warnen besorgte Landesministerien. Dann wäre es schon Juli. Wie kann das sein?

Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW) sagte am Mittwoch in der Süddeutschen Zeitung, die Vergabekriterien seien "noch nicht spruchreif". Inzwischen sollen sie das immerhin sein. Doch jetzt muss dringend eine IT-Lösung her, während der Abstimmungsbedarf zwischen den 57 beteiligten regionalen Studierendenwerken, dem DSW-Dachverband und dem BMBF enorm zu sein scheint. Man kann sich vorstellen, wie hinter den Kulissen schon an den gegenseitigen Schuldzuweisungen gearbeitet wird.

Die Studierendenverbände, allem voran der fzs und der Bundesverband Ausländischer Studierender, protestieren und appellieren, sie wollen eine massive Aufstockung, eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern. Für viele Betroffene ist die Wartezeit eine persönliche Katastrophe, vor allem bei den ausländischen Studierenden drohen Studienabbrüche.

Für Ministerin Karliczek wird die Überbrückungshilfe derweil immer peinlicher, hatte sie doch die von vielen, geforderte vorübergehende Öffnung des BAföG abgelehnt. Ihr Modell, sagte sie, sei viel unbürokratischer – und schneller.

Dieser Kommentar erschien zuerst im ZEIT-Newsletter Wissen3.


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Kommentare

#1 -

Marco | Di., 26.05.2020 - 13:55
Das ist wirklich sehr sehr traurig.
Ich bin Student und habe weder Anspruch auf Bafög, noch ist es als Student möglich, Hilfe von den Jobcentern zu erhalten. Ich finanziere Studium und Lebensunterhalt komplett eigenständig aus Nebenjobs, welche ich pandemiebedingt bereits im März verloren habe. Rechnungen können nicht mehr bezahlt werden, Gespartes wird aufgebraucht und keiner scheint sich so richtig für einen zuständig zu fühlen. Das BMBF bekommt es nicht hin, selbst jetzt nach fast 4 Wochen nach der Bekanntmachung, uns zu helfen, geschweige denn einen Ausblick darauf zu geben, wann und in welchen Umfang geholfen werden kann. Das Jobcenter verweist lediglich darauf, man könne ja Spargel stechen gehen... Es scheint, als würde unsere Randgruppe der Studenten, die sich alleine finanzieren, wenig Beachtung und Wichtigkeit zugesprochen bekommen. Das ist für mich alles wirklich Unverständlich. Auch wenn ich seit 3 Wochen wieder einer geringfügigen Beschäftigungen nachgehen kann, hat sich seit März vieles an Rechnungen angesammelt.
Ich danke Ihnen, dass sie über uns Studenten berichten und aufklären!

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