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Die Folgen einer schiefen Debatte

Die Krankenhäuser füllen sich wieder mit alten Menschen, und viele in Politik und Medien zeigen sich überrascht. Wie kann das sein? Und wie konnte es überhaupt so weit kommen? Ein Kommentar.

ES IST EIN ERSTAUNLICHES ERWACHEN. Nachdem viele Politiker und Medien monatelang vor allem über Kinder und Jugendliche in der Pandemie diskutiert haben, stellen sie erschrocken fest: Die Krankenhäuser laufen erneut mit älteren und zu einem großen Teil mit sehr alten Patienten voll. Von denen noch dazu viele geimpft sind. Was keineswegs gegen die Impfungen spricht.

Aber sehr wohl dafür, dass die so lange schiefe Debatte Folgen hatte. Vor allem den Älteren wurde seit dem Frühjahr ständig suggeriert, mit der Impfung sei die Pandemie für sie faktisch erledigt. Obwohl alle Daten zeigten, dass über 60-Jährige Geimpfte zwar ein deutlich verringertes Risiko haben, sich mit dem Coronavirus anzustecken, und noch deutlich seltener ernsthaft erkranken – aber eben nur im Vergleich zu ungeimpften Gleichaltrigen. Im Vergleich zu ungeimpften Kindern und Jugendlichen müssen sie häufiger ins Krankenhaus, und mit zunehmendem Abstand von der Zweitimpfung steigt auch ihre Anfälligkeit für eine Infektion wieder stark an. >>


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(02. November 2021) >>>


>> Richtig wäre gewesen, die Älteren weiter zu einem vorsichtigen Verhalten zu animieren. Richtig wäre gewesen, auch Geimpfte weiter zu regelmäßigen Tests aufzufordern und diese zu bezahlen. Unbedingt nötig wäre gewesen, sich rechtzeitig konsequente Schutzmaßnahmen für Senioren- und Pflegeheime zu überlegen, inklusive einer Testverpflichtung für alle, die dort ein- und ausgehen. Inklusive der frühzeitigen Planung von Booster-Drittimpfungen. Und zwar spätestens vor ein, zwei Monaten, als sich die aktuelle Entwicklung bereits aus den Meldezahlen vorhersagen ließ.

Stattdessen aber konzentrierte man sich wieder einmal auf die Schulen, diskutierte Sinn und Unsinn von Lockerungen dort – anstatt in den Vordergrund zu stellen, welche der für Kinder und Jugendlichen geltenden Sicherheitsvorkehrungen vorbildlich sein könnten für andere gesellschaftliche Bereiche: für die Arbeitswelt vor allem. Doch nein: Die Erwachsenen allen Alters ließ man weitgehend in Ruhe – solange sie geimpft waren, im Sinne einer Belohnung. Doch selbst die ungeimpften Erwachsenen ließ man meist ohne Testpflicht zur Arbeit gehen und war bei der Kontrolle von 3G an vielen Stellen so großzügig, dass Bußgelder für Verstöße gar nicht erst festgelegt wurden.

Jetzt folgen auf das Erwachen wieder die schon aus vergangenen Wellen bekannte Aufregung, der Aktionismus, das "Wer hätte das wissen können". Und obwohl die Kinder und die Schulen am schärfsten reglementiert wurden, ist nicht unwahrscheinlich, dass auch diesmal die Schlussfolgerung für viele lauten wird: Wir müssen Kinder und Schulen noch stärker reglementieren. Es wäre erneut das Gegenteil einer empiriebasierten Pandemiepolitik.

Kommentare

#1 -

A.Franke | Mi., 03.11.2021 - 10:34
Wenn ich lese, dass die Krankenhäuser wieder "voll laufen" mit sehr alten(!) Menschen, dann frage ich mich eher, welches Verständnis eine Gesellschaft vom Ende eines Lebens hat, das dieses als verhinderbar wertet und dieses offenbar um jeden Preis verhindern will, was naturgemäß unmöglich ist. Vulgo: Sehr alte Menschen sterben und wenn man sie fragt, wollen sie gewiss keine intensivmedizinische Behandlung, sondern im Kreis ihrer unmaskierten Liebn gehen dürfen. Ich bin wirklich froh, dass wir den wahrscheinlich qualvollen Tod meiner Mutter unter diversen medizinischen Eingriffen verhindern konnten. Mehrmals mussten wir eingreifen, denn im Krankenhaus wäre alles Mögliche, aber bei einer fast 90jährigen Frau Unsinnige gemacht worden, wenn wir nicht immer wieder widersprochen hätten. Wer weiß, wie ihr Lebensende verlaufen wäre, wenn sie nicht noch vor dieser geschürten Corona-Hysterie gestorben wäre?! Wahrscheinlich wäre sie auch noch als C-Tote verbucht worden. Wenn man sich mal mit Sterbeforschung (Peter Fenwick) mit Nahtoderfahrungen (Pim van Lommel et al.) beschäftigt, dann verliert der Tod seinen Schrecken und man begreift, dass das, was den alten Menschen zu ihrem angeblichen Schutz angetan wurde/wird, eine wirkliche Barbarei ist und ihnen den friedlichen Übergang in eine befreiende Welt erschwert.
Dieser ganze C-Wahnsinn ist Ausdruck einer Maschinenmedizin und einer zur Religion erhobenen technizistischen Wissenschaft, deren Vertreter derweil das reale Leben realer Menschen stören und nicht selten zerstören.

#2 -

Annette Tuffs | Mi., 03.11.2021 - 13:53
Es sind wahrlich keine neue Erkenntnisse, dass das Immunsystem mit dem Alter immer schwächer wird, der Impfschutz mit der Zeit nachlässt und ständig neue Virusmutanten auftreten. Ohne eine Systemänderung stolpern wir weiter durch die Pandemie(n). Deutschland braucht dringend eine fachkundige, politikunabhängige Institution, die für Infektionsforschung, Pandemiepläne, Empfehlungen und ihre öfentliche Kommunikation zuständig ist. Und einen permanenten bundesweit agierenden nationalen Krisenstab, der klare Ziele definiert und für eine konsequente Umsetzung sorgt, durch Gesetze und Verfahrensanweisungen im Gesundheitswesen. In diesem Winter wird es wieder eine Flickschusterei mit tödlichen Versäumnissen geben ...

#3 -

C.Fischer | Do., 04.11.2021 - 10:25
Vielen Dank, Herr Wiarda, für diese wieder sehr treffende Analyse und den Kommentar von A.Franke, dem ich voll umfänglich zustimme. Wir haben die gleichen Erfahrungen gemacht-insgesamt eine völlig schiefe gesellschaftliche Debatte und ein Versagen der Institutionen. Allen voran der Ethikrat.

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