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Gebt uns Hoffnung!

Wir Studierenden liegen in der Corona-Wichtigkeitsordnung ganz unten. Doch auch wir haben ein Recht darauf, dass die Politik uns wieder mehr teilhaben lässt. Ein Gastbeitrag von Nele Steinbrecher.

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Artikelbild: Gebt uns Hoffnung!

"Ich fühle mich ein bisschen verloren und sehr vergessen." Illustration: chenspec / pixabay.

"DIE LEHRVERANSTALTUNGEN WERDEN überwiegend digital durchgeführt werden." Es ist diese eine Mail, dieser eine Satz, der so viele Hoffnungen und Wünsche innerhalb eines Wimpernschlags zerstört. Mai 2021: Wir befinden uns am Anfang des dritten Corona-Semesters. Doch die Mail meiner Universität bezieht sich schon aufs nächste Wintersemester.

Wenn man Studentin in Deutschland ist, ist man derzeit vor allem eines: zu Hause. Vorlesung aus dem Bett heraus, Kommilitonen kennt man über Zoom, wenn sie denn ihre Kamera anmachen, und sowohl Hochschulsport als auch Unibibliothek sind theoretische Konstrukte, die in der Praxis nicht existieren.

Aber es gibt auch Lichtblicke. Online kann man verfolgen, wie die Impfquote minütlich steigt, und noch gilt Angela Merkels Versprechen, dass bis zum Ende des Sommers alle Deutschen ein Impfangebot erhalten sollen. "Ende des Sommers" – im Studierenden-Wortschatz heißt das: vor dem Wintersemester.

Ich habe im Wintersemester 20/21 begonnen, an der Universität Hamburg zu studieren, und ich habe mir ernsthafte Hoffnungen gemacht, vor Abschluss meines Masters die Universität noch einmal von innen zu sehen. Dafür allerdings müsste zumindest das kommende Wintersemester wieder in Präsenz stattfinden, und sei es nur teilweise – und dann kam die Mail von meinem Studiengangsleiter.

Er schreibt, dass der Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg ein "überwiegend" digitales Semester plane. Aber wieso schon jetzt? Es ist doch noch gar nicht klar, wie die Corona-Lage in zwei, drei oder gar in fünf Monaten (wenn das neue Semester beginnt) sein wird.


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Artikelbild: Gebt uns Hoffnung!

Nele Steinbrecher, 23, studiert International Business and Sustainability an der Universität Hamburg.

Foto: privat.



Ich fühle mich ein bisschen verloren und sehr vergessen. Studierende liegen in der Corona-Wichtigkeitsordnung ganz weit unten. Und das hat seine Gründe: Ja, wir sind selbstständiger als die Grundschüler und die Kleinkinder in den Kitas. Ja, wir sind reifer als die Schüler der weiterführenden Schulen. Und ja, wir sind weniger vulnerabel als die Alten unserer Gesellschaft. Ja, wir tragen wenig zum Bruttoinlandsprodukt bei und ja, wir halten auch nicht das Gesundheitssystem am Laufen.

Aber genau aus diesen Gründen haben wir auch schon sehr lange stillgehalten. Stillhalten müssen. Ich möchte niemandem absprechen, dass diese Krise gerade schwer ist, aber ich würde mir wünschen, dass gesehen wird, dass sie auch für uns schwer ist. Ein Studium über Zoom, Teams oder Youtube ist nämlich nicht dasselbe wie ein Studium in Hörsälen und Seminarräumen. So ziemlich alle sind sich einig, dass die Qualität der Lehre im Online-Studium leidet, Austausch findet nur zu einem Minimum statt, und Gruppenarbeiten werden zur Herausforderung. Dazu kommen psychische Probleme von Studierenden: Einsamkeit, fehlende soziale Kontakte, Unzufriedenheit und mangelnde Konzentration können krank machen.

Deswegen, liebe Uni Hamburg und liebe Politik: Bitte macht es euch nicht zu einfach, indem ihr einfach alles weiterlaufen lasst, wie es ist. Die einfachste Lösung ist nicht die beste. Niemand will sofort alles aufmachen und Massenveranstaltungen mit 500 Menschen, darum geht es nicht. Aber wir Studierenden haben ein Recht darauf, dass ihr über Möglichkeiten nachdenkt, über Alternativen, über Lösungen, wie Lehre in Hybridformaten teilweise in Präsenz durchgeführt werden kann. Für Seminare mit 20 Teilnehmer*innen können Präsenzformate möglich gemacht werden, Sport kann draußen stattfinden, Bibliotheken können mit Terminbuchung und Abstand besucht werden. Kreative Lösungen lassen sich finden – aber dafür muss man sich auch auf die Suche nach ihnen begeben.

Eigentlich, glaube ich, sind wir uns alle einig: Wissenschaft ist wichtig, und Universitäten können einen entscheidenden Beitrag zu Lösungen für die Coronakrise beitragen. Dafür braucht es aber eine gute Lehre – und die geht nicht ganz ohne Präsenzformate.


Da geht was

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Kommentare

#1 -

PB | Mi., 19.05.2021 - 21:25
Liebe Frau Steinbrecher,

von mir haben Sie volle Unterstützung!
Da Sie auch in Hamburg sind: In Hamburg erging letzte Woche an den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher und die Wissenschaftsenatorin die Forderung des Deutschen Hochschulverbands die Hochschulen zum Wintersemester zu öffnen und sich für eine zeitnahe Impfung der 110'000 Studierenden und der Beschäftigten einzusetzen: https://www.abendblatt.de/hamburg/article232311549/Verband-fordert-Hamburgs-Hochschulen-im-Herbst-oeffnen-corona-universitaet-hamburg.html

#2 -

Mathias Magdowski | Mi., 19.05.2021 - 22:43
Ich bin da auch als Lehrperson ganz bei den Studierenden. Auch wenn viele Lehrveranstaltungen aus didaktischer Sicht in einem Flipped-Classroom-Format mit guter Mischung aus asynchronen, aktivierenden Elementen in einem Lernmanagementsystem und synchronen Phasen über Zoom und Co. wirklich gut und teilweise besser als in Präsenz funktionieren, fällt den Studierenden im mittlerweile dritten Online-Semester halt irgendwann mal "die Decke auf den Kopf", weil alle Lehrveranstaltungen durch den immer gleichen Bildschirm vom immer gleichen Stuhl im immer gleichen Zimmer aus betrachtet doch irgendwie alle gleich aussehen.
Ein zugegebenermaßen ziemlich absurdes Format, wetterabhängiges aber pandemiekonformes Format zur Abwechslung ist eine Outdoor-Hybrid-Übung auf einer "grünen Wiese" auf unserem Campus, die parallel auch per Zoom besucht werden kann. Hier sind einige Eindrücke davon: https://twitter.com/MMagdowski/status/1392043651858055169

#3 -

Tine Lehmann | Fr., 21.05.2021 - 13:39
Ich stimme ihnen zu, dass die Studierenden hier zu wenig gesehen werden.
Ich habe im Herbst zusätzlich zu meinem inverted classroom/zoom sessions Übungen (zu den eigentlich geplanten Übungsslots) auf dem Campus Open Air angeboten. Eben damit sich auch die Studierenden Mal treffen können. Es kamen 3 von 50, in der Woche drauf nur 1.
Ich würde den Studierenden gern mehr reale Interaktion bieten. Mir gehen da so langsam aber die Ideen aus..

#4 -

Anke Frieling | Do., 27.05.2021 - 16:57
Ich teile Ihre Einschätzung der Situation. Auch den Studierenden und Hochschulbeschäftigten muss dringend eine Perspektive auf das Wintersemester in Präsenz gegeben werden. Wir dürfen die Schulen nicht mehr schließen, das muss für die Universitäten und Hochschulen gleichermaßen gelten.

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