"Wenn Sie diese Kompetenz nicht haben, können Sie nichts lernen"
Warum der Informatiker Johannes Buchmann fordert, Achtsamkeit und Selbststeuerung in Kitas und Schulen systematisch zu fördern. Ein Podcast über wissenschaftliche Erkenntnisse, die Grenzen der Digitalisierung – und die Kunst, im Lernen bei sich zu bleiben.
Bild Johannes Buchmann: Katrin Binner Fotografie.
ER WAR LEHRER, Informatiker, Kryptografie-Experte – und spricht jetzt über Achtsamkeit und Selbstregulation: Johannes Buchmann, Mitglied der Leopoldina, hat gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen eine Empfehlung zur "Förderung der Selbstregulationskompetenzen von Kindern und Jugendlichen" vorgelegt.
In einem neuen "Gipfel der Bildung" mit Jan-Martin Wiarda und Patrick Honecker erklärt Buchmann, warum Kinder und Jugendliche lernen müssen, ihr Verhalten bewusst zu steuern – und warum das für Erfolg und persönliches Wohlbefinden genauso wichtig ist wie Lesen, Schreiben und Rechnen.
"Selbstregulationskompetenzen sind hoch prädiktiv für den Bildungserfolg", sagt Buchmann. Wer früh lerne, Aufmerksamkeit, Motivation und Emotionen zu steuern, komme besser durchs Leben, habe stabilere Beziehungen – und bessere Chancen in der Schule. Studien zeigten, dass besonders Kinder aus bildungsfernen Haushalten von gezielter Förderung profitieren.
Klingt ein wenig nach Achtsamkeitskurs und Yoga im Klassenzimmer, doch Buchmann meint es evidenzbasiert, die Leopoldina-Empfehlung stützt sich durchgehend auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Buchmann, die Förderung solle früh beginnen, idealerweise schon in der Kita, dann fortgesetzt in der Schule – durch Rollenspiele, gezielte Übungen, achtsamkeitsbasierte Ansätze.
Der Ausgangspunkt für die nächste wenig fruchtbare Debatte über ein neues Schulfach? Auf keinen Fall, sagt Buchmann, eine solche Debatte brauche keiner. Vielmehr gehe es darum, dass Lehrkräfte und Erzieherinnen Kindern Freiräume und Unterstützung zugleich gäben.
Doch auch die Umwelt müsse mitspielen: In einer digitalen Welt, sagt Buchmann, werde Selbststeuerung zur Herausforderung. Soziale Medien unterliefen gezielt die Fähigkeit zur Konzentration. Deshalb brauche es "Regulierung und Stärkung zugleich", kindgerechte digitale Umgebungen und systematisches Training im Alltag.
Im kommenden Jahr soll in Heilbronn eine bundesweite Konferenz zur Umsetzung stattfinden, gefördert von der Dieter-Schwarz-Stiftung, mit Bundesbildungsministerin Karin Prien als Schirmherrin. Ziel: Selbstregulation als Leitperspektive im deutschen Bildungssystem zu verankern.
Am Ende bringt Buchmann es auf den Punkt: "Wenn Sie diese Kompetenz zur Selbstregulation nicht haben, dann können Sie nichts lernen." In einer Welt voller Ablenkungen, so Buchmann, sei die Fähigkeit zur Selbststeuerung "eine Grundvoraussetzung allen Lernens". Und damit vielleicht die wichtigste Zukunftskompetenz überhaupt?
Ein Podcast über Achtsamkeit ohne Esoterik, über Psychologie als Bildungspolitik und über die Frage, warum Konzentration zur Bildungsressource geworden ist.
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- DateiGdB_Buchmann_mixdown.mp3 (25.26 MB)
Kommentare
#1 - priv. Co-Finanzierung
Wenn das Thema so wichtig ist, warum nehmen die Organisatoren die private Schwarz-Stiftung mit ins Boot für ihre Veranstaltung zu Selbstregulation? Und was ist mit anderen an Bildungsprojekten beteiligten Stiftungen wie Bosch, Herz, Hertie, Körber, Volkswagen, Mercator? Meine Sorge ist, dass die Schwarz-Stiftung bei der vorschulischen und schulischen Bildung die volks- und betriebswirtschaftlichen Aspekte mehr als die anderen Stiftungen interessiert und damit Bildung zu eng gefasst wird.
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