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Berlins neue Koalitionäre und ihr Finanzierungsversprechen an die Hochschulen: 3,5 Prozent mehr sind toll – aber bitte rechnet dann auch richtig!

Sie haben es wirklich getan. Gestern haben die rot-rot-grünen Unterhändler der wahrscheinlich nächsten Berliner Landeskoalition ihre Pläne in Sachen Wissenschaft vorgestellt, und die wichtigste Nachricht lautet: Es kommt eine konkrete Zahl vor. 3,5 Prozent mehr, Jahr für Jahr, sollen Berlins Hochschulen bekommen, und die neuen Hochschulverträge, die das regeln, sollen von 2018 an für dann gleich fünf Jahre abgeschlossen werden.

Der Mut zur Zahl ist es, der moderne und transparente Hochschulfinanzierung auszeichnet. Immer mehr neue Landesregierungen haben sie. Das Commitment, das sie damit zeigen, ist in dieser Form neu, war aber lange überfällig (siehe hierzu meinen Kommentar von vergangener Woche).

Der SPD-Fachsprecher und amtierende Bildungsstaatssekretär Mark Rackles sagte gestern auch, bisher hätten die Hochschulen jährlich 3,2 Prozent mehr bekommen. Also ist das mit der konkreten Zahl doch nicht so neu?

Doch, ist es, denn Rackles schummelt bei dem Vergleich. Die 3,2 Prozent sind ex post errechnet. Sprich: Jemand in der Senatsverwaltung hat sich hingesetzt und nachgeschaut, wie die Hochschulfinanzierung sich in den vergangenen Jahren so entwickelt hat. Und dabei auch gleich die Hochschulpaktmittel, also Bundesgelder, mit eingerechnet.

Eigentlich unverständlich, denn die potenziellen Koalitionäre verkaufen so ihren gestern verkündeten Beschluss unter Wert. Erstens, weil 2011 keiner in Berlin den Mut zu einer so klaren Ansage hatte: Der Koalitionsvertrag von damals liest sich schwammig und, was die Landesfinanzierung der Hochschulen angeht, zahlenlos. Zweitens, weil die neuen 3,5 Prozent mehr reine Landesmittel sind (und sein müssen, keiner weiß, wie der Hochschulpakt sich nach 2020 entwickelt). Drittens, weil Rackles, seine grüne Sprecherkollegin Anja Schillhaneck und Linken-Sprecher Tobias Schulze bei ihrer gestrigen Pressekonferenz mit undurchsichtigen Zahlen hantierten.

Einerseits verkündeten sie, die Hochschulen sollten pro Jahr "36 bis 40 Millionen mehr" bekommen, was in der Addition nach fünf Jahren rund 190 Millionen Euro Aufwuchs wären. Das wäre bei den versprochenen jährlich 3,5 Prozent mehr auch rechnerisch die richtige Größenordnung, wenn man vom für 2017 angekündigten Landeszuschuss für die Hochschulen von 1,032 Milliarden Euro ausgeht. Denn dann ergäben sich für 2021 1,18 Milliarden Euro und nicht 1,15 Milliarden, wie die drei gestern sagten. Und 2022, am Ende der neuen Hochschulverträge, wären es fast 1,23 Milliarden. Wieso also gestern der Zahlensalat?

Wie schreibt Lorenz Maroldt im heutigen Checkpoint, dem Newsletter des Tagesspiegel: "Mathe ist nicht so ganz unser Ding, wie Ihnen Frau Vera vom SÜV (Schulüberwachungsverein) sicher schon gesagt hat."

Ich bitte Rot-Rot-Grün, mir mitzuteilen, falls ich mich verrechnet habe und wo. Ansonsten bleibt als Fazit: Der Mut zur Zahl ist ein tolles Commitment, ein bemerkenswerter Start für die wahrscheinlich neue Koalition. Aber verlasst euch drauf, ihr werdet künftig auch daran gemessen werden.

Kommentare

#1 -

Manfred Ronzheimer | Mi., 02.11.2016 - 00:04
Ich habe mich hier zum Beitrag geäußert:
https://www.facebook.com/manfred.ronzheimer/posts/1244061718979208

Auszug:
Eine neue Qualität wird erreicht, wenn das Verhältnis Wissenschaft und Gesellschaft angesprochen und verhandelt wird. Das ist offenbar der Fall gewesen, worauf Äußerungen hindeuten.

"Rot-Rot-Grün hat sich zudem darauf verständigt, Stadtgesellschaft und Wissenschaft stärker miteinander zu verknüpfen. Dazu will die künftige Koalition ein Forum sowie ein Förderinstrument schaffen, das Anregungen für Forschungsbedarfe aus der Stadtgesellschaft aufnimmt."

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