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Die Hochschulen und die Flüchtlinge: Plötzlich sind sie da

Es ist die Frage, zu der wir alle eine Meinung haben und im Grunde kaum etwas wissen. Wie viele von den Flüchtlingen werden rasch Fuß fassen in unseren Schulen und Hochschulen, in unseren Betrieben und Büros, und wie viele werden dauerhaft ausgegrenzt bleiben?


Es gibt die verständlicherweise Vorsichtigen wie Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die die Öffentlichkeit auf zunächst steigende Arbeitslosenzahlen vorbereitet und sich die Prognose zu eigen macht, nicht einmal jeder zehnte werde sich direkt in Arbeit oder Ausbildung vermitteln lassen. Es gibt die Optimisten wie Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer, der in der Süddeutschen von der Eigeninitiative schwärmt, die die Flüchtlinge durch ihre Flucht bewiesen hätten – und nur einen halben Atemzug von der Aussage entfernt bleibt, solche Tatkraft würde er sich von manch Einheimischen auch wünschen.


Was wir wissen: Gerade die Syrer, die zu uns ins Land kommen, verfügen über einen vergleichsweise guten Bildungsstand. Laut FAZ hat jeder zweite mindestens das Gymnasium besucht. Was wir auch wissen: Überall im Land bemühen sich die Hochschulen, manchmal atemlos, hier und da hemdsärmelig, aber immer kreativ Angebote für die Flüchtlinge aus dem Boden zu stampfen – von ganzen Studiengängen über Mentorenprogramme bis hin zur Einführung neuer Gasthörerschaften.


Was indes auch fehlte, war die Antwort auf eine zweite Frage, die sich in den vergangenen Tagen immer dringender stellte: Wollen die Flüchtlinge die Angebote auch? Hören sie überhaupt von ihnen? Und finden sie den Weg in die Hochschulen?


Eine Veranstaltung der Berliner Humboldt-Universität hat heute eine beeindruckende Antwort gegeben. Die Studienberatung hatte zu einer Informationsveranstaltung zur neuen Gasthörerschaft für Flüchtlinge eingeladen – rund 300 sind der Einladung gefolgt. Irakis, Syrer, Afghanen. So viele, dass der HU-Senatssaal aus allen Nähten platzte. "Eine solche Nachfrage war so nicht abzusehen, deshalb freuen wir uns umso mehr über das große Interesse", sagt Humboldt-Sprecher Hans-Christoph Keller.


Ob das nun alles Neuankömmlinge waren oder auch Leute, die schon Monate oder Jahre hier sind – wen interessiert es? Es sind Menschen, die unsere Hochschulen bislang nicht auf dem Schirm hatten. Die Flüchtlinge, so heißt es überall, werden unser Land verändern. Heute lässt sich sagen: Mit den Hochschulen haben sie bereits angefangen.

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