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Verbeamtete Lehrer haben kein Streikrecht

Die Karlsruher Verfassungsgerichter weisen Verfassungsbeschwerden zurück. Das Streikverbot sei ein "eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums".

DAS BUNDESVERFASSUNGSGERICHT HAT das Streikrecht für Beamte wie erwartet als verfassungsgemäß eingestuft. Damit wies es die Verfassungsbeschwerde von vier beamteten Lehrern ab. Diese hatten sich durch alle Instanzen geklagt, um von den höchsten Richtern zu erfahren: War es rechtens, dass sie für die Teilnahme an Streiks während der Unterrichtszeit mit Geldbußen und Einträgen in die Personalakten bestraft wurden? Unterstützt wurden die vier von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Die Verfassungsrichter teilten mit, dass Streikverbot für Beamte sei als "eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums vom Gesetzgeber zu beachten". Es stehe auch mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes in Einklang – eine Feststellung, mit die Richter begründen, warum ihr Urteil anders ausfällt als das des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Der hatte in einem anderen Zusammenhang die Europäischen Menschenrechtskonvention so ausgelegt, dass ein Streikrecht für Beamte grundsätzlich zu gewähren sei. Weiter argumentierten die Karlsruher Richter, das Streikverbot sei schon wegen der Besonderheiten des deutschen Systems des Berufsbeamtentums gerechtfertigt.

Beeinträchtigung ihrer sogenannten "Koalitionsfreiheit" müssten Beamte hinnehmen, weil das Prinzip des Berufsbeamtentums seit der Weimarer Republik auf das Prinzip beamtenrechtliche Treuepflicht versus Alimentationsprinzip hinauslaufe. Anders formuliert: Dafür, dass die Beamten nicht streiken können, erhalten sie eine Reihe von Vorteilen, etwa in Form einer überdurchschnittlichen Jobsicherheit, inhaltlicher Unabhängigkeit und einer guten Altersversorgung. Einseitig etwas an einem Aspekt des Beamtentums zu ändern, würde dessen "funktionswesentlichen Prinzipien" grundsätzlich aushebeln.

"Ein Streikrecht für Beamte löste eine Kettenreaktion in Bezug auf die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses aus und zöge fundamentale Grundsätze des Berufsbeamtentums in Mitleidenschaft", sagte Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle laut dpa.

Das Argument der Kläger, sie übten als Lehrer keine hoheitlichen Aufgaben aus, konterte das Bundesverfassungsgericht mit dem Satz, gegen eine solche funktionale Aufspaltung des Streikrechts sprächen die damit einhergehenden Abgrenzungsschwierigkeiten. Außerdem würde eine Anerkennung des Streikrechts für einzelne Beamtengruppen den Verzicht der "Gewährleistung einer stabilen Verwaltung und der staatlichen Aufgabenerfüllung jenseits hoheitlicher Tätigkeiten" bedeuten.


Dass Karlsruhe beamteten Lehrern das Streiken erlauben würde, war schon im Vorfeld von Experten bezweifelt worden. Der Berliner Verfassungsrechtler Ulrich Battis etwa hatte prognostiziert: "Die Blütenträume der GEW werden nicht aufgehen."

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