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"Gemeinsam denken, gemeinsam gestalten"

Christine Streichert-Clivot ist neue A-Koordinatorin der Bildungsministerkonferenz – und soll den Kurs der SPD-geführten Länder im Reformprozess bestimmen. Mit ihrem ebenfalls neuen CDU-Gegenüber Dorothee Feller dürfte sie gut harmonieren.

Christine Streichert-Clivot. Foto: Holger Kiefer.

DIE BILDUNGSMINISTER der Länder mit SPD-Regierung haben sich beeilt – und sie entschieden sich wie erwartet: Die saarländische Ministerin für Bildung und Kultur, Christine Streichert-Clivot, ist neue Koordinatorin der sogenannten A-Seite in der Bildungsministerkonferenz (BMK). Anfang der Woche war bereits bekannt geworden, dass Dorothee Feller, Ministerin für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, künftig die Bildungspolitik der unionsregierten Länder koordiniert, die sogenannte B-Seite.

 

Damit ist der Doppelwechsel innerhalb der BMK-Führung in Rekordzeit vollzogen. Ein Schritt, der notwendig geworden war, weil die bisherigen Koordinatorinnen Karin Prien (CDU) und Stefanie Hubig (SPD) beide der neuen Bundesregierung angehören. Im Falle Hubigs, die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz wurde, lagen zwischen der Verkündung ihres Abschieds als rheinland-pfälzische Bildungsministerin am Montag und ihrer Vereidigung in Berlin weniger als 48 Stunden. 

 

Ein schneller Wechsel,
ein starkes Signal

 

Dass die A-Seite der Bildungsministerkonferenz sich über Hubigs Nachfolge so schnell einig wurde, liegt daran, dass es kaum ernsthafte Zweifel an Streichert-Clivots Anspruch und Eignung gab. Die 45-Jährige ist, obgleich erst fünfeinhalb Jahre im Amt, bereits die dienstälteste Landesbildungsministerin in Deutschland. Sie war vergangenes Jahr letzte Präsidentin der Kultusministerkonferenz, bevor dieses Amt im Zuge der KMK-Reform getrennten Präsidentschaften in den eigenständigen Teilkonferenzen für Bildung, Wissenschaft und Kultur weichen musste. Streichert-Clivot gehört zudem als letztjährige Präsidentin immer noch dem BMK-Präsidium an, in dem sie als A-Koordinatorin nun dauerhaft verbleibt. 

 

In Streichert-Clivots Präsidentschaftsjahr im Mittelpunkt gestanden hatten neben der KMK-Reform die Neuausrichtung der Lehrkräftebildung, der Durchbruch in den Verhandlungen um das milliardenschwere Startchancen-Programm und dessen Umsetzung sowie die langwierigen Verhandlungen um die inzwischen überfällige Digitalpakt-Fortsetzung.

 

Lange Linien, Erfahrung und inhaltliche Konsequenz kann die Kultusministerkonferenz dringend gebrauchen – eine Konferenz, die immer noch mitten im Umbruch steckt und derzeit den Umbau ihrer Verwaltung, des KMK-Sekretariats, vorantreibt. Neun der 16 aktuellen Bildungsminister sind seit maximal zwei Jahre im Amt, das ist selbst für die traditionell fluktuationsgeplagte BMK viel.

 

Kein Zögern und kein Aufschub duldet auch das Gelegenheitsfenster, das sich mit Start der neuen Bundesregierung bietet. Im Hinblick auf die im schwarz-roten Koalitionsvertrag verankerten Pläne, die Bildungspolitik insgesamt und speziell die Bund-Länder-Zusammenarbeit stärker als bisher an messbaren Bildungszielen und einer datengestützten Schulentwicklung auszurichten. Was die Stefanie Hubig und Karin Prien noch in ihren alten Rollen so maßgeblich mitverhandelt hatten.

 

Starke Gegenüber für eine
starke Bundesbildungsministerin

 

In den nun anstehenden Verhandlungen der BMK mit Prien in deren neuer Funktion als Bundesbildungsministerin braucht es auf Länderseite Gegenüber, die es mit der mit allen Wassern gewaschenen CDU-Politikerin aufnehmen können. Es gilt unter anderem, die finalen Verhandlungsrunden um die überfällige Digitalpakt-Fortsetzung und die im Koalitionsvertrag versprochene Ausweitung des Startchancen-Programms zügig anzugehen. Kurzfristig wird unter anderem nötig sein, die bislang wenig zielgerichteten bildungspolitischen Debatten um die Smartphone-Nutzung in den Schulen zu kanalisieren.

 

In ihrer ersten Stellungnahme nach ihrer Wahl machte Streichert-Clivot deutlich, dass sie in ihrer Rolle als A-Koordinatorin den Druck auf die Länder zu mehr gemeinsamer Strategiefähigkeit aufrechterhalten will. "In einer Zeit, in der unsere Gesellschaft tiefgreifende Veränderungen erlebt – von der digitalen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Transformation über den Fachkräftemangel bis hin zu den Folgen globaler Krisen und Konflikte – ist es entscheidend, dass wir Bildung gemeinsam denken und gestalten", sagte sie. "Wir tragen als Länder gemeinsam die Verantwortung dafür, dass alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von Herkunft, Wohnort oder sozialem Status, die Chance auf beste Bildung haben – und das von Anfang an." 

 

Ähnlich hatte sich am Montag bereits ihr CDU-Pendant Dorothee Feller geäußert. Die Herausforderungen seien groß, "angefangen von der Förderung der Basiskompetenzen über die Stärkung der Demokratiekompetenz in den Schulen bis hin zum verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien und allen anderen Fragen der Digitalisierung." Und Feller fügte hinzu: "Mit der Neugliederung der Kultusministerkonferenz und der Schaffung einer eigenen Bildungsministerkonferenz können wir die Aufgaben konzentrierter und effektiver angehen."

 

Streichert-Clivot sagte, mit dem neuen Zuschnitt des von Karin Prien geführten Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend werde die Chance eröffnet, die Interessen von Kindern und Jugendlichen konsequenter in den Mittelpunkt politischen Handelns zu rücken. "Junge Menschen brauchen eine starke Lobby – und ich bin überzeugt, dass Karin Prien diese Rolle mit Leidenschaft und hoher Kompetenz ausfüllen wird. Dass die Bundesregierung Kita und Schule künftig in einem Ressort bündelt, ist ein starkes und richtiges Signal für mehr Kohärenz in der Bildungspolitik – für beste Bildung von Anfang an."

 

Streichert-Clivot hat an der Universität Trier Politikwissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaftslehre studiert und absolvierte später an der Technischen Universität Kaiserslautern ein Fernstudium in Erwachsenenbildung. In ihrem Ministerium legte sie einen beachtlichen Aufstieg hin. Von 2012 bis 2014 leitete sie das Büro des damaligen saarländischen Ministers für Bildung und Kultur, Ulrich Commerçon, von 2014 bis 2017 führte sie die Abteilung "Bildungspolitische Grundsatz- und Querschnittsangelegenheiten", 2017 wurde sie Staatssekretärin und nach Commerçons Berufung zum SPD-Fraktionsvorsitzenden Ende 2019 Ministerin.

 

Mit der als gut strukturiert bekannten Juristin Feller dürfte Streichert-Clivot gut harmonieren. Dass dabei die Ministerin des zweitkleinsten auf die Ministerin des größten Bundeslandes (mit einem fast 20-mal so großen Schulsystem) trifft, dürfte Streichert-Clivot kaum beeindrucken. Ihrer Wahl zur A-Koordinatorin hatte das auch keinen Abbruch getan. Und wenn die beiden neuen starken Frauen der Bildungsministerkonferenz an einem Strang ziehen, kann die Unterschiedlichkeit ihrer Bundesländer ihrer gemeinsamen Akzeptanz nur guttun. 


Die Neuen in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz

Einen Tag, nachdem Karin Prien (CDU) als Bundesbildungsministerin vereidigt wurde, präsentierte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) als Nachfolgerin eine alte Bekannte: Dorit Stenke, seit Priens Antritt als Kieler Ministerin 2017 ihre Staatssekretärin, übernahm nun selbst das Amt der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur.

 

Stenke, Jahrgang, 1960 ist parteilos und eine ausgewiesene Fachfrau. So war die Diplom-Pädagogin unter anderem von 2007 bis 2011 Abteilungsleiterin, dann Direktorin des Sächsischen Bildungsinstituts. Anschließend wurde sie von Priens SPD-Vorgängerin Britta Ernst als Leiterin der Abteilung für  für berufliche Bildung, Qualität und IT nach Kiel geholt.

 

Ministerpräsident Günther lobte laut NDR, Stenke habe sich über viele Jahrzehnte Expertise 

erworben. Und sie könne Prozesse "extrem schnell und gut organisieren". Aus seiner Sicht steht ihre Ernennung für "Stabilität und Kontinuität".

 

Auch die Nachfolge von Stefanie Hubig (SPD) in Rheinland-Pfalz steht bereits fest. Sven Teuber, seit 2016 Abgeordneter im rheinland-pfälzischen Landtag und seit 2024 stellvertretenden SPD-Landesparteichef in Rheinland-Pfalz, soll kommende Woche vereidigt werden, wie Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) am Mittwoch bekanntgab.

 

Schweitzer bezeichnete den 42-jährigen Teuber laut SWR als "Mann der Praxis". Als Lehrer kenne Teuber die Schule von innen und sei ein ausgewiesener Bildungsexperte. Vor seiner politischen Laufbahn hatte Teuber zwei Jahre in einem Gymnasium in Kusel unterrichtet.




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Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Kühnel (Donnerstag, 15 Mai 2025 10:28)

    "... soll den Kurs der SPD-geführten Länder im Reformprozess bestimmen."

    Da haben wir die Schlüsselformulierung: Bildungsreformen sind nicht etwas, das von Zeit zu Zeit mal nötig ist, aber jedesmal abgeschlossen wird, sondern Bildungsreformen (speziell Schulreformen und solche des Lehramtsstudiums) sind ein nun schon 50 Jahre lang praktisch pausenlos laufender "Prozess", der nie enden kann und auch nie längere Pausen einlegt. Dieser "Prozess" beschäftigt mehr und mehr Bürokraten und beratende Wissenschaftler, er ist mit den A- und B-Ländern auf die Befindlichkeiten von Parteien ausgelegt (auch Parteiprogrammen und Koalitionsverträgen), und er wird immer komplizierter und ist eigentlich jetzt schon undurchschaubar, außer vielleicht für Spezialisten, die schon einen Master für Bildungsmanagement haben und darüber eine Doktorarbeit schreiben könnten.

    Mir fällt nur noch ein sinnvoller Vergleich ein, und zwar mit Kafkas "Prozess". Gemeinsam ist auf jeden Fall die Undurchschaubarkeit einer übergeordneten Bürokratie, deren Agieren sich jedem Versuch eines logischen Verständnisses entzieht und den Betroffenen (hier könnte man beim Vergleich an Lehrer denken) ohnmächtig und ratlos zurücklässt.
    Kafkas "Prozess" ist heute ein beliebtes Abiturthema zu literarischen Texten, die gesammelten Reden von maßgeblichen KMK-Politikern seit 1970 könnte man dem als Sachtext durchaus zur Seite stellen.