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"Ich kämpfe um jeden Euro"

Die neue Bundesforschungsministerin Dorothee Bär über ihre Faszination für Raumfahrt, die Finanzierung der Hightech-Agenda, die Zusammenarbeit der Forschungsorganisationen und Fairness für alle im Wissenschaftssystem.
Portraitfoto von Dorothee Bär vor blauem Hintergrund.

Dorothee Bär ist stellvertretende CSU-Vorsitzende und seit 6. Mai 2025 Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt in einem neu zugeschnittenen Ressort. Foto: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons).

Frau Bär, vor der Bundestagswahl hatte Sie kaum jemand auf dem Zettel als neue Bundesforschungsministerin. Wie überrascht waren Sie selbst von Ihrer Berufung?

In der Politik weiß man: Karrieren lassen sich nicht planen. Den Wunsch, als Ministerin Verantwortung zu übernehmen, hatte ich allerdings. Kurz vor Amtsantritt haben mich meine Kinder gefragt, welches Ressort ich mir ausgesucht hätte – wenn die Regierungsbildung ein Wunschkonzert wäre. Meine Antwort: Genau dieses, das Forschungsministerium. Ich war bereits Mitglied im Forschungsausschuss und habe durch meine digitale Vergangenheit die Themen des Hauses immer engmaschig verfolgt.

Wie wichtig war Ihnen, dass Sie auch für die Raumfahrt zuständig sind?

Im Juni habe ich den Bundespräsidenten auf eine Reise nach Japan begleitet und bei einer Veranstaltung den nach Alexander Gerst zweiten deutschen Astronauten Matthias Maurer getroffen. Als Digitalstaatsministerin im Kanzleramt habe ich mal eine große Veranstaltung gemacht, Thema: die Raumfahrt aus weiblicher Perspektive, mit Suzanna Randall und Insa Thiele-Eich…

…die bei der inzwischen gescheiterten Initiative "Die Astronautin" für einen nie realisierten Flug ins All trainiert haben.

Raumfahrt löst sofort Kopfkino aus. Ich habe das auch bei der Veranstaltung mit dem deutschen Astronauten Matthias Maurer gesehen: diese Begeisterung, der Applaus, die Leidenschaft. Mein Vater hat mir immer erzählt, wie das damals bei der ersten Mondlandung war: Meine Eltern hatten zu Hause keinen Fernseher. Also gingen sie ins Nachbardorf – dort gab es ein Fernsehgeschäft. Und in den Schaufenstern liefen die Bilder vom Mond. Die ganze Nachbarschaft stand davor.

"Das mit den hochfliegenden Erwartungen der Öffentlichkeit 
kann ich nicht erkennen. Eine meiner zentralen Aufgaben 
als Ministerin wird darin bestehen, die Botschaft zu vermitteln: 
Investitionen in die Raumfahrt bringen uns allen etwas."

Die Faszination, die Raumfahrt auslöst, kann aber auch zum Problem werden: wenn sie mit Erwartungen der Öffentlichkeit einhergeht, die geweckt, aber am Ende nicht verwirklicht werden. "Dorothee Bär will Frauen auf den Mond schicken", titelte die BILD schon ein paar Tage nach Ihrem Amtsantritt. Was ist Ihre Strategie abseits der Begeisterung?

Das mit den hochfliegenden Erwartungen der Öffentlichkeit kann ich nicht erkennen. Ich fände es ja wunderbar, wenn die Leute sagen würden: Wie toll, es gibt endlich ein Raumfahrtministerium in Deutschland, ab jetzt geht Deutschland voran bei der Raumfahrt. Ich treffe aber eher auf Leute, die fragen: Was habe ich denn persönlich davon? Warum geben wir dafür überhaupt Steuergelder aus? Die Menschen bei mir im Wahlkreis wollen, dass öfter mal ein Bus von A nach B fährt. Eine meiner zentralen Aufgaben als Ministerin wird darin bestehen, die Botschaft zu vermitteln: Investitionen in die Raumfahrt bringen uns allen etwas. Im zivilen Bereich reden wir über Fortschritte in der Kommunikation, der Navigation, der Erdbeobachtung. Es handelt sich aber mindestens genauso stark um ein Sicherheitsthema: Deutschland und Europa müssen unabhängig werden in der Satellitentechnologie, in der Nutzung weltraumgebundener Infrastrukturen. Tatsächlich beobachte ich bei vielen Leuten noch eine Vogel-Strauß-Mentalität: Nur nicht über solche Fragen nachdenken. Doch der Koalitionsvertrag trägt es uns auf: Raumfahrt nicht nur als Faszination zu begreifen, sondern als strategische Vorsorge.

Der Koalitionsvertrag sagt auch, dass der deutsche Beitrag zur Europäischen Weltraumorganisation (ESA) erhöht werden soll. Bleibt da überhaupt noch Geld, um Ihre eigenen Raumfahrtpläne voranzutreiben?

Da besteht ein Zielkonflikt, keine Frage. Und natürlich wäre immer mehr Geld besser als weniger. Zumal Raumfahrt ja nur ein Thema unseres Hauses von mehreren ist. Wir starten die neue Hightech Agenda Deutschland, es geht um die Förderung von Schlüsseltechnologien, um die Nationale Dekade gegen Krebs oder die verstärkte Forschung zu ME/CFS. Soll heißen: Raumfahrt ist extrem wichtig – genauso wichtig wie Halbleiterforschung aber am wichtigsten ist die Gesundheit der Menschen. Als Ministerin werde ich keines dieser Themen gegen ein anderes ausspielen. Aber eines ist klar: Ich werde um jeden Euro für meine Themen kämpfen. Und vielleicht nennen Sie mich zu optimistisch, aber ich hoffe darauf, dass sich die wirtschaftliche Lage verbessert und wir 2027 zusätzliche Spielräume haben werden.

"Alles ist extrem wichtig" ist aber noch keine Strategie. Am Ende werden Sie vielleicht doch entscheiden müssen: Schicken wir mehr Menschen ins All und eine Astronautin zum Mond – oder konzentrieren wir uns angesichts der geopolitischen Lage auf erdnahe Sicherheits- und Kommunikationstechnologien?

Es braucht Prioritäten, keine Frage. Bei der Hightech-Agenda bin ich sehr optimistisch, dass wir massiv zusätzliche Gelder erhalten, weil unser Argument verfängt: Ob KI, Quantentechnologie, Biotechnologie, die gesellschaftliche Relevanz ist groß – der ökonomische Return on Invest ebenso, und zwar gerade jetzt in der Krise. Was die Raumfahrt angeht, warne ich davor, das Thema Astronautin als Symbolmaßnahme misszuverstehen. Das ist keine Gleichstellung um der Gleichstellung willen, im Mittelpunkt steht die Gesundheitsforschung eben auch für Frauen mit ihren Herausforderungen hier auf der Erde. Die meisten medizinischen Experimente im All wurden bisher von Männern durchgeführt. Aber natürlich: Wenn es um Krieg und Frieden geht, ist die Gewichtung klar. Dann steht die Erdbeobachtung im Vordergrund und das Ziel, technologisch nicht von Drittstaaten abhängig zu sein – und erst recht nicht von einzelnen Personen. Das ist dann kein deutsches Thema mehr – sondern ein europäisches. Gemeinsam mit Partnern, auf die wir uns verlassen können. Noch ein Wort zur ESA: Wir wollen unseren Beitrag erhöhen, ja. Aber mehr Geld macht die Dinge nicht automatisch besser. Die ESA muss schlafende Potentiale wecken.

Laut Organisationserlass der Bundesregierung soll neben der Raumfahrt unter anderem auch das Grundsatzreferat für Innovationspolitik aus dem Wirtschaftsministerium zu Ihnen wechseln. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie weigert sich bislang, zugleich die großen Innovationsförderprogramme an Sie abzutreten. Scheitert der Umbau?

Ich sage seit vielen Jahren: Neue Ressortzuschnitte muss man beschließenbevor klar ist, welche Partei oder Person ein Ministerium übernimmt. Aber dann trifft Politik auf Realpolitik. In der Vergangenheit wurden viele fragwürdige Konstruktionen geschaffen – mit Superministerien, Unterministern, Hunderten neuer Stellen. Und irgendwann muss man das wieder aufdröseln. Wir sind mit dem BMWE in konstruktiven Gesprächen. Am Ende muss die Regierung vier Jahre gut zusammenarbeiten. Und das werden wir auch.

Und warum sollte das jetzt gelingen – wenn das bisherige BMBF und das bisherige BMWK einander schon traditionell in herzlicher Abneigung verbunden sind?

Man sollte das nicht überdramatisieren. Damit eine gute Zusammenarbeit klappt, braucht es Verlässlichkeit in der Zusammenarbeit. Früher, als die Steuereinnahmen sprudelten, hat mancher vielleicht noch gedacht: The more, the merrier. Aber heute können wir uns solche Reibungsverluste schlicht nicht mehr leisten. Punkt. 

Im Innovationsindikator des Bundesverbands der Deutschen Industrie ist Deutschland vergangenes Jahr auf 12 von 35 abgerutscht. Wo sehen Sie die strategische Nische für die Bundesrepublik?

Unser größter Vorteil liegt in der intelligenten Verknüpfung: Zwischen Hochschulen, Start-ups, Ausgründungen – und unserem Mittelstand. Gerade im Mittelstand schlummern Schätze, die wir noch nicht ausreichend gehoben haben im Bereich der Daten beispielsweise. Die müssen wir viel stärker einbinden. Diese Kombination – tiefe industrielle Struktur, wissenschaftliche Exzellenz und kreative Gründerinnen – gibt es so in kaum einem anderen Land. Und dann kommt noch unsere europäische Rolle hinzu: endlich wieder mehr Leadership in der EU.

"Bei der Abstimmung der großen Forschungsorganisationen 
untereinander ist viel Luft nach oben. Die entscheidende Frage 
darf nicht lauten: Was ist gut für Jeden einzelnen? Sondern: 
Was bringt uns als Wissenschaftssystem als Ganzes weiter?"

Nachdem Deutschlands Digitalwirtschaft von den großen Tech-Konzernen des Silicon Valley abgehängt worden war, beschworen viele: Bei der Künstlichen Intelligenz wird das anders laufen, da sind wir vorne mit dabei. Heute redet die Welt von ChatGPT, größter Anteilseigner: Microsoft.

Das ändert nichts daran, dass wir in Deutschland und Europa technologisch sehr stark sind – und diese Stärke kombinieren mit einer werteorientierten KI-Entwicklung. Ich bin überzeugt: Am Ende werden sich diejenigen durchsetzen, die KI nicht gegen Menschen, sondern für Menschen einsetzen. Kein Mensch will totalüberwacht werden – weder vom Staat noch von einem globalen Konzern. Wenn es uns gelingt, eine leistungsfähige, zugleich aber menschenzentrierte KI zu entwickeln, dann wird das unser Wettbewerbsvorteil sein.

Die großen außeruniversitären Forschungsorganisationen erhalten seit zwei Jahrzehnten jedes Jahr garantiert mehr Geld, so sieht es der sogenannte Pakt für Forschung und Innovation (PFI) vor. Ihre Regierung verspricht die Verlängerung über 2030 hinaus. Was erwarten Sie umgekehrt von Helmholtz, Max Planck und Co?

In den ersten Wochen nach Amtsantritt ist mein Eindruck: Bei der Abstimmung untereinander, bei der Definition gemeinsamer Ziele und einer entsprechend geeigneten Aufgabenteilung ist viel Luft nach oben. Die entscheidende Frage darf nicht lauten: Was ist gut für Jeden einzelnen? Sondern: Was bringt uns als Wissenschaftssystem als Ganzes weiter? Ich wünsche mir da mehr Dynamik im Denken – und an einigen Stellen mehr Ehrgeiz.

Können Sie bitte etwas konkreter werden?

Das sage ich Ihnen bei unserem nächsten Interview. 

Ein weiteres großes Bundesprogramm ist die Exzellenstrategie (ExStra). Vor kurzem wurden 70 Cluster gekürt, nächstes Jahr stehen die Exzellenzuniversitäten an. Der Koalitionsvertrag legt fest, dass die ExStra-Evaluation vorgezogen wird und spricht lediglich von einer „möglichen“ dritten Förderperiode. Sie haben sich nach Ihrem Amtsantritt sehr schnell zu einer Fortsetzung bekannt – doch hinter vorgehaltener Hand wetten selbst Präsidenten von Exzellenzuniversitäten, dass nach der aktuellen Runde Schluss sein könnte. Wie verlässlich ist Ihr Bekenntnis?

Mit mir hat noch keiner gewettet. Die Rückmeldungen aus den Universitäten, die ich bekomme, sind sehr positiv. Wir haben gerade erlebt, wie die Politik in der Lage ist, die Förderentscheidungen, die federführend von der Wissenschaft getroffen wurden, zu akzeptieren – selbst wenn, was für nicht wenige Landesminister galt, ihre eigenen Universitäten nicht erfolgreich waren. Gerade in diesen Zeiten ist die Exzellenzstrategie ein funktionierendes, erprobtes, verlässliches Modell. Warum sollte man ein System beenden, in das so viel Expertise, Herzblut und internationale Reputation eingeflossen ist?

Weil das neue In-Thema der Wissenschaftspolitik die Förderung von Innovation und Wissenschaftstransfer ist?

Das eine schließt das andere nicht aus. Aus exzellenter Grundlagenforschung entstehen neues Wissen und neue Ideen. Das Interdisziplinäre, das Internationale fördert kreative Lösungen.

"Die Integration internationaler Wissenschaftlerinnen 
und Wissenschaftler kann nur funktionieren, 
wenn unser Wissenschaftssystem fair mit allen umgeht." 

Kreativ war neulich auch Ihre Wortwahl. In der Debatte über die mögliche Anwerbung von Wissenschaftlern aus den USA haben Sie von einem "Rundum-sorglos-Paket" für internationale Forschende gesprochen. Viele Wissenschaftler, die bereits an deutschen Hochschulen arbeiten, die allermeisten auf befristeten Stellen, empfinden ihre Karriereperspektiven eher als "Rundum-Sorgen-Paket".

Natürlich war das ein zugespitzter Begriff. Aber er bringt auf den Punkt, dass es nicht reicht, nur die hochdekorierten Professuren zu betrachten. Wir müssen auch die bestehenden Förderprogramme für jüngere Wissenschaftler erweitern, die zu uns kommen wollen, auch für Studierende. Der Wind hat sich gedreht, die Leute wollen nicht mehr in die USA, sie wollen zu uns, nach Deutschland und Europa. Das ist der Moment, in dem wir uns fragen müssen: Sind wir bereit, ihnen das Leben hier so zu ermöglichen, dass sie bleiben wollen? Dazu gehört mehr als ein Job. Dazu gehört das Gefühl: Ich bin willkommen, ich bin gemeint. Das fordert den Bund, aber auch die Hochschulen, die Länder und Kommunen. Gibt es genug Dual-Career-Optionen? Wie steht es um Kita- und Schulplätze und die nötige Unterstützung dabei, sie zu finden? Nur wenn das Gesamtpaket stimmt, bleiben die Menschen.

Nochmal: Was ist mit den Wissenschaftlern, die schon hier sind?

Auch hier will ich nicht irgendwelche Gegensätze aufbauen. Die Integration internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kann nur funktionieren, wenn unser Wissenschaftssystem fair mit allen umgeht. Das Thema ist zu groß für eine Ein-Satz-Antwort, aber in ihm stecken einige der Fragen, die mich mit am meisten beschäftigen: Warum gelingt es uns nicht, die hohe Zahl von Studentinnen auch in Führungspositionen zu bringen, warum haben wir immer noch so wenige Professorinnen? Wie genau entsteht die Abrisskante? Wir müssen die Karrierewege in der Wissenschaft in Deutschland insgesamt so gestalten, dass sie realistisch, attraktiv und planbar sind. Und die Kettenbefristungen sind dabei ein echtes Problem. Dafür machen wir einen neuen Anlauf für eine Neufassung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. 

Bis Mitte 2026 soll die laut Koalitionsvertrag durch sein. Das heißt: Sie haben genau ein Jahr Zeit.

Das ist so ein klassisches Thema, das man nur im engen Schulterschluss mit dem Parlament angehen kann. Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode gesehen, dass die Tücke im Detail liegt. Was im Vertrag so unscheinbar steht, hat es in sich. Darum werde ich mir für alle nötigen Gespräche bewusst die Zeit nehmen, die es braucht. Die Abgeordneten haben hier ein starkes Interesse. Im Ziel sind wir uns einig. Über den Weg werden wir sprechen.

Derweil hoffen die Hochschulen auf die Schnellbau-Initiative. Es wird wohl auf ein Bund-Länder-Programm hinauslaufen. Was genau schwebt Ihnen vor?

Ich habe mit mehreren Landesministern gesprochen und gefragt, ob sie sich eine gemeinsame Initiative vorstellen können. Zuständig sind wir als Bund formal nicht, trotzdem argumentiere ich, dass wir dafür Gelder aus dem Sondervermögen brauchen. Ich ahne die Kritik, die aus den Reihen der Bundesregierung kommen wird: Warum sollen wir Bundesgeld für etwas ausgeben, wofür wir nicht zuständig sind? Aber ich finde, wir haben eine moralische Verantwortung, uns auch um die sogenannten Brot-und-Butter-Themen zu kümmern. Denn alles hängt mit allem zusammen. Ich kann keine internationale Exzellenz anwerben wollen – und dann bricht mir das Dach im Labor ein. Wie wäre es, wenn wir stattdessen einfach mal anfangen? Und wenn es mit einem kleinen Betrag ist.

"Die Bundestagsabgeordneten sitzen in Modulbauten – 
warum nicht auch Studierende?"

Was ist für Sie ein kleiner Betrag?

Wir sollten mit wenigen Pilotprojekten an wenigen Standorten starten. Irgendwo anzufangen, ist allemal besser, als immer nur zu sagen: "Das können wir uns sowieso alles nicht leisten.“ Wir müssen günstiger und schneller bauen. Die Bundestagsabgeordneten sitzen in Modulbauten – warum nicht auch Studierende?

Und "irgendwo anfangen" wird dann zufällig in Bayern sein?

Wieso?

Nun, schon als Sie Ministerin wurden eines Hauses mit dem Schwerpunkt Raumfahrt, mutmaßten viele in Politik und Medien, hier werde eine Förder-Pipeline direkt zu Bayerns Raumfahrtindustrie gelegt.

Föderalismus heißt auch: gesunder Wettbewerb. Die große ESA-Konferenz wird im November in Bremen sein. Ich habe als Ministerin alle 16 Bundesländer im Blick und suche die Zusammenarbeit. Richtig ist, das Bayern sich nicht verstecken muss. Wir haben mit der TU und der LMU München zwei Exzellenzuniversitäten von Weltrang. Sollen wir sie jetzt benachteiligen, weil sie in Bayern sind? Oder der DLR-Standort Oberpfaffenhofen? Alle Entscheidungen werden nach objektiven Kriterien getroffen werden.

Das BAföG soll laut Koalitionsvertrag "vereinfacht, digitalisiert, beschleunigt" werden. Übersetzen Sie bitte als frühere Digitalpolitikerin einmal, was das erfordert.

Im Idealfall bedeutet das, dass die Beantragung genauso wie die Bearbeitung auf Knopfdruck laufen wird. Ganz so einfach wird es am Ende nicht sein, aber das ist der Anspruch: Staatliche Leistungen müssen grundsätzlich ohne Hürden und digital zugänglich sein. Das hätten sie längst sein müssen. In meiner Zeit als Digitalstaatsministerin haben wir viel angestoßen: beispielsweise ELFE, ein Online-Dienst für Eltern zur Beantragung von Leistungen wie Kindergeld und Elterngeld oder ein zentrales Dashboard im Kanzleramt. Wir hatten interministerielle Runden, Deadlines, Innovationslabore. In den vergangenen dreieinhalb Jahren hatte ich dann das Gefühl, da ging gar nichts mehr weiter. Jetzt haben wir ein Digitalministerium – das ist gut. Verwaltungsdigitalisierung ist und muss machbar sein.

Apropos Hürden abbauen: Wie wäre es, mal mit einem KI-basierten BAföG-Chatbot anzufangen?

Eine smarte Idee, und das lässt sich sicherlich auch kostengünstig machen. Das prüfen wir doch mal.

Ein kleines Beispiel nur für einen gewaltigen Umbruch: Was bedeutet KI für die Zukunft von Forschung und Lehre – und damit für die Förderpolitik Ihres Ministeriums?

Neulich war so ein Moment, der mich kurz innehalten ließ. Ich bekam eine Vorlage aus dem Haus, und am Ende stand: Teile dieses Textes wurden durch KI erstellt. Ich sage das völlig wertfrei, weder positiv noch negativ, aber es ist ein Signal: KI wird zu einem alltäglichen Tool, das wir gezielt einsetzen sollten, ohne Verteufelung, mit einem gewissen Maß an Gelassenheit. Aber immer auch mit der Transparenz, dass alle wissen: Hier war KI am Werk.

Dieses Interview erschien in kürzerer Fassung zuerst im DSW Journal 2-3/2025.

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