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Sie befinden sich im Warteraum

Ab heute können Studierende die versprochene Energiepauschale von 200 Euro bundesweit beantragen. Klappt der Start?

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Artikelbild: Sie befinden sich im Warteraum

Screenshot des Portals, über das die Energiepauschale beantragt werden kann.

VON HEUTE AN können Studierende und Fachschüler überall in Deutschland den 200-Euro-Energiezuschuss beantragen, dessen Auszahlung der Ampel-Koalitionsausschuss "schnell und unbürokratisch" gestalten wollte. Anfang September 2022 war das. Die Irrungen und Wirrungen seitdem habe ich in meinem Blog ausführlich begleitet. Über den Zwischenschritt "Anfang Januar" hatte sich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) schließlich auf die Formulierung verlegt, dass die Auszahlung noch "in diesem Winter" erfolgen werde. Vom Winter sind noch sechs Tage übrig, aber immerhin, es geht los. Die Testphase im Realbetrieb mit ein paar ausgewählten Hochschulen bundesweit verlief so weit erfolgreich.

Stark-Watzinger sagte am Mittwoch, mit der neuen digitalen Plattform gehe die Beantragung "sicher und schnell". Die Bearbeitung der Anträge und die Auszahlung würden durch das automatisierte Verfahren "sehr zügig" erfolgen.

Erst war die Plattform offline, bald war zumindest der digitale Warteraum erreichbar

Die spannende Frage am Morgen war, ob die Server standhalten würden. Als im Frühsommer 2020 die Website für die studentische Corona-Soforthilfe online geschaltet wurde, ging sie unter dem Ansturm nach Minuten in die Knie. Damals waren es im ersten Monat nicht einmal 100.000 Antragsteller – im Vergleich zu jetzt rund 3,5 Millionen Antragsberechtigten. Und diesmal? Am Mittwochmorgen war die neue Plattform zumindest kurzzeitig nicht erreichbar.

CDU-Bildungspolitiker Thomas Jarzombek setzte sofort eine Kritik-Pressemitteilung ab: "Der Zusammenbruch der Stark-Watzinger-Plattform macht das Desaster der Bundesbildungsministerin bei der Auszahlung des 200 Euro Zuschusses komplett." Er erwarte von der Ministerin, dass sie die technischen Schwierigkeiten umgehend behebe.

Immerhin scheint man aus dem Corona-Debakel doch gelernt zu haben. Beim wiederholten Aufruf der Seite erhielt man eine Vertröstungsmeldung: "Sie befinden sich im Warteraum. Bitte haben Sie noch etwas Geduld". Und weiter: "Ihre geschätzte Wartezeit beträgt more than 1 hour..." Und innerhalb einer Viertelstunde schrumpfte die Wartezeit auf zehn Minuten zusammen.

Angesichts der Anforderungen ein vergleichsweise elegantes Verfahren

Die grundsätzliche Kritik an der technischen Umsetzung des Antragsprozesses, die vor allem durch Studierendenverbände geübt wurde, konnte ich in den vergangenen Wochen ohnehin nie wirklich nachvollziehen. Dafür, dass das Verfahren datenschutzkonform, betrugssicher und angesichts von Millionen Anträgen zwangsläufig mit möglichst wenig Bearbeitungsaufwand für Hochschulen und Verwaltung einhergehen muss, erscheint mir die entwickelte Lösung im Gegenteil vergleichsweise elegant.

Ob es wirklich alternativlos war, dass sich die meisten Fachschüler und Studierenden vor Beantragung eine BundID besorgen müssen, oder ob die Bundesregierung nebenbei die Gelegenheit nutzen wollte, das bislang wenig erfolgreiche System zu pushen? Ich kann die Frage nicht beantworten. Was ich sagen kann: In 95 Prozent der Fälle erfordert die Beantragung der BundID keine 15 Minuten Zeitaufwand. Wer argumentiert, dies sei für junge Erwachsene unzumutbar, infantilisiert sie durch eine solche Aussage ungewollt. Allerdings muss die BundID-Website dafür ebenfalls verlässlich erreichbar sein.

Nachtrag am 15. März 2023:

Als der wirkliche technische Schwachpunkt des Tages scheint sich tatsächlich die Antrags-Website der "BundID" herauszustellen. Seit dem Vormittag steht dort fast durchgängig die Meldung "Lastgrenze" und: "Diese Website ist auf Grund hoher Nachfrage kurzfristig nicht verfügbar." Tatsächlich sollen in den vergangenen 24 Stunden über 50.000 Anfragen eingegangen sein – so viele wie noch nie zuvor. Die Website liegt in der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums – und dort scheint man erstaunlicherweise das Nutzeraufkommen am ersten Tag der Antragstellung unterschätzt zu haben. Das Problem: Wenn die Seite schon bei 50.000 Anfragen zusammenbricht, auf welche Wartezeit müssen sich dann eigentlich die Antragsteller angesichts von rund 3,5 Millionen Berechtigten einstellen – von denen die meisten, siehe oben, eine BundID brauchen?

Das BMBF kann darauf verweisen, dass die 200-Euro-Antragsplattform selbst – mit dem digitalen Warteraum – stabil läuft derzeit. Was den Studierenden jedoch herzlich wenig nutzt – wenn sie wegen der mangelnden Planung im Bundesinnenministerium nicht an zuvor nötige BundID kommen. Bettina Stark-Watzinger hatte die Studierenden seit Wochen aufgefordert, sich die ID bereits zu besorgen. Aus gutem Grund, wie sich jetzt zeigt.

Kommentare

#1 -

Medizinstudent | Do., 16.03.2023 - 10:39
Alles richtig, nur der letzte Absatz ungenau: Auch eine bestehende BundID über den Perso hilft einem nicht. Meine legte ich mir schon vor Wochen zu, testete sie ausgiebig und scheiterte gestern doch. Die Ausweis-App hat ebenfalls nicht funktioniert/schien überlastet zu sein. Also gleich drei mal (Einmalzahlung200.de, bundid, Ausweisapp2). Habe mir dann eine neue BundID mit meinem Elster-Zertifikat angelegt, das hat gestern funktioniert (schon im zweiten Versuch…)

#2 -

Oliver Iost, S… | Fr., 17.03.2023 - 16:00
Selbst heute (am dritten Tag seit dem Start des allgemeinen Antrags) klappt es mit Online-Ausweis nur schlecht. Vorhin mit einer Studentin durchgegangen: Mit Ausweis mehrfach gescheitert, mit der PIN (die die Hochschule zum Glück auch ausgab) ging es dann problemlos.
Dass das BMBF die einfachste Lösung kaum erwähnte und bis heute auf der Antragsseite diese nur so erwähnt wird, als wenn sie nur im Notfall genutzt werden soll, ist ein Versagen.
Die Probleme mit Online-Ausweis bestätigen auch viele Nutzer:innen:
https://www.instagram.com/p/Cp40UYjNLmM/

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