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Viel Lärm um wenig

Am Freitag habe ich mir die Gewinner und Verlierer der Extra-ExStra-Verhandlungen angeschaut. Heute geht es mir um die Frage, ob denn der gefundene Kompromiss die "Exzellenz-Strategie" nun besser macht. Die Antwort: Ja und nein. Hier mein Kommentar, der heute Morgen im ZEITChancen Brief erschienen ist.

Sieben spannende Wochen hat Hamburgs Erster Bürgermeister Deutschlands Universitäten beschert, seit er Anfang Mai ankündigt hatte, die zwischen Bund und Ländern geschlossene Vereinbarung zur Zukunft der Exzellenzinitiative, neuerdings „Exzellenz-Strategie“ genannt, in der Ministerpräsidentenkonferenz abzulehnen. Am Donnerstag dann, kurz vor dem zweiten EM-Deutschland-Spiel, hat Olaf Scholz (SPD) dem nachgebesserten Kompromissangebot von Kanzlerin Angela Merkel zugestimmt. Was viele an der Stelle unterschlagen: Die anderen 15 Ministerpräsidenten übrigens auch. Die „ExStra“ kann also kommen wie geplant.

Haben die Nachbesserungen, die Scholz und seine grüne Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank erreicht haben, denn nun die Exzellenzinitiative besser gemacht? Ja und nein.

Unis, die sich anstrengen, können jetzt aufsteigen, betont die Senatorin, alle Exzellenzuniversitäten müssten sich 2025 einer Evaluation unterziehen, die über ihren Verbleib in der Spitzengruppe entscheide. Was Fegebank nicht sagt: Exakt dasselbe sah die Verwaltungsvereinbarung schon vor Hamburgs Grätsche vor. Der einzige Unterschied: Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass in neun Jahren keine einzige Exzellenzuni bei den Gutachtern durchfällt und zudem auch noch alle erneut die nötigen zwei Cluster schaffen, dann spendieren Bund und Länder bis zu vier neue Plätze für die Newcomer. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass es dazu gar nicht kommen wird, weil ohnehin genug Exzellenzunis aus der Förderung gefallen wären, dass also faktisch alles genauso läuft, wie es ohne die Hamburger Intervention gelaufen wäre. Trotzdem: Ja, Fegebank hat Recht, wenn Sie von „mehr Dynamik“ spricht, die die Änderung möglich macht. Garantiert vier Aufsteiger in der zweiten Runde.

Ärgerlich ist die zweite Änderung. Hamburg hat durchgesetzt, dass in der ersten Runde 2018 exakt elf Exzellenzuniversitäten gekürt werden, nicht acht bis elf, wie die Vereinbarung bisher vorsah. Mal abgesehen davon, dass es damit weniger Geld pro Uni gibt und die Idee der Spitzenförderung noch ein Stück verwässert wird, provoziert dieser Kompromiss die Frage, inwiefern das Auswahlverfahren noch wissenschaftsgeleitet sein kann. Was passiert, wenn nicht elf Universitäten zwei Cluster erreichen? Und was macht die Politik, wenn die Gutachter nicht bereit sind, elf Anträgen die nötige Qualität zu bescheinigen? Schließlich zittern auch einige Wissenschaftsminister: Je mehr Exzellenz-Plätze es gibt, desto geringer wird die Motivation für die Universitäten, sich wie gewünscht in Verbünde zusammenzutun.

Die wichtigste Erkenntnis ist jedoch eine andere. Im Kern ändert sich kaum etwas, und die paar Änderungen, gut oder schlecht, hätte man mit etwas mehr Verhandlungsgeschick sicher auch schon vor der Entscheidung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) am 22. April erreichen können. Es bleibt: Ziemlich viel Lärm um ziemlich wenig.

Kommentare

#1 -

Laubeiter | Mo., 20.06.2016 - 17:57
Ich sehe diese Verhandlung als ein Beispiel von Spieltheorie. Es ist für mich interessant, dass die Einwände gegen die erste Verinbarung vom Land Hamburg gemacht wurden. Und ich kann gut nachvollziehen, dass Hamburg in der Verhandlung etwas erzielen wollte, dass nicht für die deutsche Wissenschaftslandschaft oder die Exzellenz-Strategie eine allgemein akzeptierte Lösung ist, sondern für das eigene Bundesland. Hamburg ist bisher keine Exzellenzuni, Uni Präsident ist Lenzen, der an der FU den Erfolg der Bewerbung um Exzellenzförderung geleitet hat. Also kann es doch sein, dass der Präsident der Uni und die Wissenschaftsministerin im Sinne der Spieltheorie kalkulieren, dass es gut für Hamburg ist, die Zahl der Plätze für 2017 auf Elf zu setzen zu für 2022 auf 11+4, damit Hamburg in beiden Runden bessere Chancen hat, als wenn die Zahlen 8-11 und 11 wären. So, wie ich Spieltheorie verstehe, geht es dabei um die Maximierung des eigenen Nutzens, selbst wenn die Ausschüttung von Gütern in der Summe kleiner sein kann.

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