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Befristete Stellen: Der Streit ums nicht-wissenschaftliche Personal

Es war schon etwas überraschend, was da in dem Essay stand, den Baden-Württembergs grüne Wissenschaftsministerin mir vor einigen Tagen zuschickte. Wobei: irgendwie auch wieder nicht, schließlich hat Theresia Bauer auch schon bei anderer Gelegenheit bewiesen, dass für sie die Sache im Vordergrund steht, auch wenn sie das mal in Konflikt mit dem eigenen politischen Lager bringt.


Der Essay von Theresia Bauer nahm die geplante Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (jedes Mal wieder schön, dieses Wortungetüm) aufs Korn, und anders als etwa die GEW, der im Entwurf der Bundesregierung immer noch zu viel von Befristungen die Rede ist, warnt Bauer: Passt auf, übertreibt es nicht mit den Entfristungen! Konkret bezieht sie sich auf eine ganz bestimmte Mitarbeitergruppe an Deutschlands Hochschulen und Forschungseinrichtungen, das so genannten nicht-wissenschaftlichen Personal, das – so die Pläne der Berliner Großen Koalition – komplett aus dem Geltungsbereich des Gesetzes fallen soll. Was laut Bauer konkret hieße: Anstatt sie wie bisher von Vertrag zu Vertrag und Drittmittelprojekt zu Drittmittelprojekt verlängern zu können, müsste eine Hochschule künftig schon nach zwei Jahren entscheiden: dauerhaft einstellen oder »rauswerfen und jemanden Neues suchen«. Mit fatalen Konsequenzen, befürchtet Bauer: »Die Option Dauerbeschäftigung ist bei diesem hochspezialisierten Personal nur eine scheinbare«, keine Hochschule könne unbegrenzt ins Risiko gehen. Die Folge: Kündigungen.


Schützenhilfe bekam Bauer übrigens gestern im Bundestag von Ihrem Parteikollegen Kai Gehring, der die komplette Herausnahme des nicht-wissenschaftlichen Personals ebenfalls für riskant hält. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) soll darüber dem Vernehmen nach nicht gerade erfreut sein, hatte sie die Regelung doch als besonderes Herzanliegen des rot-grünen Lagers überhaupt erst erst in die Reform aufgenommen. Aus ihrem Ministerium hört man, dass es jetzt auch dabei bleiben wird.


Pikat an der ganzen Sache ist, dass Anfang Juni die Allianz der Wissenschaftsorganisationen mit exakt den gleichen Befürchtungen schon einmal bei Ministerin Wanka vorstellig geworden war. Damals hatte die Politik, Regierung wie Opposition, den Brief der Wissenschaftsoberen ignoriert. Spiegel Online sprach von einer "geballten Intervention" zulasten des Uni-Prekariats und folgerte: "Lobby will Befristung für alle".


Über Bauers Vorstoß und die Reaktion der GEW habe ich auch einen Artikel in der gestrigen Ausgabe der ZEIT geschrieben, der leider noch nicht online ist.

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