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Europäische Universitäten: Eine große Idee – klein gemacht?

Wer hinter Emmanuel Macrons großer Idee stecken könnte, wie die Europäische Kommission sie sich zu eigen macht und was die französische und die deutsche Wissenschaftsministerin daraus machen wollen: Eine Bestandsaufnahme nach einem Jahr, und ein Besuch in Paris.

Foto: Screenshot aus der Aufzeichnung der Sorbonne-Rede vom 26. September 2017
Foto: Screenshot aus der Aufzeichnung der Sorbonne-Rede vom 26. September 2017

DER JUNGE PRÄSIDENT hatte schon über eine Stunde geredet, als sich seine Tonlage plötzlich änderte. "Ich schlage die Gründung europäischer Universitäten vor", rief er in Richtung seiner zumeist jungen Zuhörerinnen und Zuhörer – und betonte dabei jedes einzelne Wort, "die ein Netzwerk von Universitäten aus mehreren europäischen Ländern bilden." Dabei ruderte er mit der linken Hand, und innerhalb weniger Sätze wurde aus dem Vorschlag eine Selbstverpflichtung: "Wir müssen uns dazu verpflichten, bis 2024 mindestens 20 solcher Universitäten einzurichten", sagte er immer noch mit lauter Stimme und begann zum Nachdruck aufs Rednerpult zu klopfen. Schon im nächsten akademischen Jahr müsse es losgehen. 

 

Es war, als habe Emmanuel Macron auf diese Stelle in seiner Rede gewartet. In einer Rede, auf die ganz Europa gewartet hatte. Am 26. September 2017 stand der damals 39-Jährige in der Pariser Universität Sorbonne und beschrieb eine neue Vision für den Kontinent. Eigentlich war es keine Vision. Es war ein Plan: Macron sprach über Sicherheit und Innovation, über den Umgang mit Migration, über Europa als Wirtschaftsmacht und als Garant einer nachhaltigen Entwicklung. Und mittendrin die Idee Europäischer Universitäten. Als sei sie für Macron selbst der Kern seines Plans.


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 Nein, die Rede des Präsidenten, der Europa verändern wollte, hat nicht gereicht für den großen Neuanfang. Genau ein Jahr später steckt die Europäische Union immer noch in der Krise. Aber Macrons Idee der Europäischen Universitäten steht kurz vor ihrer Realisierung. Bis ins Frühjahr 2019 läuft die Pilotausschreibung, danach werden die ersten Gewinner gekürt, im Herbst 2019 soll das Geld fließen. Ist der Wettbewerb um ein paar Fördermillionen das, was vom europäischen Traum übrig ist? Oder sind die Europäischen Universitäten doch die hochfliegenden Hoffnungen wert, die viele in sie setzen? Als der Kern von etwas Neuem, das zuerst fast unbemerkt, dann aber mit aller Macht die Staatengemeinschaft mit neuem Leben erfüllen wird? 

 

Ist es die Idee von Macrons Frau Brigitte Trogneux?

 

Als Emmanuel Macron in der Sorbonne ans Rednerpult tritt, hinter ihm eine blaue Wand mit Sternen, neben ihm die Tricolore und die Europaflagge, sitzt Frankreichs Wissenschaftsministerin Frédérique Vidal (parteilos) in der ersten Reihe, um sie herum handverlesene Studenten, Hochschulrektoren, Journalisten. Vidal, Jahrgang 1964, ist zu dem Zeitpunkt wie der Präsident selbst erst ein paar Monate im Amt, vorher war die Biochemikerin Rektorin der Universität Nizza-Antipolis. Nein, Macrons Vorschlag habe sie nicht überrascht, sagt sie im Rückblick. "Überhaupt nicht. Wir waren uns schon im Wahlkampf einig, dass Universitäten und Forschungseinrichtungen eine zentrale Rolle dabei spielen werden, die Bürger wieder mit Europa zu versöhnen."

 

Im Wissenschaftsministerium in Paris erzählen sie allerdings noch eine andere Geschichte. Als der Élysée-Palast, der Sitz des französischen Präsidenten, mit dem Vorschlag um die Ecke kam, mussten sie erstmal schauen, was sich aus ihm machen lässt. Er habe ganz klar nicht von Hochschulexperten gestammt, sagen sie, sondern aus der Europa-Abteilung des Élysée: Bildung und Forschung als Vehikel auf dem Weg zu höheren Zielen. Manche in der französischen Regierung behaupten gar, Macrons Frau Brigitte Trogneux persönlich, Französischlehrerin von Beruf, sei die Ideengeberin gewesen. Verifizieren lässt sich all das nicht, trotz mehrfacher Anfragen kommt im Vorfeld dieses Artikels ein Gespräch mit Thierry Coulhon, Macrons Chefberater für Wissenschaft, nicht zustande: Frédérique Vidals Wissenschaftsministerium könne sicherlich alle Fragen beantworten, heißt es entschuldigend aus dem Élysée -Presseamt. 

 

Die deutsch-französische Achse, mal wieder?

 

Ja, sagt Denis Despreaux, verantwortlich für europäische und internationale Angelegenheiten in Vidals Ministerium: Heute können sie das. Am Anfang aber hatten sie nichts als die paar Sätze in Macrons Rede. "Wir wussten wenig, aber eines schon. Es musste schnell gehen." 

 

Das sei der Moment gewesen, in dem die Franzosen bei ihnen angerufen hätten, erzählen sie im deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Vidals Mitarbeiter seien merklich auf der Suche nach Ideen gewesen. Die Deutschen und die Franzosen, wieder mal ein eingespieltes Team von Anfang an? In Paris spielen sie die Bedeutung der Deutschen in dieser frühen Phase dagegen herunter: Sie hätten mit Kollegen aus vielen EU-Staaten geredet, sagen sie. Tatsächlich finden im Herbst 2017 gleich mehrere Runden statt, in denen die Ministerialbeamten aus Frankreich, Deutschland und weiteren EU-Staaten gemeinsam brainstormen, was Macrons Idee praktisch bedeuten könnte. 

 

Neugründung der EU durch Neugründung EU-Universität

 

Aus Sicht der Franzosen gibt es mit den Deutschen ein gravierendes Problem: Die Bundesrepublik hat gerade die Bundestagswahl hinter sich, komplizierte Koalitionsverhandlungen deuten sich an und erstrecken sich dann tatsächlich über fast ein halbes Jahr. So sehr die BMBF-Mitarbeiter hinter verschlossenen Türen mithelfen, die offizielle Antwort von Kanzlerin Merkel auf Macrons Vorschläge lässt auf sich warten. Deutschlands Spitzenpolitiker sind vorrangig mit der Nabelschau beschäftigt. Der SPD-Bildungspolitiker Ernst-Dieter Rossmann nennt das deutsche Echo auf Macrons Ideen Anfang 2018 in Anlehnung an den Philosophen Jürgen Habermas "schwach bis tonlos", auf europäischer Ebene habe es dafür umso mehr Resonanz gefunden und Aktivitäten ausgelöst.

 

Und in den Medien gleich dazu. Es ist die Zeit der ganz großen Phantasien: Fünf Institute in fünf europäischen Ländern mit je 15.000 Studenten, schlägt die ZEIT Ende Januar 2018 vor. "Das ist deutlich kleiner als eine deutsche Massen-Uni, aber doch so groß wie etwa Stanford." Und: Es müsse eine Neugründung sein, anstatt ein weiteres Programm à la Bologna oder Erasmus aufzulegen. So wichtig diese Programme seien: "Mit Ideen von gestern aber wird man weder Europa retten noch die Bildung voranbringen. Eine Neubegründung der Europäischen Gemeinschaft wird es ohne die Neugründung einer Europäischen Universität nicht geben."

 

Wer solche Sätze liest, versteht, warum sie es jenen Wochen im Herbst 2017 in Paris eilig haben, ein Konzept vorzulegen. Und so treiben Vidals Beamte, während Deutschland um eine neue Regierung ringt, die Exegese der Präsidentenrede voran. Der Spitzenbeamte Despraux  aus dem Vidal-Ministerium vor allem, daneben Siegfried Martin-Diaz, der das EU-Referat in Despraux’ Abteilung leitet, und Alain Beretz, zu der Zeit Generaldirektor für Forschung und damit einer der mächtigsten Beamten im französischen Wissenschaftsministerium. 

 

Was für ein Netzwerk?

 

Der Präsident könne keine neuen Universitäten gemeint haben, beschließen sie in Absprache mit ihren Kollegen aus Deutschland und anderswo. Mindestens 20 Neugründungen bis 2024, zusammengesetzt aus jeweils mehreren über Europa verstreuten Campussen, das sei schlicht nicht vorstellbar. Und sinnvoll auch nicht. "Der Präsident sprach ganz klar von einem Netzwerk", sagt Despraux im Rückblick, es gehe also darum, dass etablierte Universitäten sich auf ganz neue und intensive Art miteinander verbinden. In Macrons Rede klang das so: Die Europäischen Universitäten sollten Studienprogramme auflegen, deren Studenten grundsätzlich "im Ausland studieren und Kurse in mindestens zwei Sprachen besuchen werden". Von "echten europäischen Semestern" sprach der Präsident – und von "echten europäischen Diplomen". 

 

Das nächste Problem, das die Ministerialbeamten in Paris, Berlin und anderswo beschäftigt: Was genau meinte Macron eigentlich mit "Netzwerk"? Der Begriff passe nicht wirklich gut, finden sie in ihren ersten Gesprächen. Hochschulnetzwerke gebe es ja in Europa schon zur Genüge, sagt Alain Beretz. Aber was der Präsident gemeint habe, seien kleine Verbünde. "Nicht 20 Partner pro Europäischer Universität, sondern vier vielleicht, oder fünf."

 

Eine europäische Exzellenzinitiative?

 

Mindestens 20 Europäische Universitäten also, zusammengesetzt aus etwa fünf bestehenden Institutionen. Macht um die 100 mögliche Gewinner bis 2024. Womit, erinnern sich die drei, eine weitere Frage um Raum stand. Wollte der Präsident mit seiner Initiative eine Art europäische Exzellenzinitiative starten, mit den Besten der Besten als Auserwählte? 

 

Beretz sagt heute, das könne man so fordern, das sei aber keine Kunst: "Spitzenverbünde, die aus Spitzenuniversitäten gebaut werden." Wahrscheinlich, waren sie sich in den ersten Monaten einig, sei das sogar etwas, was Europa brauche, um der internationalen Sichtbarkeit willen. "Aber gleichzeitig braucht Europa heute mehr denn je den Gemeinschaftsgedanken, das Miteinander und den Ausgleich." Das Ergebnis ihrer Überlegungen: Jede Universität muss unabhängig ihres Standorts zumindest eine vernünftige Chance haben, zum Zug zu kommen. Was nicht heißt, dass sich die geförderten Verbünde zwangsläufig gleichmäßig über Europa verteilen müssen. Und: Der Begriff "Europäische Universitäten" schließt auch andere Hochschulformen, zum Beispiel Fachhochschulen, mit ein.

 

Die Europäische Kommission übernimmt

 

Parallel zur Arbeit in den Ministerien spielt Präsident Macron seinen Plan in die höchsten Entscheidungsgremien ein. Schon am 17. November 2017, als Europas Staats- und Regierungschefs in Göteborg informell über "konkrete Ideen zur Verbesserung der Agenda der EU in den Bereichen Bildung und Kultur" diskutieren, liegt ein kurzes Thesenpapier auf dem Tisch, Thema: ein "Netz" europäischer Universitäten. Als offizieller Urheber fungiert die Europäische Kommission, aber in Frédérique Vidals Wissenschaftsministerium legen sie Wert darauf, dass es vorrangig unter ihrer Federführung erarbeitet worden sei. 

 

Die Vision der Kommission sei, bis 2025 einen europäische Bildungsraum zu schaffen, ein Europa, "in dem Lernen, Studieren und Forschen nicht durch Grenzen behindert werden soll". Als "Schlüsselfaktor" bezeichnet die Kommission die Einrichtung von "Europäischen Universitäten auf Weltniveau, die nahtlos über Grenzen hinweg arbeiten". Beim Brüsseler Gipfeltreffen der europäischen Regierungschefs im Dezember 2017 kursiert dann wieder die Zahl 20. Ungefähr 20 Europäische Universitäten bis 2024 sollen es werden, bestehend aus "bottom-up"-Netzwerken von Universitäten verteilt über ganz Europa.  

 

Es folgen Beratungen in der sogenannten "Bologna Follow-Up Group", in der die Wissenschaftsministerien aller Bologna-Staaten und Vertreter der EU-Kommission stimmberechtigt sind. Und als es mit der geplanten Ausschreibung nicht so recht vorangeht, setzt Brüssel eine Expertengruppe ein, die die Details der Ausschreibung erarbeiten soll. Das sei auf ihre Initiative beim EU-Wissenschaftsministerrat im Februar 2018 geschehen, sagen die Deutschen – als Beweis, dass sie die ganze Zeit arbeitsfähig und dabei waren. 

 

Ziel ist es, bis zur nächsten Bologna-Konferenz im Mai 2018 in Paris ein fertiges Konzept hinzubekommen. Und das gelingt auch. In dem Papier, das Grundlage der Ausschreibung werden soll, schwärmt die EU-Kommission von einer "nie dagewesenen Initiative, die einen Quantensprung der Zusammenarbeit zwischen allen Hochschultypen und über alle Ebenen ihrer Organisation und Aktivitäten hinweg erfordert". 

 

30 Millionen Euro für drei Jahre

 

Wobei die Rhetorik nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass mehr als ein Pilotprojekt zunächst nicht drin ist und dass dieses Pilotprojekt im Rahmen der bestehenden Erasmus-Förderstrukturen laufen wird. Als zweijährige Testphase vor dem "Voll-Rollout 2021" verkauft die Kommission die erste Bewerbungsrunde, eine nette Umschreibung für die schmale Finanzierung: 30 Millionen Euro stellt die Kommission zur Verfügung, für drei Jahre, macht etwa zwei Millionen pro Jahr und Netzwerk, von denen es zunächst nur etwa fünf geben soll, mit jeweils drei bis sechs Partnerinstitutionen.  

 

In Paris überlegen sie schon im März 2018, wie sie Macrons Idee eines europäischen Neuanfangs durch europäische Universitäten und ambitionierte Forschungskooperationen neuen Glanz einhauchen können. Plötzlich wird Berlin, wo die Große Koalition gerade ihren Vertrag besiegelt hat, wieder ganz wichtig. Der Élysée-Palast lädt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) nur zwei Wochen nach ihrem Amtsantritt nach Paris ein, um bei der Vorstellung der französischen Forschungsinitiative zur Künstlichen Intelligenz (KI) eine Rede zu halten. Karliczek gibt sich sichtlich beeindruckt und spricht im Interview von "einer großen Ehre": "Wenn Sie neu in einem Amt sind, dann sind es die ersten Erfahrungen und Begegnungen, die Sie prägen."

 

Prächtige Flügeltüren hier, Linoleum dort

 

Fréderique Vidal umgarnt ihre neue Kollegin, Frankreich und Deutschland beschließen, die knappe EU-Anschubfinanzierung für die Europäischen Universitäten um jeweils zehn Million Euro pro Jahr zu ergänzen. Selbstlos ist das nicht – das Geld soll der Bildung von Netzwerken dienen, an denen die Universitäten beider Länder beteiligt sind. Ein deutsch-französisches Forschungszentrum für KI gilt ebenfalls als Symbol gemeinsamer Forschungsambitionen. Was die französisch-deutsche Beziehung speziell mache, sagt Ministerin Vidal, "ist, dass unsere beiden Länder in der Lage sind, im Zweifel zusammen in Vorleistung zu gehen." Andere Staaten sind dem Vorbild inzwischen gefolgt.

 

Während Vidal von "Lehre, Forschung und Innovation" spricht, von "Studierenden, Forschern und Startup-Gründern" und davon, "dass die Europäischen Universitäten all das vereinen können", sitzt sie hinter prächtigen Flügeltüren im ersten Stock des Palais, in dem die Führungsebene ihres Ministeriums untergebracht ist; ein livrierter Diener bringt Kaffee in Porzellantassen, und die Stimme der Ministerin hallt unter der vier Meter hohen Zimmerdecke.

 

Ein paar Häuser weiter haben sich auch die französischen Spitzenbeamten Despraux, Martin-Diaz und Beretz noch einmal versammelt, durchs geöffnete Fenster dringt Straßenlärm, die Luft riecht nach Linoleum. Sie sprechen darüber, wie sich die Idee vom September 2017 in der Sorbonne bewahren lässt in ihrem Kern und zugleich in die nötigen administrativen Strukturen eines Wettbewerbs überführen lässt. Ist das mit dem beschlossenen Konzeptpapier gelungen? 

 

Mindestens drei Unis aus drei Staaten

 

Jeder Verbund, so hat es die Kommission in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten festgelegt, soll aus mindestens drei Universitäten aus mindestens drei EU-Staaten bestehen und einen Konsortialführer haben, die Partner sollen sich auf eine gemeinsame Strategie verständigen und diese als Bewerbung einreichen. Die Strategie soll einen Arbeitsplan enthalten für Forschung und Lehre, für relevante und effiziente Managementstrukturen, sie soll aufzeigen, wie mehr internationale Mobilität und mehr soziale Inklusion erreicht werden können. Bereits bestehende Allianzen müssen bislang unbekannte Dimensionen der Integration anstreben, neue Verbünde mit dem Aufbau grundlegender Kooperationsstrukturen beginnen. 

 

Als Auswahlkriterien benennt das Konzept die Relevanz der Strategie und der übergeordneten Ziele der Initiative, darüber hinaus muss das Papier überzeugen und seine Umsetzung plausibel erscheinen; schließlich müssen die Kooperationsstrukturen zwischen den Partnern stimmig sein und die Nachhaltigkeit des Verbunds wahrscheinlich, auch wenn die Förderung einmal zu Ende ist. 

 

Ist das schon zu viel der Vorgabe oder sogar noch zu wenig? Und wie großzügig wird die Auswahlkommission bei ihrer Auslegung sein? Überhaupt, die Auswahlkommission. Wer sitzt da eigentlich drin? Politiker? Verwaltungsbeamte? Wissenschaftler? 

 

Das sei noch unklar, sagt Alain Beretz. "Ich persönlich hoffe natürlich, dass Wissenschaftler die Mehrheit haben werden." Denis Despreaux erwartet, dass viele Fragen sich möglicherweise erst nach der Pilotphase klären würden, weshalb die eigentlich doch eine gute Idee sei. "Hauptsache, wir bewahren dem Programm seine Freiheitsgrade."

 

Frankreichs Sonderbeauftragter für die EU-Universitäten

 

Es ist der letzte Tag von Alain Beretz als Generaldirektor Forschung im französischen Wissenschaftsministerium. Am Abend zuvor hat Ministerpräsident Édouard Philippe ihn zum Sonderbeauftragten für die Europäischen Universitäten ernannt. Jetzt ist der 64-Jährige mit dem schütter gewordenen Lockenkopf in Aufbruchstimmung und schon wieder ganz der ehemalige Hochschulpräsident, der er mal war. 

 

Denn bevor er 2016 ins Ministerium wechselte, leitete er die Universität Straßburg, und mit seinen Kollegen aus Freiburg, Karlsruhe, Basel und der Region Haute-Alsace hat er 2015 "Eucor" gegründet – „The European Campus“.  Ein "trinationaler Verbund zwischen fünf Universitäten in der Oberrheinregion im Herzen Europas", so lautet die Selbstbeschreibung der Partner, die ihre besondere Zusammenarbeit auf 1989 zurückdatieren. "Unser Verbund ist ganz natürlich entstanden, lange vor Macrons Initiative", sagt Beretz. "Ich will damit nicht sagen, dass das Konzept von uns erfunden wurde, aber wir leben es bereits."

 

In seinem neuen Job soll er aber nicht vor allem Straßburg und seine Partner beraten, sondern alle französischen Universitäten gleichermaßen, die sich anschicken, bei der Ausschreibung mitzumachen. "Ich habe keine Macht, aber jede Menge Ideen und Energie", sagt Beretz und grinst. Nein, einen Counterpart auf deutscher Seite habe er bislang nicht. Wäre auch schwierig angesichts der deutschen föderalen Strukturen, meint Beretz. Wer noch einen Beweis brauchte, wie wichtig der französische Präsident seine Idee bis heute nimmt – hier sitzt er. 

 

Dieser Artikel erschien zuerst im DSW Journal 3/2018 des Deutschen Studentenwerks.

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Kommentare: 1
  • #1

    Mannheimer Studi (Donnerstag, 25 Oktober 2018 11:17)

    Das erinnert mich alles ehrlich gesagt sehr an die bereits bestehenden Erasmus Mundus Masterprogramme. Ich halte das Konzept der Mundus Programme für gut, aber zumindest in meiner Uni-Blase ist es nicht besonders bekannt.