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Digitalpakt: Grünen-Politikerin schlägt Kompromiss vor

Bundesregierung, Länder und Bundestagsopposition stecken fest im Ringen um die geplante Grundgesetzänderung. Zeichnet sich jetzt ein Ausweg ab?

Foto: Pixabay
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FÜR SPIEGEL ONLINE berichte ich heute über den Stand der Verhandlungen um den Digitalpakt. "Wie der Digitalpakt zur Geisel der großen Politik wurde", haben die Kollegen meinen Artikel überschrieben. Passt gut, finde ich – leider. Fünf Milliarden für die IT-Ausstattung hat die Bundesregierung versprochen, seit über zwei Jahren wird verhandelt, und zuletzt wurde es mit jedem Tag wahrscheinlicher, dass selbst das Ziel, dann wenigstens Anfang 2019 mit der Auszahlung loszulegen, verfehlt werden könnte. Nun gibt es aber womöglich erste Anzeichen, wie kurz vor Ultimo doch noch eine Einigung gelingen könnte. 

 

Dass der Digitalpakt überhaupt zur Geisel wurde, hat die Große Koalition vor allem sich selbst zuzuschreiben. Union und SPD hatten im Frühjahr in ihrem Koalitionsvertrag erstmals festgelegt, dass es das Bund-Länder-Programm nur mit einer Grundgesetzänderung als Voraussetzung geben werde. Vorher hieß es: Der Pakt gehe auch ohne. Doch die Bundesregierung manövrierte sich in die perfekte Blockade hinein, denn für ihren Plan braucht sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Die sie nicht hat. Und so muss sie es jetzt allen recht machen: Den Grünen und der FDP im Bundestag, die nur zustimmen wollen, wenn das Kooperationsverbot viel grundsätzlicher beseitigt wird. Und den Ministerpräsidenten, die genau das nicht wollen.

 

Jetzt könnte Bewegung in die Verhandlungen kommen. Margit Stumpp, die bildungspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, sagte mir gestern: Nach ihrer Auffassung könnte eine Einigung darin bestehen, dass man zwei Schritte gehe, und "mindestens" den ersten noch in diesem Jahr. Zunächst könnte der betreffende Grundgesetz-Artikel 104c so geändert werden, dass der Bund künftig allen (nicht nur wie bislang den finanzschwachen) Städten und Gemeinden bei den Bildungsinvestitionen helfen dürfe, so wie es der GroKo-Vorschlag vorsieht. Allerdings, und das wäre die Forderung von Stumpp, mit der expliziten Ergänzung: "dauerhaft und stetig", also in gleichbleibender Höhe. "Der zweite Schritt könnte dann in einem Versprechen seitens der Bundesregierung bestehen, nächstes Jahr nochmal über eine grundsätzliche Reform des Kooperationsverbots zu verhandeln", sagt Stumpp. Ohne das Ergebnis bereits vorwegzunehmen, verstehe sich.

 

Interessanterweise wäre diese Zwei-Schritte-Lösung auch eine, die viele Ministerpräsidenten mitgehen könnten: erst den 104c beschließen – in einer Art und Weise, der die Kulturhoheit der Länder unangetastet ließe, weil er sich nur auf Investitionen bezöge. Wenn dann im nächsten Jahr nochmal grundsätzlich über den Föderalismus diskutiert würde, käme das sogar gerade jenen Ländern entgegen, die besonders kritisch gegenüber der jetzt geplanten Grundgesetzänderung sind. Baden-Württemberg vor allem – aber auch Nordrhein-Westfalen und Sachsen, die erst vergangene Woche bei der Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten in Hamburg in einem Leitfaden grundsätzliche Änderungen an der "föderalen Finanzarchitektur" gefordert hatten. Diese drei Länder wollen natürlich etwas ganz Anderes als Bundestagsgrüne und FDP, aber das wäre dann nächstes Jahr auszuhandeln, und das allen gemeinsame Ziel, den Digitalpakt gesichts- und positionswahrend vor Jahresende durchzuwinken, wäre erst einmal erreicht. 

 

Hoffentlich geht der für die Verhandlungen zuständige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf die zaghaften Oppositionssignale zeitnah ein. Mit Blick auf sein bisheriges Engagement bei dem Thema (er hat sich offenbar erst vor wenigen Wochen das erste Mal um ein Gespräch mit Grünen und FDP bemüht) ist das kein Selbstläufer. Genauso wenig, dass alle Grünen und die FDP mitziehen. Und dann müssen auch noch die Länder sich bewegen. Was aber wiederum mit jedem Tag wahrscheinlicher wird, denn sie wollen unbedingt bald an das Digitalpakt-Geld. Vorsichtiger Optimismus ist also angebracht. Mal wieder.

 

Meinen ausführlichen Bericht über den Stand bei den Verhandlungen um den Digitalpakt und alle Hintergründe finden Sie in meinem Artikel bei Spiegel Online

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