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Mukherjee wird neuer DAAD-Chef

Starkes Ergebnis für den Gießener Unipräsidenten, spannender Konkurrenzkampf um den Vizeposten.

Joybrato Mukherjee. Foto: JLU-Pressestelle / Rolf K. Wegst.

DER DAAD BEKOMMT einen neuen Chef. Die Mitgliederversammlung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes wählte gestern Joybrato Mukherjee, 45, ins Präsidentenamt. Mukherjee wird zum 1. Januar 2020 die Nachfolge von Margret Wintermantel antreten, die die größte akademische Austauschorganisation der Welt acht Jahre lang geführt und sich nicht erneut zur Wahl gestellt hatte. 

 

Mukherjee erhielt 168, seine Gegenkandidatin 46 Stimmen. Seinen Hauptjob als Präsident der Universität Gießen behält er, der DAAD-Posten ist offiziell ein Ehrenamt. Mukherjee ist Anglist und Sohn indischer Einwanderer. Als er 2009 in Gießen gewählt wurde, galt er als jüngster Präsident einer staatlichen Universität in Deutschland. Der DAAD ist ihm bereits bestens vertraut, er war seit 2012 (einziger) Vizepräsident der Organisation und gleichzeitig mit Wintermantel angetreten. 

 

In seinen Jahren beim DAAD ist Mukherjee vielen als vielfältig vernetzte, zielorientierte und menschlich faire Führungspersönlichkeit aufgefallen, weshalb seine Kandidatur um Wintermantels Nachfolge nicht überraschte und seine Aussichten, gewählt zu werden, von vornherein als extrem gut galten. Allerdings war mit seiner Kandidatur auch klar, dass wieder eine zweite starke Persönlichkeit gefunden werden muss, um Mukherjee als Vize nachzufolgen.

 

Entsprechend verlagerte sich der eigentliche Kandidatenwettbewerb auf die Stellvertreter-Frage. Fünf Interessenten gingen ins Rennen, am Ende spitzte sich die Wahl auch auf eine Konkurrenz zwischen Universitäten und Fachhochschulen zu. Die Fachhochschulen, die gerade erst mit großem Aufwand ihr 50-jähriges Bestehen feierten, forderten einen Platz im Präsidium.

Muriel Helbig. Foto: Pressestelle TH Lübeck. 

Viele FHs haben sich unlängst in "Hochschulen für Angewandte Wissenschaften"  oder auch in "Technische Hochschulen" umbenannt, die neuen Namen drücken ein anderes Selbstbewusstsein aus als noch vor wenigen Jahren. In ihrem auf der Jubiläumsfeier beschlossenen "Lübecker Manifest" verweisen sie zum Beispiel auf ihre überdurchschnittlich gewachsene Studierendenschaft und fordern mehr wissenschaftspolitische Anerkennung für ihre Leistungen: das Promotionsrecht, aber auch einen deutlich höheren Anteil an der Hochschulfinanzierung. 

 

Doch die Universitätsvertreter wollten ihre Ansprüche auch nicht so einfach zurückstecken, und so kam es zu einem spannenden Schlagabtausch – mit einem Happy End aus Sicht der Fachhochschulen: Im zweiten Wahlgang erreichte Muriel Helbig, die gerade für eine zweite Amtszeit bestätigte Präsidentin der Technischen Hochschule Lübeck, 121 von 214 Stimmen und damit die nötige Mehrheit. Zu diesem Zeitpunkt waren immer noch alle vier weiteren Kandidaten, allesamt Uni-Vertreter, im Rennen. 

 

Helbig, Jahrgang 1975, ist promovierte Psychologin. Als sie 2014 in Lübeck Chefin wurde, war das eine Premiere, die sich jetzt beim DAAD wiederholt: Helbig ist keine Professorin,  sie steht für eine neue Generation von Wissenschaftsmanagern, die sich gezielt für akademische Führungsaufgaben qualifiziert haben. Im Kreis ihrer FH-Präsidentenkollegen gilt Helbig als durchsetzungsstark und ideenreich: Die Festveranstaltung zu 50 Jahren Fachhochschulen ging vor allem auf ihre Initiative zurück. 

 

Das neue Führungsduo steht vor wichtigen Weichenstellungen. Während ihrer Amtszeit wird unter anderem die jetzige DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland in Pension gehen, die zusammen mit Wintermantel und Mukherjee in den vergangenen Jahren eine großangelegte Strukturreform bei der Organisation durchgezogen hat. Rüland zu ersetzen, wird nicht leicht werden – zumal die Folgen der Neuorganisation für den DAAD immer noch nicht vollständig bewältigt sind. 

 

Darüber hinaus müssen Mukherjee und Helbig darauf achten, dass der DAAD auch künftig genug Geld vom Bund erhält. Nicht nur werden die öffentlichen Haushalte insgesamt enger, der DAAD ist auch anders als die großen Wissenschaftsorganisationen nicht Partner im sogenannten Pakt für Forschung und Innovation – er hat also nicht auf zehn Jahre hinaus die Sicherheit, regelmäßige Budgetzuwächse zu bekommen. Ein Großteil seiner Grundfinanzierung stammt vom Auswärtigen Amt, schon in den vergangenen Jahren waren die Budgetverhandlungen teilweise holprig verlaufen. Zuletzt hatte die Austauschorganisation unter anderem von Sonderprogrammen zur Förderung Geflüchteter profitiert, doch fanden diese Zuwächse abseits der Grundfinanzierung statt.  

 

Der DAAD hat insgesamt 241 Mitgliedshochschulen, zudem sind 104 Studierendenschaften in der Organisation vertreten. Außer dem Präsidium wählten sie auch zwölf weitere Vorstandsmitglieder und das Kuratorium neu. Weitere Informationen zu allen Gewählten finden Sie in der Pressemitteilung des DAAD

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