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An den Lehrern liegt es nicht

Die Politik muss endlich wieder eine eindeutige Haltung zur gesellschaftlichen Bedeutung der Rechtschreibung einnehmen. Ein Gastbeitrag von Susanne Lin-Klitzing.

Duden, Band 1, 27. Auflage, Berlin 2017   Foto: Kalligraf - CC BY-SA 4.0

WIR SOLLTEN Winfried Kretschmann dankbar sein, schrieb Jan-Martin Wiarda neulich hier im Blog, für den Anstoß der aktuellen Rechtschreibdebatte. Für den Anstoß: Ja. Als Zustandsbeschreibung: Einverstanden. Als Handlungsorientierung für die Zukunft? Nein.

 

Es geht aus meiner Sicht sogar darum, Rechtschreibung und richtige Kommasetzung gesellschaftlich zu stärken. Warum?

 

Ich korrigierte und korrigiere Rechtschreib-, Komma- und Grammatikfehler. Konsequent. Eigentlich immer und überall. Bei meinen Schülern beispielsweise. Natürlich nicht nur im Unterrichtsfach Deutsch, sondern auch in den anderen Fächern: Korrektes Schreiben als Unterrichtsprinzip in allen Unterrichtsfächern, auch im Religionsunterricht. Selbstverständlich. Ich korrigierte in den Thesenpapieren von meinen Studienreferendaren, aber viel mehr in den Thesenpapieren, Klausuren und Staatsexamensarbeiten von meinen Lehramtsstudierenden. Und ich schickte und schicke E-Mails von Studierenden zurück, die einfach zu viele Fehler oder sonstige "Anstandsfehler" aufwiesen. Keine persönliche Anrede, obwohl nur ich gemeint bin, sondern mit Glück ein "Hallo". Oder eine Anrede, die gleich mit drei Fehlern in meinem Namen aufwartet... 

Susanne Lin-Klitzing ist seit 2017 Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes. Seit 2007 ist sie Professorin für Schulpädagogik für die gymnasiale Lehrerbildung Universität Marburg. Foto: privat.

Zu den Lieblingsfehlern, über die auch Bastian Sick zutreffend schreibt, gehört der falsch gesetzte Apostroph, im Deutschen in der Regel als Auslassungszeichen gebraucht, nicht wie im Englischen für die Abtrennung des Genitiv-S (Ausnahme im Deutschen bei Eigennamen): "Die Herstellung dieses Produkt's ist garantiert ohne ..." oder als Abtrennung neuerdings sogar beim Plural-S zu finden: "Ihr beiden Gabi's" oder "Cocktail's".

 

Konjunkturell wechseln sich bestimmte "Lieblingsfehler" ab: "wiederrum", "Vorrausetzungen" und "Herzlich Willkommen". 

 

Neu stelle ich fest, dass mittlerweile die Akkusativendungen nicht mehr verwendet werden oder der Akkusativ gar nicht mehr erkannt wird (?), so wie neulich in der


Überschrift einer renommierten Tageszeitung: "AfD stellt Kandidat gegen Ramelow auf". Wen oder was stellt sie auf? Einen Kandidaten, nicht einen Kandidat...

 

Welchen Nachteil sollte es denn haben,
Rechtschreibung zu beherrschen?

 

Welchen Nachteil sollte es denn allen Ernstes haben, Rechtschreibung und Kommasetzung zu beherrschen? Die Vorteile liegen doch klar auf der Hand: Die einheitliche Rechtschreibung wurde eingeführt, damit wir Verschriftlichtes schneller, verständlicher und missverständnisärmer lesen können. Auch die Kommasetzung ist dabei hilfreich. Wir können Informationen so störungsfreier verarbeiten. Und unsere eigenen Schreibprodukte werden so – im puren Eigeninteresse und im Interesse der Sache – "störungsfreier" aufgenommen.

 

Nein, es ist nicht nur ein Grundgerüst an Rechtschreibung für die Jugendlichen nötig, sondern ihre sichere Beherrschung. Kinder und Jugendliche müssen zudem ein Rechtschreibbewusstsein erwerben und erkennen, in welchem Kontext – Beziehung, Schule, Bewerbung - sie sich wie (richtig!) ausdrücken und korrekt schreiben müssen. Wir brauchen die sichere Beherrschung der Rechtschreibung, unabhängig davon, ob wir analog oder digital schreiben. Wir brauchen keine unnötige Abhängigkeit von "maschineller Intelligenz", die ja gar nicht das leisten kann, was wir Menschen können, nämlich zweifelsfrei zu erkennen, ob etwas je nach unterschiedlichem Kontext groß oder klein geschrieben werden muss. Trotz technischer Hilfsmittel sind die Fehler, zum Beispiel in Bewerbungsschreiben, ja sogar nicht weniger, sondern eher mehr geworden, glaubt man denjenigen, die solche Bewerbungsschreiben lesen.  

 

Woran liegt's? Sind wieder einmal die Lehrkräfte oder die Lehrerausbildung schuld? Die Fokussierung auf die Lehrkräfte ist mir zu eng: Es fehlen gesellschaftliche und politisch-administrative Komponenten. Diese machen die entscheidende Begleitmusik aus.

 

Die mentale, gesellschaftliche Komponente: Gesetzte und gültige Verhaltensstandards, hier im Bezug auf das Schreiben, nämlich das korrekte Schreiben, werden gesellschaftlich nicht mehr ernst genommen. Jedes falsche "Herzlich Willkommen", auch auf Folien von Unternehmen, wird kommentarlos akzeptiert. Lehrkräfte nehmen ermüdenden Zusatzaufwand in Kauf, um eigentlich überflüssige Diskussionen über Selbstverständliches, wie korrekte Rechtschreibung als positives Instrument für Mündigkeit und Unabhängigkeit für Kinder und Jugendliche, zu führen.

 

Wenn man (Falsches) korrigiert, wird dies
eher als Kränkung denn als Chance gesehen

 

Bekommen Schüler Abzüge wegen solcher Formalia, wird auch schon einmal auf Anwaltspapier dazu um Rücksprache gebeten, obwohl die Orthografie tatsächlich etwas "für's Leben" des Kindes und nicht (nur) für die Schule ist. Als Teil unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit erfahre ich: Wenn man (Falsches) korrigiert, wird dies eher als Kränkung denn als Gewinn oder Chance zu möglichem Lernfortschritt gesehen.

 

Die politisch-administrative Komponente: Ich plädiere nicht für die Überbewertung instrumenteller Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie Rechtschreibung und Kommasetzung es sind. Ich halte jedoch den derzeitigen politisch-administrativen Umgang in den kultusministeriellen Regelungen damit für nicht konsequent genug.

 

Rechtschreibung, gute Deutschkenntnisse, entsprechende Noten dafür, spielen bereits beim Übergang auf die weiterführenden Schulen keine große Rolle mehr. Da, wo Standards nicht konkret genug und nicht verbindlich sind, verlieren sie ihre Bedeutung. So sind beispielsweise die Grundschulstandards Deutsch von 2004 sehr allgemein formuliert, an keiner Stelle finden sich Hinweise auf ein mindestens zu erreichendes Niveau, es gibt nicht einmal einen Grundwortschatz.

 

In der Mittelstufe besteht in den meisten Bundesländern immerhin die Verpflichtung, für schwerwiegende und gehäufte Verstöße gegen die Rechtschreibung eine Note abzuziehen. Nicht so in Rheinland-Pfalz, hier kann man es. Es ist jedoch der einzelnen Lehrkraft überlassen. Keine kluge Regelung. Weder im Interesse der Lehrkräfte, noch im Interesse der Schüler.

 

Wir brauchen mehr Eindeutigkeit und
Konsequenz im Umgang mit der Rechtschreibung

 

In der Oberstufe sind es maximal zwei Punkte, also nicht einmal eine Note, mit der die Lehrkräfte auf schwerwiegende und gehäufte Verstöße gegen die sprachliche Richtigkeit oder äußere Form reagieren können. Das ist zu wenig. Das ist ein falsches Signal!

 

Ich erwarte mehr Eindeutigkeit und Konsequenz im politisch-administrativen Umgang mit der Rechtschreibung in der Schule. Dazu gehört auch ein höherer Anspruch und weniger Ausgleichsmöglichkeiten in den "Kernfächern" während der Mittelstufe in allen Schularten. Es ist von den Regeln her ohne Probleme möglich, mit regelmäßig sich abwechselnden Fünfen und Vieren im Zeugnis in Deutsch in die gymnasiale Oberstufe überzugehen. Dort können dann alle vier einzubringenden Deutschkurse aus zwei Jahren Gymnasialer Oberstufe für die Abiturwertung unter fünf Punkten sein, also mit einer kontinuierlich nicht-ausreichenden Bewertung eingebracht werden. In den Abiturklausuren dürfen dann maximal zwei Punkte für mangelhafte Rechtschreibung und Kommasetzung abgezogen werden. Auch das ist ein falsches Signal.

 

Tatsächlich: Wir sollten Winfried Kretschmann dankbar sein für den Anstoß der aktuellen Rechtschreibdebatte.

 

Aber nicht als Handlungsorientierung für die Zukunft. Nein. Im Gegenteil. Eine gesellschaftliche Stärkung der Rechtschreibung ist wichtiger denn je – egal, ob wir analog oder digital schreiben. Und wir als ganze Gesellschaft und als Einzelne sollten mehr denn je dafür eintreten. Auch persönlich.  

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Kommentare: 19
  • #1

    Ines Gurschke (Dienstag, 11 Februar 2020 13:15)

    Danke für diese Beitrag. Ich korrigiere in den Chemiearbeiten und auch in den Mathematikarbeiten meiner Schüler am Gymnasien alle Rechtschreibfehler und leider werden das immer mehr. Die Schüler geben sich oft außerhalb des Deutschunterrichts keine Mühe, richtig zu schreiben. Es ist ihnen egal und sie reagieren erstaunt und teilweise beleidigt auf meine Korrekturen. Ich finde diese Ignoranz der deutschen Sprache sehr, sehr traurig und werde weiterhin den Rotstift ansetzen.

  • #2

    Kasigkeit Gabriela (Dienstag, 11 Februar 2020 13:26)

    Rechtschreibung ist nach wie vor wichtig und ernst zu nehmen- das macht der Artikel unmissverständlich klar. Haben wir also weiter den Mut, uns dieser wichtigen Errungenschaft unserer Sprache und Kultur zu bedienen (vgl. Kant) und setzen wir uns konsequent dafür ein!

  • #3

    McFischer (Dienstag, 11 Februar 2020 16:26)

    Von der Vorsitzenden des Deutschen Philologenverbandes in gewisser Weise ein erwartbarer Beitrag mit einer eindeutigen Ausrichtung: wer die deutsche Rechtschreibung nicht weitgehend perfekt beherrscht, hat versagt - oder ist zumindest Ergebnis eines versagenden (Schul-/Politik- etc.) Systems.
    Ich habe im Blog schon unter dem Beitrag Wiardas zur Kretschmann-Initiative meine Einwände vorgebracht, deshalb seien sie hier nicht wiederholt.
    Aber eine Anmerkung kann ich mir hier nicht verkneifen:
    "Konjunkturell wechseln sich bestimmte "Lieblingsfehler" ab: "wiederrum", "Vorrausetzungen" und "Herzlich Willkommen". "
    Ich gebe zu, dass ich bei letzterem Fehler erst einmal googeln musste... vermutlich habe ich schon 100-fach ebenfalls 'Willkommen' statt 'willkommen' geschrieben. Somit werde ich trotz guter Deutschnote im Abitur, Studium, Promotion und oft schreibender beruflichen Tätigkeit scheinbar in die Kiste der nicht rechtschreibfähigen gesteckt, kann den Standard offenbar nicht erfüllen. Ist das schlimm? Ich finde nicht. Ist das unschön: ja, weil es zeigt, dass die deutsche Rechtschreibung eben kaum komplett beherrschbar ist. Warum es also zu einem kulturell-sozial so zentralen Distinktionsmerkmal erhaben?!

  • #4

    Edith Krippner-Grimme (Dienstag, 11 Februar 2020 17:17)

    Als Lehrkraft halte ich es weder für "old-fashioned" noch für einen persönlichen Affront, Fehler der Schülerinnen und Schüler, die diese in Rechtschreibung, Kommasetzung u. a. zu korrigieren. Ganz im Gegenteil gehört dies m. E. zu unseren Aufgaben - in allen Fächern! Bei vielen Schülerinnen und Schülern haben diese Fehler auch weniger mit Unvermögen zu tun, sondern vielmehr mit der Achtsamkeit, dem Respekt gegenüber dem von ihnen selbst Geschriebenen. Auch Missverständnissen kann, wie wir alle wissen, bei korrekter Anwendung der Regeln vorgebeugt werden. Wenn fehlerhafte Rechtschreibung etc. nicht mehr korrigiert werden soll oder darf, wozu braucht es dann Rechtschreibregeln? Das würde im Fach Mathematik bedeuten, die Lehrkräfte ließen ihre Schülerinnen und Schüler statt der Ziffer 5 eine 6, 0 oder 2 schreiben, weil dies ja keinen großen Unterschied macht - welch eine grausige Vorstellung für eine Mathematiklehrerin!

  • #5

    Cornelia Schwartz (Dienstag, 11 Februar 2020)

    Im Philologenverband Rheinland-Pfalz sind wir uns einig und unterstützen die Äußerung von Susanne Lin-Klitzing: Wir brauchen endlich wieder mehr Sorgfalt bei der Rechtschreibung. Fehlerhafte Schreibung behindert den Lesefluss teilweise sehr stark und lenkt so vom Inhalt ab. In Rheinland-Pfalz fordern wir daher seit Jahren immer wieder die Abkehr von dem, was landläufig als "Schreiben nach Gehör" bezeichnet wird.

  • #6

    Claudius Brasch Handy Neu (Dienstag, 11 Februar 2020 20:24)

    Danke für diese prägnanten Ausführungen!

    Sie sprechen damit nicht wenigen Kollegen aus dem Herzen! Man wünschte sich aber in der Politik nicht nur negative Vorbilder, sondern auch vermehrt Stimmen, die diesen elementaren sprachkulturellen Niedergang beim Namen nennen. Doch schaut man in die Parlamente, erschlägt einen die rhetorische Armut und sprachliche Beliebigkeit. Wird man bei diesen Menschen in ihrem digitalen Beglückungswahn Verständnis für elementare Versäumnisse im Elementarbereich unserer Schriftsprache wecken können?

  • #7

    Malte Blümke (Dienstag, 11 Februar 2020 20:43)

    Entgegen der weit verbreiteten Meinung, die auch von Winfried Kretschmann vertreten wird, ist nach meiner Erfahrung das richtige Schreiben nach wie vor in Schule, Beruf und Privatleben wichtig. Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammtik sollten in Gesellschaft und Schule einen größeren Stellenwert bekommen. Gerade die Herausforderungen durch die Digitalisierung, Migration und Integration verlangen nach mehr Rechtschreibtraining. Gute Rechtschreibung ist keine Hexerei. Mit intensivem Training, das durchaus auch Spaß machen kann, wie es der bundesweite Rechtschreibwettbewerb der Polytechnischen Gesellschaft Frankfurt zeigt, kann man seine Rechtschreibung signifikant verbessern und das zahlt sich aus - in Schule, Berufund Privatleben.

  • #8

    Karla K. (Mittwoch, 12 Februar 2020 08:00)

    Ich habe da mal 'ne Frage:

    Für wen bzw. für welche Bereiche ist denn die deutsche Rechtschreibung verbindlich?

  • #9

    Ralf Hoffmann (Mittwoch, 12 Februar 2020 10:18)

    Orthographie ist existenziell wichtig, wie die folgenden beiden klassischen Beispiele zur Zeichensetzung beweisen:
    Komm(,) Opa(,) essen!
    Wartet(,) nicht(,) hängen!

  • #10

    Stefan Schürger (Mittwoch, 12 Februar 2020 14:40)

    (Als Antwort #8 an Karla K.)
    Rechtschreibung ist für jeden verbindlich. Selbst das Grundgesetz unterwirft sich der Rechtschreibung. Und das ist auch gut so.

  • #11

    McFischer (Mittwoch, 12 Februar 2020 17:01)

    Kurzer Nachtrag: In den Kommentaren hier wird immer von "richtigem Schreiben", "fehlerhaften Schreibung", "fehlerhafte Rechtschreibung" geschrieben. Ist es eigentlich wirklich die Überzeugung des Philologenverbandes und seiner Anhänger/-innen, dass es möglich ist, die deutsche Sprache (schriftlich) 'fehlerfrei' zu beherrschen? Das erscheint mir ein unrealistisches Idealziel zu sein.

  • #12

    slg (Mittwoch, 12 Februar 2020 17:21)

    Seit wann gehört Kommasetzung zur Orthographie?

    Sicher sind viele Rechtschreib- und Grammatikfehler vorstellbar, die "überlesen" werden könnten, weil die Aussage des Satzes trotz der enthaltenen Fehler inhaltlich eindeutig bleibt. Das größere Problem, das ich in den schriftlichen Arbeiten meiner Lehramtsstudierenden feststelle, ist, dass sie nicht mehr merken, wann ihre grammatikalischen und orthographischen Ungenauigkeiten zu uneindeutigen bis sinnfreien Aussagen führen. Wenn die Gesellschaft der Schule den Auftrag gibt, zur emanzipierten Kommunikation zu befähigen, kann die Schule diesen Auftrag sicher nicht erfüllen, wenn sie die dafür notwendigen Fertigkeiten in Rechtschreibung und Grammatik nicht mehr vermittelt. Wer die Regeln nicht kennt, kann weder die Aussage eines komplexen Satzes adäquat entschlüsseln, noch merkt er oder sie, ob die eigene Aussage eindeutig entschlüsselt, d.h. gelesen werden kann. Wie wollen diese Menschen schriftlich (emanzipiert, d.h. eigenständig denkend ) kommunizieren, wenn es nicht um Emotionen geht, für die andere ein Emoji - oder meinethalben auch eine satzähnliche Abfolge von Emojis erfunden haben.
    Und wenn ich mir beim Eintippen dieses Kommentars die roten Unterstreichungen meiner vermeintlichen Rechtschreibfehler anschaue, frage ich mich, welche Deutschkenntnisse die Programmierer und Programmierinnen dieser Rechtschreibprüfung hatten.

  • #13

    Dr. Christian Fruböse (Mittwoch, 12 Februar 2020 18:01)

    Die Beherrschung der Rechtschreibung mag beim Schreiben noch entbehrlich sein. Da hilft in der Tat bei vielen Fehlern ein Rechtschreibeprogramm.
    Aber: Beim Lesen hilft keine Software! Denn um Texte schnell und eindeutig decodieren zu können, muss der Leser selbst die Rechtschreibung beherrschen. Ansonsten wird Lesen zum Ratespiel.
    Somit ist also Rechtschreibung durchaus relevant für den Erhalt der Leistungsfähigkeit eines Gemeinwesens. Denn wenn man sich nicht mehr schnell und eindeutig schriftlich verständigen kann, dann "Gute Nacht modernes und wirtschaftlich erfolgreiches Deutschland!"
    (Ähnliches gilt übrigens für die mündliche Kommunikation!)

  • #14

    Karla K. (Mittwoch, 12 Februar 2020 21:15)

    Lieber Herr Schürger,

    vielen Dank für Ihre Einschätzung.

    Aber: Ist es nicht so, dass es zwar so etwas wie verbindliche Rechtschreibregeln gibt, diese Rechtschreibung aber per Verwaltungsvorschrift nur in spezifischen Bereichen tasächlich bindend ist? Womit jenseits dieser Bereiche niemand dazu verpflichtet ist, eine bestimme Rechtschreibung zu verwenden?

  • #15

    Dr. E. Müller (Donnerstag, 13 Februar 2020 09:18)

    Sehr geehrte Frau Lin-Klitzing,

    Sie schreiben, "Die einheitliche Rechtschreibung wurde eingeführt, damit wir Verschriftlichtes schneller, verständlicher und missverständnisärmer lesen können. Auch die Kommasetzung ist dabei hilfreich. Wir können Informationen so störungsfreier verarbeiten. Und unsere eigenen Schreibprodukte werden so – im puren Eigeninteresse und im Interesse der Sache – "störungsfreier" aufgenommen."

    Dieses Anliegen kann ich voll und ganz unterstützen, zumal es Reflexionsprozesse voraussetzt und sicherlich auch befördert: Denke und meine ich tatsächlich das, was ich schreibe?

    Aber warum schreiben Sie von "Studienreferendaren" und "Schülern" ausschließlich in der männlichen Form? Muss ich davon ausgehen, dass Sie dies so meinen, wie Sie es schreiben? Sind Schülerinnen und diverse Schüler_innen im schulischen/gesellschaftlichen/politischen Horizont etwa nicht gemeint oder zu vernachlässigen?

    Freundliche Grüße,
    Dr. E. Müller

  • #16

    J. Keiler (Sonntag, 16 Februar 2020 14:23)

    Zitat: ""AfD stellt Kandidat gegen Ramelow auf". Wen oder was stellt sie auf? Einen Kandidaten, nicht einen Kandidat... "

    Nun wurde der (unbestimmte) Artikel in der Überschrift, wie es so oft bei Kurzmeldungen üblich ist, weggelassen. Hätte man "Kandidaten" geschrieben wüssten wir nicht, ob Plural oder Singular gemeint ist. Insofern ist die Verwendung des Nominativ m.M.n. in diesem Fall "okay".

  • #17

    Markus Adami (Mittwoch, 19 Februar 2020 11:08)

    Korrekturen als Kränkungen? Ist es nicht Ziel schulischen Unterrichts, die uns anvertrauten Kinder in den Stand zu setzen, sich zu freien und verantwortlichen Persönlichkeiten zu entwickeln. Wie sollte jemand, der sich nicht syntaktisch und orthographisch fehlerfrei ausdrücken kann, darauf hoffen können, daß seine Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse korrekt verstanden werden, wenn zudem Gefahr besteht, auf der Rezipientenseite ein ähnlich defizitär ausgestattetes Individuum anzutreffen? Was sollte denn eine Korrektur anderes verfolgen, als eine differenzierte und allgemeinverständliche Kommunikation intentional sinnhafter und logisch aufgebauter Gedanken? Nicht korrigieren zu wollen bedeutet doch nichts weiter als nicht verstehen zu wollen, nicht entwickeln lassen zu wollen. Hier eine Diskriminierung zu unterstellen, scheint mir auf perverse Weise der Spaltung der Gesellschaft in diejenigen die der Sprache mächtig sind und denjenigen, die sich nicht verständlich machen können, Vorschub zu leisten.

  • #18

    Heike Schimke (Mittwoch, 19 Februar 2020 12:55)

    Von Anfang an sollte auf eine richtige Rechtschreibung geachtet werden. Diese erst falsch zu erlernen (durch Nichtkorrektur) und dann umzulernen ist viel schwerer, als gleich die richtige Rechtschreibung zu erwerben.

  • #19

    Gast aus Niedersachsen (Donnerstag, 20 Februar 2020)

    Viele interessante Kommentare, wie auch ein interessanter Gastbeitrag. Und ja, ich bekenne mich als Fan eines "guten Deutsch" (was wir früher sicher als elaborierten Code bezeichnet hätten).

    Aber: Sind sich die Verfasser_innen der eine konsequente Korrektur von Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehlern befürwortenden Beiträge wirklich sicher, dass sie alles regelgerecht geschrieben haben? Stimmen alle Beiträge im Hinblick auf die Verwendung von Singular und Plural? Taucht nicht allzu oft ein Dativ auf, wo es ein Genitiv hätte sein sollen bzw. müssen? Wie war das noch mit dem Glashaus ....?