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"Fordern kann jeder, aufs Machen kommt es an"

Jetzt geht's los: Die GWK hat heute grünes Licht für die neue Stiftung für Hochschullehre gegeben – schon nächste Woche kommt die erste Ausschreibung. Und was steht als nächstes an? Ein Interview mit Vorstandsmitglied Antje Mansbrügge.

Die neue Website der Stiftung Innovation in der Hochschullehre (Screenshot).

Frau Mansbrügge, die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat heute offiziell grünes Licht für die Gründung der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gegeben, deren Vorstand Innovation Sie sind. Wie fühlen Sie sich?

 

Beschwingt und froh und ziemlich neugierig auf die Resonanz. Auf den Moment haben wir auf Hochtouren hingearbeitet. Zunächst in wirklich kleinem Team in der Toepfer Stiftung, dann stetig wachsend. Mit Bund und Ländern waren Satzung, Governance, Treuhandvertrag, Geschäftsordnung abzustimmen, nebenbei Personalaufbau und Büroumbauten unter Corona. Zugleich hatten wir von Beginn an die Hochschulen im Blick, haben sehr früh nachgefragt, was von uns erwartet wird, haben in ersten Think Tanks gemeinsam mit Lehrenden, Hochschulleitungen und Studierenden an Inhalten gearbeitet – und nun ist die neue Stiftung da, online unter www.stiftung-hochschullehre.de, der Auftakt eines spannenden Weges.


Dr. Antje Mansbrügge, 51, war 2016 Gründungsgeschäftsführerin der Toepfer Stiftung und hat zuvor die Wissenschaftsprogramme der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. entwickelt. 2010 hat sie Lehre hoch n konzipiert, 2012 das Bündnis für Hochschul­lehre im Stiftungswesen auf­gebaut. In der neuen Stiftung Hochschullehre fungiert sie als Vorstand Innovation. Foto: privat.



Wie geht es jetzt weiter?

 

Wir sind schon mittendrin im "Weiter". Auftrag war, die neue Institution zum Jahresstart 2021 handlungsfähig aufzustellen. Wir haben uns quasi selbst überholt, gehen heute online, und schon nächsten Donnerstag folgt die erste Ausschreibung. Das war nur möglich, weil wir zeitgleich mit dem rechtlichen Aufbau der Institution schon parallel alles auf Output getrimmt haben. Die Ausarbeitung der ersten Förderbekanntmachung haben wir vorgezogen, dafür manche internen Prozesse zurückgestellt, die wir nun angehen, während die Hochschulen schon die Gelegenheit haben, an ihren Anträgen zu schreiben. 

 

Verraten Sie schon ein bisschen, worum es in der ersten Ausschreibung gehen wird? 

 

Würde ich gern, kann ich aber nicht. Alle sollen dieselben Chancen haben, nicht nur die Leser Ihres Blogs.

 

Wird es verschiedene Schwerpunkte in Ihrem Fördergeschäft geben?

 

Ja klar, es wird dauerhaft verschiedene Ausschreibungen geben – das ist ja die Grundidee. Auf verschiedenen Ebenen, von strukturellen längerfristig angelegten Förderungen, über thematische bis zu kurzfristigen, die auch mal mit Risiko Ideen testen. Es wird Austausch- und Fellowformate geben und verschiedene Zeitpunkte für Antragsmöglichkeiten. Ideen sind da, hier im Hause, an den Hochschulen, in den Gremien und wir arbeiten dran. Zunächst haben wir uns aber erstmal auf diese vorgezogene Ausschreibung und den sehr schnellen Aufbau der neuen Institution konzentriert, damit die Hochschulen schon 2021 davon profitieren können. 

 

Wann wird das erste Fördergeld an den Hochschulen ankommen?

 

So schnell es geht bei einem wissenschaftsgeleiteten Verfahren. Das heißt konkret im Sommer 2021.

 

"Der alte Schlachtruf "shift from teaching
to learning" ist noch immer aktuell." 

 

Was haben Sie sich als Ziel für das erste Jahr gesetzt?

 

Die Stiftung gut zu landen, also im Kontakt und in Kooperation mit bestehenden Institutionen, Netzwerken und Akteuren zu arbeiten. Das heißt erstmal auch, sich umzuschauen. Zugleich natürlich die ersten Ausschreibungen umsetzen. Unser System weiter aufbauen und stetig prüfen. 

 

Und was haben Sie sich langfristig vorgenommen?

 

Wir werden uns dem Lernen zuwenden. Den Bedingungen, die Neugier und Erkenntnisinteresse ermöglichen. Der "shift from teaching to learning" – der alte Schlachtruf von Barr und Tag von 1995 ist noch immer aktuell. Erst wenn dieser Perspektivwechsel praktisch eingelöst ist, werden die Absolvent:innen der Hochschulen zu kritischem Denken, Reflexion und Urteilskraft  befähigt. Wir möchten mit der Stiftung einen Teil dazu beitragen, dass die nächste Generation ihre eigenen Ziele aushandelt, verwirklicht und verantwortet.

 

Der Qualitätspakt Lehre hat viele Beschäftigte auf befristeten Stellen zurückgelassen. Können Sie denen Hoffnung geben?

 

Lehrentwicklung wie auch andere relevante Aufgaben im Wissenschaftssystem auf befristete Positionen zu delegieren oder durch Fördermittel nur befristete Einstellungen zu forcieren, nicht langfristig zu denken, das ist eine Grundproblematik und eine Entwicklung vieler Jahre. Da stehen Hochschulen als Arbeitgeber ebenso in der Verantwortung bei ihrer Stellenplanung wie die Politik bei einer vernünftigen Grundausstattung der Hochschulen. Es ist doch sehr sinnvoll, wenn es Personal im Bereich Lehrentwicklung an den Hochschulen gibt, welches sich immer wieder neuen Projekten widmet und aus Projektmitteln finanziert werden kann – beispielsweise durch Fördermittel einer unserer Ausschreibungen. Zugleich sollten bewährte Projekte in die Struktur überführt werden, dann sind es Daueraufgaben der Hochschule, grundfinanziert sowie aus dem Zukunftsvertrag Studium und Lehre.

 

Ich merke: Sie halten sich noch etwas bedeckt, was die künftigen Möglichkeiten angeht, mit den Fördergeldern der Stiftung auch Dauerstellen zu finanzieren. Haben Sie eigentlich genug Bewegungsspielraum als Vorstand? Bund und Länder haben sich in der Governance eine starke Stellung und immer das letzte Wort gesichert. Bleibt da genug Raum für Kreativität und ungewöhnliche Ideen?

 

Das klingt ja in Ihrer Frage wie ein Widerspruch, in dem Bund und Länder auf der einen, Kreativität und Ideen auf der anderen Seite stehen. Dabei ist doch gerade diese Neugründung ein Beweis dafür, dass Verwaltungshandeln wirklich handeln heißen kann und Wirklichkeit verändert. Jetzt geht’s drum, den entstandenen Raum zu gestalten und zu entwickeln.

 

Wenn es um das Standing von Hochschullehre geht, wird oft und schnell ein Kulturwandel gefordert. Von Ihnen auch?

 

Fordern kann jeder, aufs Machen kommt es an.


150 Millionen Euro pro Jahr

Heute Morgen hat die GWK den Wirtschaftsplan der neuen Stiftung verabschiedet. Zuvor war bereits der Treuhandvertrag von BMBF und der Trägerstiftung für die neue Organisation, die Toepfer-Stiftung, unterzeichnet worden. Die Länder sollen 202r dem Vertrag beitreten. Damit, teilte die GWK am Mittag mit, sei die Stiftung Innovation in der Hochschullehre offiziell gegründet. Bis zu 150 Millionen pro Jahr soll die Stiftung auf Dauer erhalten, in den Jahren 2021 bis 2023 ausschließlich durch den Bund. 

Von 2024 an sollen die Länder sich an dem Betrag mit 40 Millionen Euro beteiligen. Der Vorstand der neuen Stiftung besteht neben Antje Mansbrügge aus Evelyn Korn, die den Bereich Wissenschaft verantwortet, und Cornelia Raue, die als geschäftsführendes Vorstandsmitglied fungiert. Die GWK hatte sich im Mai 2019 auf die Einrichtung einer Stiftung  zur Förderung innovativer Hochschullehre geeinigt, im vergangenen Dezember war die Toperer-Stiftung als Trägerorganisation ausgewählt worden. 



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Kommentare: 6
  • #1

    tom (Freitag, 13 November 2020 21:06)

    https://stiftung-hochschullehre.de/ueber-uns/team/

    Mit Blick auf das Team - aber vor allem auf die "Berufsbezeichnungen" dort - stellt sich die Frage wo da die Hochschullehre ist - und wie die schon so früh auf der Strecke bleiben konnte ... Schade. Ein versuch war es wert.

  • #2

    HochschulLehrer (Samstag, 14 November 2020 18:00)

    So ist es, das wird wieder nichts. Diese Stiftung bringt nur ein paar Heftpflaster, keine grundlegenden Reformen.

  • #3

    Kadhus (Montag, 16 November 2020 21:34)

    Woher nehmen Sie das, dass die Berufsbezeichnungen 'schon wieder' nichts Gutes verheißen?

  • #4

    Freddy (Dienstag, 17 November 2020 11:53)

    @Tom
    Ich bin über Ihre Aussage verblüfft. Die Stiftung soll doch keine Lehrenden anstellen, sondern Projektförderung, Austausch, Vernetzung und Transfer organisieren.

  • #5

    Johanna (Dienstag, 17 November 2020 19:26)

    Ich bin überrascht, wie wenig divers die Stiftung ist. Eine rein weibliche Führungsriege, obwohl Jungen in Schule wie Hochschule deutlich schlechtere Leistungen bringen. Ist Didaktik rein weiblich?

  • #6

    tom (Mittwoch, 18 November 2020 13:07)

    @Freddy - Ja, genau. Bleibt nur die Frage, wie das ganze auf- und umgesetzt wird. Ich sehe da keinen Aufbruch, sondern die Verwaltung des Alten. Folgende Gleichung hilft vielleicht meine Perspektive besser zu verstehen:

    Altes + "Innovation" = Altes im neuen Gewand

    @Kadhus - Ich habe nur meinen ersten Eindruck kommuniziert, der jetzt auch beim zweiten Blick nicht besser wird. Schon allein der Name lässt mich schaudern und nichts Gutes erwarten: "Stiftung Innovation in der Hochschullehre". Mehr muss man wirklich nicht sagen. Von den Aufgaben, Zielen, weiteren Selbstdarstellungen auf der Webseite und dem Interview oben ganz zu schweigen.

    @Alle - Und ja, ich schreibe hier anonym und ja, auch ich werde wohl, wenn es passt, Anträge einreichen. Allein deshalb bleibe ich anonym und werde mich hüten, eine allgemeine Kritik der Stiftung unter meinem Namen zu veröffentlichen - und für etwas umfassendes ohne meinen Namen ist mir meine Zeit zu schade.