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Die Kandidatin

Karin Prien ist Mitglied in Laschets "Zukunftsteam" und könnte Bundesbildungsministerin werden. Egal, wie die Wahl ausgeht: Für Anja Karliczek ist der Abschied aus dem BMBF damit so gut wie besiegelt.

Karin Prien (CDU) ist seit 2017 Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. 
Foto: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

ARMIN LASCHET HAT sein "Zukunftsteam" vorgestellt, mit dem er doch noch die Wende im Bundestagswahlkampf schaffen will. Viele Beobachter, auch in der CDU, bezweifeln, dass ihm das gelingen wird. "Merz als einziger CDU-Star, sonst wenig Prominenz – da fehlt das Zugpferd", befand der Spiegel. "Hektisch zusammengeschustert" sei die achtköpfige Truppe, findet die Tagesschau. Der Tagesspiegel spricht heute von "maximal" der zweiten Reihe von Laschets Partei, die der bislang unglücklich agierende Bundeskanzlerkandidat präsentiert habe. 

 

Die Herausforderung für Laschet: Nach 16 Jahren Merkel muss er irgendwie den Spagat zwischen Kontinuität und einer gehörigen Portion Neuanfang hinbekommen. Insofern wundert es nicht, dass er mit Ausnahme einer CSU-Staatsministerin kein amtierendes Mitglied der Bundesregierung als Team-Mitglied vorgestellt hat. Denn der Teil mit dem Neuanfang gelingt Laschet schon so kaum, und ganz sicher geht er nicht mit altbekannten Gesichtern aus der "ersten Reihe". 

 

Mitglied im Team zu sein, bedeutet auch für den (derzeit immer weniger wahrscheinlichen) Fall eines CDU-Wahlsiegs nicht automatisch, Mitglied der Bundesregierung zu werden. Fest steht indes: Zumindest was seine Frontfrau für das Thema Bildung angeht, hat Laschet eine kluge – und kaum überraschende – Wahl getroffen. Karin Prien ist die derzeit profilierteste Bildungspolitikerin der Union (von denen es im Übrigen erschreckend wenige gibt), und sie ist unter allen Bildungs- und Wissenschaftspolitiker:innen der CDU zugleich die innerparteilich am besten vernetzte. Prien, 56, ist Landesministerin von Schleswig-Holstein, zuständig für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Seit Anfang 2021 sitzt sie im Bundesvorstand ihrer Partei, seit 2018 leitet sie das damals neu gegründete Jüdische Forum der CDU. Vielen Nicht-Bildungsexperten war sie zuvor erstmals aufgefallen, als sie sich in der liberalen "Union der Mitte" gegen die AfD-nahe "Werteunion" engagierte.

 

Als ihr Kernthema nannte Prien bei ihrem Kurz-Auftritt gestern das Thema Bildungsgerechtigkeit. "Es geht darum, durch Aufstieg soziale Gerechtigkeit zu schaffen", das "sei eines der großen Megathemen dieses Jahrzehnts".

 

Laschet sagte, es interessiere die Menschen nicht, wer in der Bildung wo zuständig sei, "sondern ob das Problem gelöst wird." Ziel müsse sein, "dass nicht Programme geschrieben werden, Milliardenprogramme, die nicht abfließen, weil die Bedingungen zu kompliziert sind, sondern dass wir hier zu einer neuen Dynamik von Bund und Ländern kommen." Womit er ganz offensichtlich die erschreckend kleckerweise Auszahlung des Digitalpakts meinte – aber zugleich unklar ließ, wie er die von ihm geforderte "engere Verknüpfung der 16 Länder mit der Bundespolitik" hinbekommen will. Auch in der CDU diskutierten sie zuletzt recht offen über eine weitere Grundgesetzänderung.

 

Prien geht ein Risiko ein

 

Die Nominierung Priens ist darüber hinaus in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Am wichtigsten: Die ohnehin geringen Hoffnungen Anja Karlcizeks auf eine zweite Amtszeit im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) haben sich damit unabhängig vom Wahlausgang so gut wie erledigt.

 

Was nicht heißt, dass statt ihrer auf jeden Fall Prien Bundesministerin wird, sollte die CDU an einer neuen Bundesregierung beteiligt sein. Es könnte auch sein, dass die Union trotzdem das BMBF abgibt oder es zwar behält, dann aber aus Gründen von Parteitaktik oder Parteiproporz doch jemand anders aus der CDU/CSU zum Zug kommt. Was ein mehr als ärgerliches Signal wäre, wenn ein zentrales Zukunftsthema erneut nicht nach Eignung oder Erfahrung besetzt würde. Klar scheint aber: Wenn Prien es nicht wird, dann wird es Karliczek erst recht nicht.

 

Hinzu kommt: Weil ein CDU-Wahlerfolg  auf der Zielgeraden von Tag zu Tag unwahrscheinlicher wird, im Gegenteil, der Anstieg der SPD-Umfragekurve zuletzt sogar noch steiler verlief, muss man Prien Mut bescheinigen. Die jahrelange Aufsteigerin geht ein Risiko ein, indem sie sich mit einem in der Abwärtsbewegung befindlichen Laschet und seinem "Zukunftsteam" verbindet. 

 

Das war schon gestern zu sehen, als der CDU-Kandidat seine Mitstreiter unter dem Slogan "Experten statt Experimente" vorstellte und sich gleich wieder zwei seiner zuletzt häufigen Fauxpax leistete. Zum einen präsentierte er Prien als ehemalige Präsidentin der Kultusministerkonferenz – obwohl Schleswig-Holstein diesen Posten turnusgemäß erst kommendes Jahr übernimmt. Zum anderen sagte Laschet, als er den Musikunternehmer Joe Chialo einführte, der sei jemand mit praktischer Berufserfahrung, der "nicht aus dem Hörsaal in den Plenarsaal" gewechselt sei. Als gäbe es im Bundestag zu viele wissenschaftliche Experten. Die Wahrheit ist: Sie sind – ebenso wie Selbstständige – als Abgeordnete deutlich unterrepräsentiert. Doch das hielt Laschet nicht von diesem unnötigen anti-akademischen Seitenhieb ab. Der zudem in einer Tradition bereits ähnlicher Äußerungen steht. 

 

Prien, die ja auch Wissenschaftsministerin ist,  betont dagegen immer wieder den Bezug praktischer Politik zu Forschungsergebnissen und deren Bedeutung für das Treffen politischer Entscheidungen. 

 

Hinweis: Leider war durch die Autokorrektur gleich zu Beginn des Artikels der Vorname von Armin Laschet verfälscht worden. Ich bitte um Entschuldigung, danke für den Hinweis und habe es korrigiert. 




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Kommentare: 2
  • #1

    McFischer (Montag, 06 September 2021 09:31)

    Von gut informierten Freunden & Bekannten aus Schleswig-Holstein kann ich über Prien nur Gutes weitergeben. Aktiv, interessiert, ausgewogen - und das in einem Bundesland, das hochschulpolitisch immer etwas schwierig ist (Sparzwänge...).

  • #2

    Dörte Ferber-Laßett (Sonntag, 12 September 2021 11:12)

    Frau Prien ist gewiß eine annehmbare Kandidatin für die Position, wenn es um die Qualifikation und Reputation geht. Im Fall der Vorgängerin spielten offenbar andere Dinge eine Rolle. Die Zeit, daß man auf solchen Posten "lernen" kann, ist einfach nicht vorhanden.