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"Es muss wieder Normalität einziehen in den Hochschulen"

Die FDP-Bundesministerin für Bildung und Forschung über die Situation der Studierenden nach vier Pandemie-Semestern, ihre BAföG-Pläne, den Digitalpakt Hochschule – und warum sie den Studierenden "Zukunftsmut" wünscht.

Frau Stark-Watzinger, seit Beginn der Coronakrise wurde viel und kontrovers über Kitas und Schulen diskutiert, über die Folgen für die Schülerinnen und Schüler. Was ist mit den Hochschulen und den Studierenden? Hat die Politik sie vergessen?

 

Studierenden haben zu Beginn der Pandemie tatsächlich zu wenig Aufmerksamkeit erfahren, weil sie besser mit hybrider Lehre und digitalen Lernangeboten klarkommen können als Schülerinnen und Schüler. Aber genau deshalb müssen wir jetzt verstärkt auf diese jungen Menschen schauen, weil wir sehen, dass die Folgen der Pandemie auch für sie sehr groß sind. Sozial vor allem, aber auch psychisch. Das Studium ist ein prägender Lebensabschnitt. Man verlässt zum ersten Mal das Elternhaus, steht auf eigenen Füßen, lernt neue Leute kennen, macht Erfahrungen fürs Leben. Vieles davon ist den Studienanfängern in der Corona-Zeit verwehrt geblieben.

 

"Die Hochschulen sollten in eine Diskussion 
mit den Studierenden eintreten: Was ist für euch 
die neue Normalität im Studium?"

 

Sie sagen, die Studierenden seien so gut mit der digitalen Lehre klargekommen. Vielleicht haben sie sich nur nicht laut genug beschwert, um mit ihren Nöten früher von der Politik wahrgenommen zu werden?

 

Die jungen Menschen haben sich in der Krise sehr solidarisch gezeigt. Sie haben sich auf die digitale Lehre eingestellt. Sie haben in ihrem privaten Umfeld sehr verantwortungsvoll gehandelt. Sehr viele haben sich impfen lassen. Für all das möchte ich Danke sagen. Und darum müssen wir jetzt alles daransetzen, dass wieder Normalität in den Hochschulen einzieht. Wir brauchen den regulären Vorlesungsbetrieb, denn das Miteinandersein auf einem Campus ist durch nichts zu ersetzen.

 

Was heißt das: "alles daran setzen"?

 

Das heißt, sowohl auf Hygiene- und Schutzmaßnahmen, sofern notwendig, als auch Eigenverantwortung und Rücksichtnahme aufeinander zu setzen. Darüber hinaus sollten die Hochschulen in eine Diskussion mit den Studierenden eintreten: Was ist für euch die neue Normalität im Studium? Wie sollte sie aussehen? Klar ist, dass wir erhalten sollten, was in den vergangenen zwei Jahre gut funktioniert hat.

 

Was ist das?

 

Wir haben jetzt die Chance, das Studium mit den Erfahrungen aus der Pandemie so zu gestalten, dass Studierende selbstbestimmter lernen können. Dafür müssen wir die Kombination des Miteinanderlernens vor Ort und der digitalen Lehrangebote neu austarieren – zusammen mit den Studierenden. Das ist die Herausforderung. >>


Bettina Stark-Watzinger, 53, hatte kaum jemand als neue BMBF-Chefin auf dem Zettel, als die FDP im November 2021 ihre Bundesminister/-innen bekanntgab. Seit 2017 im Bundestag, seit 2020 parlamentarische Geschäftsführerin ihrer Fraktion, hatte sie sich vor allem um die Haushaltspolitik gekümmert, zuletzt als für Bildung und Forschung zuständige Berichterstatterin. Stark-Watzinger hat Volkswirtschaft studiert und eine Ausbildung als Bankkauffrau gemacht. Die zweifache Mutter hat neun Jahre lang mit ihrer Familie in Großbritannien gelebt, sie arbeitete an der European Business School und bis zu ihrem Einzug ins Parlament als kaufmännische Geschäftsführerin des Loewe-Zentrums "SAFE", das kurz vor ihrem Abschied als Leibniz-Institut für Finanzforschung in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen wurde. Als Bundesministerin für Bildung und Forschung begegnen ihr große Erwartungen: Die selbsternannte "Fortschrittskoalition" aus SPD, Grünen und FDP hatte die Themen Bildung und Forschung zu zentralen Handlungsfeldern der gesellschaftlichen Erneuerung erklärt. Doch welche der vielen Reformideen werden sich angesichts der Folgekosten des Ukraine-Kriegs überhaupt noch umsetzen lassen? Stark-Watzinger wird die Antworten geben müssen. Foto: BMBF/Hans-Joachim Rickel.


>> Offene Hochschulen nach vier größtenteils digitalen Semestern, eine Reform der Studienorganisation: Verstehen Sie sich gegenüber den Ländern da als Treiberin, als Anwältin der Studierenden?

 

Jeder übernimmt an seiner Stelle Verantwortung. Deswegen sind die Länder in ihrer Zuständigkeit für die Hochschulen besonders gefordert. Aber ich habe natürlich eine Meinung und eine Haltung, und die sage ich auch. Wir unterstützen, wo wir können.

 

Wo können Sie denn?

 

Zu allererst in der Hochschul- und Studierendenforschung, mit der wir ein differenziertes Bild bekommen, an welcher Stelle Studierende besondere Probleme während der Pandemie hatten. Aber auch ohne die Befragungen ist klar: Es wurde gelitten während der Krise. Das Zweite ist, dass wir zum Beispiel beim Deutschen Studentenwerk drei Servicestellen unterstützen, an die sich die Studierenden wenden können, wenn sie Unterstützung brauchen. Drittens fördern wir die Digitalisierung der Hochschulbildung. Ein Beispiel dafür ist die Stiftung Innovation in der Hochschullehre.

 

"Ein Studentenleben ist ein Studentenleben. Man sollte es vom Lebensstandard nicht gleichsetzen mit der Situation von Arbeitnehmern mit einem vollen Erwerbseinkommen."

 

Die Ampelkoalition hat den Studierenden zwei große Versprechen gemacht: eine echte BAföG-Reform und ein Bund-Länder-Programm für studentisches Wohnen. Beides wird sehr viel Geld kosten. Schon Corona hat den Bundeshaushalt arg strapaziert, jetzt kommt die Ukraine-Krise hinzu. Werden Sie Ihre Versprechen trotzdem halten?

 

Wir sind uns einig, dass wir exzellente Wissenschaft und Forschung brauchen, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen, und dass die Bildung einen sehr hohen Stellenwert hat. Deswegen: Ja, es wird mehr Geld für Bildung und Forschung geben.

 

Aber bedeutet das auch den versprochenen großen Wurf? Beim BAföG gab es schon die erste Enttäuschung. Die Bedarfs- und Fördersätze sollen zum Wintersemester 2022/2023 steigen – aber doch kaum stärker als bei vergangenen Erhöhungen, trotz des großen Nachholbedarfs.

 

Unser Reformpaket hat mehrere Komponenten. Die eine Frage ist, wie viel finanzielle Unterstützung gibt es für jeden BAföG-Empfänger. Die andere ist: Wie viele Empfänger erhalten sie dann? Wir werden beides erhöhen: die Fördersätze und die Zahl derjenigen, die davon profitieren. Indem wir die Freibeträge stark anheben und die Altersgrenze heraufsetzen. Parallel verhandeln wir einen Notfallmechanismus, damit wir für jegliche Krise gewappnet sind und in Not geratene Studierende nicht mehr so lange warten müssen, bis sie Hilfe bekommen. Das wird ein rundes Paket.

 

Es ist dringend nötig, dass wieder mehr junge Menschen überhaupt BAföG beziehen. Aber können diejenigen, die Förderung bekommen, dann auch von dem Geld leben?

 

Die Anhebung, die wir bei den Fördersätzen machen, ist ordentlich. Beim Wohnzuschlag geht es deutlich nach oben. Damit senden wir das Signal an die Studierenden: Wir sehen, dass euer Leben und gerade das Wohnen teurer geworden ist. Den einmaligen Heizkostenzuschuss haben wir gerade verdoppelt. Aber natürlich: Je nachdem, wo ich studiere, bleibt die Studienfinanzierung eine Herausforderung.

 

Ihre Vorgängerin, Anja Karliczek, hat gesagt: Dann sollen die Studierenden halt da studieren, wo es nicht so teuer ist.

 

Das sage ich nicht. Es gibt die freie Studienortwahl. Aber ich sage schon: Ein Studentenleben ist ein Studentenleben. Man sollte es vom Lebensstandard nicht gleichsetzen mit der Situation von Arbeitnehmern mit einem vollen Erwerbseinkommen. Das könnte der Staat auch nicht finanzieren.

 

"Wir wollen jetzt die Trendwende schaffen und die Zahl der BAföG-Empfänger endlich wieder erhöhen. Und dann entscheiden wir nicht nach Kassenlage über die nächste Anhebung, sondern es wird einen regelmäßigen Prozess geben, einen sinnvollen Rhythmus."

 

In der Vergangenheit gab es BAföG-Erhöhungen nach politischen Opportunitäten und nach der Haushaltslage. Eine Praxis, mit der die Ampel Schluss machen wollte und im Koalitionsvertrag "regelmäßige" Erhöhungen für die Zukunft angekündigt hat. Was heißt das eigentlich? Eine Anpassung an die Inflationsrate?

 

Das hört sich immer so schön an, hat aber auch den Nachteil, dass wir dann nicht mehr auf besondere Entwicklungen reagieren und auch mal mehr machen können, wenn es nötig ist. Wir wollen jetzt die Trendwende schaffen und die Zahl der BAföG-Empfänger endlich wieder erhöhen. Und dann entscheiden wir nicht nach Kassenlage über die nächste Anhebung, sondern es wird einen regelmäßigen Prozess geben, einen sinnvollen Rhythmus.

 

Geht es etwas konkreter?

 

Jetzt lassen Sie uns erstmal die BAföG-Reform umsetzen, die auch eine strukturelle Reform ist, und anschließend schauen, wie sie angenommen wird. Und nach einer gewissen Zeit sehen wir dann, welche weiteren Anpassungsnotwendigkeiten sich ergeben. Die ergeben sich schon dadurch, dass wir in einem zweiten Schritt das BAföG elternunabhängiger machen wollen. >>



>> Dieser zweite Schritt der Reform, wann wird der kommen? Er wäre ja der eigentlich revolutionäre.

 

Die Einführung der elternunabhängigen Komponente erarbeiten wir, wenn das Bundesfamilienministerium die Kindergrundsicherung vorgelegt hat. Das ist die Voraussetzung. Wenn ich weiß, wann Ministerin Spiegel soweit ist, können wir auch unseren Reformvorschlag auf den Weg bringen. Denn im Grunde beinhaltet er, dass die neue Kindergrundsicherung direkt an die Studierenden ausgezahlt wird. Dann haben sie einen Grundsockel der Studienfinanzierung, über den sie selbstbestimmt verfügen können. Alles, was wir als Ministerium selbst machen können, gehen wir jetzt direkt an.

 

Das heißt: Der Notfallmechanismus kommt schon zum Wintersemester 2022/2023?

 

Wenn das parlamentarische Verfahren so läuft, wie wir uns das wünschen, ja. Der Notfallmechanismus ist, wie ich sagte, schon in der Erarbeitung und kommt, zwar etwas zeitverzögert, aber doch als Teil dieses ersten BAföG-Reformschritts mit in den Bundestag.

 

Was ist eigentlich mit dem digitalen BAföG? Immer wieder hieß es in den vergangenen Jahren: Jetzt haben wir es so richtig hinbekommen. Und immer wieder, wenn man genauer hinschaute, war es doch nur Stückwerk.

 

Verantwortlich für das Antragsverfahren sind die Länder. In deren Verwaltungen ist die Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen E-Akte noch nicht so weit, wie sie sein sollte. Da kommt es dann sofort wieder zum Systembruch. Unsere BAföG-Reform wird die Abschaffung des sogenannten Schriftformerfordernisses enthalten. Es kann doch nicht sein, dass die Studierenden ihren Antrag am Bildschirm ausfüllen können und danach ausdrucken müssen. Die Länder sollten diese Digitalisierung möglichst schnell nachvollziehen.

 

"Es kann doch nicht sein, dass die Studierenden ihren BAföG-Antrag am Bildschirm ausfüllen können und danach ausdrucken müssen. Die Länder sollten diese Digitalisierung möglichst schnell nachvollziehen."

 

Als Sie ins Amt kamen, hatten Sie angekündigt, selbst mal einen BAföG-Antrag ausfüllen zu wollen.

 

Das habe ich auch gemacht. Und von der Eingabemaske her fand ich das eigentlich ganz komfortabel. Sobald es dann aber ins Detail geht, zum Beispiel um die Vermögens- und Einkommensnachweise, wird es schon komplizierter. Da muss man alle möglichen Informationen und Belege parat haben und sollte die Fragen zur Sicherheit doppelt und dreifach lesen. Aber wenn Sie wie ich mal eine Rentenkontenklärung hinter sich haben, sind Sie abgehärtet. Und da konnte man keine Hotline zur Hilfe anrufen.

 

Das digitale BAföG kommt nicht voran wegen der Länder, und beim Bund-Länder-Programm fürs studentische Bauen ist Ihre Kollegin im Bundesbauministerium, Klara Geywitz, zuständig. Eigentlich ganz angenehm, oder?

 

Studentisches Wohnen ist ein wichtiges Thema, das sehen wir an allen Statistiken. Ich halte es für richtig, dass die Anstrengungen dazu in einem Ministerium gebündelt werden, das beim Bauen insgesamt die Kompetenzen hat. Die Bundesregierung unterstützt den sozialen Wohnungsbau bereits jetzt mit einer Milliarde Euro pro Jahr. Details kann ich noch nicht nennen. >>


Welche Bedeutung hat dieser Blog für Sie?

Die Einnahmen für den Blog bleiben seit Monaten hinter dem Mindestbedarf zurück. Schaffen wir es gemeinsam, die Zahl der regelmäßigen Spender*innen zu erhöhen?



>>Sie sehen also nur von der Seitenlinie zu?

 

Nein, Klara Geywitz und ich sprechen selbstverständlich miteinander, auch über dieses Thema. Aber jeder muss seinen Beitrag zum Erfolg dieser Regierung im Rahmen seiner Zuständigkeiten leisten. 

 

Ganz klar in Ihre Zuständigkeit fällt das neue Programm "Digitale Hochschule", das der Koalitionsvertrag versprochen hat. Ist das der "Digitalpakt Hochschule", den die Länder seit Beginn der Pandemie gefordert und von Ihrer Vorgängerin nie bekommen haben?

 

Wir geben uns in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern gerade das Arbeitsprogramm für die nächsten Monate. Dazu müssen wir uns aber erstmal fragen: Was soll der Bund überhaupt finanzieren? Ich sehe die Rolle des Bundes jedenfalls nicht darin, wie beim Digitalpakt Schule nochmal per Gießkanne Digitalisierungspauschalen auszuzahlen, die dann vielleicht versickern.

 

Wobei die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) und auch die Hochschulrektorenkonferenz solche Pauschalen fordern.

 

Ich kann verstehen, dass das für die Hochschulen ein wichtiges Thema ist. Aber die Verantwortung dafür bleibt bei den Ländern. Als Bund wollen wir zum Beispiel Kompetenz- und Servicezentren finanzieren mit multiprofessionellen Teams, die die Hochschulen bei der Digitalisierung beraten und unterstützen sowie Fortbildungsangebote machen.

 

Welchen Umfang wird dieser Digitalpakt Hochschule, wie Sie ihn sich vorstellen, ungefähr haben?

 

Das wird ein schöner Betrag pro Kompetenzzentrum sein. Aber dafür müssen wir uns mit den Ländern zunächst auf ein gutes Konzept verständigen. Das Prinzip heißt "form follows function".

 

Was ist für Sie ein schöner Betrag?

 

Das sage ich Ihnen dann. Erst Konzept, dann Preisschild. Die digitale Ausstattung in der Breite können die Hochschulen übrigens schon jetzt verbessern, dass wir parallel den Zukunftsvertrag Studium und Lehre dynamisieren werden, also von jetzt an jedes Jahr automatisch mehr Bundesgeld in die Hochschulen geben.

 

"Auch wenn der Bund die Dynamisierung zugesagt hat, brauchen wir für die Umsetzung die Kofinanzierung der Länder. Ich  werde klarmachen, dass wir für regelmäßig mehr Geld auch mehr Anstrengungen der Hochschulen im Bereich der Digitalisierung und der Diversität erwarten."

 

Laut Koalitionsvertrag sollte die erste Erhöhung beim Zukunftsvertrag schon dieses Jahr kommen. Wann schaffen Sie da Klarheit?

 

Auch wenn der Bund die Dynamisierung zugesagt hat, brauchen wir für die Umsetzung die Kofinanzierung der Länder. Gleichzeitig werde ich klarmachen, dass wir für regelmäßig mehr Geld auch mehr Anstrengungen der Hochschulen im Bereich der Digitalisierung und der Diversität erwarten.

 

Sie verbinden die Extra-Zahlungen mit neuen Forderungen an die Länder?

 

Was heißt neue Forderungen? Die Themen sind altbekannt. Da muss aber jetzt mehr auf die Straße kommen. Vor allem auch über unbefristetes Lehrpersonal, damit die Lehre wirklich besser wird. Dazu gehört, Stichwort Diversität, dass zum Beispiel der Anteil weiblicher Professorinnen endlich spürbar steigt.

 

Die Erfahrung beim Hochschulpakt zeigt, dass der Bund nie wirklich hat kontrollieren können, ob die Länder ihre Versprechungen auch einhalten.

 

Der Hochschulpakt ist ein richtig, aber es geht immer noch besser. Die Modalitäten beim Zukunftsvertrag sind andere. Und schon beim Hochschulpakt haben wir im Haushaltsausschuss Gelder auch mal zurückgehalten. Ich sehe aber auch, dass die Länder jetzt wirklich etwas ändern wollen. Die stark gestiegenen Studierendenzahlen haben die Betreuungsrelationen leider verschlechtert und bei der Digitalisierung haben die Hochschulen selbst schon sehr viel geleistet. Ich würde also den Ländern keinen bösen Willen unterstellen.

 

Sie haben beim Thema Diversität über das Lehrpersonal gesprochen. Was ist mit der Diversität unter den Studierenden? Der Zugang zum Studium und der Studienerfolg hängen in Deutschland immer noch stark von der sozialen Herkunft ab.

 

Das Problem fängt lange vor der Hochschule an. Die Forschung zeigt: Was an frühkindlicher und schulischer Bildung fehlte, kann hinterher nicht mehr ausgeglichen werden. Und da rede ich nicht nur von Abschlüssen, ich rede von grundlegenden Fähigkeiten. Wenn wir also über den sozial ungerechten Hochschulzugang sprechen, müssen wir dessen Ursachen in Kitas und Schulen bekämpfen. Quantitativ, etwa indem es genügend Kitaplätze gibt. Vor allem aber auch qualitativ, indem in den Kitas von Anfang an Bildung stattfindet und nicht nur Betreuung. Und auch unser Schulsystem muss moderner werden. Wenn heute beide Elternteile Vollzeit arbeiten, bekommt auch die Schule als Lebensort für die Kinder eine andere Bedeutung. Darum muss sie so ausgebaut werden, dass im Ganztag die Vermittlung schulischer und sozialer Kompetenzen verknüpft werden, in Kooperation zwischen Lehrkräften und außerschulischen Partnern. Ja, das erfordert alles hohe Investitionen, denn gute Bildung ist teuer. Aber wenn man am Anfang des Lebens viel Geld ausgibt, zahlt sich das hinterher für alle gesellschaftlich aus.

 

Und wie senken wir die Studienabbrecherquote?

 

Das ist Teil des Dialogs, den wir mit den Ländern über die weitere Umsetzung des Zukunftsvertrags führen werden. Zusätzlich können wir als Bund unterstützen, indem wir Forschung zu dem Thema finanzieren, auch auf internationaler Ebene, die dann Eingang findet in die Hochschulpolitik von Bund und Ländern.

 

Frau Stark-Watzinger, Sie sind jetzt schon über 100 Tage im Amt. Welche persönliche Botschaft haben Sie für die Studierenden in Deutschland?

 

Meine Botschaft lautet: Als Ministerin möchte ich mit meinem Haus ein Partner für Sie sein, damit Sie Ihren Lebensweg selbstbestimmt gehen können mit dem dafür nötigen Zukunftsmut. Sie spielen eine wichtige Rolle in unserem Land, für unsere Gesellschaft und auch Wirtschaft. Wir brauchen jede und jeden einzelnen von Ihnen!

 

Dieses Interview erschien zuerst im DSW Journal des Deutschen Studentenwerks.



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Kommentare: 3
  • #1

    Marvin (Montag, 11 April 2022 12:37)

    Dann sollten sie mal sich den Hubertus Heil zu Seite nehmen und das CoronArbSchV (gilt MINDESTENS bis zum 25.5.22), so umändern, dass wir Studenten nicht Maskenpflicht gezwungen werden, wenn man Normalität in den Hochschulen haben möchte.

    Danke.

  • #2

    Manfred Ronzheimer (Montag, 11 April 2022 16:09)

    Wer hat die Ministerin interviewt?

  • #3

    Jan-Martin Wiarda (Dienstag, 12 April 2022 10:32)

    @ Manfred Ronzheimer:

    Lieber Manfred,

    vielen Dank für die Nachfrage. Ich werde das irgendwo noch einmal prominent vermerken, dass ALLE Beiträge in Wiarda-Blog, die nicht unter "Gastbeitrag" erscheinen, von mir stammen, auch dieses Interview.

    Viele Grüße!
    Jan-Martin Wiarda