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Die HRK tut sich selbst einen Gefallen

Nach dem Ärger um ein durchgefallenes Beschlusspapier zur "Situation von Frauen auf Karrierewegen" veröffentlicht die Hochschulrektorenkonferenz nun eine fast gleichlautende Version.

ERINNERN SIE SICH an den Eklat in der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), über den ich Ihnen vergangene Woche berichtete? Über ein Papier mit dem Arbeitstitel "Stellungnahme der HRK zur Situation von Frauen auf Karrierewegen an deutschen Hochschulen", das nach heftiger Debatte durchgefallen war?

 

Alles halb so wild, sagten einige der Teilnehmenden danach. Die Berichte, die aus der nichtöffentlichen Sitzung nach außen getragen wurden, seien übertrieben, einseitig und unnötig emotional gewesen. Schließlich habe man sich ja anschließend auf eine nachträgliche Bearbeitung des Papiers durch die HRK-Geschäftsstelle und seine Veröffentlichung geeinigt.

 

Habe ich mit meinem Blog etwas angestachelt, das sonst gar nicht da gewesen wäre? Von wegen, sagen andere, die in Jena dabei waren. Der Ärger und der Frust seien groß gewesen, einige der gefallen Äußerungen hätten, so unerträglich sie gewesen seien, zugleich sehr klar gemacht, dass die Hochschulen ein grundsätzliches Problem hätten. Und die Hochschulleitungen auch. Weshalb der Gang in die Öffentlichkeit so wichtig gewesen sei.

 

Wie dem auch sei, am Dienstag hat die HRK die bearbeitete Version des Papiers veröffentlicht, wie in Jena besprochen mitsamt einer einordnenden Pressemitteilung. Überschrift: "Zur Situation von Frauen auf Karrierewegen an deutschen Hochschulen". Als Beschlussdatum steht da der 15. November.

 

An entscheidender Stelle hat
sich sehr wenig geändert

 

Ein HRK-Sprecher sagte dem Tagesspiegel, man zähle jetzt beispielsweise weniger konkrete Fördermaßnahmen auf als im Entwurf. Wenn man die veröffentlichte Version mit der ursprünglichen vergleicht, sieht man, wie wenig sich an entscheidender Stelle geändert hat. So heißt es im Original: "Mittel- und langfristig ist jede zweite Professur fächerübergreifend mit einer Frau zu besetzen, wenn eine angemessene Repräsentation der Geschlechter erreicht werden soll.  Das ist nur zu erreichen durch eine entschlossene, von allen getragene Politik, die die verschiedenen Maßnahmen kombiniert (policy mix) und auf einen nachhaltigen Kulturwandel setzt." 

 

Und in der bearbeiteten Version steht jetzt: "Mittel- und langfristig ist jede zweite Professur mit einer Frau zu besetzen, wenn eine angemessene Repräsentation der Geschlechter erreicht werden soll. Das ist nur zu verwirklichen durch eine entschlossene, von allen getragene Strategie, die verschiedene Maßnahmen kombiniert (policy mix) und auf einen nachhaltigen Kulturwandel durch Strukturwandel setzt. Die Hochschulen wollen die dafür notwendigen Schritte gehen."

 

Das "fächerübergreifend" ist weg, dafür wird jetzt neben dem Kultur- auch der Strukturwandel betont.

 

"War das die ganze öffentliche Aufruhr wert?", werden jetzt wiederum die einen sagen. Und andere werden antworten: "Unbedingt. Denn sonst wäre das Papier nie in dieser Fassung veröffentlicht worden."

 

Die für die Universitäten zuständige HRK-Vizepräsidentin Anja Steinbeck twitterte am Dienstag: "Diskussion und Bemühungen müssen ungebrochen weitergehen. Neben Einzelmaßnahmen braucht es einen Kultur-und Strukturwandel. DANKE an die Initiatorinnen!" Übrigens habe das Papier nicht den Anspruch, Missstände und mögliche Maßnahmen abschließend aufzuzählen.

 

Aber ganz Wesentliche sind drin. Den größten Gefallen hat die HRK damit sich selbst getan.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in meinem wöchentlichen Newsletter.


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Kommentare: 2
  • #1

    naja (Donnerstag, 24 November 2022 22:31)

    Der entscheidende Absatz lautet also jetzt: "Mittel- und langfristig ist jede zweite Professur mit einer Frau zu besetzen, wenn eine angemessene Repräsentation der Geschlechter erreicht werden soll. Das ist nur zu verwirklichen durch eine entschlossene, von allen getragene Strategie, die verschiedene Maßnahmen kombiniert (policy mix) und auf einen nachhaltigen Kulturwandel durch Strukturwandel setzt. Die Hochschulen wollen die dafür notwendigen Schritte gehen."

    Da kann man den Fakultaeten nur noch zurufen: Berufen wird nach Leistung! Das steht in den Hochschulgesetzen. Und wenn die Universitaetsleitungen tatsaechlich gegen Leistungsberufung agieren, muss man dafuer sorgen, dass es gehaeuft zu Konkurrentenklagen kommt. Das ist leicht erreichbar. Dann entscheiden die Gerichte.

  • #2

    Aus einer Berliner Universität (Donnerstag, 24 November 2022 22:41)


    Ich persönlich finde den Unterschied ganz entscheidend - die Entfernung des Wortes "fächerübergreifend ".

    Das hatte ich so gelesen, dass man 50:50 in allen Fächern will. Ohne das Wort heißt der Satz aber, dass man 50:50 über alle Professuren hinweg will, was nicht ausschließt, dass es in irgendeinem Fach A mehr Professorinnen gibt, wenn es dafür in irgendeinem Fach B proportional mehr Professoren gibt.

    Das erste (insgesamt 50:50) finde ich sehr plausibel; man muss dazu glauben, dass Frauen / Männer *prinzipiell* gleich gerne ProfessorIn werden, es aber geschlechtsspezifische Fächervorlieben geben darf. Das zweite (in jedem Fach 50:50) dagegen leuchtet mir viel weniger ein und ist auch mit Bestenauslese kaum vereinbar, solange in manchen Fächern unter den Bewerber*innen-Zahlen so krasse Unterschiede herrschen wie z.B. im Grundschulamt oder dem Maschinenbau.

    Daher würde ich den alten Text nicht mittragen, den neuen schon.

    Beste Grüße