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Zu Ostern: Meine bildungspolitische Westentaschenutopie

Boris Pistorius fordert nochmal zehn Milliarden mehr pro Jahr für die Verteidigung. Der FREITAG bat mich aufzuschreiben, was sich mit zehn Milliarden mehr pro Jahr für Bildung bewerkstelligen ließe. Hier meine Antwort. Und damit wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben von Herzen frohe Ostern!

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Artikelbild: Zu Ostern: Meine bildungspolitische Westentaschenutopie

Foto: annicapictures/Pixabay.

ZEHN MILLIARDEN EURO zusätzlich für Bildung, das klingt wirklich wie ein Traum angesichts der einen zusätzlichen Bildungsmilliarde, die FDP-Finanzminister Lindner scheinbar großzügig in Aussicht gestellt hat. Doch würden selbst zehn Milliarden nicht reichen, um zu den Ländern im Norden Europas aufzuschließen, wo Kinder und deren Wohl, unabhängig von ihrer Herkunft, eine ungleich größere Rolle spielen. 50 – nicht zehn – Milliarden mehr müsste Deutschland pro Jahr für die Bildung ausgeben, um den gleichen Anteil von der Wirtschaftsleistung zu erreichen wie Dänemark oder Schweden. Was also sagt es über uns als Gesellschaft, wenn schon zehn Milliarden unter der Überschrift "Utopie" laufen?

Trotzdem könnte schon dieser Beitrag reichen, um in Deutschland eine dreifache Bildungsrevolution zu organisieren.

Teil 1: Statt der versprochenen einen Milliarde könnte die Bundesregierung das Fünffache in das geplante "Startchancen"-Programm stecken, das Schulen mit besonders vielen benachteiligten Schülern besser fördern soll. Statt 4.000 könnte sie dann 12.000 Schulen einbeziehen, etwa jede dritte in Deutschland, und jede davon hätte über 400.000 Euro extra im Jahr zur Verfügung. Für zusätzliche Sozialarbeiter, für genau die Technik und Ausstattung, die die Pädagogik gebietet – und nicht die Finanzminister. Außerdem hätten die Schulen großzügige Budgets für zusätzliches Personal und für außerschulische Kooperationen, sie würden zu Treibern der Quartierentwicklung.

Teil 2: Die Pädagogik-Budgets wären umso größer, weil die Schulen nicht mehr, wie derzeit geplant, einen großen Teil ihres "Startchancen"-Geldes für Baumaßnahmen ausgeben müssten. Die werden nämlich mit den zweiten fünf Milliarden finanziert. Und das reicht sogar, um innerhalb von zehn Jahren sämtliche Schulgebäude in Deutschland zu erneuern. Sie würden zu strahlenden Symbolen des Respekts vor unseren Kindern, anstatt wie derzeit vielerorts Fanale ihrer Geringschätzung zu sein. Danach ginge es mit der Sanierung der Hochschulen weiter.

Teil 3: Im Gegenzug für das viele Geld könnte der Bund die Länder zu einer echten Reform des Bildungsföderalismus verpflichten, in der vom Ziel, den besten Bildungschancen für alle, gedacht wird, und nicht von den bestehenden Institutionen. Mehr Koordination, mehr Vergleichbarkeit und klare Zuständigkeiten. Und Geld, das nicht mehr per Gießkanne über alle Bundesländer gleich verteilt wird, sondern zuerst dorthin fließt, wo es am dringendsten gebraucht wird. Das wäre in unseren Bildungssystem die wahre Utopie.

Kommentare

#3 -

A. Freund | Do., 06.04.2023 - 21:27
"jeder euro für's militär ist ein euro zu viel"...
Natürlich, bis die Russen vor der Tür stehen und die West-Alliierten Deutschland wieder helfen müssen. Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich mir die Mühe nicht machen.

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