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War das jetzt der Start?

Das BMFTR und seine Partner kündigen das "1000-Köpfe-Plus"-Programm per Pressemitteilung an. Doch neue Details gibt es kaum, und die Bewerberansprache ist noch rudimentär.
Screenshot Website 1000 Köpfe

Screenshot der BMFTR-Programmwebsite.

NEIN, SO RICHTIG NEU war es nicht, was BMFTR, DFG, Alexander-von-Humboldt-Stiftung und Deutscher Akademischer Austauschdienst am Montag in einer gemeinsamen Pressemitteilung zum "1000-Köpfe-plus-Programm" präsentierten, dieser im schwarz-roten Koalitionsvertrag angekündigten Initiative für internationale Wissenschaftler, die ihre Karriere in Deutschland fortsetzen wollen.

Am ehesten noch der englischsprachige Name, den Bundesforschungsministerin Dorothee Bär verkündete: "Global Minds Initiative Germany". Mit der, so die CSU-Politikerin, setzen "wir ein wichtiges Zeichen für die Wissenschaftsfreiheit und bieten internationalen Forschenden einen sicheren Hafen". Kurz zuvor erschien ein Namensbeitrag der Ministerin zum Programm in der WELT.

Dass die "1000 Köpfe" auf die, wie es in der Mitteilung heißt, "renommierten Programme" von AvH und DFG aufsetzen sollen "sowie auf Angebote des DAAD für Studierende und Promovierende", ist so klug wie bereits länger bekannt. Das spart Zeit, Bürokratie und Parallelstrukturen.

Ansonsten bot die Pressemitteilung vor allem eine Aneinanderreihung generischer Zitate von Ministerin Bär, DFG-Präsidentin Katja Becker, AvH-Präsident Robert Schlögl und DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee, dass man sich fragen konnte, was das nun sein sollte: Das offizielle Startsignal für die Initiative?

Dafür wirkte freilich nicht nur die vorgestellte Programm-Website www.1000-köpfe-plus.de zu unfertig. Denn immerhin gab es schon eine. Stand Dienstag hatte die AvH nämlich noch gar keine Informationen für potenzielle Bewerber auf ihrem Webauftritt. Ein gemeinsames Angebot mit der DFG sei in Arbeit. Die DFG hat zwar bereits eine Seite zum Programm geschaltet, aber bislang nur in deutscher Sprache.

Und was ist jetzt konkret geplant? Nachfragen bei BMFTR und Organisationen verstärken den Eindruck der Unfertigkeit.

Bereits jetzt könnten die Programme der Personenförderung sowie das Modul "Eigene Stelle" im Rahmen der Sachbeihilfe genutzt werden, teilt die DFG-Pressestelle auf Anfrage mit. "Eine Ausarbeitung der konkreten Förderbedingungen und die Ausweitung auf weitere Programme erfolgt zeitnah."

Bestehende Programme der DFG sollten mit neuen Elementen kombiniert werden. Im DFG-Portfolio böten sich insbesondere die Programme zur Personenförderung an, "wie das Walter Benjamin-Programm, das Emmy Noether-Programm sowie das Heisenberg-Programm."

Die DFG unterscheide bei Förderentscheidungen zunächst nicht, ob es sich um Anträge im Rahmen der Initiative handele oder nicht. "Sobald die konkreten Förderbedingungen verabschiedet sind, werden diese auch entsprechend gekennzeichnet sein."

Eher Zwischenstand als Startsignal

Ähnlich der Tenor bei der AvH: Das 1.000-Köpfe-Plus-Programm verstärke bestehende Programme der Stiftung, "nach aktuellem Stand" Humboldt-Forschungsstipendien für Postdocs und erfahrene Forschende, außerdem Humboldt- und Bessel-Forschungspreise. "Auf diese Weise können mehr Förderungen ausgesprochen werden. Wir unterscheiden dabei nicht, ob es sich um Angebote aus der Initiative handelt oder nicht."

Die Bewerbungs- bzw. Nominierungsvoraussetzungen und weitere Informationen zur Antragstellung und Förderung fänden sich auf den jeweiligen Programmseiten, Bewerbungen und Nominierungen liefen über die dort genannten, bereits vorhandenen Kanäle. "Interessierte internationale Wissenschaftler*innen können sich bei uns melden und werden individuell beraten." Man erwarte, nach dem Start des Programms noch in diesem Jahr "sehr kurzfristig" zusätzliche Humboldt-Forschungsstipendien vergeben zu können. "Hier ist der Bedarf besonders hoch, es liegen uns rekordverdächtig viele herausragende Bewerbungen vor."

Der DAAD will eine neue Programmlinie auflegen. "Maßnahmen zur Beratung und zur Unterstützung beim Onboarding an deutschen Hochschulen" für internationale Studierende und Promovierende sollen gefördert werden. DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee wird in der Pressemitteilung mit dem Satz zitiert: "Mit Academic Horizons bringt der DAAD seine langjährige Erfahrung in der Ansprache, Vorbereitung und Begleitung exzellenter Nachwuchskräfte in diese bedeutende Initiative der Bundesregierung ein."

Seit Juni ist bekannt, dass noch für 2025 laut Haushaltsentwurf 27 Millionen Euro für die "1000 Köpfe" zur Verfügung stehen. 2026 sollen es 50 Millionen sein. Vor dem Hintergrund bot der überhastet wirkende Kommunikationsstart kaum informativen Mehrwert für Öffentlichkeit und potenzielle Bewerber. Warum also das Ganze? Und warum jetzt?

Eine Erklärung könnte sein, dass am Mittwoch der Entwurf für den Bundeshaushalt 2026 durch die Bundesregierung beschlossen werden soll und in den Verhandlungen zwischen den Ressorts offenbar jeder Euro umkämpft war. Da hilft es, ein Signal in Richtung Haushaltspolitiker zu senden: Schaut her, Konzept und Planung sind in dem neuen Programm so weit gediehen, dass da sehr schnell Geld gebraucht wird. Hinzu kommt, dass Ministerin Bär direkt nach Verabschiedung des Haushaltsentwurfs am Mittwochmittag ein offizielles Statement zur Hightech Agenda abgeben will. Das "1.000-Köpfe-Plus-Programm" sei "gedanklich eng verknüpft mit unserer Hightech-Agenda Deutschland", sagte Bär am Montag laut Pressemitteilung. "Wenn wir bei Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz oder Mikroelektronik an der Weltspitze mitspielen wollen, ist internationaler Austausch unverzichtbar. Ich danke den Partnern dieses Programms für die schnellen und zukunftsorientierten Maßnahmen."

Wobei Wissenschaftler aus aller Welt auch und gerade abseits der Schlüsseltechnologie-Disziplinen in ihrer Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt sind. Aber das weiß natürlich auch die Ministerin. Denn auch wenn es gut klingt: Der Schutz bedrohter Forscher und das Verfolgen der deutschen Hightech-Agenda sind dann doch zwei Paar Schuhe.

Kommentare

#1 -

Th. Klein | Mi., 30.07.2025 - 07:55

Die Programme von DFG und AvH zu nutzen, ist auf jeden Fall klug. Aber Äußerungen wie "Wir unterscheiden dabei nicht, ob es sich um Angebote aus der Initiative handelt oder nicht." lassen vermuten, dass man am Ende tricksen könnte hinsichtlich der wahren Besetzungen. Dann kann man ja problemlos alle Personen bspw. aus den USA, die sich vielleicht ohnehin beworben hätten, dieser Initiative zuordnen. Für das Controlling könnte es schwierig werden zu differenzieren. 

#2 -

Schöneberger | Mi., 30.07.2025 - 11:04

Die bestehenden DFG (Walter Benjamin, Eigene Stelle) und AvH-Förderlinien sind zwar für frühe Postdocs interessant, für etwas erfahrenere Top-Wissenschaftler*innen sind befristete Stellen mit einer Dauer von max. 3 Jahre nicht attraktiv. Wenn überhaupt, könnte von den DFG Programmen Emmy Noether und Heisenberg interessant sein. Insgesamt liest sich das so, wie wenn die Gelder für die Kofinanzierung bestehender Programme verwendet wird. Eigentlich hätte ich aber schon erwartet, dass mit den 1.0000 Stellen Dauerstellen geschaffen werden, wie beim Tenure-Track Programm vor einigen Jahren 

#3 -

Ralf Meyer | Mi., 30.07.2025 - 17:12

Ich finde es gut, dass die Bundesregierung hier nur etablierte Programme ausweitet und sich dabei auf solche konzentriert, die sich an Forschende in frühen Karrierephasen richten.  Diese sind vergleichsweise mobiler als etablierte Forschende und damit leichter zu gewinnen.  Die USA haben als akademischer Arbeitsmarkt erheblich an Attraktivität eingebüßt.  Viele Forschende, die sonst vielleicht dorthin gegangen wären, tun das jetzt lieber nicht. Dadurch gibt es mehr hervorragende Bewerbungen anderswo, auch in Deutschland. Im Sinne der Gewinnung von Talenten ist es daher sehr sinnvoll, das Programm nicht nur auf Forschende aus den USA zu beschränken.

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