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Marketingkampagne für die Exzellenz: Berlin University Alliance gibt 900.000 Euro aus

Der Exzellenzverbund der Berliner Universitäten hat eine Kampagne für mehr Sichtbarkeit aufgesetzt. Ob das hilft, die Identifikation mit der BUA zu stärken?

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Artikelbild: Marketingkampagne für die Exzellenz: Berlin University Alliance gibt 900.000 Euro aus

Foto: Screenshot der Kampagnen-Website.

DER ERFOLG in der sogenannten "Exzellenzstrategie" bedeutete für die Berliner Universitäten neben dem Ruhm auch einen ordentlichen Batzen Geld. Gut 200 Millionen Euro, verteilt über sieben Jahre, erhalten sie bis einschließlich 2026 allein für ihren Verbund, die Berlin University Alliance (BUA). Der (kleinere) Anteil der Landesförderung ist darin enthalten.

Doch lange wirkte die BUA, in der Freie Universität, Humboldt-Universität, Technische Universität und Charité zusammengeschlossen sind, wie eine Kopfgeburt: wissenschaftsstrategisch schlau auf die Wettbewerbskriterien zugeschnitten, aber ohne Identität oder Identifikationspotenzial für Berliner Wissenschaft und die Stadtgesellschaft.

Anstatt den Aufbau einer funktionierenden Governance für das große Ganze zu priorisieren, beschäftigte die einzelnen Verbund-Unis in ihren ersten Jahren vor allem die Sorge, bei der Verteilung der Exzellenz-Millionen auf keinen Fall zu kurz zu kommen.

Was umso bedauerlicher war, weil der 2019 prämierte Antrag spannende Ansätze enthält, formuliert in den fünf BUA-Missionen, in Antrags-Englisch "Objectives" genannt. Da ist zum einen der Fokus auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen, die seit Corona, Ukrainekrieg und Energiekrise noch drängender geworden sind. Zum anderen wird die Frage nach der Qualität und den Werten von Wissenschaft gestellt. Und nicht zuletzt geht es um neue Ansätze und Formate, um die Wissenschaft mit der Gesellschaft in Austausch zu bringen.

Die aktuelle Förderperiode neigt sich dem Ende zu

An vielen Stellen des Verbundes sind Wissenschaftler derzeit sehr intensiv und engagiert mit diesen und weiteren Themen beschäftigt, doch führt das eigentlich irgendwer auf die BUA zurück? Und erkennt irgendwer dabei so etwas wie eine übergreifende, nur dem Verbund zu verdankende Strategie?

Die Antwort könnte egal sein, solange es für Wissenschaft und Stadtgesellschaft insgesamt einen ausreichend großen Mehrwert gibt. Aber die Antwort ist eben nicht egal, je mehr sich die aktuelle Förderperiode der Exzellenzstrategie dem Ende zuneigt. Im August 2025 beginnt die Evaluation unter Beteiligung internationaler Gutachter, und nur wenn die von diesem Mehrwert überzeugt werden, geht der Berliner Exzellenzglanz von 2027 an in die nächste Runde – und mit ihm der Geldregen.

Was also tut man in so einer Situation? Man gibt eine Imagekampagne in Auftrag mit dem Ziel, doch noch eben jene Identifikation mit der BUA zu erreichen, die durch das Gezerre seiner Partner um Governance, Strategie, Zuständigkeiten und zwischendurch sogar Stellenstopps in den ersten Jahren manchmal hinten runterfiel.

Die Kampagne ist verteilt auf drei Jahre

900.000 Euro, bestätigt die BUA auf Anfrage, wolle man für die Kampagne unter Mitwirkung der Agentur Futurehain ausgeben, verteilt auf die Jahre 2023 bis 2025. Der größte Teil davon geht an Aktionen online und in den sozialen Medien, inklusive bezahlter Anzeigen. Dazu Plakate, Postkarten und Events, die sich vor allem um die Lange Nacht der Wissenschaften und der Berlin Science Week herum konzentrieren. Zunächst liege der Fokus auf den vier Verbundpartnerinnen, dann auf den Exzellenzclustern, schließlich auf Berlin mit einer stadtweiten Augmented-Reality-Ausstellung.

"Entdecke das Offene Wissenslabor!", lautet der Slogan und Appell auf der schick designten Kampagnen-Website. Doch was genau dieses Wissenslabor sein soll, bleibt unklar. Offenbar alles irgendwie. Die BUA formuliert das auf Anfrage so: "Die Kampagne 'Das Offene Wissenslabor – für die großen Transformationen unserer Zeit' ist die Klammer unserer Aktivitäten in der Wissenschaftskommunikation, es erfasst kommunikativ unsere BUA-Vision eines integrierten Wissens- und Innovationsraums Berlins und stellt so eine Identifikation mit dem Wissenschaftsstandort Berlin bei unseren Zielgruppen her."

Den Exzellenz-Gutachtern, denen man nächstes Jahr auf diese Weise Konkretes präsentieren kann, kann man getrost zu diesen Zielgruppen zählen. Warum auch nicht. Wenn das mit der Identifikation zugunsten der BUA mithilfe einer solchen Kampagne gelingt, wären das ziemlich gut angelegte 900.000 Euro. Ansonsten ist es einfach nur ziemlich viel Geld.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Tagesspiegel.


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Kommentare

#1 -

Lilly Berlin | Mo., 15.07.2024 - 01:08
Die BUA ist überflüssig wie ein Kropf. Während die Wissenschaftlerinnen (exzellent) zusammenarbeiten, was sie auch ohne den BUA-Wasserkopf machen würden, feiert eben jener Wasserkopf vor allem sich selber und hält die Fleischtöpfe für ihresgleichen warm.
Die Chance, Probleme der Unis gemeinsam zu lösen und innovative und wirksame Ansätze zu realisieren, wurde vertan. Das dämmert jetzt auch den Verantwortlichen, die das flugs mit einer Imagekampagne lösen möchten. Das passt zumindest an meiner TU ins Bild, wo auch mehr Energie auf sogenannte Kommunikation verwendet wird als auf die Lösung von irgendwelchen Problemen.

#2 -

E. Bullmann | Mo., 15.07.2024 - 06:08
Es ist schade, daß man für eine Wissenschafts-Vereinigung
derartige Summen für Werbung ausgeben kann und will. Aus
welchen Töpfen kommen eigentlich die Mittel? M.E. gehören die Mittel der (hier interessanterweise als 'sogenannte')
Exzellenz-Initiative bezeichnete Förderung in die Grundfinanzierung der Wissenschaft.

#3 -

Anonym | Mo., 15.07.2024 - 12:12
Herr Wiarda,
kennen Sie das denn schon?

https://www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/lobbyismus/wie-johannes-kahrs-seine-parteifreunde-mit-millionen-gluecklich-machte

https://www.lobbyregister.bundestag.de/suche/R001202/27652?backUrl=%2Fsuche%3Fq%3DDESY%26pageSize%3D10%26filter%255Bactivelobbyist%255D%255Btrue%255D%3Dtrue%26sort%3DRELEVANCE_DESC

Hier werden jedes Jahr gute 240.000 EUR für Lobby ausgegeben, nicht für Forschung.

#4 -

Spengler | Mo., 15.07.2024 - 12:24
Sich auf die "großen gesellschaftlichen Herausforderungen" konzentrieren zu wollen, ist inzwischen doch zu einem billigen Klischee geworden: Von vielen Einrichtungen zum Fundraising genutzt, aber bisher von keiner eingelöst. Echte Wissenschaft ist kritisch -- bricht also Klischees auf, anstatt sie zu befördern.

#5 -

Edith Riedel | Mo., 15.07.2024 - 13:06
Es ist hier nicht anders als bei anderen Projekten, in denen Universitäten "strategisch" handeln sollen, gerade auf der EXU-Ebene. Es ist unendlich mühsam, die wissenschaftsunterstützenden Thematiken anzugehen, um die es in dieser Förderlinie geht. Eine große Imagekampagne täuscht dann darüber hinweg, dass man ansonsten nicht viel erreicht hat, und die Beharrungskräfte den Status Quo erhalten haben. Gleichstellung und Bereinigung des Gender Pay Gap, verlässliche Vertragslaufzeiten für Promovierende, eine funktionierende Verwaltung zur Unterstützung und Entlastung der Wissenschaftler*innen: das sind hehre Ziele, die jedoch, wie oben schön ausgeführt, in den Verteilungskämpfen um das EXU-Geld untergehen, und mit denen man ja auch keinen Blumentopf gewinnen kann. Die EXU-Linie ist so ziemlich gescheitert, nicht nur bei den Berlinern.

#6 -

Django | Mo., 15.07.2024 - 15:46
#5: Die benannten Themen sind wichtig, aber es ist das Geheimnis der BUA und der sie tragenden Hochschulen, warum sie die BUA brauchen, um hier handlungsfähig zu sein.
Es gibt in Berlin aber auch einen gewissen politischen Druck, dass die Universitäten mehr gemeinsam machen sollen. Teils berechtigt, aber teils einfach die feuchten Träume mancher Politiker:innen von einer einigen großen "Berliner Universität". Also schreibt man lieber einen gemeinsamen Antrag, wohl wissend, dass Aufwand und Ertrag in einem schlechten Verhältnis stehen werden.

#7 -

ettenna | Di., 23.07.2024 - 15:55
"schick designte Kampagnen-Website"? so etwas basteln mittlerweile Grundschüler*innen! und warum nicht diese integrieren - Durchlässigkeit der Systeme war doch mal ein Thema, stattdessen diese Elfenbeintürme - gerade weil sie ein add-on und nicht ein part-of sind, wird auch die Kampagne nichts bringen, außer der Agentur ein paar Einnahmen; wirtschaftlicher Umgang mit Steuergeldern?

#8 -

HannaWillStück… | Di., 23.07.2024 - 17:34
Wann fängt eigentlich die Veruntreuung öffentlicher Gelder an? PR-Arbeit ist ja eigentlich ein wichtiges Thema in der Forschung und wird leider oft nicht genug gefördert. Dabei geht es darum, Forschung nach außen auch in die breite Gesellschaft zu transportieren.
Aber eine Image-Kampagne wie hier dargestellt ist irgendwie etwas anderes, und in dieser Größenordnung muss man sich fragen, ob die Verantwortlichen sich in irgendeiner Weise für diese Ausgaben rechtfertigen müssen, oder ob sichergestellt wurde, dass da nicht etwas über Beziehungen lief.
Das Problem der Exzellenzinitiative ist ja, dass sehr viel Geld an einzelne Standorte geht. Das Geld fehlt dann woanders. Wenn nun ein solcher Betrag für eine Werbekampagne ausgegeben wird, dann ist das fast ein Schlag ins Gesicht für kleiner Universitäten, die keine Aussicht auf Exzellenz haben. Auch im Zusammenhang damit, dass kein Geld da sei, um im Mittelbau unbefristete Stellen zu schaffen, wirkt eine solche Ausgabe ein wenig merkwürdig.

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