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Die DFG reagiert auf die Kritik ihrer Mitglieder

Die Satzungsnovelle soll zunächst kleiner ausfallen als ursprünglich geplant – eine Zustimmung scheint jetzt wahrscheinlich.

DIE FÜHRUNG VON Deutschlands größtem Forschungsförderer bekommt offenbar die Kurve. Noch Mitte Mai hatte DFG-Vizepräsident Wolfgang Schön in Rostock die massive Kritik der versammelten Universitätsrektoren einstecken müssen: Zeitpunkt und Dimension der geplanten Governance-Änderungen seien unglücklich gewählt, hieß es. 

 

Selten war die derzeitige Kluft zwischen der DFG und ihren Mitgliedshochschulen so offensichtlich geworden wie auf jener Tagung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in der Hansestadt. Hinter vorgehaltener Hand geschimpft wurde unter den Rektoren allerdings schon länger; viele hielten nicht zuletzt die Umstände des Weggangs von Ex-Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek für wenig transparent und das Kommunizieren des scheidenden DFG-Präsident Peter Strohschneider in der Sache für unzureichend. 

 

Dass der Ärger in der Frage der Satzungsnovelle kulminiert war, hatte insofern weniger mit deren Inhalten zu tun gehabt als mit grundsätzlichen Zweifeln von Rektoren, ob die DFG-Führung noch die nötige Nähe zu ihren Mitgliedern habe. Jetzt aber äußern die Rektoren Genugtuung, ja Zuversicht im Vorfeld der für Anfang Juli geplanten DFG-Hauptversammlung, auf der – übrigens ebenfalls in Rostock – Strohschneiders Nachfolge bestimmt und gleichzeitig die Satzungsänderung beschlossen werden soll. 

 

"Es ist gut, dass die DFG doch noch auf die Kritik von uns Rektorinnen und Rektoren reagiert hat", sagt einer. "Nach einigen Irritationen", findet ein zweiter, sei die DFG-Hauptversammlung in Bezug auf die kritisierten Punkte "nun gut vorbereitet". 

 

Die DFG signalisiert:
Wir haben verstanden

 

Hintergrund des Tauwetters sind die Sitzungsunterlagen, die die DFG vor kurzem an ihre Mitgliedshochschulen versandt hat, darunter allein 34 Seiten zu TOP 6: "Satzungsnovelle: Novellierungsvorschlag". Die wichtigste Botschaft des Präsidiums findet sich allerdings gleich auf Seite 2: "Die hier vorgeschlagene Satzungsnovelle beschränkt sich also ganz auf diejenigen Regelungserfordernisse, die für die Gestaltung der künftigen personellen Situation in der Leitung der DFG (...) unabdingbar sind."

 

Weiter heißt es: Für weitergehende Schritte zur Modernisierung der Governance, "wie sie sich auch in den zahlreichen Gesprächen mit den Mitgliedern abgezeichnet haben", schlage das Präsidium der Mitgliederversammlung die Einsetzung einer Satzungskommission vor – was insofern ein wenig kurios ist, weil die vorgeschlagene Satzungsnovelle bereits von einer Art Satzungskommission unter Führung von Vizepräsident Schön ausgearbeitet worden war.


Übersetzt lautet die Ansage der DFG an die Mitglieder also: Wir haben verstanden, wahren die Verhältnismäßigkeit und schaffen nicht wie von euch befürchtet Tatsachen, mit denen der oder die neue Präsidentin dann leben müsste.

 

Die Ansage ist zugleich eine lobenswerte Selbstbeschränkung von Peter Strohschneider, der in Schöns aktueller Satzungskommission zu den Mitgliedern zählte. Auch zwei Unirektoren waren in der siebenköpfigen Kommission dabei.

 

Konkret schlagen die sieben vor allem vor, das Amt des oder der Generalsekretärin in seiner Bedeutung explizit zu beschneiden. Die Amtszeit soll auf maximal acht Jahre begrenzt werden, wobei eine Wiederberufung möglich wäre. Auch wird dem Präsidenten explizit eine Richtlinienlinienkompetenz im Vorstand zugestanden, der Präsident bestimmt künftig auch die Geschäfts-/sprich:  Aufgabenverteilung im Zweier-Vorstand.

 

Konsequenzen aus der
Causa Dzwonnek

 

Eine solche Machtverschiebung zugunsten des Präsidenten hatte sich bereits seit Monaten abgezeichnet, weil es dem Vernehmen nach im Vorstand zu erheblichen Konflikten zwischen Dzwonnek und Strohschneider gekommen war.

 

Diese Konflikte, davon zeigt sich die Kommission offenbar überzeugt, hatten außer persönlichen vor allem systemische Ursachen. Im Amtsdeutsch des Vorschlages wird diese Einschätzung in Form einer Kritik an der erst 2014 verabschiedeten letzten Satzungsreform formuliert: "Im Hinblick auf Funktionstüchtigkeit, Rechtssicherheit und Verlässlichkeit der Vorstandsarbeit gehört es zu den Defiziten, dass für das Innenverhältnis zwischen Präsident/in und Generalsekretär/in im Vorstand keine Regelung getroffen worden ist".

 

Übersetz soll das wohl heißen: Strohschneider und Dzwonnek, die zu zweit den Vorstand bildeten, hatten Streit über ihre Zuständigkeiten und die Frage, wer am Ende wem etwas zu sagen hatte. Die Position der Generalsekretärin war indes dadurch begünstigt, dass sie auf Dauer gewählt war, während das Präsidentenamt alle vier Jahre zur Wahl steht. Eine unbefristete Amtszeit für ein Vorstandsmitglied, folgert nun die Kommission, sei "atypisch und mit den Prinzipien der guten Governance nicht vereinbar" gewesen.

 

Gleichzeitig meint die Kommission in der Erläuterung zu ihrem Satzungsvorschlag, dass – auch wenn die Satzung von 2014 ein Weisungsrecht des Präsidenten bzw. des Präsidiums gegenüber dem/der Generalsekretär/in nicht hergebe – "der Wortlaut und die Regelungssystematik zumindest formal für dessen/deren dem Präsidium nachgeordnete Rolle" spreche. 

 

Die Satzungsänderungen erzählen
ihre ganz eigene Geschichte

 

Wer solche Sätze liest, bekommt ein gutes (oder eher: ungutes?) Gefühl dafür, was vermutlich in den vergangenen Jahren los gewesen sein muss im Innenverhältnis zwischen Strohschneider und Dzwonnek. Und der ist dankbar für derlei Konkretisierungen – auch wenn sie, was potenziell ebenfalls nicht unproblematisch ist, eine Schwächung des professionellen Wissenschaftsmanagements in der DFG bedeuten. 

 

So soll der Präsident parallel zur Amtszeitbegrenzung des/der Generalsekretärin künftig auch nicht mehr von dieser, sondern von einem "von ihm/ihr zu bestimmende/n Vizepräsident/in" vertreten werden. Wenn das Präsidium will, kann es dem Vorschlag zufolge sogar den oder die Geschäftsführer/in von der Sitzungsteilnahme im Präsidium ausschließen – was faktisch sicherlich nur bei Personalangelegenheiten passieren wird, die mit dem oder der Generalsekretär/in zu tun haben.

 

Zur Flankierung der Arbeit des Vorstands und seiner geordneteren Kontrolle, wohl aber auch, um die zusätzliche Macht des Präsidenten einzuhegen, sollen vom DFG-Hauptausschuss zwei neue Unter-Ausschüsse eingerichtet werden. Zum einen der Unterausschuss "für Vorstandsangelegenheiten", der die Arbeitgeberfunktion für den Vorstand übernimmt und künftig (mit Mitwirkungsrechten für den Hauptausschusses) auch den oder die Generalsekretärin wieder abberufen kann. Der zweite neue Unterausschuss ("für Rechnungsprüfung") soll die "Prüfung der Recht- und Ordnungsmäßigkeit des Wirtschaftsplanvollzugs und der Rechnungslegung" verantworten. Ein interessanter Seitenaspekt, der Fragen nach den bisherigen Kontroll- und Prüfungsmechanismen auslöst.

 

Übrigens soll auch die mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit erlaubte dritte Amtszeit des Präsidenten wieder abgeschafft werden. Die gegenwärtige Regelung wurde seit ihrer Einführung 2014 nicht in Anspruch genommen, Strohschneider hatte auf die Möglichkeit, sich erneut zur Wahl zu stellen, verzichtet. 

 

Alles in allem erzählen die vorgeschlagenen Satzungsänderungen ihre ganz eigene Geschichte um die Ereignisse im vergangenen Jahr, die mit der unfreiwilligen Weggang Dzwonneks endeten. Den Rest wissen nur die Beteiligten selbst. Was man weiß: Strohschneider, Schön und die übrigen Kommissionsmitglieder haben mit den jetzt vorgeschlagenen Satzungsänderungen und ihrer Beschränkung auf das aktuell Erforderliche einen wichtigen Schritt auf die DFG-Mitglieder zugemacht. Deren mehrheitliche Zustimmung gilt nun als wahrscheinlich. Und mit der Wahl des oder der neuen Präsident/in eröffnet sich zusätzlich die Möglichkeit, ganz grundsätzlich neues Vertrauen aufzubauen. 

 

Was auch weiter bitter nötig ist, denn um nochmal einen der Rektoren zu zitieren: Man frage sich schon, sagt er, "warum die DFG inzwischen so losgelöst von den eigenen Mitgliedern und geradezu abgehoben agiert."