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ExStra-Expertengremium fordert mehr Geld für die Exzellenzstrategie

Die Ziele des Wettbewerbs seien sonst nicht zu erreichen, warnen die 39 Wissenschaftler, auch gebe es ohne Aufstockung keine angemessenen Förderchancen für Cluster-Neuanträge.

DIE EXZELLENZSTRATEGIE ist unterfinanziert – das sehen nicht nur die Wissenschaftsminister der Länder so. Bereits im Februar 2021 votierte auch das von Bund und Ländern eingesetzte ExStra-Expertengremium für eine deutliche Erhöhung des Finanzierungsrahmens, wie Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und Wissenschaftsrat heute in einer gemeinsamen Mitteilung öffentlich machten.

 

Das Expertengremium, bestehend aus 39 internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und berufen von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK), trifft zusammen mit der Politik die Förderentscheidungen in der Exzellenzstrategie und prägt zuvor auch die Ausschreibungsbedingungen entscheidend mit.

 

Die Wissenschaftler bezeichneten in ihrer an den zuständigen GWK-Fachausschuss gesendeten, laut DFG und Wissenschaftsrat "einhelligen" Stellungnahme eine Aufstockung des finanziellen Rahmens als "unbedingt geboten". Das Gremium habe die Sorge, dass die Ziele des Exzellenzwettbewerbs andernfalls "nicht oder nur in stark eingeschränktem, Maß erreicht werden könnten und damit ein Großteil der beachtlichen Errungenschaften der bisherigen Förderung verloren ginge".

 

Ob sich Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) zu den Forderungen äußern wird, ist noch nicht bekannt. (Anmerkung am 14. Mai: siehe Nachtrag unten)

 

Derzeit stellen Bund und Länder für die gesamte Exzellenzstrategie pro Jahr 533 Millionen Euro zur Verfügung, wovon die Cluster und Exzellenzuniversitäten, aber, worauf die 39 Wissenschaftler hinweisen, auch die Programm- und Universitätspauschalen, Verwaltungskosten sowie die Auslauf- und Überbrückungsfinanzierung bezahlt werden müssen. Ein Inflationsausgleich, etwa für steigende Personalkosten, ist in der 2016 geschlossenen Verwaltungsvereinbarung von Bund und Ländern nicht vorgesehen, der Betrag bleibt jedes Jahr gleich.

 

Schlechte Karten
für neue Cluster?

 

Unter den aktuellen Finanzierungsbedingungen, erläutert das Expertengremium in seiner Stellungnahme, könnten bei einer Erfolgsquote für Cluster-Fortsetzungsanträge, die erfahrungsgemäß bei 80 bis 85 Prozent liege, nur etwa zehn neue Exzellenzverbünde in das Programm aufgenommen werden. Was, sollte es wie in der ersten Wettbewerbsphase erneut zu etwa 200 neuen Einreichungen kommen, auf eine Erfolgschance von lediglich fünf Prozent hinauslaufe. Und selbst bei nur 50 Antragsskizzen läge die Bewilligungsquote bei gerade einmal 20 Prozent. 

 

Das seien in Anbetracht des erheblichen Aufwands der Antragstellung keine angemessenen Förderchancen für Neuanträge, betont das Expertengremium. Die Alternative, das Fördervolumen pro Cluster signifikant zu senken, um eine höhere Zahl neuer Förderfälle zu erreichen, bezeichnen die Wissenschaftler als "denkbar", doch würde dies zur Folge haben, "dass die Cluster ihre hoch gesteckten und substanzielle Mittel erfordernden Ziele nicht erreichen könnten und damit die Wirkung der Exzellenzstrategie insgesamt geschmälert würde.

 

Einen konkreten Betrag, um den die Wettbewerbsfinanzierung jährlich aufgestockt werden sollte, nennen die 39 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht. Sie rechnen jedoch vor, dass allein 64 Millionen Euro zusätzlich für die Jahre 2026 und 2027 anfielen, wenn zum Beispiel zehn Exzellenzcluster nicht verlängert würden. Denn diesen stünde dann für zwei Jahre eine degressive Auslauffinanzierung von zunächst 70 und dann 30 Prozent der zuletzt bewilligten Mittel zu. Exzellenzuniversitäten, die aus der Förderung fielen, haben sogar das Anrecht auf drei Jahre Auslauffinanzierung. Nichts davon, betont das Expertengremium, sei bislang in Form zusätzlicher Mittel veranschlagt.

 

Landeswissenschaftsminister haben schon
bis zu 200 Millionen mehr gefordert

 

Die Landeswissenschaftsminister waren in der Hinsicht noch deutlicher geworden. Mitte April hatten die schwarz-grünen Ressortchefs in einem gemeinsamen Strategiepapier die Aufstockung des ExStra-Budgets um mindestens 200 Millionen Euro jährlich gefordert. Ihre SPD-Kollegen hatten Mitte März ebenfalls für deutlich mehr Förderung plädiert, ohne eine exakte Gesamtzahl in ihr Papier zu schreiben. Doch ließ die sich aus der Logik ihrer Argumentation mit 139 bis 197 Millionen Euro mehr pro Jahr ableiten. 

 

Beide Strategiepapiere laufen auf die Forderung von künftig rund 70 Förderfällen hinaus, um Neuanträgen eine angemessene Erfolgschance zu geben. Derzeit werden 57 Exzellenzcluster gefördert und außerdem zehn Exzellenzuniversitäten.

 

Was die Wissenschaftsminister im März und April zu Papier gebracht haben, lässt sich auch als Reaktionen auf die Stellungnahme des ExStra-Expertengremiums deuten, das ebenfalls explizit "eine höhere Anzahl an Anträgen" voraussetzt. Wie viele genau, lassen die 39 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler allerdings offen. 

 

Ende April hatte die DFG dann zu einem zweitägigen "Gesprächsforum Exzellenzcluster 2021" eingeladen. Insgesamt seien mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammengekommen: Neben den Sprechern aller aktuellen Exzellenzcluster und weiterer nicht geförderter Anträge auch Mitglieder von Hochschulleitungen, Vertreter der Wissenschaftsorganisationen und Wissenschaftspolitiker. Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ExStra-Expertengremiums waren dabei. Das Plädoyer laut DFG auch hier: "die Notwendigkeit einer auskömmlichen finanziellen Grundlage für die zweite Wettbewerbs- und Förderphase".

 

Bald nach der Bundestagswahl dürften die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern um den künftigen Finanzierungsrahmen in ihre entscheidende Phase gehen. Denn schon Ende 2022 soll die neue Förderbekanntmachung veröffentlicht werden.  



Nachtrag am 14. Mai

Jetzt hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) auf die Forderungen des ExStra-Expertengremiums und der Landeswissenschaftsminister nach mehr Geld für die Exzellenzstrategie reagiert. Allerdings bleibt sie in ihrer Antwort auf meine Nachfrage merklich im Ungefähren.

 

Bei dem intensiven Wettbewerb um Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten gehe es um die Auswahl "der Besten der Besten", sagt sie. Die Fortsetzung der Förderung sei kein Automatismus, "die Fortsetzungsanträge müssen sich im Wettbewerb mit den neuen Anträgen durchsetzen."

 

Soll das bedeuten, sie plädiert für eine geringere Erfolgsquote, damit mehr neue Cluster zum Zuge kommen, ohne dass der Bund mehr Geld zur Verfügung stellen muss? Zur Finanzfrage sagt sie jedenfalls lediglich, Bund und Länder seien "in gemeinsamer Verantwortung" gefordert, die Exzellenzuniversitäten und Exzellenzcluster in den nächsten Förderrunden "angemessen auszustatten. Der Bund steht zu seinen eingegangenen Verpflichtungen."

 

Was wohl heißen soll, dass es a) nicht weniger Geld geben wird und dass b) die Länder sich erstmal an die eigene Nase fassen sollen. Wobei mit a) auch keiner wirklich gerechnet hatte und b) eigentlich auch klar ist, weil die Exzellenzstrategie immer aus einer Kofinanzierung besteht.

 

Gemeinsam mit den Ländern wolle der Bund "die erfolgreiche Exzellenzstrategie" für die nächste Förderrunde weiterentwickeln, fügt Karliczek hinzu, "um die kontinuierliche Erneuerungsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Deutschland auch künftig sicherzustellen. Unser Ziel ist es, die erreichte Dynamik in der Förderung exzellenter Forschung zu erhalten und weiter auszubauen." Na dann ist ja alles klar. 

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Kommentare: 1
  • #1

    David J. Green (Dienstag, 11 Mai 2021 22:44)

    Nicht nur, dass die Exzellenzstrategie die kleineren – und empirisch auch die ostdeutschen – Universitäten strukturell benachteiligt: Man muss Angst haben, dass ExStra einen großen Teil der Mittel für das DFG-Normalverfahren kannibalisieren wird – vorausgesetzt, der Verwandtschaftsgrad darf als nahe genug gelten, dass man vom Kannibalismus reden darf.