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Präsenzquote: 97,6 Prozent

Durchlöchern die hohen Corona-Inzidenzen unter Schülern den Präsenzunterricht, wie Lehrerverbände warnen? Führen Quarantäne und Isolation zu schleichendem Distanzbetrieb? Die Wirklichkeit sieht bislang zum Glück anders aus – besser.

DIE CORONA-ZAHLEN STEIGEN, besonders stark klettern wieder einmal die Melde-Inzidenzen unter Schülern. Bedeutet das, dass vielerorts schon bald kein geregelter Präsenzunterricht möglich ist, weil sich ein großer Teil von Schülern und Lehrkräften in Isolation oder Quarantäne befindet?

 

Diesen Eindruck könnte man zumindest bekommen, wenn man die Warnungen von Lehrerverbänden verfolgt. Zuletzt sagt etwa der NRW-Landesvorsitzende der GEW, Ayhan Celik: "Uns besorgt sehr, dass es zum Präsenzunterricht keinen Plan B gibt." Durch steigende Quarantänefälle bestehe die Gefahr eines ungesteuerten Wechsels vieler Schulen in den Distanzunterricht. Weshalb ein Schwellenplan mit klaren Schwellenwerten für die Aufnahme von Distanzunterricht sei.

 

Deutlich weniger dramatisch ist das Bild, das von den Ländern an die Kultusministerkonferenz (KMK) gemeldeten Zahlen vermitteln, die diese heute Nachmittag wie jede Woche veröffentlichte. Demzufolge gab es in der Kalenderwoche 2 vom 10. bis 16. Januar an 97,6 Prozent der bundesweit gut 24.000 in die Statistik einbezogenen Schulen vollen Präsenzunterricht unter Pandemiebedingungen. Während sich 2,4 Prozent der Schulen im eingeschränkten Betrieb befanden. Was in den meisten Fällen bedeutete, dass Klassen oder Lerngruppen wegen aktueller Corona-Fälle in den Distanzmodus wechseln mussten. 

 

183.678 Schüler in
Quarantäne oder Isolation

 

Den Anteil der Schüler mit einer aktuellen, den Schulen bekannten Corona-Infektion gibt die KMK-Statistik für ganz Deutschland zum Stichtag 12. bzw. 13. Januar mit 0,72 Prozent an, den der infizierten Lehrkräfte mit 0,66 Prozent. In absoluten Zahlen: 183.678 von 10.092.563 Schüler befanden sich in der vergangenen Woche entweder in Isolation oder Quarantäne. Während 9.908.885 zur Schule gehen konnten. Wobei Niedersachen keine aktuellen Quarantäne-Zahlen lieferte.

 

Unter Lehrern lag der Anteil von in Isolation oder Quarantäne befindlichen KollegInnen mit 9.619 von über 800.000 noch niedriger. 

 

Selbst in Thüringen mit seinen demonstrativ verschärften Regeln galt in der vergangenen Woche: Nur 66 von 1.070 Schulen (6,2 Prozent) befanden sich im Distanzuntericht, 1.004 im vollen Präsenzbetrieb. In Bremen mit seinen bundesweit höchsten Corona-Inzidenzen betrug die Distanzquote 1,7 Prozent, in Nordrhein-Westfalen 2,2 Prozent. Berlin hatte mit 11,4 Prozent den höchsten Anteil. Aber auch dort gingen die Schüler an 734 von 826 Schulen jeden Tag zur Schule, und nur 18.678 von 441.502 befanden sich in Isolation oder Quarantäne. 

 

Nun könnte man den Kultusministerien vorwerfen, die wahren Zahlen zu vertuschen. Was aber dann doch eine heftige Beschuldigung wäre, zumal jegliche Belege dafür fehlen. Im Gegenteil: Die KMK bereitet die ihr vorliegenden Meldestatistiken der Länder seit vielen Monaten sehr transparent auf. 

 

Selbst bei den jetzigen Inzidenzen ist noch
sehr viel Präsenzunterricht möglich

 

Auch die neuen verkürzten Quarantäne-Bestimmungen für Schüler können sich in der vergangenen Woche kaum schon vollständig ausgewirkt haben. Dass erste Gesundheitsämter wie das von Berlin-Spandau die Nachverfolgung in den Schulen ganz aufgegeben haben, kann ebenfalls (noch) keine große Rolle gespielt haben. Und selbst wenn es das künftig sollte, würde dies ja genau das von den Lehrerverbänden beklagte Problem der vielen Quarantäne-Fälle "erledigen" –  allerdings auf andere als von ihnen geforderte Weise.

 

Am Ende bleibt die Feststellung, dass selbst bei bundesweiten Inzidenzen von gesamtgesellschaftlich 600 und über 1000 unter Schülern (wobei diese durch die Pflichttests nicht direkt vergleichbar sind) immer noch viel, viel mehr Präsenzunterricht möglich ist, als wenn die Schulen zum Wechselunterricht (halb in der Schule, halb zu Hause) übergehen würden. Und nur eine Woche bundesweit flächendeckender Distanzunterricht entspräche vom Unterrichtsverlust her 42 Wochen der gegenwärtigen angeblich von Quarantäne und Isolation so durchlöcherten Präsenz-Wirklichkeit. 



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Kommentare: 1
  • #1

    Lehrer*in (Mittwoch, 19 Januar 2022 15:32)

    Das Problem ist hier, wie auch in der Pandemie ganz allgemein, die schlechte, verzerrte und teilweise einfach falsche Datenlage. Die Meldungen von Präsenzbetrieb und die tatsächliche Lage an den Schulen vor Ort liegen teilweise sehr weit auseinander. Das Problem liegt nicht bei den Coronafällen unter den Schüler*innen. Es liegt vielmehr bei den massiv ausgedünnten Kollegien, deren ohnehin hoher Krankenstand durch Quarantäne von Lehrkräften und coronakranke Lehrer*innen noch verschärft wird. Was hilft die Meldung von Präsenzbetrieb, wenn sich dahinter eine Schule mit einem nur halb besetzten Kollegium verbirgt, das die Kinder nur noch auf Corona testen und verwahren kann.