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"BMFuTuR" und der Glanz des Bestehenden

Bei ihren ersten großen Auftritten als Ministerin verspricht Dorothee Bär die Verstetigung eines Programms, das längst dauerhaft beschlossen ist.
Karin Prien und Dorothee Bär, gut gelaunt im clos-up bei einer Veranstaltung.

Gute Laune: Dorothee Bär (rechts) am Abend der Bundestagswahl, neben ihr Karin Prien, die inzwischen Bundesbildungsministerin ist. Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0.

ZUGEGEBEN, das ist originell: die sperrige Abkürzung von Dorothee Bärs neuem Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt, BMFTR, mit einem Aussprachehinweis zu versehen: "BMFuTuR", per Hashtag verbreitet in den sozialen Medien und von der Ministerin persönlich bei fast jeder sich bietenden Gelegenheit.

Lust auf Zukunft machen will die CSU-Politikerin, und tatsächlich scheint der Euphoriefunken überzuspringen. So sehr, dass Bär vergangene Woche sogar die Verstetigung eines Programms ankündigen konnte, das in Wirklichkeit schon vor Jahren auf Dauer gestellt wurde – und trotzdem Zustimmung und Schlagzeilen damit auslöste, auch in diesem Blog.

Es war am Dienstag, als sie die Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz besuchte, natürlich vom "BMFuTuR" sprach und ihre Feststellung, die Hochschulen seien "das Rückgrat des Innovationsstandorts Deutschland", mit einem Bekenntnis zur Fortsetzung der Exzellenzstrategie verband. Und mit der Ansage, ihr Ministerium wolle den "Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken" (ZSL) verstetigen.

Inszenierung mit Signalwirkung

Womit Bär scheinbar sogar über den schwarz-roten Koalitionsvertrag hinausging. Denn der hatte lediglich festgehalten, dass der Zukunftsvertrag, mit dem der Bund jedes Jahr Milliarden in die Hochschulfinanzierung pumpt, auch nach 2028 dynamisiert, also jährlich um einen festen Prozentsatz erhöht werden soll.

Nach ihrer Rede gab es viel Applaus, die Hochschulrektoren trugen die Nachricht von der Verstetigung in den Gesprächen danach weiter, und Bärs Ministerium packte die freudige Nachricht auf seine Website.

Einige allerdings fragten sich im Stillen, was genau da eigentlich noch zu verstetigen war. Schließlich hatten Bund und Länder schon, als sie 2019 den Zukunftsvertrag vereinbarten, festgehalten, dass die Mittelbereitstellung "grundsätzlich zeitlich unbegrenzt" erfolge. Und: "Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen." Die damalige GWK-Vorsitzende und Bremer Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt sprach damals von einem Durchbruch und lobte den Bund für sein "dauerhaftes Engagement": "Durch die dauerhafte Finanzierung des Zukunftsvertrags erhalten die Hochschulen langfristig finanzielle Planungssicherheit."

Was also genau wollen denn das BMFTR – pardon: BMFuTuR – und Doro Bär da noch verstetigen?

Auf Anfrage bestätigt ihr Ministerium, dass der ZSL 2019 auf Dauer geschlossen worden sei. "Bundesministerin Bär hat bei der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz bekräftigt, dass auch die neue Bundesregierung zu dieser dauerhaften Vereinbarung steht."

Mehr als der Koalitionsvertrag?

Nur dass dazu die von Bär und ihrem Ministerium gewählte Formulierung so gar nicht passte. Denn auf Dauer geschlossene Verträge lassen sich nicht verstetigen – sondern nur kündigen. Was laut Bund-Länder-Vereinbarung tatsächlich erstmals zum 1. Januar 2028 möglich wäre.

Womit Bärs Betonung einer scheinbaren Selbstverständlichkeit in einem anderen Licht dastehen würde: Es hatte doch wohl niemand im Bund je ernsthaft die Absicht, den ZSL zu kündigen – oder?

Ähnliche Bedenken gab es übrigens bei der Exzellenzstrategie, deren Erwähnung ("Evaluation für eine ‚mögliche Förderperiode ab 2030") im Koalitionsvertrag so missverständlich ausgefallen war, dass sich der neue GWK-Vorsitzende Falko Mohrs (SPD) zuletzt im Interview hier im Blog fragte, "warum wir damit offenbar für Unklarheiten gesorgt haben". Und Doro Bär betonte bei den Hochschulrektoren, bei der ExStra gehe es nicht um das Ob, sondern nur um das Wie der Fortsetzung.

Sei’s drum. Schön jedenfalls, dass es weitergeht mit dem Dauervertrag.

Prominenz trifft Programm

Weiter teilt Bärs Ministerium mit: "Über die Dynamisierung des ZSL sowie über ggf. weitere finanzielle und inhaltliche Anpassungsbedarfe werden Bund und Länder 2027 auf Grundlage der Evaluation des ZSL durch den Wissenschaftsrat verhandeln." Also dann, wenn die derzeit geltenden sogenannten Verpflichtungserklärungen der Länder enden, die Voraussetzung der Bundeszahlungen sind und tatsächlich alle sieben Jahre erneuert werden müssen.

Was wiederum, abgesehen von dem im Koalitionsvertrag hinzugekommenen Dynamisierungsversprechen, ziemlich genau dem Wortlaut des Zukunftsvertrags entspricht. Apropos Dynamisierungsversprechen: Wenn es in zwei Jahren um frisches, zusätzliches Geld geht für den ZSL, dürfte das – trotz der schönen Worte, aber angesichts der Haushaltslage – ein heftiges Ringen zwischen Bund und Ländern werden. Denn bei der Finanzierung der Pakte hilft kein Investitionsfonds.

Vor dem Wochenende wurde unterdessen eine weitere zentrale Rolle der Bundesforschungspolitik für die neue Legislaturperiode bekannt. Wie Spiegel und Table.Media unabhängig voneinander mit Berufung auf Parteikreise berichten, soll der frühere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Vorsitzender des ebenfalls neu benannten Ausschusses für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung werden. Doro Bär und Karl Lauterbach – zwei ganz eigene Charaktere mit ähnlich hohem Promi-Grad. Diese Kombination könnte die Wissenschaftspolitik im Wettstreit um mediale Aufmerksamkeit nach vorn schieben. Mal schauen, wie sie harmonieren.

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Kommentare

#1 -

Jörg B. | Di., 20.05.2025 - 15:33
Dass Dorothee Bär mit einer "alten Kamelle" vor der HRK zu glänzen versucht, erstaunt mich nun wirklich nicht im Geringsten. Führt die Union hier doch konsequent ihre bereits im Wahlkampf und in den Koa-Verhandlungen präsentierte Ideenlosigkeit, viel schlimmer noch, ihren Rückgriff auf - vielfach gesellschaftlich und technisch überholte - Konzepte der Vergangenheit fort. Dass die HRK hier Beifall klatscht und kein Fass aufgemacht hat ist verständlich; wer will denn schon beim Antrittsbesuch gleich schlechte Stimmung erzeugen. BMFuTuR klingt angesichts der regressiven Orientierung der Union und auch Bärs (der Bundesminister Bär will ja keinen nicht vorhandenen Genderzwang) aber tatsächlich wie ein Hohn. Aber gut, ist ja nichts Neues, die Oberfläche zu polieren, wenn der Inhalt fehlt. Auch wenn Marketing jetzt nicht gerade eine Raketenwissenschaft ist, passt es doch zum um Raumfahrt aufgeblähten Erscheinungsbild des neuen Ministeriums. Das Lauterbach den Ausschußvorsitz übernehmen wird, ist tatsächlich eine spannende Sache. Stellt sich nur die Frage, wie heiße Luft und Kompetenz miteinander reagieren werden: Verwässerung oder Schärfung der Konturen.

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