Spendenprivileg für die Wissenschaft?
CSU-Politiker Markus Blume fordert steuerliche Gleichstellung mit privaten Zuwendungen an Parteien – und lenkt den Blick auf eine unterentwickelte Spendenkultur.
Foto: Steffen Boettcher.
"INVESTIV. ZUKUNFT PUR" sei der 2025er-Haushalt ihres Ministeriums, sagte Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) vor der Sommerpause im Bundestag. Nach der Sommerpause dämmert vielen, dass die nächsten Haushaltsjahre auch im Bund vor allem durch eines geprägt sein dürften: Konsolidierung pur. Inwieweit das auch für Bärs BMFTR gilt?
Da gibt es unterschiedliche Perspektiven. Die Ministerin rechnet so: Mindestens 18 Milliarden Euro würden bis 2029 in die Schlüsseltechnologien der neuen "Hightech-Agenda-Deutschland" (HTAD) fließen, davon 5,5 Milliarden aus dem Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität". Mit der Agenda "machen wir den Alltag für die Bürgerinnen und Bürger einfacher." Und: Allein 2025 könne ihr Ministerium über alle Posten und Töpfe hinweg zwei Milliarden mehr ausgeben als im Vorjahr.
Der Kommentar der grünen Wissenschaftsexpertin Ayşe Asar: Die USA investierten mehrere hundert Milliarden US-Dollar alleine in KI. "Unsere 5,5 Milliarden Euro für alle sechs Schlüsselbereiche über die gesamte Legislaturperiode wirken dagegen eher mickrig." Bei den jetzt aufgenommenen Rekordschulden sei der Anteil der Investitionen in Forschung und Innovation viel zu unambitioniert. "Alleine Mütterrente und Gastrosteuer kosten uns doppelt so viel."
Stagnation bei den F&E-Ausgaben
Fest steht: Das seit 2018 regelmäßig beschworene Ziel, die gesamtstaatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern, wurde von den Vorgängerregierungen krachend verfehlt. Seit 2020 stagniert der Anteil bei 3,1 Prozent.
Umgekehrt ist der Anteil des früheren BMBF an den Gesamtausgaben des Bundes erst massiv gestiegen, zwischen 2010 und 2018 von 3,4 auf 4,9 Prozent, um dann bis 2025 (Soll) wieder auf 4,5 Prozent zu sinken. Bei allen Schwankungen und dem Hin und Her der Sondervermögen riecht das eher nach Depriorisierung über lange Frist. Ob Bär mit ihrem neu zugeschnittenen Forschungsministerium hier in den nächsten Jahren das Steuer herumreißen kann?
Wobei man nicht vergessen sollte, dass ihr Ministeriumshaushalt so oder so einen vergleichsweise kleinen Hebel darstellt: Alle Bundesministerien zusammen steuerten zuletzt rund 18 Prozent zu den deutschen F&E-Ausgaben bei – die Wirtschaft kam auf 63 Prozent. Hier versuchte die Bundesregierung in den vergangenen Jahren durch die staatliche Forschungszulage gegenzusteuern.
Blumes steuerpolitischer Vorstoß
Jetzt aber bringt Bärs Parteikollege, Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU), einen neuen Vorschlag in die Debatte ein. Er forderte vor Journalisten, private Spenden an die Wissenschaft steuerlich ähnlich zu behandeln wie Parteispenden. "Genau wie Parteispenden steuerlich privilegiert sind, könnte man auch Zuwendungen in Wissenschaft und Forschung steuerlich privilegieren", sagt Blume.
Bei der steuerlichen Forschungszulage wolle die Koalition Fördersatz und Bemessungsgrundlage deutlich anheben, so stehe es im Koalitionsvertrag. "Aber ich denke tatsächlich an den nächsten Schritt: wie wir in größeren Dimensionen, in größerer Skala mehr Finanzierungsmittel gerade an Hochschulen und in Forschungseinrichtungen bekommen. Da würde ich mir stärkere steuerliche Anreize wünschen – eine Privilegierung solcher Zuwendungen."
Tatsächlich ist der deutsche Gesetzgeber bei Parteispenden besonders großzügig. Bis zu 1.650 Euro im Jahr – für Verheiratete 3.300 Euro – werden unmittelbar zur Hälfte von der Steuerschuld abgezogen. Was darüber hinausgeht, lässt sich zusätzlich noch als Sonderausgabe geltend machen. Damit genießen Parteien ein doppeltes Privileg, das sonst keine Institution kennt: Erst reduziert sich die Steuerschuld direkt, dann das zu versteuernde Einkommen.
Anders sieht es bislang bei Spenden in die Wissenschaft aus. Wer einer Universität oder einer gemeinnützigen Forschungseinrichtung Geld überweist, kann dies zwar ebenfalls steuerlich absetzen – allerdings nur als Sonderausgaben. Das mindert das Einkommen, nicht aber die Steuer selbst. Die Entlastung hängt also vom persönlichen Steuersatz ab. Bis zu 20 Prozent der Einkünfte sind auf diese Weise abziehbar, bei Zustiftungen in Stiftungsvermögen sogar bis zu einer Million Euro über zehn Jahre verteilt.
Im Klartext: Wer 1.000 Euro an eine Partei spendet, spart sofort 500 Euro Steuern. Wer denselben Betrag an eine Hochschule gibt, senkt lediglich sein zu versteuerndes Einkommen – bei einem Steuersatz von 30 Prozent bleiben am Ende gerade einmal 300 Euro Steuerersparnis. Forschung wird also gefördert, aber längst nicht so privilegiert wie die Demokratiefinanzierung.
Zwischen Mäzenatentum und Spendenkultur
Doch abgesehen von der Frage, ob sich für eine solche Änderung Mehrheiten finden ließen: Wäre der Hebel tatsächlich so groß? Zwar ist immer wieder einmal von einzelnen Fällen bedeutenden Mäzenatentums zu hören: millionen- bis milliardenschwere Investitionen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen wie in Heilbronn (Lidl-Gründer Dieter Schwarz) oder Potsdam (SAP-Mitgründer Hasso Plattner). Aber deren finanzielles Engagement spielt sich in Modellen – Stiftungen – und Größenordnungen ab, die mit der Privilegierung privater Kleinspenden analog zur Parteienfinanzierung wenig zu tun hätte.
Trotzdem kommt Blumes Vorstoß zur rechten Zeit. Unabhängig von den zusätzlichen privaten Mitteln, die sich generieren ließen, lenkt er in Zeiten knapper Kassen den Fokus auf die Verantwortung der Zivilgesellschaft – und eine im internationalen Vergleich unterentwickelte Spendenkultur im Hochschul- und Wissenschaftssektor.
Und hier schließt sich der Kreis zu Doro Bärs Hightech-Agenda. Bei der ist die Finanzierung nur das eine. Fürs Gelingen mindestens genauso wichtig wird sein, dass Bär ein überzeugendes Zukunftsnarrativ anbieten kann. Das im Juli vorgestellte HTAD-Konzept soll dafür den Grundstein legen. Menschen, die Lust auf Zukunft durch Forschung und Hightech bekommen, haben wahrscheinlich auch mehr Lust, dafür extra Geld lockerzumachen. Blumes Idee würde sie genau an der Stelle abholen.
Neuen Kommentar hinzufügen